The Girl who was forgotten von Rumiko- ================================================================================ Kapitel 10: Zwischen Himmel und Hölle ------------------------------------- Der Winter ging und als die Blumen wieder blühten, blühte auch ich regelrecht auf. Es tat unendlich gut, zu spüren, dass ich geliebt wurde. Vieles hatte sich verändert. Masao ließ mich in Ruhe, da er wohl Angst vor Zero hatte. Ich kann mich jedes Mal von Neuem Kaputt lachen, wenn Masao mich grade ansprechen wollte, dann aber immer durch Zeros bloße Anwesenheit abgeschreckt wurde. Aber jetzt zurück zur Gegenwart: Der piepsende Ton des Weckers riss mich unsanft aus meinen Träumen von der Zukunft. Der Zukunft mit Zero. Grummelnd drehte ich mich zur Seite, bis meine Wange auf Zeros kühle Brust traf, die sich ruhig hob und senkte. Wieder schrillte der Wecker mahnend. „Hey, wir müssen aufstehen..“, flüsterte ich und wollte aufstehen, doch ich wurde zurückgezogen „Ist mir doch egal.“, antwortete Zero mir gelassen, „Die Schule kann warten. Wir können uns schließlich beide eine Entschuldigung schreiben. Wir sind schließlich beide Volljährig.“ Ich lachte: „Das ist moralisch nicht korrekt!“ Dennoch schmiegte ich mich wieder an ihn, „Ich habe wohl keinen guten Einfluss auf dich!“ „Nicht wirklich. Ich habe nur keine Lust auf Schule. Außerdem liege ich grade so gut und bin müde..“, seine Stimme war etwas heiserer als sonst. Er war also wohl noch etwas verschlafen. „Faulpelz!“, rief ich gespielt empört, „Wie spät ist es?“ Ich spürte, wie er den Kopf hob: „Knappe Acht. Wir sind eh zu spät...“ „Der Rektor schickt garantiert Yuki. Das ist mittlerweile das neunte Mal, dass wie einfach so schwänzen, nur weil du keine Lust auf Schule hast.“ „Sollen sie doch...“, schloss er das Thema. Tatsächlich klopfte es wenig später an der Tür, allerdings erklang nicht Yukis Stimme: „Guten Tag. Mein Name ist Ryo. Ist dort Amai Korime-san?“ Ich antwortete verwirrt: „Ähm..Ja, einen Moment bitte...“ Ich fiel aus dem Bett und landete mit der Hüfte zuerst auf dem Holzfußboden. Zero grummelte: „Schon wieder aufstehen...“ „Nein, bleib du nur liegen. Ich macht das schnell.“, bremste ich ihn, während ich mir eilig Rock und Bluse der Schuluniform anzog und zur Tür tapste. Ich öffnete sie. „Kann ich hereinkommen?“, fragte der Mann, der sich Ryo nannte. Seiner tiefen Stimme nach zu urteilen, war er größer als ich und älter, aber nicht viel älter. „Ungern.“, sagte ich ganz direkt und versperrte dem Kerl mit meinem Arm den Weg, „Was kann ich für Sie tun?“ „Eure Mutter, Naomi Inochiru schickt mich um Euch abzuholen, Mylady.“, antwortete Ryo ruhig, „Euch soll Euer Verlobter, der Lord Kemuri Sakiyura, vorgestellt werden. Die Hochzeit ist schließlich bald...“ „Verlobter?! Hochzeit?!“, wiederholt ich verwirrt. „Ich denke, da liegt ein Irrtum vor.“, hörte ich Zero, der von hinten an mich herantrat und mir beide Hände auf die Schultern legte, „Ich bin Amais Lebensgefährte.“ „Das kann nicht sein. Die Lady ist dem Lord schon seit ihrer Geburt versprochen, gnädiger Herr. Deswegen muss ich Sie bitten, die Lady jetzt gehen zu lassen. Der Lord ist sehr ungeduldig.“, Ryo griff nach meinem Handgelenk und gleichzeitig bohrten sich Zeros Finger in meine Schultern. Doch Ryo war stärker und entriss mich Zeros Griff. Ryo führte mich in einen Raum, der stark nach Vampir roch. Ich hatte Mühe, ruhig zu bleiben. Sogleich erklang eine Frauenstimme: „So begegnen wir uns zum ersten Mal, meine Tochter..“ „Kann ich jetzt wieder gehen?“, fragte ich genervt. Ich brauchte keine Mutter mehr. Eine starke Ohrfeige warf mich zu Boden: „Zügele deine Zunge! Wertloses Miststück! Du musst wissen, ich wollte dich nie. Ich habe der Beziehung zu deinem Vater nur zugestimmt, um vor den Huntern sicher zu sein. Du warst eigentlich nur ein Unfall. Naja, immer hin habe ich doch einen Mann für dich gefunden...“ Das machte mir schon nichts mehr. So etwas hatte ich erwartet: „Das ist nicht nötig. Ich habe bereits einen Mann gefunden.“ „Den wirst du natürlich verlassen. Kemuri wird dir ein guter Ehemann sein. Aber sag, Tochter, du hast dich diesem Jungen, von dem du eben erzältest, völlig hingegeben, oder?“ Ich lachte nur: „Willst du Details?!“ „Miststück!“, die nächste Ohrfeige, „Kemuri, es tut mir leid. Ich hoffe, dass du sie trotzdem nimmst...“ „Mache dir keine Sorgen, Naomi. Sie ist hübsch und klug. Ihre spitze Zunge gefällt mir. Genau wie das Feuer in ihren Augen. Sie ist viel interessanter als die ganzen anderen Vampirfrauen. Ich will sie. Ich heirate sie noch heute.“, eine kalte Hand berührte mich. Ich wich zurück: „Pfoten weg! Nur ein Mann auf dieser Welt darf mich berühren!“ „Und das bin ich, meine Schöne.“, lachte der Typ, mein Verlobter und berührte mich abermals. Die Schwärze vor meinen Augen lichtete sich und ich sah den Typen, der mich nach meinem Hochhaussturz immer aufgefangen hatte. „Wenn es sein muss, töte ich den Anderen...“, flüsterte er. „Das wagst du nicht!!“, zischte ich, aber leicht verzweifelt. Er nickte einigen seiner Diener zu, die kurz verschwanden und mit Zero wiederkamen. Dann ging alles ganz schnell. Kemuri machte eine kleine Handbewegung, einer der Diener entsicherte eine Waffe und feuerte sie ab. Ein dunkelroter Fleck breitete sich auf Zeros weißem Hemd aus und er selbst sank leblos zu Boden. „Nein!“, schrie ich und wollte zu ihm, doch Kemuri hielt mich fest. Seine Stimme war nur ein leises Zischen und seine Augen funkelten mordlustig: „Wenn du jetzt nicht das tust, was ich dir sage und die Klappe hältst, bringe ich die Anderen hier an der Schule auch noch um!“ Tränen liefen über meine Wangen, als ich zusammensackte und den Kopf sinken ließ. Gleichzeitig erstarb meine Gegenwehr. „Gutes Mädchen.“, hauchte Kemuri und strich mit der Nase über meine Haut, „Du gehörst mir, hast du verstanden?! Nur mir!“ Ich widersprach nicht. Mein ganzes Leben war jetzt eh sinnlos. Da war es egal, was dieses Schwein mit mir macht. Zwei Stunden später trieben mich meine neuen angeheirateten Verwandten zum Altar. „Macht hoch die Tür, Das Tor macht weit! Es kommt die Braut voll Herrlichkeit! Sie hat gehurt, sie hat geklaut! Streut Blumen für die Halbblutsbraut!*“, gröhlten sie spöttisch, ehe mein >Ehemann< mich grob an der Hüfte zu sich riss und mich fest und bestimmt küsste. Ab da begann die größte Hölle meines Lebens.... 5 Jahre später: „Der Junge ist mittlerweile vier Jahre alt und sieht ihm immer noch ähnlich! Nicht einmal richtig Kinder kriegen kannst du!“, blaffte Kemuri, hatte den Gefallen an mir schon lange verloren. Ich gefiel ihm als Frau nicht mehr und genügte ihm als Arbeitskraft nicht. Wieder eine Ohrfeige, die ich stumm ertrug. Momiji, mein kleiner Sohn, schlief schon und würde aufwachen, wenn ich schreien oder weinen würde. Er ist nicht Kemuris Sohn, da mein Mann keine Kinder zeugen kann. Nur deswegen hatte er Momiji leben lassen. Er braucht schließlich einen Erben. Da sah er sogar darüber hinweg, dass Momiji wie sein leiblicher Vater aussah. An nächsten Morgen war ich mit Momiji auf dem Spielplatz im Park. Es darf ja niemand denken, die berühmte Familie Sakiyura hätte Schwierigkeiten. „Mama, der Mann da vorne schaut die ganze Zeit zu uns rüber..“, flüsterte der Junge leicht verängstigt und deutete hinter mich. „Schau nicht hin, mein Kleiner. Der Mann schaut uns bestimmt nicht an und wenn doch kommt Papa und haut ihn.“, ich versuchte zu lächeln. „So wie er dich haut?“, fragte mein Sohn. Er war schlau für sein Alter und bekam wohl mehr mit, als mir lieb war. „Papa haut mich nicht.“, log ich Ich erntete nur ein Kopfschütteln: „Ich hab es doch gesehen. Papa hat dich angeschrien und gehauen und ist gegangen. Dann hast du geweint...“ Ich schluckte. Lügen war jetzt absolut sinnlos, da der Junge vor mir genau den selben nüchternen Ton in der Stimme hatte wie sein Vater. „Der Mann starrt uns immer noch an...“, meinte Momiji dann. Ich war froh über den Themenwechsel und schaute kurz über die Schulter in die Richtung, in die auch Momiji blickte. Ich bekam einen halben Herzinfarkt. Dort, auf der Brücke über dem kleinen Fluss, stand tatsächlich der totgeglaubte Zero. Ich glaubte erst zu träumen, doch Momiji hatte ihn ja auch gesehn. Es war Ende Herbst und die Blätter fielen langsam. Ein Windstoß wehte einige Blätter von einem alten Ahornbaum, spielte mit ihnen, genau wie mit Zeros silbernen Haarsträhnen. Ein tolles Bild! Zaghaft hob Zero die Hand, als wollte er mir zuwinken, doch er sah zu Momiji, ließ die Hand sinken und wand den Blick ab. Ich sprang auf und hastete auf meine verlorengelaubte Liebe zu: „Zero!“. In seinen Armen begann ich zu Schluchzten und zu Weinen. „Amai..“, er schlang die Arme fest um mich, „Geht es dir gut?“ Ich nickte, als Momiji dazu kam und Zero mit klaren, fliederfarbenen Augen ansah: „Wer sind Sie?“ Zero blinzelte etwas verwirrt: „Amai, ist dieser Junge mein...?“ „Ja, ist er. Zero, dies ist dein Sohn, Momiji.“, ich hockte mich neben Momiji, „Momiji, das ist dein richtiger Papa. Er heißt Zero.“ Endlose Sekunden starrten die Beiden sich an, ehe Momiji die Initiative ergriff und auf Zero zuging: „Nimm mich auf den Arm! Das macht Papa nie mit mir!“ Ich hätte fast wieder losgeheult, als Zero den Jungen wirklich auf den Arm nahm und beide mich ansahen. „Mama, du weinst schon wieder...“, meinte Momiji besorgt. „Ja, diesmal vor Freude.“, erklärte ich, als ein Anruf mein Handy klingeln ließ. Ich drückte Kemuri weg und sah Zero an: „Bring mich weg von hier, ja?“ So wurde doch noch alles Gut. Jou ist Momiji ein guter Onkel und Kemuri wurde auf die Exikutionsliste gesetzt. Und ich? Ich habe wieder geheiratet, diesmal aber freiwillig und den Mann, den ich wirklich liebe. Ich lebe in einer kleinen Wohnung zusammen mit meinem Mann und meinem Sohn. Und das soll auch erstmal so bleiben... _____________________________________________________ * Eine Stelle aus dem lied >Henkersbraut< von STS. Die letzte Zeile ist etwas umgedichtet Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)