The Girl who was forgotten von Rumiko- ================================================================================ Kapitel 3: Geschwisterhass -------------------------- Ich ging auf mein Zimmer. Es war bereits dunkel und Sayori schlief schon. Yuki würde wohl auch bald wiederkommen. Ich suchte nach einem Verbandskasten oder etwas ähnlichem. Würden meine Mitschüler die blauen Flecken sehen, würden sie fragen stellen, sich freuen und an meinem Unglück weiden. Elende Aasgeier. Die Tür ging auf und Yuki trat ein. „Oh, Amai! Was suchst du da?“, fragte sie neugierig „Nichts..!“, sagte ich schnell, wollte mit dem Kramen aufhören, allerdings schaltete mein Hirn nicht so schnell. Der ganze Abend hing mir noch immer nach. „Warum kramst du dann da rum?“ Ich seufzte: „Haben wir noch Verbände oder wenigstens eine Pflaster? Ich hatte grade eine unfreiwillige Begegnung mit einem...Ast...“ „Mit einem Ast?“, Yuki zog skeptisch eine Augenbraue hoch „Ja, man! Tut mir leid, dass ich so ungeschickt bin und an einem dummen Ast hängen geblieben bin!“, zischte ich. Yuki war manchmal einfach nur nervig. Durch die Diskussion wurde Sayori wach „Was ist denn hier los?“, fragte sie verschlafen. „Nichts. Schlaf weiter.“, wies ich sie an, hörte auf zu kramen und legte mich auf mein Bett. Also keine Verbände und morgen blöde Sprüche seitens meiner Mitschüler. Genau deswegen wollte ich ein Einzelzimmer. Vielleicht hatte ich ja morgen doch Schonfrist. Schließlich war morgen Samstag. Allerdings musste ich noch in die Stadt, ein Kleid für den baldigen Ball kaufen. Freiwillig würde ich da nie hingehen. Ich kann nicht Tanzen, hasse es mich zu schminken und kann nicht auf hohen Absätzen laufen. Wahrscheinlich würden die anderen mich eh nur auslachen, aber das war meine einzige Chance, eventuell Jou zu finden, da die ganze Schule dort war. Ich seufzte. Ich würde keine Begleitung finden und wahrscheinlich nur am Rand rumsitzen. Ich hasse Bälle, Tanzveranstaltungen und Partys jeder Art... Missmutig erwachte ich am nächsten Morgen. Ich würde eh kein Kleid finden, bei meiner Größe. Ich stand dennoch auf und suchte mir Sachen aus meinem Schrank zusammen. Vielleicht würde mich ja niemand ohne die Uniform erkennen... So zog ich los. In der Stadt wimmelte es nur so vor Leuten. Instinktiv wichen sie mir aus und machten mir Platz. War besser so. Da erklangen grölende Stimmen hinter mir „Ey Korime! Was machst du denn hier?!“, hörte ich eine Stimme ganz deutlich heraus. Es war ein Typ aus meiner Klasse namens Masao und der Anführer einer Clique. „Einkaufen, ihr Volldeppen.“, zischte ich und ging einfach ungerührt weiter. „Ey, jetzt bleib doch endlich stehen!“, rief Masao, hielt mich fest, „Suchst wohl nach nem Kleid für den Ball. Respekt! Ich hätte nie gedacht, dass du dich dahin traust!“ „Tja, man irrt sich schnell in Menschen. Wenn ihr mich jetzt entschuldigen würdet?! Ich habe keine Zeit für solche kleinen Kinder wie euch.“ „Wirklich mutig!“, er drückte mein Handgelenk und ich jaulte auf. „Lass los!“ „Oh, da habe ich wohl eine empfindliche Stelle getroffen...“, grinste Masao nur und verstärkte den Druck. „Aua! Hör auf! Du tust mir weh!“ „Was is denn mit dir los?! Bist doch sonst nicht so wehleidig!“, wunderte er sich, aber ich sah in seinen Augen, dass meine Schmerzen ihn erfreuten. „Halt die Klappe und lass los!“, rief ich laut und stemmte mich gegen seinen Griff. „Schrei ruhig rum. Dir hilft eh keiner.“ Wo er recht hatte, hatte er recht. Ich senkte den Blick, als eine Mädchenstimme zu hören war „Masao! Lass Amai sofort los!“, es war Yuki, die wohl grade Einkäufe für den Rektor erledigte. Neben ihr stand Zero, die ganzen Tüten, die Yuki schon gekauft hatte, tragend. Sofort ließ Masao mich los: „Die Kleine is die Tochter des Rektors! Wir hauen ab, Jungs!“ Er und seine Anhängsel verschwanden und ich rieb mir das Handgelenk. Sofort stand Yuki bei mir: „Lass mal sehen...“ „Nein...“ „Komm schon. Zeig her. Ich will nur sehen, ob es ernst ist.“, Sie griff einfach nach meinem Arm und schob meinen Ärmel hoch. Zum Vorschein kamen dunkelblaue Ringe, die sich wie breite Armbänder um mein Handgelenk zogen. „Oh Gott... Du willst jetzt aber nicht sagen, dass das Masao war, oder?“, fragte Yuki entsetzt. „Nein...“, nuschelte ich, sah kurz zu Boden, dann zu Zero. Wie immer konnte ich seine Reaktion nicht deuten. Ich log einfach, wie immer: „Ich bin mit der Hand beim Sport in einer Seilschlaufe hängengeblieben...“ „Red keinen Unsinn. Das sind Griffspuren.“, meinte Zero und sah auf mein Handgelenk, „Wer auch immer das war, war wohl sehr wütend....“ Ich war vollends verwirrt. Warum ließ er mich nicht einfach Lügen?! „Aber wer soll das gewesen sein?“, fragte Yuki. Zero zuckte nur die Schulten: „Das wird man wohl nie herausfinden.“ Ich schüttelte nur den Kopf: „Ich muss jetzt weiter. Ich hab noch nicht gefunden, wonach ich suche...“ „Was suchst du denn?“, fragte Yuki voller Neugier. Ich schüttelte wieder nur den Kopf. Yuki ist einfach zu neugierig. Sie würde spätestens heute Abend erfahren, was ich gesucht habe und sich wahrscheinlich wie alle anderen totlachen. Ich ging weiter und fand doch noch ein einigermaßen schönes Kleid in meiner Größe und dazu passende Schuhe, allerdings wählte ich welche ohne Absatz. Einfach, weil ich auf Absätzen nicht laufen kann und ohnehin schon groß bin. Völlig fertig betrat ich mein Zimmer. Yuki und Sayori saßen auf einem Bett und redeten. „Bin wieder da.“, murmelte ich. „Schön, dass du zurück bist! Hast du gefunden, wonach du gesucht hast?“, fragte Yuki sofort. „Ja.“, antwortete ich knapp und versuchte möglichst unauffällig, mein Kleid im Schrank verschwinden zu lassen. Yuki hatte das Kleid allerdings schon gesehen: „Du gehst auf den Ball?“ „Sonst hätte ich mein Geld ja wohl kaum für dieses Kleid ausgegeben.“, beendete ich das Gespräch, noch bevor es richtig angefangen hatte. Die nächsten Tage bis zum Ball waren gezeichnet von Prahlereien seitens Masao, der meinte, mich wer weiß wie verletzt zu haben. Ich hörte ab der Hälfte schon gar nicht mehr zu. Sollen die kleinen Kinder sich ruhig an der Illusion meiner Niederlage weiden. Elende Aasgeier. Ich zog es lange heraus, mich fertig zu machen und wartete, bis Yuki und Sayori weg waren. Dann nahm ich mein Kleid aus dem Schrank. Es war ein bodenlanges, schwarzes Kleid mit Neckholderträgern und einer schmalen, silbernen Blumenranken-stickerei knapp unter der Brust. Nach unten wurde das Kleid dann etwas weiter, allerdings auch nicht zu weit. Meine Haare steckte ich mir locker hoch. Vorne umrahmte eine Strähne, in der sowohl schwarze als auch weiße Haare waren, mein Gesicht. Bei dem Make-up war ich etwas dezenter und konzentrierte mich vor allem darauf, meine Augen zu betonen, in der Hoffnung, Jou würde mich deswegen bemerken. Zu guter Letzt zog ich mein Kleid und die Schuhe dazu an. Damit man die blauen Flecke an meinen Handgelenken nicht sah, trug ich lange schwarze Handschuhe. Abgerundet wurde alles von einer Silberkette mit einem eisblauen Rosenanhänger. Ich schaute in den riesigen Spiegel vor mir und erkannte mich kaum wieder. Ich sah ganz anders aus als sonst, doch auch, als ich lächelte, wollte dieser leichte Hauch von Traurigkeit, der immer in meinen Augen zu sehen war, wenn niemand hinsah, nicht weichen. So ging ich los. Leicht verstohlen, stehts bemüht, ungesehen zu bleiben, aber alle Anderen waren schon im Saal. Als ich den Saal betrat, hefteten sich alle Blicke an mich. Ich sah die vielen Dayclass-Schülerinen, die bei den Nightclass-Schülern Schlange standen, in der Hoffnung, einen Tanz mit ihrem Liebling erleben zu dürfen. Hirnlose Groupies. „Waren das jetzt alle?“, fragte jemand hinter mir. Ich drehte mich um und sah Zero, der hinter mir stand und mich für den Bruchteil einer Sekunde etwas erschrocken ansah. „Ja, ich denke, ich bin die Letzte.“, antwortete ich ruhig und ließ meinen Blick kurz schweifen, ehe ich den silberhaarigen Jungen wieder ansah, „Warum tanzt du nicht mit jemanden?“ „Ich hasse tanzen und Bälle.“, gab er zurück. Ich musste lachen: „Ich auch.“ „Und warum hast du dir dann extra ein Kleid gekauft?! Sag schon, mit welchem Nightclass-Schüler willst du tanzen?“ „Mit keinem. Die hassen mich eh alle. Außerdem hab ich keinerlei interesse an denen. Es gibt viele gut aussehende Menschen auf dieser Erde. Also sind die >Stars der Schule< nichts besonderes.“ „Und was willst du dann hier?“ „Du willst mich immer noch loswerden, oder? Aber ich bin ehrlich zu dir, auch wenn es dich wahrscheinlich eh nicht interessiert. Ich suche meinen Halbbruder. Du hast unter den Leuten nicht zufällig einen Mann, etwa 19 mit dunkelgrünen Augen und rotbraunen Haaren gesehen?“ „Kann sein. Wir haben seit letzter Woche einen Neuen. Keiner weiß was genaues. Der heißt Jou Sachimoto.“ „Wo ist er?“, fragte ich schnell und suchte den Saal nach einer blauen Aura ab. Allerdings war Zero schneller. „Da hinten.“ er deutete quer durch dem Raum. „Danke!“, ich schenkte ihm ein ehrliches, strahlendes Lächeln. Das erste ehrliche Lächeln seid Jahren. Dann eilte ich durch den Saal auf den Mann zu, der vielleicht mein Bruder war „Jou!“, rief ich freudig. Er drehte sich zu mir um, musterte mich gründlich: „Amai...?“ Ich nickte: „Wo warst du all die Jahre? Geht es dir gut? Haben die dich verletzt?“ „Nein, bei mir ist alles in Ordnung. Komm, wir gehen draußen ein Stück um etwas verlorene Zeit aufzuholen.“, lächelte Jou und hielt mir seinen Arm hin, „Du bist wunderhübsch. Vater wäre so stolz auf dich...“ Ein strahlendes Lächeln hellte meine Züge auf und ich harkte mich bei meinem Halbbruder ein, während ich mich noch einmal umsah. Ich sah zu Zero, welcher Jou misstrauisch musterte. Ich lächelte Zero nur beruhigend an, was sein Misstrauen allerdings nur zu verstärken schien. Ich zuckte die Schulten und ging mit Jou. Draußen angekommen setzten wir uns an den Brunnen. Ich war berauscht von der Zeit mit Jou. Es war so perfekt und alles war genau wie in meinen Träumen. Doch schlagartig änderte Jous Stimmung sich. „Amai-Chan...“, flüsterte er, rückte näher zu mir, „Ich kann dir nicht verzeihen! Deinetwegen ist Vater gestorben. Deinetwegen wurde ich verschleppt und gequält. Stirb, du verdammte Missgeburt!“ Sekunden später steckte ein Dolch in meinem Arm. „Jou..Warum..?“, wisperte ich und sah auf die blutende Wunde. „Weil Abschaum wie du beseitigt werden muss.“, antwortete er kalt und stand auf, „Der Dolch ist mit einem sehr wirksamen Gift bestrichen. Du hast also noch etwa...“, er sah gelassen auf seine Armbanduhr, „.. Zehn Minuten zu leben, ehe das Gift dich innerlich zu Matsch geschmolzen hat. Ach ja, versuch gar nicht erst, den Dolch herauszuziehen. Er ist mit Widerharken versehen, durch die sich das Gift nur schneller verteilt. Leide in Frieden, Missgeburt.“, spottete er noch und ging einfach wieder rein. Mein ganzer Körper brannte, als ich zu Boden ging. Nun sterbe ich also. So früh war das nicht geplant... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)