Wenn aus Liebe Hass wird von Tiger01 ================================================================================ Kapitel 1: ----------- „Los komm schon, rauf mit dir und mach dich kampfbereit, er wird gleich da sein!“, schnauzte eine dunkle Stimme in den Ohren des schwarzen Engels. Grobe Hände schoben ihn endlos viele Treppen hinauf, hoch auf ein kleines Dach, wo er auf seinen Feind warten sollte. Ausdruckslos starrten seine tiefblauen Augen auf den Boden, sein Herz schien nicht mehr schlagen zu wollen und die Gefühle in ihm still zu stehen. Wann hatte er angefangen ihn zu hassen? Wann war sein Blick für die Wahrheit getrübt worden? Seit wann wünschte er sich den Tod des Dämons, den er doch eigentlich liebte? „Mach schon, nur noch ein paar Stufen!“ Kalt und schneidend wehte ihm der Wind ins Gesicht, als sich die Tür zu dem kleinen Dachvorsprung öffnete. Noch waren sie längst nicht ganz oben, aber den Rest hätten sie mit einem klapprigen Aufzug zurücklegen müssen, um auf die Spitze zu gelangen. Mit einem Wehmütigen Blick betrachtete der Vampir den schwarzen Nachthimmel, auf dem nicht mal ein Stern glänzen wollte. „Er kommt!“, rief eine andere Stimme. Weit weg klang sie in Shions Ohren, weit weg und fast nicht real. Doch der Geruch der ihm nun in die Nase kam, war sehr wohl echt! Es war der Duft seiner einstigen Liebe. Es war der Johanns, dem mächtigen Drachendämon. Blind vor Hass drehte er sich in die Richtung aus der er ihn gewittert hatte und ließ langsam seine mächtigen schwarzen Federflügel auf dem Rücken erscheinen. „Johann“, sagte er dunkel und blickte mit bösem Ausdruck auf den Ankommenden. „Warum wartet ihr auf mich? Flieht ihn nutzlosen Menschen!“, rief eine drohende Stimme von oben herab und dann zeigte sich die ganze Gestalt des Dämons. Kurze blaue Haare rahmten das hübsche Gesicht ein. Graue Augen blitzen ärgerlich und drohend auf, lange filigrane Finger, bereit jeden zu töten der ihm in die Quere kam. Der schlanke und dennoch kräftige Körper der keine Schwächen aufzeigte, trotz seines enormen Alters. Ein schützender Panzer aus fester Drachenhaut schmiegte sich um den Oberkörper, ließ jedoch genug Freiheit, dass sich sein Träger mühelos bewegen konnte. Elegant setzten die Füße des Dämons auf dem Dach auf und für einen langen Augenblick schwiegen alle, nur der Wind sang ein leises trauriges Lied. „Weshalb bist du hier? Warum verschwindest du nicht endlich aus meinem Leben? Wieso musst du immer nur kämpfen wollen?“, fragte Shion leise und dennoch hörte man die unbändige Wut heraus, die seine Stimme beherrschte. „Wieso fragst du mich das? Du warst es doch der mich hier her bestellen ließ, mit der Aufforderung keine Gnade zu zeigen“, entgegnete Johann ruhig. Seine Stimme klang so wie immer, die unsagbare Arroganz und Gelassenheit, die er nur selten verlor. Langsam schritt er aus, direkt auf den Fahrstuhl zu und öffnete dessen Türen. „Komm schon, hier lässt es sich nur schwer starten“, forderte er Shion auf den kleinen Raum zu betreten. Er wusste, dass der Vampir hier nicht starten konnte und nutzte es dennoch nicht als Vorteil für sich. Nur zögerlich folgte der Kleinere von beiden der Handbewegung und stieg in das Gefährt ein, dicht gefolgt von Johann, der direkt vor ihm stehen blieb und die Türen hinter ihnen schloss. Jetzt war er gefangen, konnte sich nur schwer wehren und war dem anderen unterlegen. Wenn der Dämon es wollte, könnte er ihn hier und sofort töten, aber er tat es nicht! Stattdessen beugte er sich nach vorn und sein warmer Atem streifte das Ohr des Vampirs. Langsam ruckelte der Aufzug nach oben, angetrieben von einem Esel der langsam die Schraube nach oben drehte. „Ich will nicht mit dir kämpfen! Ich will nicht gegen dich kämpfen, aber nachdem was du getan hast bleibt mir nichts anderes übrig! Du hast unsere Gefühle verraten, hast sie mit Füßen getreten und jetzt endlich, nach all den Monaten werde ich mich an dir rächen für all den Schmerz den du mir zugefügt hast!“ Seine Worte waren leise und dennoch wusste er, dass sie das Herz des anderen erreichen würden. Dass sie sich tief hineinrannten und mahnend dort lodern würden. Ein kurzer Ruck ging durch die Kabine und die Türen wurden wieder von dem Blauhaarigen geöffnet. Shion konnte zwar sehen das Johann den kleinen Raum verließ, aber seine Beine wollten ihn nicht folgen lassen! Was hatte er gesagt? Er hätte ihre Liebe verraten? „Das ist Unsinn und das weißt du“, knurrte Shion, seine Fassung über das Gesagte endlich wieder erlangend. „Du hast mich verraten und beinahe in den Tod geschickt! Du warst es doch der mich in diese Falle hat laufen lassen!“, rief er ärgerlich und endlich konnte er seine Flügel ausstrecken und in die kalte dunkle Nacht aufsteigen. Er war frei und konnte auf die Angriffe reagieren. Schnell hatte er sein mächtiges Drachenschwert gezogen und hielt es kampfbereit vor sich. Auch Johann stieg langsam auf, schlug wenige Male mit seinem Drachenflügeln schneidend die Luft und ließ Shion nicht aus den Augen. Hatte er das gerade richtig verstanden? Shion beschuldigte ihn ihre Gefühle in den Dreck getreten zu haben? „Das ist nicht dein Ernst oder?“ fragte er beinahe ungläubig und zog ebenfalls sein Schwert, um sich vor dem Angriff schützen zu können. Eine böse Aura begann sich um seine Waffe aufzubauen, schon sehr lange hatte er diese nicht mehr gesehen und langsam dämmerte ihm was hier gespielt wurde. Doch zum näheren Erörtern kam er nicht, denn da folgte auch schon der erste gewaltige Angriff seines Vampirs. Das laute Singen des Metalls, welches aufeinander traf, zerschnitt die Nacht und Johann schien es, als könne er die Drachen brüllen hören. „Hör auf!“, rief er und wich dem zweiten Angriff aus. „Warum sollte ich? Endlich bekomme ich meine Rache!“, grollte Shion dunkel und bewegte sich rasch auf den Blauhaarigen zu, doch wieder wich dieser seinem Angriff aus. „Versteck dich nicht du Feigling“, zischte er böse. „Jetzt hör mir doch endlich zu! Wir sind beide reingelegt worden! Das war alles ein abgekartetes Spiel! Wir soll…“ Doch weiter kam Johann nicht, denn da erklangen ihre Schwerter erneut und zitterten beide von der Wucht des Aufpralls. Die Klingen trafen sich immer wieder, fügten sich beide Schaden zu und dennoch hörten ihre Besitzer nicht auf sich zu bekämpfen. Immer wieder erleuchteten Funken den Nachthimmel und die drei Menschen die auf dem Dach standen, sahen es mit Genugtuung. Ihre beiden größten Feinde bekämpften sich gegenseitig. Sie hatten ihr einstiges Bündnis aufgelöst und wollten nur noch den Tod des jeweils anderen. „Jetzt werden wir diese Bestien endlich los!“, grunzte einer der Drei vergnügt. Doch schon im nächsten Augenblick raste Johann auf die Drei zu und erwischte sie mit seinem Schwert. Nur Sekunden später lagen drei tote Körper auf dem Dach und der Dämon grinste zufrieden. „Sieh sie dir an! Es ist ihre Schuld das es soweit gekommen ist, nun glaub mir doch endlich“, rief der Blauhaarige, doch wieder antwortete nur Shions Schwert. Geschickt wehrte Johann es ab und sank weiter gen Boden auf eine freie Ebene. Hier in die Einsamkeit hatte man ihn bestellt, dahin wo diese unsägliche Kirche stand. War es überhaupt eine Kirche oder nur ein halb zerfallenes Gebäude in der Steppe? Johann wusste es nicht und es war im Moment auch völlig egal, denn schon schmetterte der Vampir ihm sein Schwert abermals entgegen und ließ es sein Klagelied anstimmen, begleitet von seinem Kameraden, dessen böse Aura nun wieder verschwand. Shions Augen hatten noch immer diesen grenzenlosen Hass inne, zeigten noch immer kein Erbarmen mit seinem ehemals Liebsten. Nur der Gedanke an seine geschändete Seele trieb ihn wieder und wieder zum Angriff. Bald schon standen sie beide auf dem Boden der Tatsachen und kämpften unerbittlich weiter, doch Johann wehrte ihn nur ab, griff nicht selbst an und ließ sich immer weiter zurückdrängen. „Du elender Feigling! Erst deinen Boten kommen lassen und mich in die tiefe Stürzen und jetzt nicht mal um deine Ehre kämpfen“, rief er garstig und schwang das Drachenschwert erneut gegen den anderen. Er wollte nicht hören was dieser zu sagen hatte, wollte nicht die Stimme hören, die ihm lange Zeit die Liebe gestanden hatte. Der blauhaarige Dämon wich weiter aus und wehrte ab, was er allerdings nicht wahrnahm, dass sein treuer Gefolgsmann Alister ein Schwert erscheinen ließ, von dem niemand wusste, dass es existierte. Er hob die schwere Klinge und jagte mit ihr auf Shion zu. Und dann ging alles sehr schnell! Shion stöhnte laut seinen Schmerz heraus und wich zur Seite aus. Das Schwert, dessen Klinge sich scheinbar noch einmal ausklappen ließ, bohrte sich tief in seine Seite und den unteren Rückenbereich. Keuchend hielt er sich die Seite und blitze böse auf Alister, der nicht minder giftig zurücksah. „Du kämpft unehrenhaft!“, zischte er Johann zu und blinzelte. Kleine Schweißtropfen rannen seine Schläfen hinab. „Alister! Halt dich da raus, sonst stirbst du als Erster!“, drohte Johann böse und ließ keinen Zweifel aufkommen, dass er es ernst meinte. Schnell zog sich der Kleinere zurück, aber aufgeben kam für ihn nicht in Frage, er würde seinen Meister unterstützten, selbst wenn es ihn sein Leben kosten würde. „Shion, jetzt komm zur Vernunft und hör mir endlich zu“, rief der Dämon dem Vampir entgegen, doch dieser griff ihn nur wieder an. Seine Kraft hatte nachgelassen, aber dennoch war er ein tödlicher Gegner. „Du wirst dich selbst noch ernsthaft verletzten, wenn du nicht endlich aufgibst!“ „SEI ENDLICH STILL!“, rief Shion und stürmte wieder auf den Blauhaarigen zu, doch zum zweiten Mal traf ihn das seltsame Schwert Alister’ und diesmal drehte er sich in seinem Schmerz zu ihm und teilte seinen kleinen Körper mit einem Hieb in zwei Teile. Schwer Atmend blickte er auf den kleinen Dämon und dieses Schwert, von dem ihm völlig unklar war, wie es der Zwerg überhaupt hatte heben können. Und schon erkannte er eine neue Gefahr! Denn das Schwert erhob sich, schwebte durch die Luft und landete sanft in Johanns, nach oben gestreckter, Hand. „Was für eine seltsame Waffe“, murmelte er leise und hörte schon die raschen Schritte Shions auf sich zukommen. Doch noch bevor er dazu kam sein Schwert zur Gegenwehr zu heben, spürte er die scharfe Klinge in seiner Brust. Das Schwert in seiner erhobenen Hand klappte zusammen und traf Shions linken Flügel, dessen oberes Gelenk laut knackte und dann zu Boden fiel. Er hatte seinem Engel den Flügel regelrecht gestutzt und ihn somit flugunfähig gemacht. Doch darüber nachdenken konnte er nicht mehr, denn das Leben wich aus seinem Körper und schwächte ihn zusehends. „Shion“, keuchte er leise, ließ beide Schwerter fallen und griff stattdessen nach dem Kragen des anderen. Langsam zog er ihn ebenfalls auf die Knie und schaute ihn mit einem Lächeln unverwandt an. „Ich habe nicht gewollt, dass es so kommt! Ich habe nicht gewollt, dass einer von uns stirbt! Mein Herz gehört noch immer dir und das wird sich auch im Tode niemals ändern! Die Menschen haben ihr gemeines Spiel gewonnen! Sie haben uns getrennt und dazu gebracht, dass wir einander so erbittert bekämpft haben.“ Johann hustete ein paar Mal und sank gänzlich auf dem Boden, Shion immer mit sich ziehend. „Ich liebe dich mein Vampir! Ich liebe dich noch genauso wie am ersten Tag, dass konnten selbst diese unwürdigen Menschen nicht ändern! Aber sie haben mich aus deinen Armen gerissen, dich gegen mich aufgebracht und schließlich veranlasst, dass du mich tötest. Du, der du der Einzige bist, der dies überhaupt zustande bringen kann. Nur du bist meinen Kräften gewachsen und hast es nun geschafft! Lebe wohl mein Shion, werde gesund und vergiss mich niemals!“ Damit schlossen sich die goldenen Augen, aus denen immer mehr das Leben gewichen war. Die Hand löste sich aus dem Stoff und fiel zu Boden. Shion stützte über dem Dämon und bittere Tränen liefen ihm über sein Gesicht. Die letzten Worte hatten ihm die Augen geöffnet. Hatten ihm gezeigt, dass alles nur ein falsches Spiel gewesen war, dessen Grenzen er nun überschritten hatte. Johann war tot und er konnte es nicht ändern, denn selbst er als mächtigster Vampir der Erde, vermochte es nicht die Toten auferstehen zu lassen. Weinend legte er die Stirn auf Johanns Brust und schluchzte sein Leid in dessen Kleider. „Shion?“ Eine sanfte Stimmte zerschnitt die Luft und ließ den Gerufenen aufblicken. „Komm mit, ich werde dich Gesund pflegen!“ ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ „Hallo Shion! Na willst du nicht aufstehen und ein wenig deine Flügel ausbreiten?“, fragte ein junges Mädchen und stellte ein Tablett mit Essen auf den Boden neben den, einst so stolzen, Vampir. „Lass mich in Ruhe Yuriko, ich will nichts“, brummte der Angesprochene und drehte sich um, den Blick sehnsüchtig aus dem Fenster gerichtet in den Himmel, auf dem sich die Nacht ankündigte. Traurig stand das junge Mädchen auf und verließ den Raum. Schon seit 5 Jahren kümmerte sie sich um den verletzten Vampir, seit sie 15 war und dennoch wollte keine Besserung eintreten. Sicher die äußeren Wunden hatten ich längst geschlossen, aber seine Seele war nach wie vor verletzt und blutete still vor sich hin. „Großvater, meinst du Shion wird irgendwann einmal wieder fliegen können?“, fragte sie und setzte sich neben einen etwa 95 jährigen Mann. „Weißt du Yuriko, Shion ist schon sehr sehr alt! Ich habe ihn damals in der Steppe über dem toten Körper seiner Liebe gefunden. Ich war damals gerade 12 Jahre alt und trotz des viel Bluts, der bösen Wunden und dem Wissen das ich hier meinen eigenen Tod vor Augen haben könnte, wollte ich ihm helfen. Johann konnte niemand mehr helfen, aber Shion schon! Er war schwer verletzt konnte nicht mehr fliegen, aber das war alles nichts im Vergleich zu dem, was seine Seele erleiden musste.“ „Erzählst du mir ihre Geschichte?“, bat das Mädchen und schmiegte sich bittend an den Arm des Alten. „Na schön, ich werde sie dir erzählen!“, lächelte der Opa und begann die Leid geprägte Geschichte der beiden Herzen zu erzählen, die in den Tod geschickt wurden, jedes auf seine Weise. „Alles begann vor sehr langer Zeit, damals als man hier weder elektrisches Licht, noch irgendwelche Maschinen kannte. Johann war damals auf der Suche nach einem mächtigen Vampir, von dem er gehört hatte und von dem gemunkelt wurde, dass er der Einzige wäre der es schaffen konnte ihn zu töten. Diesen Vampir wollte er finden und sehen wie es mit dessen Kräften beschieden war. Schließlich hatte er ihn gefunden, verborgen in einem kleinen Schloss, auf einem hohen Berg. Dort angekommen forderte er ihn zu einem Kampf heraus, um festzustellen wer von ihnen der Stärkere war. Sie kämpfen sieben Tage und sieben Nächte im Inneren des Berges, ohne dass einer von ihnen einen Vorteil für sich herausschlagen konnte. Shion, mit seinem mächtigen Drachenschwert, geschmiedet aus der Schuppe des gefährlichsten und weisesten Drachen auf der Welt und Johann mit seinem Schwert, geschmiedet aus dem Zahn eines bösen Drachens, den er einst zur Stecke brachte. Ihre Waffen waren also nutzlos um den Sieg hervor zutragen. Dennoch gaben sie nicht auf und kämpfen nun auch mit der Magie die ihnen gegeben war. Shion hat die Gewalt über die Elemente und weiß sie einzusetzen, Johann hingegen, besaß die Fähigkeit zu vergiften und verletzte Shion am Arm, als dieser einen Augenblick unachtsam war. Doch schon im selben Moment traf ihn ein Eispfahl und nagelte an der Wand fest! So gefangen war es ihm nicht möglich den nächsten Angriff abzuwehren und so einigten sie sich auf ein Unentschieden. Shion bewirtete den Dämon fürstlich und je mehr Zeit sie miteinander verbrachten, desto mehr verliebten sie sich in einander. Johann erlöste Shion von dem Fluch das Blut der Menschen zu trinken, konnte ihm allerdings nicht die Fähigkeit geben auch in der Sonne zu sitzen. Shion hingegen schwor ihm ewige Treue und Liebe, solange er lebte. Die Menschen allerdings bekamen Angst vor dem Bündnis der beiden mächtigsten Dämonen die über die Nacht herrschten. Sie klügelten einen Plan aus, wie sie es schaffen konnten das die beiden sich gegenseitig töten würden. Sie warteten bis Johann eines Tages für eine Weile das Schloss verließ und schickten einen Boten der Shion begann einzureden das Johann diesen Packt nur eingegangen war, damit er überleben und so seine Macht weiter stärken konnte. Immer wieder, Tag für Tag und Nacht für Nacht, träufelte dieser Bote das Gift des Hasses in die Ohren des Vampirs. Auch wenn er es anfangs nicht glaubte was ihm erzählt wurde, so schienen die stetigen Lügen nach einigen Monaten Früchte zu tragen. Shion, wurde böse! Johann war auch nach fünf Monaten noch nicht wieder zurück und so begann er zu glauben, dass dieser Mensch Recht hatte, dass er die Wahrheit erzählte und Johann ihn wirklich nur betrügen wollte. Sein Hass schürte sich Stunde um Stunde und wurde größer, stieg in ein unerträgliches Maß für den Vampir und zerbrach ihm das Herz. Du darfst nicht vergessen, dass ein Vampir um ein vielfaches stärker fühlt als ein Mensch! Der Schmerz der ihn erst nach Monaten zerbarst, hätte uns schon nach wenigen Tagen sterben lassen! Shion schickte einen Boten zu Johann und kündigte ihm an, dass er ihm seine dreisten Lügen austreiben würde. Dass er ihn töten würde dafür das er ihm das Herz und seine Seele gebrochen hatte. Johann wiederum war sehr bestürzt über diese Nachricht. Und wieder begann der Mensch der diese Botschaft überbracht hatte, seine giftigen Worte zu sprechen, die auch bei Johann Früchte trugen, bis dieser den kleinen schwachen Menschen einfach zur Strecke brachte und Alister, seinen einst treuen Begleiter, mit der Nachricht fortschickte, er würde Shion schon zeigen wer der Stärkere war. Alister kam zurück und forderte Johann, im Namen Shions, zu einem Kampf auf Leben und Tod in der Steppe der gebrochenen Seele, so nennen wie sie seit diesem Kampf, heraus. Johann nahm an und folgte diesem Ruf nach Rache, doch als er die Menschen sah, die Shion begleitet hatten, war ihm klar das dies alles ein abgekartetes Spiel war und auch nachdem die ihren Kampf begonnen hatten. Er versuchte immer wieder Shion dazu zu bringen aufzugeben, ließ es zu das dieser Alister mit einem Schwertstreich tötete, aber der Vampir konnte nicht aufhören, zu groß war sein Hass der ihn blind für die Wahrheit machte und taub für die Worte Johanns. Erst als dieser im Sterben alles sagte was er wusste, begriff Shion was er getan hatte und bereut es seither. Jede Nacht sitzt er am Fenster und weint, schaut in den Himmel und seine Augen fragen die Nacht immer wieder warum es so hatte kommen müssen. Warum er die Lügen der Menschen geglaubt hatte und seinen Hass schüren ließ.“ „Aber warum hat er dich denn nicht getötet? Er muss uns Menschen doch hassen“, wand Yuriko besorgt ein. „Ja, eigentlich müsste er das, aber sein Herz ist nicht mehr fähig zu hassen! Es trauert nur um seine einzige Liebe, verdrängt die schlechten Gefühle und schlägt schwer in seiner Brust. Ich habe ihn gesund gepflegt, habe seine Wunden geheilt und zugesehen wie er immer mehr in diese tiefe Traurigkeit verfallen ist. Mein ganzes Leben habe ich damit zugebracht und nun pflegst du ihn, Yuriko. Verspricht mir, dass du dich immer gut um ihn kümmern wirst, dass du ihn niemals im Stich lässt“, sagte der Alte ernst. „Das verspreche ich dir sehr gerne“, meinte das Mädchen und strahlte seinen Großvater an. Dann sah sie auf, eine Bewegung im Zimmer hatte ihre Aufmerksamkeit gefordert. Shion hatte zum ersten Mal seit 100 Jahren sein Zimmer verlassen und ging langsam durch den Raum zur Tür hinaus. Sein Weg führte ihn auf einen Hügel auf dessen Spitze er stehen blieb und in den Himmel blickte. „Warum nur?“, flüsterte er leise und ließ seine geschändeten Flügel erscheinen um sie nach all den Jahren einmal zu strecken. Sein Blick wanderte auf die alte Verletzung und wieder bahnten sich Tränen ihren Weg. „Hör auf zu weinen liebster Shion! Es bringt dir nichts so sehr um mich zu trauern!“ Der Vampir blickte irritiert auf und sah neben sich Johann stehen, der ebenfalls in den dunklen Himmel blickte. „Aber…“ „Es ist jetzt genau 100 Jahre her, dass wir so erbittert gegeneinander gekämpft haben und trotzdem liebe ich dich noch wie damals! Ich weiß, dass du ebenso empfindest, denn sonst würdest du nicht so sehr um mich weinen. Aber ich bin nicht hier um dir das zu sagen was dein Herz schon sehr lange weiß. Ich bin hier, um dir wieder die Möglichkeit zu geben in den Himmel aufzusteigen! Einst habe ich dir den Flügel verletzt und dich somit auf die Erde verbannt. Doch bevor ich die Möglichkeit hatte dies wieder gut zu machen, hat der Tod nach mir gegriffen und mich hinfort gerissen. Ich will dich wieder fliegen sehen! So wie früher, als wir noch gemeinsam die Luft unsicher gemacht haben. Gib mir deinen Flügel und lass ihn mich wieder heilen!“, bat Johann und drehte sich zu dem Geschöpf der Nacht um. Shion war überwältigt von der Liebe die er trotz allem in den Augen des Dämons lesen konnte. Das Lächeln welches ihn einst so sehr verzaubert hatte, erschien nun auf den schmalen Lippen und schenkte der engelsgleichen Gestalt einen noch schöneren Ausdruck. Behutsam reichte er den verlangten Flügel und spürte eine unglaubliche Hitze durch seine Adern pulsieren. Es tat fast unerträglich weh, entlockte ihm wieder und wieder heiseres Stöhnen doch schon bald lösten sich die Hände seines gefallenen Engels und zurück bleib der Flügel, der nun wieder in seiner einstigen Schönheit erstrahlte. Das einzige was Shion noch sehen konnte, war eine Narbe die sich an der Stelle entlang zog und sein restliches Leben von diesem Kampf zeugen würde. „Danke“ hauchte er überwältigt. „Das ist das Mindeste was ich tun kann, nachdem ich mich von meiner eigenen Wut und meinem Hass so sehr habe steuern lassen“, lächelte Johann zurück. „Es tut mir so unendlich leid was damals geschehen ist, eigentlich müsste ich derjenige sein der tot ist und nicht du! Ich war es doch der nicht auf dich hören wollte und das obwohl du recht hattest. Ich hätte diesen Menschen nicht glauben dürfen!“, sagte Shion leise und wieder bahnten sich Tränen ihren Weg. Johann trat ganz nahe an den Vampir heran und strich sie ihm liebevoll von den Wagen. „Hör auf zu weinen mein Schöner! Viel zu lange hast du deine Tränen um mich vergossen, viel zu lange schon ist dein Herz schwer von der Trauer um mich. Ich will nicht, dass du mich vergisst, aber beginne wieder zu leben! Lebe für mich mit und gieße diese zweite Chance!“, sagte er mild. „Wie soll ich das denn können, wenn ich dich weiß das ich es war der dich getötet hat?“, schniefte Shion und schluckte die neuen Tränen hinunter. Behutsam lehnte er sich in die Hand des anderen und legte nun die seine auf dessen Handrücken. „Ich werde dir schon sehr bald einen Boten schicken! Jemanden den du um jeden Preis schützen musst. Verteidige ihn so, wie du mich verteidigt hast“, antwortete der Engel. „Aber woran soll ich ihn denn erkennen?“, fragte Shion leise zweifelnd. „Du wirst ihn erkennen wenn es soweit ist!“, lächelte Johann und schenkte seinem Vampir einen allerletzten Kuss auf die warmen Lippen, bevor er in den dunkeln Himmel verschwand. Shion blieb ratlos zurück. Er spürte noch immer diesen sanften Kuss, die weichen Lippen und er schmeckte nach all den Jahren die Süße seines Dämons auf seiner Zunge. Noch einmal blickte er auf die lange Narbe an seinem Flügel, streckte seine Schwingen zu voller Größe aus und schlug einmal kräftig mit ihnen. Seine Füße hoben sich leicht ab, hatten aber gleich wieder festen Boden. Yuriko, die mit ihrem Großvater vor das Haus getreten war, hielt die Luft an und staunte nur über die schöne Gestalt des Engels. Der alte Mann jedoch lächelte nur mild und setzte sich seufzend auf seinen Schaukelstuhl. „Er wird wieder fliegen, schon heute Nacht“, sagte er leise, als er den ersten noch recht unbeholfenen Flügelschlag zugesehen hatte. „Bist du dir sicher Opa?“, fragte das Mädchen leise. „Schau doch nur hin, er wird es können!“, meinte der Alte überzeugt. Shion schluckte leicht und holte nun weiter aus, kräftig schlugen seine Flügel durch die Luft, wirbelten Staub auf und er ließ sich langsam in den Himmel heben. Ein unsagbares Gefühl von Freunde und Freiheit floss durch seinen geschundenen Körper und machten im Durst auf die Geschwindigkeit die er einst fliegen konnte. Rasch erhob er sich weiter, lächelte sanft dem Mädchen und seinem Großvater zu und war einen Augenblick später in einer unmenschlichen Geschwindigkeit verschwunden. Genießend hielt der Vampir sein Gesicht im Wind und blickte über das weite Land unter sich. Er lächelte zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder aus tiefstem Herzen, trotz dass die Erinnerung an seinen Dämon noch immer schmerzte. Er wollte jetzt nach vorn sehen und auf den Boten Johanns warten, der ihm angekündigt worden war. Suchend streifte sein Blick über den Boden, bis er einem Menschen gewahr wurde, dessen Geruch ihm so unsagbar bekannt vorkam. Langsam setzte er zur Landung an und hielt sich dann versteckt um herauszufinden wer das sein konnte. Shion wollte seinen Augen nicht trauen, denn da saß am Ufer eines kleinen Bachlaufs ein Junge, kaum 20 Jahre alt und sah aus wie Johann! Dieselben Gesichtszüge, dass selbe sanfte Lächeln, dieselben goldenen Augen und die gleiche Engelsstimme. Shion schluckte schwer, war das der Bote? War das der Junge den er beschützen sollte? Warum schickte im Johann einen Jungen der ihm so sehr ähnelte? Der Vampir verstand es nicht und dennoch war er ganz sicher, dass dies der Bote war. Noch einmal schluckte er und ging dann langsam auf den Jungen zu, ein freundliches Lächeln auf den Lippen, das seine dunkelblauen Augen glänzen ließ. Was machst du so spät noch hier?“, fragte er sanft und setzte sich neben den Jungen an den Bachlauf. „Ich habe einen sehr weiten Weg hinter mir und Ruhe über die Nacht hier aus“, antwortete der Gefragte überrascht. „Hast du mich etwa belauscht?“, fragte er mit roten Wangen, als ihm klar wurde das der Fremde sein Lied gehört haben musste. „Ja, das habe ich und du kannst wirklich gut singen“, bestätigte Shion die Vermutung und blickte verträumt in das klare Wasser. „Danke sehr“, gab der Jüngere zurück. „Ich habe es einst von einem alten Geist in der Steppe der gebrochenen Seelen gelernt. Damals dachte ich, dass ich dort sterben muss, bis dieser Geist auftauchte und mit Tag um Tag dieses Lied vorgesungen hat. Es hat mir neuen Mut und Kraft gegeben weiter zu gehen und jetzt bin ich hier gelandet und werde wohl noch zwei Tage hier ausharren“, erzählte er weiter. Der Vampir horchte auf, sicher, er kannte dieses Lied nur zu gut, Johann hatte es immer für ihn gesungen, wenn er einmal traurig war. „Wie heißt du?“, fragte er plötzlich in die Stille der Nacht. „Johann haben mich meine Eltern getauft. Ein seltener Name ich weiß“, sagte der Gefragte. „Ich stamme von einem alten Dämonengeschlecht ab, aber das darfst du niemandem erzählen, sonst bin ich des Todes!“ „Ich werde es niemandem sagen, versprochen! Singst du für mich dieses Lied, Johann?“ Leise klangen die sanften Töne des Liedes über das Gras und in die Nacht, wurden von dem Wasser davon getragen und verstummten in weiter Ferne. Shion saß mit einem glücklichen Lächeln am Ufer und lauschte dem altbekannten Lied und der Stimme, die ihm immer wieder Mut zum Leben gemacht hatte. -.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.- ENDE -.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.- Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)