Leuchtende Schatten von ReWeJuIs ================================================================================ Kapitel 7: Die Gier ------------------- Sebastian Früher als geplant mache ich mich auf den Weg zum ‚Bloody Diamond‘. Ich weiß nicht ab wann das Bordell offiziell seine Tore für seine Besucher öffnet, möchte aber auch nicht zu spät kommen. Madame Red hat mir vorgestern Nacht, als wir eine kurze Pause eingelegt haben um sie wieder zu Atem kommen zu lassen, erzählt, dass täglich nur ein Kunde zu Ciel vorgelassen wird. Ich schätze, das soll seinen Wert noch einmal in die Höhe treiben und bei 500 Pfund pro Stunde ist das meiner Ansicht nach auch ausreichend, für die Mädchen wird nicht einmal annährend so viel verlangt. Und das obwohl man sich bei ihnen nicht mit einem Tanz und oraler Befriedigung zufrieden geben muss. Ich kann nicht sagen, dass ich aufgeregt bin, aber ich freue mich tatsächlich darauf den kleinen gefallenen Engel wieder zu sehen, ich bin gespannt, was mich heute erwartet. Ich werde mich langsam an ihn herantasten müssen, aber irgendwann werde ich ihn soweit haben, dass er mir vertraut und dann kann ich beginnen ihn zu formen. Ich bin noch eine Querstraße vom Bordell entfernt, als ich ihn schreien höre. Wie der Wind renne ich durch die einbrechende Dämmerung, stürme durch die Tür und hätte beinahe die Madame über den Haufen gerannt. Es ist wirklich schrecklich eng und zugestellt im Foyer. „Wohin des Weges gnädiger Herr?“, hält sie mich auf und spricht mich an, da ich in der Gegenwart von Mensch gezwungen bin mich wie einer von ihnen zu bewegen. Oben im dritten Stock geht das Geschrei weiter und mein Magen zieht sich zusammen, versinkt im Mitleid und gleichzeitig rast mein Herz vor lauter Gier den Schmerz des Jungen in sich aufzusaugen, in ihn einzutauchen und zu verschlingen! Was für eine verwirrende Mischung… „Ich habe einen Termin bei Ciel, wisst Ihr nicht mehr?“, entgegne ich als ob wir übers Wetter reden würden, sie ignoriert das Geplärre offensichtlich komplett. Warum? „Verzeiht, aber Ihr seid zu spät, heute hat Ciel bereits einen anderen Kunden. Kommt doch morgen wieder, oder nehmt Euch eins der Mädchen?“, versucht sie mich abzuwimmeln, aber ich bewege mich zielstrebig Richtung Treppe und zwinge sie dabei rückwärts vor mir herzugehen. „Ihr müsst verzeihen Madame, aber wenn ich sage, dass ich heute komme und zu ihm vorgelassen werden will, dann erwarte ich von Euch, dass das auch so geschieht“, antworte ich ihr und lege eine leise Drohung in meine Stimme, während ich näher auf sie zutrete und sie mit dem Rücken gegen das Geländer der Treppe dränge. „Außerdem scheint der Kleine über seine momentane Gesellschaft nicht besonders erfreut zu sein?“, hauche ich gegen ihre Lippen. Ich sehe wie sich ihr Blick verschleiert und sie ihm Begriff ist mir zu erliegen. Dann schüttelt sie den Kopf und blinzelt unwillig, Stures Frauenzimmer! „Wenn ich mich recht erinnere, war er über die Eure nicht mehr erfreut. Mir schien sogar, dass er in Eurer Gegenwart noch lauter geschrien hat als er es jetzt gerade tut“, zischt sie zurück. „Ach Ihr könnt es hören? Und ich befürchtete schon, Ihr seid mit plötzlich einsetzender Taubheit geschlagen? Was steht Ihr hier noch herum? Wollt Ihr dem Jungen nicht zu Hilfe eilen?“ Meine Stimme gleicht mehr und mehr einem Knurren, ich kann nicht fassen, wie gleichgültig sie sich gibt. Ich rieche die Angst des Jungen bis hier unten, seine Seele strahlt sogar durch die Wände und zieht mich an, schreit nach mir, aber ich kann nicht ohne einen Puffer zu ihm gehen, sonst zerstöre ich ihn. Ich brauche diese dumme Frau als Stoßdämpfer zwischen ihm und mir, sonst werde ich die Kontrolle verlieren. „Ciel hat sich meinen Wünschen widersetzt und erntet nun, was er selbst gesät hat.“ „Es ist mir völlig gleichgültig was er in Euren Augen verbrochen haben mag, Ihr geht jetzt hinauf und erlöst ihn, das ist ja nicht auszuhalten!“ „Sagt Ihr mir nicht wie ich mit meinen Kindern umzugehen habe!“ Ich spüre wie ich langsam wütend werde. Was fällt ihr ein mir zu widersprechen? Mir! Knurrend beuge ich mich noch näher zu ihr hin und lasse einen Moment lang meine dämonische Aura aufblitzen. Kurz genug, dass sie es für Einbildung halten kann, aber doch lange genug, um sie zum Zittern zu bringen. „Geht sofort hinauf und beendet dieses Spektakel! Auf der Stelle!“ Die Augen weit aufgerissen starrt sie mich an. Endlich hat sie erkannt, dass man besser tut was ich verlange. Steif nickt sie und ich gebe sie frei, damit sie vor mir her die Treppe hinaufeilen kann. Die Bilder in meinem Kopf, was da oben gerade vor sich geht sind unbeschreiblich. Meine Hände kribbeln und als ich an einem Spiegel vorbeigehe steht die pure Mordlust in meinem Blick, aber meine Augen haben sich noch nicht verändert, glühen nur ganz schwach; allerdings kann man das auch auf das Licht der vielen Kerzen schieben. Dann sind wir endlich da. Madame legt eine Hand auf den Knauf und versucht die Tür zu öffnen, aber sie bewegt sich nicht. Verwundert verzieht sie das Gesicht. „Wie kann das sein? Die Zimmer sind niemals verriegelt!“ Sie versucht es ein weiteres Mal bis ich sie zur Seite schiebe und dann mit einem kräftigen Tritt die Tür aus den Angeln sprenge. Der Anblick der mich erwartet ist weitaus weniger schlimm als ich es befürchtet hatte, aber es reicht. Ciel liegt auf dem Rücken auf dem Bett, seine Augen blicken ins Leere während er immer noch diese schrecklichen gequälten Schreie ausstößt. Ein Mann sitzt rittlings auf seinen schmalen Hüften, drückt ihn mit seinem stattlichen Gewicht tief in die Matratze und streicht sabbernd immer wieder mit seinen kurzen wulstigen Fingern über seinen nackten Oberkörper, kneift ihn in die blasse Haut und gerade beugt er ich nach vorne, um dem Jungen über sein in qualvoller Angst verzerrtes Gesicht zu lecken. Widerlich. Ich kann mich nicht bewegen. Trete ich nur einen Schritt näher, wird irgendjemand in diesem Raum sterben und ich bin mir nicht sicher, ob es tatsächlich das fette Schwein sein wird, das sich gerade an dem unschuldigen Engel vergeht. „Mr. Doyle das geht zu weit! Verlasst auf der Stelle das Haus!“, donnert Madame Red los als ihr schließlich doch bewusst wird, was sie ihrem Schützling da zugemutet hat. „Nein! Ich habe ein Recht auf ihn! Vorgestern durfte ich nicht zu ihm, mir steht eine Entschädigung zu!“, keift der Fettsack, packt den Körper des Jungen und zieht ihn an seine Brust, woraufhin der nur noch lauter brüllt. „Gar nichts habt Ihr! Ich bestimme wer zu ihm geht und wenn Ihr zu spät kommt, dann müsst Ihr wann anders wiederkommen, so einfach ist das! Ein Kunde am Tag, so ist die Regel! Und wenn Ihr ihn nicht sofort loslasst, bekommt Ihr zwei Monate Hausverbot!“, schreit Madame gegen Ciel an, aber man kann sie trotzdem kaum verstehen. Endlich lässt der Duke den Knaben los und windet sich vom Bett herunter. Tatsächlich wird Ciels Kreischen leiser, verkommt zu einem heiseren Wimmern und bricht schließlich ganz ab. Sein Körper schillert in allen Farben, blendet mich und ich kann mich nur mit Mühe davon abhalten zu ihm zu gehen und ihn mit Haut und Haaren zu verschlingen. Sein Duft überwältigt mich, raubt mir fast sie Sinne, aber ich hätte nichts davon. Er würde zerbrechen noch bevor ich ihn auch nur gekostet hätte. Schnaubend schiebt sich der Duke an uns vorbei nachdem er sich sein Jackett geschnappt und nachlässig über die Schultern geworfen hat. Der Blick aus seinen verschlagenen Augen zeigt pure Boshaftigkeit und ich spüre, dass ich ihn heute nicht zum letzten Mal sehe. „Mein Gott Ciel!“ Als der Duke schließlich verschwunden ist siegt dann doch die Sorge über den Ärger den Madame wohl auf Ciel hat, denn sie stürmt durch den Raum und setzt sich neben den Jungen aufs Bett. Ich kann einfach nur dastehen und alles beobachten. Ich kann weder zu ihm gehen, noch kann ich den Raum verlassen. Ich bin wie gefesselt von den ganzen Sinneseindrücken. Die Luft ist erfüllt von Schmerz und Angst, ein wahres Festmahl für einen Teufel wie mich. Stumm beobachte ich die rothaarige Frau wie sie dem Jungen sanft über sein verschwitztes Gesicht streicht, seinen Körper dann nach Verletzungen absucht und erleichtert ausatmet, als sie keine findet außer der geschwollenen rechten Wange, die hellrot im Kerzenlicht leuchtet. Flatternd öffnen sich die Lider des Jungen und sein Blick huscht unstet durch den Raum. „Ma-madame… ich… es tut mir leid“, flüstert er dann so leise, dass selbst ich ihn kaum verstehen kann. Wie kann er in solch einer Situation noch daran denken sich zu entschuldigen? Er war es doch, der verletzt wurde? Warum entschuldigt er sich jetzt? Sein Verhalten verwirrt mich zutiefst. Es ringt mir Bewunderung ab für seine Stärke. „Ist schon in Ordnung Ciel. Hat er dir sehr wehgetan?“, will Madame dann wissen und streicht ihm besorgt durch die dunklen wirren Strähnen die ihm ins Gesicht hängen. „Nein. Es ist schon gut. Er hat nicht… er hat nicht…“ Dann fällt sein Blick auf mich und er erstarrt. Seine großen blauen Augen füllen sich mit Tränen, aber er blinzelt sie fort, lässt nicht eine über seine leichenblassen Wangen kullern. ‚Ich bin nicht schwach‘ schreit er mir stumm entgegen und ich nicke ihm respektvoll zu. ‚Sieh mich an, ich bin stärker als ich aussehe und auch du wirst mir nichts anhaben können!‘ „Ich erwarte dich unten im Foyer Ciel“, kündige ich an, verbeuge mich in Richtung der Madame und wende mich dann um, um mit steifen Schritten hinunter ins Erdgeschoss zurück zu gehen. Sein Blick geht mir durch und durch. Sein Stolz, sein ungebrochener Wille ziehen mich wie magisch an und ich muss fürs erste etwas Abstand zwischen uns bringen bevor ich doch noch zu ihm gehe und ihn zerstöre, mich selbst um den Genuss dessen bringe, was seine Seele mir verspricht. Er wird zu mir kommen. Ich habe es in seiner Körperhaltung, seinen Augen und seiner ganzen Ausstrahlung gesehen. Ein Freier pro Tag hin oder her, er wird zu mir kommen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)