Einfach perfekt von -Catayane- (Eine Liebesgeschichte aus der Reihe: Mädchen) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Katie kam nach Hause. Sie hatte sich auf diesen Abend sehr gefreut, der erste überhaupt in dieser Hinsicht und sie hätte wirklich nie erwartet, dass es diese Fügung nehmen würde. Wer konnte schon mit so etwas rechnen? Besonders in dieser Form und auch noch so intensiv. Niemand kann das nachvollziehen und das machte ihr wohl am wenigsten aus, denn in ihrer Ungewöhnlichkeit ist die ganze Situation gar wundervoll zu nennen. Wirklich wundervoll! Sie war an diesem Morgen noch vor dem lauten Aufspielen ihres Handywecksongs aufgewacht, hatte an ihrer Lippe genagt und im Stillen jede Sekunde abgezählt, die sie noch ausharren musste. Als sich schließlich laut ihr Handy meldete, wusste sie, dass der Alltag anfing und sie zuerst den halben Tag auf ihrer Arbeit rumbringen musste. Nur einen halben Tag musste sie heute das spielen, was alle von ihr erwarteten; diese Person, die alle kennen wollten, still, einfach, nicht mehr hübsch als nötig, zögerlich und fügsam. Vor allem schien ihr anzuhaften, dass sie allein war. Ihre Wohnung gehörte nur ihr. Ein Single in den jungen Zwanzigern. Wie konnte man sich wundern? In der Schule hatte sie sich mit Lernen und Freunden befasst, danach die Ausbildung, für die sie alle Mühen aufbrachte und nun die Arbeit, die sie gewissenhaft erledigen wollte. Sie nahm sich Zeit für Shopping, Zeit zum Lesen, Internet, Fernsehen, sie liebte Kinobesuche, ging aber nur selten, weil es ihr allein missfiel, aber Zeit zum Kennenlernen einer anderen Person hatte sie sich nicht genommen. Da war kein Platz, dass sie es hätte wagen können, alles war vollgestopft mit Alltag. Wenn sie in Filmen sah, wie leicht sich eine Beziehung daraus entwickelt, dass plötzlich ein Mann sie ansprach, wenn sie ganz versunken in aller Öffentlichkeit einen Kaffee trank oder ein Buch las, so stellte sich die Frage ein, warum es nicht auch ihr so erging. Wenn Freunde ihr von so etwas erzählten, so war es ganz ähnlich. Sie meinten sogar, dass sie nur am richtigen Ort zur richtigen Zeit sein müsste und zack! wäre das Glück perfekt. Auch könnten sie gar nicht verstehen, dass sie, wo sie doch nun wirklich nicht unansehnlich war, keine Beziehung anziehen würde. Meistens kam dann der berühmte Singlespruch alter Damen über ihre Lippen: "Ich brauche keinen Kerl.", aber im Innern wusste sie immer, dass sie sich nichts sehnlicher wünschte, als jemanden an ihrer Seite, sie wünschte sich, zu lieben und geliebt zu werden; Sexualität war ihr einerlei, sie wollte nur in dem Gefühl schwelgen und es genießen wie alle andern auch, bei denen es so leicht und so verschwendet schien. Aber das hatte nun ein Ende. Die Arbeit überwand sie träumend, in heller Vorfreude. Ihr Herz pochte und sie hatte das Gefühl, dass sie vieles heute gar nicht mitbekam. Eine Minute vor 13 Uhr, packte sie ihre Tasche zusammen und lauerte wie ein Schulkind vor dem Beginn der Sommerferien. Punkt 13 Uhr stürmte sie aus dem Büro und wünschte den Verbliebenen, von denen sie die verwirrten Blicke im Nacken spürte, einen noch recht schönen Tag, sie werde nun zum Friseur huschen. Sie ging nicht gern zum Friseur. Eigentlich sah sie darin nie eine Notwendigkeit, denn so wie sie ihr Haar für gewöhnlich trug, konnte sie es noch gut selbst schneiden und das machte sie gar nicht mal schlecht, wie sie von allen Seiten immer wieder hörte, doch an diesem Tag, diesem ganz besonderen Tag, wollte sie ganz besonders aussehen und das bekam leider Gottes nur ein Profi hin. Drei Stunden dauerte es. Von mittellang auf sehr lang, von blond zu einem Pink, das in Richtung der Spitzen knallrot wurde. Ein wahrer Strom an Farbe und die Friseuse war von Anfang an nicht sicher gewesen, ob die Verwandlung von normal auf - nun, wie auch immer man das nennen wollte, ein Erfolg sein würde. Darum schaute sie nicht schlecht drein, als Katie wirklich hübsch aussah. Die Farbe schmeichelte ihrer natürlichen Unscheinbarkeit und ließ eine ungekannte Auffälligkeit von ihr Besitz ergreifen, die keineswegs unansehnlich war. Ja sogar eine alte Frau, die sich ihre Dauerwelle erneuern ließ, sprach sich begeistert über so viel schöne Farbigkeit aus, meinte auch, Katie habe Ähnlichkeit mit einem rosa und roten Rosenstrauß. Das freute Katie, denn auch ihr gefiel es, sie hatte von Anfang an gewusst, dass sie großartig aussehen würde. Nach dem Friseur, der sie eine größere Summe als gedacht kostete, stürmte sie in den Modeladen ihres Vertrauens. Sie war fest davon überzeugt, dass es der einzige Laden war, der wie auf ihre Figur zugeschnittene Klamotten führte. Sie konnte alles tragen, hatte sich aber vorausschauend ein Kleid zurücklegen lassen oder eher bestellen lassen, denn als sie das letzte Mal vor einer Woche dagewesen war, war die richtige Größe vegriffen gewesen. Das Kleid war weiß und für den Sommer geschnitten, reichte nicht ganz zu den Knien und war von einem sehr leichten, luftigen Stoff. Eine andere Farbe bei ihrer neuen Frisur hätte gauklerisch gewirkt, so aber sah sie aus wie die Figur ihres eigenen Animes. Sie gab das Geld gern aus. Sie gab an diesem Tag mehr Geld aus, als zu einem anderen Zeitpunkt. Aber es war ein besonderer Anlass und der durfte etwas kosten. Sie war den ganzen Tag unterwegs gewesen, hatte sogar noch etwas Abendessen besorgt, sogar eine kleine Flasche Absinth. Das Menü hatten sie am Vortag abgesprochen. Jetzt war alles perfekt. Katie bereitete das Essen vor und stellte es verzehrfertig auf den Tisch, den sie sonst nur zur Ablage irgendwelcher Papiere nutzte, und stellte ihren LapTop dazu, den sie hochfuhr und verließ daraufhin das Zimmer, um zu duschen, sich zu parfümieren, frische Wäsche und das Kleid anzuziehen, das Bestmögliche zu verkörpern, was ihre Gestalt hergab - an diesem Tag ging alles gut. Alles perfekt. Als sie zu ihrem Essen zurückkehrte, begann ihr Herz so verstärkt zu hämmern, dass ihr ganz übel zu werden drohte. Sie setzte sich auf den Stuhl, den Blick auf den Computer gerichtet und trank einen Schluck Absinth. Ihr zitterten die Hände. Nie war sie so nervös gewesen. Skype müsste jeden Moment eingeschaltet werden. Aber sie war das Mädchen, sie durfte sich eine kleine Verspätung gestatten - so war es doch immer. Zehn Minuten nach der verabredeten Zeit konnte sie das Programm endlich öffnen. Ein Kloß saß ihr in der Kehle. Bis hierher war alles perfekt. Sie kaute an der Unterlippe und war dankbar, dass sie auf Lippenstift verzichtet hatte. Sofort nach dem Öffnen kam die Anfrage auf einen Webchat. Alles perfekt. Sie nahm an und das leicht erschrockene Gesicht von Ben tauchte auf dem Bildschirm auf. Sichtlich war er so nervös wie sie, aber er hatte dennoch den Willen gefunden, sich zu überwinden und einfach der Absprache gemäß alles vorzubereiten. Auf seinem Tisch stand das gleiche Gericht. Er hatte sich auch hübsch gemacht. Trug sogar einen Anzug und eine etwas leger sitzende Krawatte, die er nicht leiden mochte, weil sie ihm den Hals so abschnürte. Katie sah ihn auch das erste Mal mit modisch gegelten Haaren. Er sah gut aus. "H-hallo Fräulein.", grüßte er sie und ein breites Lächeln zog sich über sein Gesicht, welches auch Katie zum Lächeln zwang. Sie musste einfach lächeln, wenn jemand ihr zulächelte. "Hey.", entgegnete sie, so wie immer. "Wow, du siehst atemberaubend aus." "Du auch. Ich habe nicht erwartet, dass du dich so in Schale werfen würdest.", gestand sie und vergaß, dass sie Zuhause allein war und er Zuhause allein war. Sie waren nicht allein und zu Hause, sie waren in einem Restaurant, ja, das war die Vorstellung. "Es ist unser Rendevous, da kann ich doch nicht zulassen, dass du als Einzige hübsch aussiehst. Außerdem war es mir mal ein Bedürfnis, in Schale geschmissen mit dir zu reden.", sagte er und errötete dabei, wonach er gleich nach seinem Glas Absinth griff, das gleiche Glas wie Katie es hatte, und einen kleinen Schluck trank, "Wie haben die Leute auf deiner Arbeit reagiert, als du so aufgekreuzt bist?" "Oh, das werden die erst Montag sehen. Ich war erst vorhin beim Friseur.", meinte Katie. "Du wirst wie der Feuervogel auffallen. Also strahle, wenn es soweit ist.", riet er ihr und streckte ihr keck die Zunge entgegen, wie er es schon immer machte, wenn er sie kichern hören wollte. Es funktionierte jedes Mal. "Muss ich dir jetzt danken? Oder wie ...?" Er ließ sie nicht ausreden, schielte lieber auf das Essen vor sich: "Du darfst das Bufett eröffnen. Das reicht mir schon. Ich hab einen Bärenhunger, bis jetzt hab ich nichts runterbekommen können." "Schon gut, schon gut. Wir beginnen zu essen. Guten Appetit.", lachte sie und griff die Gabel, wartete, bis er die seine hatte und ohne die Augen von ihm zu nehmen, begann sie die Nudeln langsam zu essen. Der Abend war, wie sie es geplant hatten. So etwas war beiden eigentlich fremd gewesen. Was wollte man auch von einer Online-Beziehung erwarten? Man kannte die Leute nicht, sie konnten einen von grundauf verarschen und sich für sonstwen ausgeben und ehe man es sich versah, hatte man ein Treffen mit einem Triebtäter, der einen zu der neuesten Schlagzeile jeder deutschen Zeitung machte. Ein trauriger Star. Und deswegen waren sie wohl zusammen gekommen. Man hörte ständig in den Medien, dass Triebtäter, Vergewaltiger und Psychopathen, und wie sich solche kranken Leute noch nennen mochten, immer auf Sex und Treffen oder persönliche Informationen bestanden, auf Photos und Clips. Ben war von Anfang an anders gewesen. In einem Sinne war er genauso schüchtern und desinteressiert wie Katie am Anfang gewesen. Er hatte sie nur aus Versehen geaddet, eigentlich hatte er seine Cousine Kathie wegen eines Spiels anschreiben wollen, dass sie ihm mal wieder zurückbringen könnte und Katie, die über die Nachricht mehr als verwundert gewesen war, hatte ihm geantwortet, dass sie keine Ahnung hätte, wovon er laberte und hatte erwartet, dass irgendein dummer Kommentar von ihm folgen würde. Aber stattdessen entschudligte er sich aufrichtig, das kam ihr zumindest so vor. Der Nachrichtenaustausch war damit inoffiziell eröffnet worden, wenn man es so wollte, dass sich zwei Leute über zwei Monate hinweg etwa 25 Nachrichten schickten, in denen sie sich über diese Verwechslung ausließen. Danach wanderten sie tapsend aufeinander zu. Meistens ging es um Spiele, die Katie nicht mal kannte, oder um Filme, die wiederum Ben nicht kannte. Eines Tages stellte Ben schließlich die Regeln auf - was fast schon wie ein Fetischbeginn klang, aber es war etwas anderes. Er meinte, dass sie sich gern weiterhin schreiben konnten, aber treffen würden sie sich nicht, niemals. Er hatte seine Arbeit und sie ihre und das sollte so bleiben. Dann stand es beiden frei, von sich zu erzählen, aber nichts zu persönliches, der andere hat nicht das Recht, Fragen über Privates zu stellen, es sei denn, der Gesprächspartner hat das Thema selbst angeschnitten. Ihre Leben sollten getrennt bleiben, denn immerhin waren sie im richtigen Leben Fremde und nur im Skype miteinander bekannt. Kein Austausch von Bildern oder Dateien, kein Miteinbeziehen von anderen Personen in den Chat, der sich irgendwann zum Videochat wandelte. Katie fand das vernünftig, denn vor Fremden, die ihre Daten kannten, fürchtete sie sich permanent. Ben scheinbar auch. So war es gut. Aber dann nach etwa fast einem Jahr, wo sie miteinander auch Weihnachten und Silvester mit Onlineverbindung zusammen verbracht hatten, wurde aus einer regelmäßigen Bekanntschaft doch eine kleine Notwendigkeit für beide. Sie freuten sich auf die Chats und in dem festgelegten Rahmen funktionierte es einwandfrei. Sie lernten einander kennen von einer Seite, die man im richtigen Leben niemals so erleben würde. Und dieses Rendevous war Bens Idee gewesen. Er hatte sie gefragt, ob sie fände, dass er und sie hässlich wären. Katie hatte verneint, was nichts mit Eitelkeit, sondern mit Ehrlichkeit zu tun hatte. Und desweiteren meinte er, dass zwei Leute, die, trotz dass sie eigentlich recht ansehnlich waren, noch nie eine Beziehung hatten, es doch wenigstens verdienten, einmal in ihrem Leben ein richtig perfektes Rendevous zu haben. Nett essen, gut aussehen, reden, etwas Alkohol trinken, tanzen und unter Umständen am Ende in einem Bett schlafen, kein Sex. Er erwähnte niemals Sex und das gefiel Katie, weswegen sie auch zustimmte und ihn drängte, dass sie es in die Tat umsetzen sollten. Das Essen lag mittlerweile hinter ihnen. Sie redeten eben noch, beide mit erröteten Wangen von dem Absinth. Er stieg ihnen nicht in den Kopf, denn sie hatten sich auf ein Drittel des Glases geeinigt und sonst Wasser. Denn Trunkenheit sollte nur die Stimmung verbreiten, nicht aber die Umdrehungen der Spirituose. "Zeit zum Tanzen. Bist du bereit?", fragte Ben, "Ich habe den ganzen Tag darüber nachgedacht und tja, wir haben beide Stühle auf Rollen, also hol einen Stapel Bücher aus dem Regal und stell mich oben auf, dann geht's los." Katie war hingerissen. Es wäre ihr erster Tanz. Sie machte, was er ihr gesagt hatte und testete, ob der Stuhl sich auch bereitwillig bewegen ließ. Es war eine etwas wacklige Konstruktion, aber es funktionierte, wenn man nicht gerade einen schnellen Tanz eingeplant hatte, was nicht zu erwarten war, da weder sie noch Ben richtig, richtig tanzen konnten. "Bin soweit", gab sie zur Auskunft und einen Klick später erklang eine Ballade. Guns 'n' Roses, wenn sie sich nicht irrte. War klar, denn Ben erschien ihr nicht wie der Typ, der auf eine schnulzige Klassiknummer das Parkett betreten würde. Das Lied war angenehm und sie bewegte sich mit dem Stuhl, mit dem Bildschirm vor sich langsam hin und her und lächelte ihrem Gegenüber zu, der es ihr gleichtat. "Ich dachte, bei meinem ersten Tanz trete ich meiner Partnerin auf die Füße. Aber es scheint fast, als hättest du gar keine.", sagte Ben und beide mussten lachen. Dann gab er das Kommando, dass er sie drehen würde und Katie drehte sich mit dem Stuhl. Nein, das war kein Stuhl. Das war Ben und Ben hielt ihre Hand und führte sie das ganze Lied hindurch in einem wundervollen Tanz. Es machte ihr nichts aus, dass sie barfuß war. In einem Film hatte sie gesehen, dass viele Leute ohne Schuhe tanzten. Ob Ben Schuhe trug? Sie wagte nicht zu fragen. Die Illusion war gerade zu perfekt. Sie tanzten unter freiem Himmel und Gun 'n' Roses spielten auf der Bühne nur für sie und sie konnte Ben riechen und spüren und genoss es. So musste es sich anfühlen. Das war nicht gestellt, das war echt. Es war perfekt. Katie merkte gar nicht, dass sie zu mehreren Liedern tanzte. Ben hatte eine ganze Liste angelegt und war jeder Zeit bereit, die Musik zu dämmen und den Tanz abzubrechen, aber es dauerte an. Sie drehten und bewegten sich über eine Stunde hinweg und nur die aufkommende Erschöpfung trieb sie schließlich zur Einhalt. "Das ist der schönste Abend meines Lebens.", gab Katie zu und stand ganz nahe am Bildschirm, ganz nahe an Bens Gesicht. "Meiner auch. Ich dachte nicht, dass es so schön wird. Eher dass du irgendetwas nicht wie besprochen machst und die ganze Stimmung nicht so -" "-vollkommen ist?" "Ja, genau. Es ist perfekt." Sie lächelten sich an und im Hintergrund konnte Katie von Bens Seite aus hören, wie eine Turmuhr die Mitternacht verkündete. Er hatte das Fenster extra dafür aufgelassen, dachte sie und kam sich wie im Märchen vor. Das war doch der Augenblick, wo ... "Cinderella bekam an dieser Stelle einen Kuss. Aber wir müssen uns beeilen, nach Mitternacht verwandel ich mich wieder in einen Kürbis." Katie wollte lächeln, aber sie konnte es nicht. Ben kam mit dem Gesicht ganz nahe an den Bildschirm und spitzte unsicher die Lippen. Katies Herz pochte schnell und sie näherte sich zögernd. Da ist kein Bildschirm, dachte sie, da ist nur Ben und wir werden uns berühren. Ihre Lippen berührten den Bildschirm, beide zugleich und sie spürten das glatte Plastik und wünschten sich zugleich, dass es nicht da wäre, dass es echte Haut wäre, mit Geruch, mit Wärme, die Lippen einer anderen Person, genauso wie man es sich immer vorstellt, wenn man in Träumen jemanden liebevoll küsst. Sie lösten sich. Waren beide nicht sicher, ob der andere es bemerkte. Ihre Augen schauten sehnsuchtsvoll drein und hätten alles getan, um die Barriere zu durchdringen, ahnten aber, dass dieses Spiel hier nur funktionierte, weil sie eben nicht die Verpflichtung hatten, beieinander sein zu müssen, in getrennten Leben hausten. Mit den Stühlen noch immer als Ersatz wanderten sie zu ihren Betten. Sie standen noch immer vor den Bildschirmen, unschlüssig. "Jetzt schlafen wir nebeneinander.", meinte Katie, um sich zu versichern, dass es auch in seinem Sinne war. "Ja, wie ausgemacht.", nickte er und sein unsicherer Blick schien den Boden abzusuchen, "Schlafen wir nackt?" Sie überlegte. Wenn sie den Traum träumte, ein Rendevous zu haben, so endete es damit, dass sie im Bett lag mit dem Mann, der mit ihr den Abend verbracht hatte. Sie war sich nicht sicher, ob sie nackt waren und doch, einem schnellen Impuls folgend, nickte sie plötzlich und zog die Träger ihres Kleides von den Schultern. "Halt.", sagte er und Katie hielt inne, "Langsamer. Sonst wird es vulgär. Zieh dich einfach normal aus, aber langsam. Versuch nicht attraktiv zu wirken, du willst mich ja nicht verführen. Wir schlafen beieinander und nicht miteinander." Katie nickte und ließ langsam erst das Kleid gen Boden gleiten, dann die Unterwäsche. Ben konnte nur bis zum Ansatz ihrer Brust sehen und sie genauso. Es war wie ein zensierter Anime. Sie nahmen beide ihre Laptops von den Bücherstapeln und stellten ihn auf das Kopfkissen. Beide hatten sie Einzelbetten, also die Sorte, an der man schon erkennen konnte, dass weder Damen- noch Herrenbesuch sich über Nacht ankündigen würde, von daher war es ein wenig eng, aber es ging. Beide schlüpften unter die Decke. Er konnte nichts bei ihr sehen und sie nichts bei ihm. Katie sah, wie er zur Decke starrte, sie legte sich hin und machte das Licht aus, auch auf seiner Seite brannte kein Licht mehr. Als sie lag und er auch, wirkte es wirklich, als lägen sie im selben Bett. "Und wie ...", begann Katie flüsternd. "Es war wundervoll. Einfach perfekt.", meinte er schnell und lächelte sie an, "Du bist wundervoll und perfekt." Sie lächelte und verkniff sich nicht, dass ihr die Tränen in die Augen traten. Es war wie im Film, wie am Ende irgendeiner Liebeskomödie, bei denen sie immer so losheulen musste und dies hier war echt. Er war bei ihr. Er war in ihrem Bett und sie brauchte sich keine Sorgen zu machen. "Du warst wundervoll und perfekt. Danke, dass du dir so etwas hast einfallen lassen." "Danke, dass du mitgemacht hast." "Gute Nacht, Ben." "Gute Nacht, Katie. Ich freue mich darauf, morgen neben dir aufzuwachen." Katie liefen die Tränen aufs Kopfkissen. Es funktionierte und die Gewissheit war, dass es weiter funktionieren würde, solange sie nur im Videochat beieinander waren. Sie hatten keine Angst, sie vertrauten einander, denn die Regeln gaben ihnen Sicherheit, sie mussten keinen Betrug fürchten. Es war unschuldig und schön, genauso perfekt wie Film. -Ende- Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)