Leuchtende Schatten von ReWeJuIs ================================================================================ Kapitel 6: Das Monster ---------------------- Ciel Madame ist wütend auf mich. Es ist Samstag, der Tag an dem der fremde Freier wieder zu mir kommen will und gestern hatte ich mit Madame Red eine Auseinandersetzung. Der Earl of Worthington war gestern mein Kunde und bevor er kam hat sie versucht mich dazu zu überreden, dass ich mich von ihm berühren lassen soll. Nicht, dass sie verlangt hätte, dass ich mit ihm den Beischlaf vollziehe, nein, er sollte mich nur streicheln dürfen. Überall wo er es wünscht. Wie kann sie das von mir verlangen? So kurz nachdem letzten Anfall, der mir mal wieder für mehrere Minuten das Bewusstsein geraubt hat? Wie kann sie so herzlos sein? Der Earl ist ein freundlicher Herr in den Vierzigern. Er hat mich noch nie geschlagen oder angeschrienen, war immer sehr nett zu mir und steckt mir jedes Mal einen kleinen Bonus zu bevor er wieder zu seiner jungen Frau zurückkehrt, die bestimmt nicht weiß was sie falsch macht, dass ihr Mann sich nicht für sie interessiert. Er sieht gut aus für einen Mann seines Alters, hält sich fit und hat noch nie etwas von mir verlangt, was ich nicht bereit bin zu tun. Bei ihm hatte ich noch niemals einen Anfall und vielleicht denkt Madame deswegen, dass ich mir mit ihm leichter tue mich gehen zu lassen? Oder, er hat ihr ein unverschämt großzügiges Angebot gemacht, das kann auch sein… Aber er hat sich nichts anmerken lassen. Still wie immer hat er in dem großen, mit Blattgold überzogenen und feinen roten Stoffen bespannten Sessel in der Ecke gesessen, hat mir zugesehen wie ich für ihn tanze und mich selbst berühre und sich dann von mir mit dem Mund befriedigen lassen. Seine Hände haben ruhig auf den Stuhllehnen gelegen, sein Atem war kaum zu hören gewesen und nachdem er gekommen ist, hat er mir wie jedes Mal eins seiner bestickten Taschentücher gereicht und mich entschuldigend angelächelt. Ein wirklich ausnehmend freundlicher Herr, der Earl of Worthington. Aber selbst alle Freundlichkeit wird mir nicht dabei helfen wenn er versucht… diese Dinge mit mir zu tun… ich ertrage es nicht. Es geht einfach nicht! Warum versteht sie das nicht? Sie verdient mit mir an einem Abend teilweiße mehr, als mit einem ihrer Mädchen in einer ganzen Woche, was will sie denn noch?! Ich zucke heftig zusammen als es an der Tür klopft. Er ist da! Er ist endlich da! Früher, als ich angenommen hatte, aber ich bin schon seit Stunden bereit und zittere vor Anspannung. Ich weiß nicht ob es Freude oder Angst, oder ein bisschen von beidem ist. Tatsache ist, ich hatte wegen ihm einen Anfall und er hat mir angekündigt, dass er mich verletzen wird, aber das hindert meinen Körper nicht daran vor lauter Aufregung zu kribbeln wenn ich an ihn denke. An sein pechschwarzes Haar, wie es ihm keck in die Stirn hängt, seine blasse, fast durchscheinende Haut, seine aufregenden Augen und seine Hände, die ich gleichzeitig fürchte und doch… erregend finde. Vielleicht liegt es an den Handschuhen? Und sein Duft! Er riecht nach Sandelholz und Ruß, nach Feuer und… und… ich weiß es nicht genau, aber es verwirrt mich, lässt mein Herz höher schlagen und meine Angst vor ihm immer wieder für Sekunden vergessen, nur um dann wieder mit aller Macht über mich hereinzubrechen, wenn er mich mit dieser Gier im Blick mustert. Seine Augen wandern über mich wie Hände, fassen mich an ohne mich zu berühren und ich habe noch nie etwas Beängstigenderes und gleichzeitig Erregenderes erlebt, als mich einfach mit ihm in diesem Zimmer zu befinden. Als die Tür sich öffnet und Madame das Zimmer betritt merke ich sofort an ihrem Blick, dass etwas nicht stimmt. Ihr Mund ist zu einer schmalen Linie zusammengepresst. Sie ist immer noch wütend auf mich, aber gleichzeitig sehe ich in ihren Augen eine stumme Warnung, zusammen mit einem schwachen Leuchten, das ich für ein eine Entschuldigung halten würde, wenn nicht… aber wofür…? Und dann tritt er an ihr vorbei ins Zimmer und mein Herz setzt einen Schlag aus, bevor es, von purer Angst getrieben beginnt wie von Sinnen gegen meinen Brustkorb zu hämmern. „Hallo Ciel, schön, dich endlich mal wiederzusehen…“ Nein! Bitte nicht Mr. Doyle! Meine Hände beginnen zu zittern unter dem Blick aus seinen kleinen verschlagenen Augen, ich sehe sofort, dass er wütend ist. Bestimmt, weil er vorgestern nicht zu mir konnte. Und wenn er heute hier ist, kann Sebastian nicht zu mir! Ich… ich meine… Mr. Michaelis. Unwirsch schüttle ich den Kopf. Ich habe keine Zeit mich solchen Gedanken hinzugeben, ich muss jetzt wachsam sein! „Schönen guten Abend werter Duke, ich freue mich, dass Ihr mich heute besucht“, würge ich hervor und hoffe, dass das Lächeln in meinem Gesicht nicht halb so gezwungen aussieht wie es sich anfühlt. Nun verstehe ich den Blick der Madame. Wie konnte sie nur! Sollte das die Strafe dafür sein, dass ich mich ihr nicht fügen kann? „Die Freude ist ganz meinerseits.“ Dann wendet er sich zu Madame um. „Danke Madame Red, ab jetzt kommen wir gut alleine zurecht, es war sehr freundlich von Euch mich hinaufzubegleiten“, scheucht er den einzigen Menschen aus dem Zimmer, der mich vor seinen gierigen Fingern beschützen kann, aber das wird sie nicht tun. Nicht heute. Ihre Augen sagen es deutlich. ‚Du hättest es auf die einfache Tour haben können, daran bist du jetzt ganz allein schuld.‘ Was für eine grausame Person! Aber sie wird nicht zulassen, dass er mich nimmt, oder? Wenn es ihr schon nicht um mich geht, dann doch wenigstens ums Geschäft? Ich würde für sie an Wert verlieren wenn sich herumspricht, dass er mich einfach so bekommen hat. Mit einem letzten schwachen Lächeln um die Lippen bei dem mir fast schlecht wird, verlässt sie das Zimmer und überlässt mich meinem Schicksal. Dahin ist die Aufregung die ich empfunden habe bei dem Gedanken, meinen neuen fremden Freier wiederzusehen. Stattdessen sehe ich mich einmal mehr meinem schlimmsten Alptraum gegenüber. Der Duke of Gloucester ist klein, vielleicht eine halbe Handbreit größer als ich selbst, was immer noch nicht besonders viel ist. Sein Haar klebt fettig glänzend an seinem schon kahl werdenden Schädel, und er grinst, so dass ich seine gelben, teilweise bereits schwarz verfärbten Zähne sehen kann. Sein fetter Bauch wölbt sich über den feinen Stoff seiner Hose und mir wird ganz anders als er sich sein dunkelbraunes Jackett von den unförmigen Schultern streift und ich die riesigen Schweißflecke unter seinen Achseln sehe. Ich will nur noch weg! Dann zieht er einen kleinen Schlüssel aus einer Hosentasche. Was ist das? Zu welchem Schloss geh- Mein Horror kennt keine Grenzen als er sich umwendet und die Tür von innen verriegelt. Wie ist er an den Schlüssel gekommen? Was verspricht er sich davon? Ich will… ich muss… „Was habt Ihr vor, Herr? Warum schließt Ihr ab?“, bringe ich zitternd hervor, ich bin sicher, dass er mir meine Angst ansehen kann, auch wenn ich mich noch so bemühe sie nicht zu zeigen weil ich weiß, dass ihn das nur noch mehr erregt. „Ich will heute nicht gestört werden mein Süßer, ich habe viel mit dir vor und will nicht, dass uns wer dazwischenfunkt“, antwortet er mit gefährlich ruhiger Stimme, wendet sich dann zu mir um und kommt gemessenen Schrittes durch den Raum auf mich zu. Ich zwinge mich an Ort und Stelle zu bleiben, mich keinen Zentimeter zu bewegen obwohl alles in mir nach Flucht schreit. „Du warst vorgestern nicht da für mich, das hat mich sehr betrübt“, fügt er noch hinzu und streckt eine Hand nach mir aus. Der letzte Schritt auf ihn zu kostet mich fast unmenschliche Überwindung und als sich seine Hand um mein Handgelenk schließt, breche ich fast in die Knie. „Es… es tut mir L-leid Herr, aber ich bin es nicht, der über die Wahl der Freier bestimmt, das wisst Ihr doch?“ Meine Stimme zittert, meine Knie sind weich wie Butter und mein Rücken ist so steif, dass ich fürchte, dass er bei einer unbedachten Bewegung in zwei Teile zerbricht. „Das ist mir egal!“, schreit er plötzlich los, zieht auf und verpasst mir eine schallende Ohrfeige, die mich fast von den Füßen reißt, würde er mich nicht mit eiserner Gewalt festhalten. „Ich bin Stammkunde! Ihr habt mir diesen Tag freizuhalten wenn ich bestimme, dass ich komme! Aber warte nur, das wirst du wieder gutmachen!“, brüllt er weiter und drängt mich rückwärts in Richtung Bett. Ich kann mich nur schwer konzentrieren. In meinem Körper tobt die Panik, mein Gesicht brennt und ich spüre, wie sich bereits der erste Schrei meine Kehle hinaufwindet, aber noch kann ich mich beherrschen. „Bitte Herr! Verzeiht mir! Es wird nicht wieder vorkommen! Ich werde mit der Madame reden, wir werden uns schon einigen können!“, wimmere ich, versuche aber nicht mich aus seinem Griff zu lösen, das würde ihn nur noch wütender machen. „Keine Angst, ich weiß schon, wie du das wieder gutmachen kannst!“ Dann packt er mit beiden Händen das durchscheinende Hemd aus violetter Seide das ich heute trage und reißt es in der Mitte auseinander. Oh Gott bitte nicht! Er stößt mich rückwärts auf die Matratze und ist in der nächsten Sekunde über mir, fängt meine Hände ein als ich schließlich doch versuche mich gegen ihn zu wehren und presst sie über meinem Kopf in den kühlen Stoff des Bettlakens. „Bitte Mr. Doyle, tut das nicht…“ Ich kann mich selbst kaum hören und in dem Moment, als er anfängt mich zu berühren versinkt alles in einem grauenhaften roten Nebel. Die Männer stehen um mich herum, ihre Hände vereinigen sich mit denen meines Peinigers, überfallen meinen Körper und nehmen mir einmal mehr meinen Stolz, meine Würde und alles was ich bin. Das Letzte was ich höre bevor ich das Bewusstsein verliere ist mein lautes Schreien und sein Kichern, als er sich nimmt was er will. TBC Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)