The Girl who was forgotten von Rumiko- ================================================================================ Kapitel 2: Frau aus Glas ------------------------ „Amai!“, rief Yuki nach der Stunde und kam zu mir, „Wie es scheint, hast du Zero schon kennengelernt.“ Sie sah den silberhaarigen Jungen an und lächelte. „Mehr oder weniger.“, sagte ich und schielte kurz zu dem Jungen, den Yuki Zero nannte. Dieser sah mich ebenfalls an. Ich glaubte etwas skeptisches in seinem Blick zu sehen. Ich schaute schnell weg und ging einfach. Die nächsten Wochen vergingen recht schnell. Genau wie ich erwartet hatte, hassten mich meine Mitschüler nun, aber das war mir ziemlich egal. Was mich wirklich belastete, war, dass ich immer noch angst vor Zero hatte. Ich fühlte mich in seiner Nähe einfach nicht wohl. Das lag wohl wirklich daran, dass ich ihn und vor allem seine Aura einfach nicht einordnen und einschätzen konnte. Dazu kam, dass er mich seit wenigen Tagen ununterbrochen anstarrte. So wurde jede Unterrichtsstunde zu eine unendliche Folter, in der sich seine Blicke wie Eisspeere in mein Fleisch bohrten. Direkt nach der Stunde verschwand er dann immer. In so einer Unterrichtsstunde saß ich heute wieder und wieder starrte er mich an. Allerdings hatte ich mir heute vorgenommen, dem ein Ende zu setzen. Nach der Stunde hielt ich ihn auf. „Warum zur Hölle starrst du mich immer an?“, ich stand vor der Tür und versperrte so den Weg nach draußen. Wir waren alleine in dem riesigen Klassenraum und es war seltsam still und unbelebt. „Du gehörst nicht hier her, Vampir. Geh in die Nightclass, zu deinesgleichen.“, antwortete er kalt und die Mauer in seinen Augen schob sich wie ein Vorhang im Theater auf, gab den Blick auf blanken Hass frei. „Ich.. ich weiß nicht, wovon du sprichst...“, log ich. Natürlich wusste ich, wovon er sprach, aber ich wollte nicht in eine Klasse, wo sofort jeder mit dem Finger auf mich zeigte und >Halbblut< rief. Er packte mich an den Handgelenken, schrie fast: „Stell dich nicht dumm! Ich habe dich hier lange genug geduldet, gehofft du würdest von selbst die Klasse wechseln, aber du verstehst es scheinbar nicht. Niemand, wirklich Niemand, will dich hier haben!“ Sein Griff war bestialisch stark und seine Augen funkelten bedrohlich. Seine Aura explodierte geradezu, als er den Druck auf meine Handgelenke noch etwas verstärkte. „Au! Lass los! Du bist doch gestört!“, rief ich laut, wand mich in seinem Griff, verzweifelt nach einem Fluchtweg suchend. „Verlass diese Klasse! Am besten gleich die Gegend! Noch mehr Blutsauger kann ich hier nicht gebrauchen!“, zischte er scharf. „Wie oft noch?! Ich weiß nicht, wovon du sprichst! Ich bin kein Vampir!“, ich unterdrückte ein Fauchen, zitterte stattdessen stark. Er sollte glauben, ich hätte Angst. Gut, ich hatte Angst, aber irgendwas sagte mir, dass er mich nicht töten würde, sondern mir nur Angst einjagen wollte. Zweiteres hatte er definitiv geschafft. Er war mir viel zu nahe, als er mich an die Wand drückte und mir in die Augen sah. Er sah aus, als würde er überlegen, was er nun tun sollte, da ich immer noch hartnäckig leugnete. Endlose Sekunden des Schweigens vergingen und Zweifel zeichneten seine Züge. „Lass mich los...“, flüsterte ich leise. Ich spiegelte mich in seinen Augen. Es war seltsam mich so zu sehen. Ein kleines Mädchen, dessen Körper vor Angst bebte. Eine Frau aus Glas, die jeden Moment zu bersten drohte. Er verstärkte den Griff kurz, lies mich dann ruckartig los und schubste mich unsanft von sich weg. Die Tür fiel laut knallend hinter ihm zu und ich war allein. Kraftlos sank ich auf die Knie und rieb mir die Handgelenke, an denen blassrote Griffspuren zu sehen waren. Das würde schöne blaue Flecken geben. Meine Hände waren taub, blass und kribbelten unangenehm, als sie wieder ungehindert durchblutet wurden. Mir selbst war schwindelig und ich konnte nicht mehr aufstehen. In meinem Kopf kreisten so viele unbeantwortete Fragen. Woher wusste Zero von meiner vampirischen Hälfte? Warum wollte er unbedingt, dass ich in die Nightclass gehe? Was sollten die Zweifel in seinem Gesicht? Warum ist er einfach so abgehauen? Und was hat er wohl in mir gesehen? Ein kleines Kind, oder eine Frau, die er so verängstigt hatte, dass sie fast geweint hätte? Eine Stimme erklang: „Hey! Hey du! Geht es dir gut?“ Die Stimme schien unendlich weit weg zu sein und ich erwachte erst aus meiner Starre, als zwei kalte, blasse Hände sich auf meine Schultern legten: „Was machst du hier?“ „Geh nicht zu dicht an das Halbblut heran, Takuma! Nachher beißt es dich noch...!“, tönte eine weitere Stimme in meinen Ohren Halbblut?! Ich war wohl grade von Vampiren umgeben. Mein Blick löste sich von meinen Handgelenken und ich sah in das Gesicht eines Jungen mit blonden Haaren und grünen Augen, der mich besorgt anschaute „Geht es dir gut?“, wiederholte er seine Frage von eben. Ich schüttelte leicht verängstigt den Kopf, hatte geistig immer noch Zero vor mir. „Hast du verlernt zu sprechen, Halbblut?!“, fragte die andere Stimme verächtlich. Sie gehörte einer jungen Frau, die von oben auf mich hinab blickte. Aus ihrem Blick sprach Kälte und Hass. Ihre scharlachrote Aura waberte mit der selben Kälte um sie herum. Meine Nackenhaare stellten sich auf und ich wich fauchend zurück. „Pah! Ich sagte doch, es würde nicht mit uns reden. Tier bleibt Tier. Halbblüter sind Genau wie Level E. Wilde Tiere.“, wertete die Frau mich weiter ab. „Hör auf, Ruka. Sie versteht uns.“,stoppte der Junge ihren Beleidigungshagel und sah mich an, „Wie heißt du?“ „Amai. Amai Korime...“, antwortete ich immer noch leicht verängstigt. „Schöner Name. Ich heiße Takuma Ichijo und dieses Mädchen hier hört auf den Namen Ruka. Kannst du aufstehen?“, fragte Takuma und hielt mir eine Hand hin. „Meine Beine wollen nicht...“, ich fühlte mich auf ein mal wieder in die Nacht, in der mein Vater starb zurückversetzt. Ich war schlagartig wieder ein kleines Kind, verängstigt, allein. Ich fröstelte. „Ist nicht schlimm.“, lächelte der blonde Junge, hob mich einfach auf seinen Rücken. Ich konnte nicht anders und schmiegte mich an seinen Rücken. Er erinnerte mich an Jou. An den Jou aus glücklichen Tagen. Ich fragte mich, wie Jou wohl heute war. Wie er wohl aussah und wie seine Stimme wohl klingen würde. Ich hatte ein Bild von ihm vor Augen, ließ meine Fantasie damit spielen. Aus dem Jungen mit den rotbraunen Haaren und den dunkelgrünen Augen wurde langsam ein junger Mann mit makellosen, warmen Gesichtszügen und einer wärmenden Stimme. Ja, so würde mein Bruder heute sein. Er würde die Verbitterung , die seine gesamte Ausbildung zum Hunter begleitet hatte, abgelegt haben und würde wieder der liebevolle Jou sein, der mir so fehlte. Wir würden wieder zusammenziehen und all die Schatten der Vergangenheit hinter und lassen. Ich zehrte so viel Kraft und neuen Mut aus diesen Gedanken, dass ich nicht merkte, wie Takuma mich absetzte. Ich saß wieder auf dem Boden, allerdings standen jetzt sehr viele Vampire um mich herum. „Wer ist das?“, fragte ein blonder Vampir mit azurblauen Augen kindlich neugierig. „Sie heißt Amai Korime. Ich und Ruka haben sie vorhin gefunden.“ „Ihr Duft ist so betörend...“, hauchte der Blonde und hockte sich vor mich. Er war um einiges kleiner als ich. „Lass es lieber, Hanabusa. Wir dürfen keine Dayclass-Schüler beißen. Das weißt du genau.“, mahnte ein hochgewachsener junger Mann mit bernsteinfarbenen Augen. „Aber sie ist nicht mal ein Mensch! Das ist unfair!“, quengelte der Junge, der wohl Hanabusa hieß. „Kaname-sama wird dich bestrafen, wenn du ihr was tust.“, erwiderte der Mann von eben ruhig. „Ich will doch nur 2-3 Tropfen...!“, murmelte Hanabusa und näherte sich meinem Hals. „Aido! Geh sofort von der Dayclass-Schülerin weg!“, herrschte eine Stimme und eine wahnsinnig dominante Aura füllte den ganze Raum „Kaname-sama...“, flüsterte Hanabusa ehrfurchtsvoll, „Ich habe sie nicht angerührt!“ „Aber du wolltest. Geh jetzt weg von ihr.“ Der Kreis der Vampire öffnete sich und ein junger Mann trat zu mir. „Wer bist du?“, fragte ich und sah ihn von unten an. Irgendwie konnte ich immer noch nicht aufstehen. Es war fast so, als würde seine Aura mich auf den Boden drücken. Ruka zischte leise: „Wie kannst du es wagen, Kaname-sama einfach so anzusprechen, Halbblut?!“ „Hör auf, Ruka.“, stoppte der Mann sie. „Aber Kaname-sama... Dieses Halbblut....“ „Du sollst aufhören!“, zischte der, den sie alle Kaname-sama nannten. Seiner Aura nach zu urteilen war er ein Reinblüter und mir damit gleich unsympathisch. Er sah mich an: „Nun zu dir. Was willst du hier?“ Die vampirische Hälfte in mir war demütig unterwürfig, allerdings kochte das Hunterblut in mir. „Geht dich nichts an!“, zischte ich deswegen und blanker Hass stand in meinen Augen. „Diese Augen...“, murmelte Kaname. „Ja, ganz recht! Ich bin die Tochter des Kirei Korime, auch bekannt als >Dämon mit den Eisaugen!