Die Physik der Liebe von Atina ================================================================================ Kapitel 13: Zusammenbruch ------------------------- Kapitel 13 - Zusammenbruch Felicitas trat ins Schulgebäude und wischte sich die Tränen, die nicht versiegen wollten, aus dem Gesicht. Anica und Kira hatten sie eingeholt. „Feli.“ „Wie kann er sowas nur sagen? Warum will er unbedingt alles kaputt machen?“ „Ich denke nicht, dass er das alles ernst gemeint hat. Er ist nur verletzt, weil du jemanden magst, den er absolut nicht leiden kann.“ „Aber dann kann er mir das doch auch vernünftig sagen und seine Argumente anbringen“, erwiderte Felicitas. „Du kennst doch Joey.“ „Na, anscheinend nicht. … Seto spielt doch nicht mit mir.“ Sie traten in den Waschraum, Felicitas spülte sich das Gesicht mit kaltem Wasser ab und trocknete es mit den Papiertüchern ab, die für die Hände gedacht waren. „Natürlich spielt er nicht mit dir.“ „Gib Joey einfach Zeit, bis er sich daran gewöhnt hat.“ Die Mädchen liefen in die erste Etage, wo sich die Chemieräume befanden. „Das wird schon wieder, Süße“, sagte Anica und umarmte ihre Freundin. „Hoffentlich.“ Sie verabschiedeten sich und gingen zu den Veranstaltungen, die in wenigen Minuten beginnen sollten. Felicitas gab ihre Karte beim Lehrer ab und setzte sich dann in eine der hinteren Reihe. War sie sich wirklich sicher, dass Seto sie liebt? Oder sah sie alles einfach nur durch eine rosarote Brille? Nein, das konnte nicht sein. Er kümmerte sich so liebevoll um sie, das konnte nicht gespielt sein. „Zyankali, das Salz der Blausäure, tötet schon bei einer minimalen Dosis…“ Sie hörte die Worte der Lehrerin, nahm sie aber doch nicht wahr. Ihre Gedanken kreisten um Joeys Worte, um Seto und um sich selbst. Wollte sie ihren besten Freund verlieren, nur weil er ihren Freund nicht leiden konnte? Oder hatte sie ihn bereits verloren? Als der Vortrag beendet war, verließ sie den Raum und das Schulgebäude wie in Trance. Sie wollte nur noch zu Seto. Sie wollte umarmt werden, geküsst und einfach nur gehalten. Sie wollte sich an ihn lehnen und seinen Herzschlag hören. Doch es war erst um zwölf, Seto hatte gesagt, dass er gegen 17 Uhr zu Hause sein würde. Dann wollten sie zusammen etwas kochen. Sie wollte ihm nah sein, aber sie konnte ja nicht einfach zu ihm auf Arbeit gehen. Sie konnte ihn nicht stören. Nicht wegen so kleinen Problemen, wo er doch eine Firma zu leiten hatte. Zehn Minuten später drückte sie auf den Klingelknopf. Es dauerte nicht lange, da wurde ihr die Tür geöffnet. „Hallo Feli.“ „Hey Moki“, sagte sie und trat in das Foyer. „Was machst du denn schon hier? Ich dachte, du kommst erst abends.“ „Das war der Plan, aber ich wollte nicht nach Hause gehen und da dachte ich, ich komme einfach hierher. Ist das okay?“ „Na klar. Aber ich muss meine Hausaufgaben machen und an meiner Hausarbeit arbeiten“, antwortete Mokuba. „Ich will dich nicht abhalten, ich werde mich einfach in Setos Zimmer setzen.“ „Okay.“ Sie liefen gemeinsam die Treppe hinauf und während Mokuba in seinem Zimmer verschwand, trat Felicitas in das Zimmer von Seto. Es sah aus wie immer, alles war aufgeräumt, das Bett gemacht. Nichts Persönliches war zu sehen, nur ein Foto stand auf dem Nachttisch. Er hatte sie um ein Bild gebeten, er hatte gesagt, er will mit ihr einschlafen und mit ihr aufwachen, auch wenn sie nicht bei ihm war. Sie ließ den Rucksack auf den Fußboden sinken, die Jacke wurde daneben fallen gelassen. Felicitas schlug die Überdecke zurück und legte sich in das Bett. Die Bettwäsche roch nach Seto, sie zog das Kissen fest an sich. Sie wollte die Welt um sich herum und das, was heute passiert war, vergessen. Zumindest für einige Stunden. *** Am späten Nachmittag kam Seto nach Hause. Er hängte seinen Mantel an die Garderobe und hechtete die Treppe hinauf. Er wollte noch schnell unter die Dusche springen, bevor Felicitas vorbeikam. Draußen war es bereits dunkel. Seto trat in sein Zimmer und schaltete das Licht an. Er sah den Rucksack und die Jacke auf dem Boden, sein Blick schweifte durch das Zimmer und er entdeckte seine Freundin auf dem Bett. „Feli.“ Er trat zu ihr und bemerkte, dass sie schlief. Vorsichtig legte er sich neben sie, er wollte sie nicht wecken, und betrachtete sie. Zehn Minuten lag er einfach nur neben ihr, doch dann klingelte sein Handy. Er zog es aus seiner Hosentasche, drückte den Anruf weg, doch Felicitas öffnete bereits die Augen. „Hey Schatz. Tut mir leid, ich wollte dich nicht wecken.“ „Seto.“ Ihre Stimme klang schwach. Sie schlug die Decke etwas zurück und schlang ihre Arme um ihn. „Ich bin so froh, dass du da bist.“ „Was ist denn los?“, fragte Seto besorgt, als sie anfing zu schluchzen. „Ich… ich hab mich mit Joey gestritten. Er hat Sachen über dich gesagt, die nicht wahr sind… die nicht wahr sein können.“ „Ach, meine Kleine.“ Er umarmte sie. „Ich glaube nicht, dass wir das wieder hinkriegen“, sagte sie und immer wieder waren ihre Worte von dem Schluchzen unterbrochen. Seto sagte nichts, er hielt sie einfach nur im Arm, streichelte sie und versuchte sie so zu beruhigen. Eine halbe Stunde lagen sie einfach nur schweigend ineinander geschlungen. „Ich hab dich lieb, mein Schatz.“ „Ich hab dich auch lieb.“ „Was sagst du, wollen wir uns noch einen schönen Abend machen? Zusammen kochen und dann einen Film sehen, wie geplant?“ „Okay.“ Seto stieg aus dem Bett und Felicitas setzte sich auf. Ihr Kopf dröhnte und sie wäre am liebsten wieder in das Kissen zurückgesunken. Ihr Kopf war ganz warm und sie fühlte sich schlapp. Schwerfällig stieg sie aus dem Bett und machte sich zusammen mit Seto auf den Weg in die Küche. „Geht es dir gut? Du siehst plötzlich so blass aus“, fragte Seto. „Ich fühle mich irgendwie nicht so gut.“ In diesem Moment wurde ihr schwarz vor Augen. „Set…“ Ihre Beine gaben nach und ihr Körper wäre zu Boden gesackt, hätte Seto sie nicht festgehalten. „Mokuba!“ Er legte Felicitas vorsichtig auf den Fußboden und winkelte ihre Beine an. „Was denn los?“, fragte Mokuba, der aus seinem Zimmer in den Flur getreten war. „Ruf bei Doktor Wöllner an, er soll sofort herkommen.“ „Okay.“ Langsam schlug Felicitas ihre Augen wieder auf. „Hey Schatz. Was machst du denn?“ Behutsam hob Seto ihren Kopf an und legte sein Jackett als Kissen darunter. „Bleib ruhig liegen.“ „Ich werde Ihnen Antibiotika da lassen, nehmen Sie bitte alle 12 Stunden eine Tablette“, sagte Doktor Wöllner zu Felicitas, nachdem er sie untersucht hatte. „In einigen Tagen wird es Ihnen wieder besser gehen. Ruhen Sie sich aus, trinken Sie viel Tee und nehmen Sie regelmäßig die Tabletten.“ „Okay. Vielen Dank.“ Felicitas atmete tief ein und schloss die Augen, während der Arzt das Zimmer verließ. Im Flur lief Seto unruhig vor der Tür hin und her. „Wie geht es ihr?“, fragte er. „Es ist nur eine Erkältung.“ „Gott sei Dank.“ „Den Zusammenbruch kann ich allerdings nicht allein mit der Erkältung erklären, es muss etwas Psychisches sein, das dann mit der Erkältung zusammenspielte. Hat sie vielleicht Stress in der Schule oder zuhause?“ „Na ja, also sie hat sich mit ihrem besten Freund gestritten, das hat sie sehr mitgenommen“, sagte Seto. „Das könnte es natürlich sein.“ Doktor Wöllner öffnete seinen Koffer und holte eine kleine Packung heraus. „Ich werde Schlaftabletten hier lassen, sollte sie Probleme mit dem Schlafen haben, soll sie eine mit einem Glas Wasser nehmen.“ „Vielen Dank, dass Sie so schnell gekommen sind.“ „Ist doch selbstverständlich.“ Seto wollte ihn zur Tür begleiten, doch der Arzt winkte ab. „Ich finde schon allein heraus. Einen schönen Abend noch.“ „Danke, Ihnen auch.“ Seto öffnete die Tür zu seinem Schlafzimmer und trat zum Bett. Als sie bemerkte, dass jemand das Zimmer betrat, schlug Felicitas die Augen auf. „Hey Süße. Wie geht es dir?“, fragte er und setzte sich auf das Bett. „Ich fühle mich so schlapp und mein Kopf dröhnt“, sagte sie und zwang sich zu einem Lächeln. „Doktor Wöllner hat mir noch Schlaftabletten für dich gegeben. Schlaf ist schließlich die beste Medizin.“ Er streichelte ihren Arm. „Kannst du mich bitte nach Hause bringen?“ „Natürlich“, sagte Seto und seufzte innerlich. Er hätte sie am liebsten dabehalten, sich selbst um sie gekümmert. Er beugte sich zu ihr hinunter und hob sie hoch, sie schlang ihre Arme um seinen Hals und lehnte ihren Kopf an seine Schulter. Eine Viertelstunde später hielt Seto den Wagen vor Felicitas‘ Einfahrt. Er stieg aus, lief um das Auto herum und öffnete die Beifahrertür, um Felicitas hinaus zu heben. Die Schlaftabletten hatte sie nicht nötig gehabt, sie war bereits eingeschlafen. Seto lief den Weg zur Haustür entlang und drückte die Klingel mit dem Ellbogen. Frau Chenar öffnete wenige Augenblicke später. „Was ist mit Feli?“ „Es geht ihr soweit gut, nur eine Erkältung. Unser Hausarzt hat sie sich bereits angesehen“, antwortete Seto. „Bring sie bitte in ihr Zimmer. Die Treppe rauf und dann die erste Tür links“, beschrieb Frau Chenar den Weg und lief hinter ihm her. Seto brachte Felicitas in die obere Etage in ihr Zimmer und legte sie vorsichtig auf das Bett. Sanft küsste er ihr auf die heiße Stirn. „In ein paar Tagen wird es ihr wieder besser gehen.“ „Was ist denn überhaupt passiert?“ „Wir waren gerade auf dem Weg in die Küche, da sagte Feli, dass es ihr nicht gut ginge, und brach plötzlich zusammen. Ich rief sofort unseren Arzt und er diagnostizierte eine Erkältung.“ Er griff in seine Jackettasche und holte die Medizinpackungen heraus. „Doktor Wöllner hat ihr Antibiotika verschrieben.“ „Wann soll sie die nehmen?“ „Also, hier steht drauf alle 12 Stunden und gegen 8 hat sie die erste genommen.“ „Und dieser Zusammenbruch hatte mit der Erkältung zu tun?“, wollte Frau Chenar wissen, Sorge schwang in ihrer Stimme mit. „Doktor Wöllner meinte, es war ein Zusammenspiel mit einer psychischen Sache – Felicitas hat sich mit Joey gestritten.“ „Sie hat sich mit Joey gestritten? Weshalb denn?“ „Na ja, irgendwie wegen mir. Was genau vorgefallen ist, hat sie mir nicht erzählt, aber ich weiß, dass Joey in sie verliebt ist. Seit er weiß, dass ich ihr Freund bin, ist ihr Verhältnis schlechter geworden.“ „Meine arme Feli…“ „Es hat sie ziemlich fertig gemacht, ich weiß ja, dass die beiden beste Freunde sind. … Ach, falls sie nicht schlafen kann, hat mir Doktor Wöllner Schlaftabletten gegeben, aber das hat sich wohl erledigt.“ Seto reichte ihr die Packung. „Vielen Dank, dass du dich sofort um sie gekümmert hast.“ „Das ist doch selbstverständlich, sie ist schließlich meine Freundin.“ *** Felicitas schlief die ganze Nacht durch. Wach wurde sie erst, als sie einen heftigen Hustenanfall bekam. Sie brauchte einige Minuten, um sich wieder zu beruhigen, da betrat ihre Mutter das Zimmer. „Morgen, meine Kleine.“ Sie stellte das Tablett auf dem Schreibtisch ab und goss eine Tasse Tee ein. „Was machst du bloß für Sachen? Einfach krank werden.“ „Ich kann doch nichts dafür“, erwiderte Felicitas mit schwacher Stimme und musste erneut husten. „Trink eine Tasse Tee und nimm die Tablette hier“, sagte ihre Mutter und reichte ihr beides. „Seto hat sich gut um dich gekümmert und gleich einen Arzt gerufen.“ „Ich erinnere mich vage.“ Felicitas schluckte die Tablette und nahm einen Schluck Tee hinterher, der ihr die Lippen verbrannte. Sie fühlte sich nicht besser als am Abend zuvor, eher noch schlechter. Sich aufzurichten zum Trinken fiel ihr unglaublich schwer. Nach kurzer Zeit verfiel sie erneut in einen tiefen Schlaf. Schlafen sollte schließlich Genesung bringen. *** Kira und Anica saßen bereits auf ihren Plätzen und unterhielten sich über die verschiedenen Veranstaltungen, die sie bei den Wissenschaftstagen besucht hatten, als Yugi und Joey den Unterrichtsraum betraten. „Hallo Mädels!“ Die beiden begrüßten ihre Freunde und setzten die Unterhaltung fort, in welcher nun zwei weitere mitmischten. „Kannst du uns mal erklären, was das gestern sollte?“ Joey hatte gehofft, dass ihm diese Frage erspart bleiben würde, weshalb er seufzte. „Ja, zum Seufzen hast du allen Grund. Was sollte denn diese Szene?“ „Ich bin einfach ausgetickt.“ „Das haben wir gemerkt“, meinte Kira und Yugi warf ein: „Lass doch die blöden Kommentare, Joey fühlt sich schon schlecht genug deswegen.“ „Ach Mensch, ihr kennt mich doch. Ich muss meinem Ärger Luft machen und gestern war es einfach zu viel für mich. Ich sehe ständig diese Bilder in meinem Kopf. Wie er sie ansieht, sie berührt, sie küsst. Und ich möchte ihn am liebsten verprügeln. ... Ich weiß, dass es falsch war, dass ich es Feli nicht vorwerfen kann, dass sie sich nicht für mich interessiert, aber gerade er... Das ist es, was mich so fertig macht. Jeder andere, okay, aber er?“ „Es ist ja gar nicht so, dass sie sich nicht für dich interessiert. Du bist ihr bester Freund, mit dir bespricht sie Sachen, die sie mit uns nicht bespricht. Du kannst dir sicher sein, dass sie dich liebt, nur eben auf eine andere Art und Weise.“ „Das tröstet dich momentan sicher nicht, aber irgendwann wirst du verstehen, was wir meinen und es zu schätzen wissen“, ergänzte Anica. Der Klassenraum hatte sich langsam gefüllt und da klingelte es auch schon zur Vorbereitungszeit. „Apropos Feli. Wo bleibt sie denn? Sie kommt doch sonst nicht so spät.“ Joey schluckte. War es etwa seine Schuld, dass Felicitas nicht da war? Hatte er sie so sehr verletzt, dass sie nicht zur Schule kam? Felicitas ließ sich doch von nichts in der Welt davon abbringen, in die Schule zu gehen. Als sie bis zum Stundenbeginn nicht erschien und auch die anderen Stunden ohne ein Zeichen von ihr blieben, schrieb Anica ihr eine SMS. Alles klar bei dir? Allerdings erhielt sie keine Antwort. *** Als Felicitas am späten Nachmittag wieder aufwachte, war es draußen bereits dunkel. Sie tastete auf dem Nachtschrank nach dem Lichtschalter der kleinen Lampe und als sie ihn fand, wurde es plötzlich hell im Zimmer. Neben der Lampe stand ein großer Strauß roter Rosen. An der Vase lehnte ein kleiner Briefumschlag. Felicitas griff danach und öffnete ihn. Ich denke an dich, mein kranker Schatz. Werde schnell wieder gesund, damit ich dein schönes Lachen wieder sehen kann. Ich habe dich lieb! Seto Sie musste lächeln, als sie die liebevolle Nachricht las und begann bereits in diesem Moment Seto zu vermissen. „Ich habe den anderen gesagt, dass ich ihn liebe. Ich musste es sagen und in diesem Augenblick fühlte es sich richtig an, aber... aber Seto kann ich es nicht sagen. Oder doch?“ Sie drückte die Karte an sich und atmete tief ein. „Nein, ich kann es nicht, nicht jetzt. Er ist so anders, als bei unseren ersten Begegnungen, viel offener. Er lässt mich an sich heran, lässt mich sein Inneres sehen, aber wenn ich ihm sage, dass ich ihn liebe, würde er sicher zurückschrecken. Moki hat gesagt, dass er ihn noch nie so erlebt hat. Hat er es bei früheren Freundinnen nur nicht bemerkt oder bin ich wirklich die Erste, die... die ihm so nah kommt? Ich will es nicht kaputt machen. ... Oh man, warum bin ich nur so unsicher?“ Sie warf sich auf die Seite, was zu einem Hustenanfall führte. Langsam richtete sie sich auf, legte die Karte auf den Nachttisch und griff nach der Teetasse. Der Tee war inzwischen kalt, doch die Flüssigkeit in ihrem trockenen Hals tat gut. *** Bis zum Wochenende ging es Felicitas wieder besser. Das Fieber war gesunken und das Gefühl, schlapp zu sein, war verschwunden, nur der Husten war noch geblieben. Am Samstagvormittag waren Anica und Kira vorbeigekommen, um ihr einen Krankenbesuch abzustatten und die Mitschriften aus der Schule vorbeizubringen. Felicitas war dankbar für die Abwechslung. „Wir haben uns Sorgen gemacht, als du am Mittwoch nicht in der Schule warst.“ „Ich weiß, aber ich habe deine SMS erst am Donnerstag gelesen. Ich war total fertig und habe die meiste Zeit geschlafen.“ „Wo hast du die Erkältung nur her?“ „Na ja, beim Herbstball habe ich ja das recht freizügige Kleid getragen, vermutlich habe ich mir da etwas weggeholt“, vermutete Felicitas. „Mhm.“ „War irgendetwas Wichtiges in der Schule? Habe ich eine Kontrolle oder so verpasst?“ „Tests haben wir nicht geschrieben, aber für nächste Woche haben sie in Mathe, Englisch und Französisch welche angekündigt.“ „Okay.“ Nach etwa einer Stunde machten sich die beiden Mädchen auf den Weg nach Hause. Felicitas setzte sich an ihren Schreibtisch und begann die Mitschriften ihrer Freundinnen abzuschreiben, bis ihr Vater zum Mittagessen rief. Es gab wie die letzten Tage auch eine Hühnerbrühe mit Nudeln, dann etwas Kartoffelbrei für Felicitas. Ihre Eltern aßen Lachs mit Reis. „Wie viel ist denn von der Suppe noch da?“ „Warum?“ „Weil sie mir bereits aus den Ohren kommt.“ „Aber ich dachte, du magst meine Nudelsuppe“, erwiderte ihr Vater. „Schon, aber nicht in diesen Mengen.“ Nach dem Essen schrieb sie weiter die Mitschriften ab, doch nach einer Weile fühlte sie sich schwach. Sie ließ die Notizen Notizen sein und legte sich auf ihr Bett, mit der Fernbedienung schaltete sie den Fernseher ein. Irgendwie lustlos zappte sie in den Programmen herum, bis sie bei einer Comedyserie stehen blieb. Gegen Ende der zweiten Folge öffnete sich die Zimmertür und Seto stand im Türrahmen. „Seto!“ Sie sprang vom Bett auf und umarmte ihren Freund stürmisch, was in einem Hustenanfall endete. „Hey, ganz ruhig! Du solltest dich lieber noch schonen“, sagte er und schlang seine Arme um sie. Es war schön, sie wieder im Arm zu halten und sie zu spüren. Sie hatten sich nur drei Tage nicht gesehen und doch kam es ihm vor, als wären es Wochen gewesen. Die beiden setzten sich auf das Bett und redeten den ganzen Nachmittag. Sie redeten über alles Mögliche, über den Vortrag an den Wissenschaftstagen, über den Herbstball und den Zeitungsartikel, über Mokuba und vieles mehr. Der Fernseher lief, doch Felicitas und Seto achteten überhaupt nicht darauf. Sie waren viel zu sehr in ihr Gespräch versunken, aber es gab auch Momente, in denen sie gar nichts sagten, sondern sich nur in den Armen lagen. Die Zeit verging, ohne dass sie es merkten. Zwischendurch kam Felicitas’ Mutter ins Zimmer, sie brachte Tee und Kuchen. „Hier habt ihr etwas zum Kaffee“, sagte sie und stellte das Tablett auf den Schreibtisch. „Danke Mama.“ Die Mutter lächelte und ging dann wieder in ihr Arbeitszimmer. „Felicitas scheint richtig glücklich zu sein, ihre Augen haben gestrahlt und ich glaube fast, dass ihr Lächeln den ganzen Tag anhalten wird. … Ich hatte zwar immer gedacht, dass sie irgendwann einmal mit Joey zusammen kommen würde, die beiden machen schließlich alles gemeinsam, aber wenn dieser Seto sie glücklich macht, dann bin ich auch zufrieden mit ihm“, dachte die Frau und machte sich wieder an die Arbeit. Zum Abendessen fanden sich Felicitas, Seto und Felicitas’ Eltern in der Küche ein. Es gab verschiedene Brotsorten, die Herr Chenar aus seinem Restaurant mitgebracht hatte. Er hatte diese neuen Variationen von seinen Mitarbeitern backen lassen und wollte von seiner Familie wissen, ob er sie seinen Gästen anbieten konnte. Wurst und Käse waren zum Belegen auf dem Tisch, aber zuallererst gab es einen Teller mit Hühnersuppe. „So, jetzt ist der Topf leer.“ „Na endlich. Ich kann die Suppe nicht mehr sehen. Die ganze Woche schon muss ich sie essen“, sagte Felicitas und zeigte Seto mit ihren Armen, wie groß der Topf war, in dem die Suppe ursprünglich gekocht worden war. „Ich finde eigentlich, dass sie ganz gut schmeckt.“ Seto grinste sie an, wusste er doch genau, was sie meinte. „Siehst du, wenigstens einer, der meine Suppe zu schätzen weiß!“ „Ich zähle wohl nicht“, widersprach da seine Frau. „Schatz, entschuldige. Du bist doch mein wichtigster Kritiker.“ Er küsste sie zur Versöhnung. Seto sah Felicitas mit einem Schmunzeln auf den Lippen an und griff nach ihrer Hand, die auf dem Tisch ruhte. „Wie ernst ist es Ihnen mit Felicitas?“, wurde er sofort von ihrem Vater gefragt. „Papa!“ „Schon gut, Feli“, erwiderte Seto und an Herrn Chenar: „Sehr ernst. Ich verliebe mich jeden Tag mehr in sie.“ Verlegen sah Felicitas auf ihren Teller. „Ich würde gern noch bleiben, aber du brauchst den Schlaf, um wieder richtig gesund zu werden.“ Nach dem Essen wollte sich Seto auf den Weg nach Hause machen, er stand mit Felicitas noch im Flur und verabschiedete sich von seiner Freundin. „Danke, dass du heute hier warst“, sagte sie und umarmte ihn. Sie schmiegte ihren Kopf an seinen Brustkorb und roch sein Parfüm, das ihr den Kopf verdrehte. „Ich wünschte, ich könnte bei dir bleiben, aber es geht nicht. Du musst dich ausruhen und ich muss zu Mokuba.“ Er legte seinen Kopf auf ihren und fuhr mit der Hand über ihr Haar. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)