Dodekaeder von -Kiara (Der Zwölfte Doctor) ================================================================================ Kapitel 5: Forschungsdrang -------------------------- Weit unter dem Meeresspiegel erstreckten sich einige rostige Tunnelwege, parallel zu den Stegen an der Oberfläche. Es war düster und unbehaglich, nur wenige Lichter erhellten den Ort. Einst waren die Tunnel elegant ausgestattet und verziert gewesen, prächtige Kronleuchter hatten von der Decke gehangen, die enormen Fenster hatten einen wunderschönen Ausblick auf den Rest der Unterirdischen Stadt geboten. Doch nun war alles heruntergekommen und dreckig. Die Kronleuchter kaputt, die Fenster gesplittert und beschmutzt, die hübschen Ornamente waren abgebrochen. Die prächtige Stadt war zu den Slums verkommen. Eine der verhüllten Gestalten lehnte lässig an einer rissigen Säule und ließ ihren Blick schweifen. Sie spielte mit der Zigarettenschachtel in ihrer Tasche. Zu schade, dass der Sauerstoffgehalt in der Luft hier unten so arm war. Sie mit Qualm noch weiter zu verpesten würde die Situation nicht verbessern. Die Gestalt seufzte gelangweilt. Plötzlich öffnete sich eine der großen Türen mit viel Krach. Der Mechanismus war alt und hätte eine Ölung mehr als nötig, Die Gestalt richtete sich auf und breitete ihre Arme aus, um die Neuankömmlinge Willkommen zu heißen. „Da seid ihr also endlich!“, ertönte die weibliche Stimme der Gestalt. Sie zog die Kapuze ihrer Kutte ab und offenbarte ihr Gesicht. Kurze, violette Haare rundeten ihr schuppiges Gesicht ab, ihre gelben Augen leuchteten. „Was hat euch aufgehalten?“ „Vitch hat Ärger gemacht“, erklärte eine der männlichen Gestalten aus der Gruppe. „Ich habe nur das Gespräch gesucht!“, verteidigte sich der Beschuldigte. „Als ob die mit sich reden lassen. Du solltest sie inzwischen besser kennen“, erwiderte die Frau. „Nicht alle von ihnen sind so, Delph“, entgegnete Vitch kleinlauter, als er klingen wollte. „Hmpf“, machte Delph nur und wandte sich dem beschlagenen Fenster zu. „Das ist alles Kretschmas Schuld. Er und seine bescheuerte Trennungs-Politik. Pah!“ „Dann handle du wenigstens mit dem besten Ermessen deines Verstandes und nicht aus Wut“, redete Vitch auf sie ein. „Dein kleiner Bruder würde nicht wollen, dass-“ „Schweig!“ Delph hob ihre schuppige Hand und brachte ihn zum Schweigen. „Das ist meine Angelegenheit, verstanden? Zum Wohl der Gruppe fälle ich meine Entscheidungen rational. Solltest du das bezweifeln, schlage ich dir vor, dass du verschwindest.“ Aus einer Ecke des Saales kam ein lautes Scheppern und Poltern. Einige Dosen rollten über den Boden und verteilten ihren Inhalt. Die Gruppe schreckte auf und beäugte die Quelle des Kraches misstrauisch. „Pursch, geh nachschauen, was das war!“, befahl Delph. „Sofort“, nickte der Angesprochene und begab sich mit zügigen Schritten zur Ecke wo sich über die Jahre viele Kisten und Tonnen angesammelt haben. Mit seinem tentakelbesetzten Krakenarm griff er in den Haufen und zog eine junge, menschliche Frau heraus. „Ein Eindringling!“, meldete Pursch. „Ich habe mich nur verlaufen“, versuchte Kiara sich rauszureden. „Sicher. Durch den Geheimeingang, zweiundvierzig Treppen hinunter. Hast du das Klo gesucht? Nun, hinter den Vorräten ist es nicht!“ Kiara zuckte bei seiner letzten lauten Bemerkung zusammen. Die Idee, ihre eigenen Nachforschungen anzustellen, kam ihr mit jedem Moment dämlicher vor. Pursch zerrte sie am Oberarm zum Rest der Truppe. Inzwischen hatten die verhüllten Gestalten alle ihre Kapuzen abgenommen. Jeder von ihnen war eine Art Meermensch. Manche mit mehr, manche mit weniger fischigen Anteilen. Aber jeder von ihnen konnte auf dem halbwegs trockenen Boden laufen. Wie sie das machten, konnte Kiara aufgrund der Kutten nicht sehen. „So, so. Und was hast du hier verloren?“, blaffte Delph sie an. Kiara hatte den Eindruck, dass Fischmenschen allesamt unglaublich unfreundlich waren. „Ich bin euch gefolgt. Ich sah euch draußen vorbei huschen und fand es seltsam, dass sich niemand darum gekümmert hat“, antwortete sie. „Außerdem hab ich mitgekriegt, wie er von dem Shopbesitzer angeschnauzt wurde“, fügte sie hinzu und deutete auf Vitch. „Hmpf“, machte Delph erneut. „Glückwunsch, du hast das wahre, hässliche Gesicht von Wembley gefunden. Dieser ganze fröhliche Touristenkram ist nur eine Fassade. Dahinter steckt bösartiger Rassismus, die Ausgrenzung ihrer eigenen Leute!“ „Wegen der Poppings?“, hakte Kiara nach. „Pop- was? Schätzchen, wir sind Mutanten! Nicht so, wie wir sein sollten! Nicht so, wie man den Reisenden von außerhalb zumuten will. Deshalb sind wir hier.“ „So schlecht find ich euch gar nicht“, murmelte sie. „Siehst du? Siehst du! Nicht alle sind bösartig!“, warf Vitch aufgeregt ein. „Genau! Ich bin nämlich hier um euch zu helfen!“, bestätigte Kiara. Das war etwas, was der Doctor auch sagen würde, nicht wahr? „Ach. Und wie willst du das bewerkstelligen?“, fragte Delph skeptisch. „Das... muss ich mir noch überlegen.“ Überzeugt davon, dass das Mädchen schon wieder auftauchen würde, vielleicht sogar im wahrsten Sinne des Wortes, folgte der Doctor dem Weg, den der Barkeeper ihm aufgeschrieben hatte. Durch die Hintertür, mit dem Warenaufzug hinab in den Keller, verschiedene Korridore entlang, bis er schließlich an eine lange Treppe gelangte. Sie führte tief ins Dunkel. Das Ende konnte man nicht erkennen. Der Doctor zuckte mit den Schultern. „Nun, das ist nicht gerade The Staircase to Heaven.“ Vorsichtig stieg er die glitschigen Stufen hinunter. Exakt zweiundvierzig Treppenabgänge später erreichte der Doctor einen gläsernen Gang, welcher ihm einen herrlichen Anblick über den Meeresboden bot. „Ob das die versunkene Stadt ist...?“, murmelte er nachdenklich. Und damit meinte er keinesfalls Atlantis. Dort war er bereits, als es seine Blütezeit erlebte. Eine menschliche Kultur, so zivilisiert und kultiviert, wie es bis ins einundzwanzigste Jahrhundert kein Volk der Erde mehr sein würde. Der Tunnel führte ihn schließlich zu einem Casino, wo zwielichtige Gestalten an kaputten Automaten hingen und immer und immer wieder versuchten den Arm des Banditen zu betätigen. Ein leichter Schauer lief dem Doctor über den Rücken. Irgendetwas war anders an diesen Geschöpfen. Anders war gut, er mochte anders. Nur diesmal erfreute es ihn weniger, als dass es ihm Unbehangen bereitete. Das war neu. Nichtsdestotrotz entschloss sich der Doctor dazu seine gute Laune beizubehalten und erwartungsvoll auf einen der Fremden zuzugehen. „Ich muss nur einmal gewinnen. Einmal gewinnen. Pop. Pop. Pop.“, redete das Oktopuswesen mit sich selbst. „Entschuldigen Sie die Störung, was gibt es denn zu gewinnen?“, warf der Doctor ein. „Ein Leben, das es zu leben wert ist. Nur einmal gewinnen. Pop. Pop. Pop.“, antwortete der Oktopus. „Ich bin mir sicher, dass Sie so etwas bereits besitzen. Sie müssen es nur etwas“, der Doctor klopfte ihm eine zentimeterdicke Schicht Staub von der Schulter, „entstauben und aufpolieren.“ Wie lang er hier wohl schon saß? Tiefe, dunkle Augenringe zierten das ausgemergelte Gesicht des Oktopoden. Sein Anzug hing faltig und viel zu groß an seinem Körper. „Hier unten ist nichts. Unter dem Meer. Dort ist man frei, dort ist man froh. Dort scheint das Licht des Mondes. Dort lebt man! Einmal gewinnen. Pop. Pop. Pop.“ Der Doctor kam nicht drum herum sich an einen Disneyfilm zu erinnern. Manchmal drückten Lieder einfach am besten aus, was man fühlte und dachte. Diese Erfahrung hatte er ebenfalls bereits gemacht. „Was hält Sie davon ab nach oben zu gehen?“, hakte der Doctor nach. Die Antwort war nur ein trauriges „Pop. Pop. Pop.“ Der Doctor rieb sich nachdenklich das Kinn und suchte nach aufmunternden Worten, für den traurigen Oktopoden. „Wissen Sie, ich kannte mal einen Mann, ein genialer Produzent, und jedes Mal, wenn ihm eine herausragende Idee kam, sagte er Pop-Pop-Pop!“, erzählte er ihm. „Nur einmal gewinnen. Pop. Pop. Pop.“ Damit konnte er ihn anscheinend nicht erreichen. Vielleicht brauchte er etwas, das ihn ablenkte und Freude bereitete. Der Doctor kramte in seinen Manteltaschen und zog ein paar bunte Jonglierbälle hervor. „Ich bin übrigens der Doctor, wie ist Ihr Name?“, stellte er sich schließlich vor. „Chet.“ „Dann schauen Sie mal her, Chet, vielleicht wäre das hier eine Beschäftigung für Ihre acht Arme!“ Eine Zirkusmusik summend begann der Doctor vor Chets Augen mit zwei Bällen zu jonglieren. Kurz darauf kam ein dritter hinzu. Zum ersten Mal seit langer Zeit, nahm Chet seine Augen von der Maschine und beobachtete das Treiben des Doctors. Die farbigen Bälle flogen in hohen Bögen durch die Luft und wurden immer mehr. Die Muskeln im Gesicht des Oktopoden zuckten leicht und versuchten das lang vergessene Lächeln wiederzuerlangen. „Pop. Pop. Pop.“, machte Chet, während er begeistert der Jonglierkunst zuschaute. oOo „Aber ich verstehe nicht so recht, warum das hier die Slums sind? Wie kann das Ghetto von Wembley mal so prachtvoll gewesen sein?“, fragte Kiara, als sie mit Delph und ihrer Bande von Verstoßenen weiter durch die unterirdische Stadt gingen. „Es gab mal eine Zeit, da war das hier Wembleys ganzer Stolz. Damals gab es an der Oberfläche noch keine Touristenfänger. Hier fand das Leben statt! Es war die High Society, jeder gehörte zu den Schönen und Reichen“, erklärte Delph. „Wie kann das sein? Hattet ihr ein Kommunistisches Prinzip oder wieso waren alle gleich?“ „Es gab ein Auswahlprinzip um hier leben zu dürfen. Dieser Planet war einst unbevölkert. Er wurde nur kolonialisiert. Früher waren alle so wie wir. Die ersten Wembleaner konnten alle an Land laufen. Doch dann, mit der Zeit, veränderten sie sich nach und nach.“ „Evolution“, murmelte Kiara nickend. „Die meisten entwickelten sich zu Wesen mit Fischschwänzen und mussten aus der Stadt auswandern um überleben zu können. Sie gründeten diese neue Stadt an der Oberfläche, als die ersten Touristen hier ankamen. Ihre Brüder und Schwestern vergaßen sie und ließen sie hier zurück.“ „Eine so häufige Mutation kann doch nicht natürlich sein. Waren eure Vorfahren radioaktiv verseucht oder so was?“ „Man sagt, sie wären öfter im Meer schwimmen gewesen“, Delph zuckte gleichgültig mit ihren Schultern. „Aber ich verstehe nicht, was das alles mit den Poppings zu tun haben soll. Warum werdet ihr ausgegrenzt und dümpelt hier einsam vor euch hin?“ „Weil sich die Herrschaften für etwas besseres halten, deshalb! Sie seien die Auserwählten, diejenigen die das Recht hätten, ein gutes Leben zu führen.“ „Oh, Mann... Ich wünschte, dass ich so was noch nie gehört hätte.“ Nach einer kurzen Fahrstuhlfahrt und einige Gänge weiter, kam die Gruppe schließlich zu einem Korridor mit einer handvoll Kammern zu jeder Seite. Der tentakelige Typ namens Pursch öffnete die Tür zu einer der Kammern und wies Kiara hinein. Die junge Frau war den Fremden blindlings gefolgt um die Gelegenheit zu nutzen und Informationen zu kriegen. Inzwischen würde sie den Weg zurück nie wieder finden, ihr Orientierungssinn war hoffnungslos, wenn sie durch Gebäude ging. „Rein da“, blaffte Delph und schubste Kiara in die dunkle Kammer. „Du bist so lange in Gewahrsam, bis wir beschlossen haben, wie wir weiter mit dir verfahren. Einen schönen Abend noch.“ Sie knallte die Tür zu und schritt weiter den Gang hinunter. „Na toll“, seufzte Kiara. Das musste ja so enden. Es war unbehaglich kühl und feucht in dieser Kammer und sie konnte schwören, dass aus einer Ecke Wasser tropfte. Hier wollte sie definitiv nicht lange bleiben. Hoffentlich würde sehr bald eine Entscheidung fallen. Eine die in ihrem Sinne war. Zermürbt setzte sich Kiara in eine vermeidlich trockene Ecke auf eine Kiste und ließ die Beine baumeln. „Mama, wo bist du – kannst du mich hören? Mir ist so kalt, nimm mich in den Arm...“, sang sie leise vor sich hin. oOo „Sehr gut! Sehr gut! Es wird langsam!“, feuerte der Doctor den jonglierenden Oktopoden an. Dieser hatte deutlich Freude daran die bunten Bälle in die Luft zu werfen und mit einem seiner Arme aufzufangen. „Vielen Dank, Doctor! Pop! Pop! Pop!“, lächelte Chet und konnte seine Augen gar nicht von den Wurfbahnen abwenden. „Wie kann ich mich bei Ihnen revangieren?“ „Nun, ich versuche da einigen Vorkommnissen auf den Grund zu gehen. Sagen Sie, Chet, wissen Sie, wo diese poppenden Bubbles herkommen?“ „Pop. Pop. Pop?“ Eindringlinge, an einem solchen Ort! Damit hatte Delph nicht gerechnet. Ihre Pläne waren zu wichtig um von irgendwelchen Touristen zunichte gemacht zu werden. Sie würde die Kleine wieder herauslassen, wenn das alles hier vorbei war. Vier bis fünf Tage sollte sie in ihrer kleinen Zelle wohl aushalten. „So ist das also“, nickte der Doctor nachdenklich. Chet hatte ihm alles erzählt was er wusste. Zugegeben, es war nicht sonderlich viel, doch es reichte um die nötigen Puzzleteile zusammen zu setzen. Eine ungerechte Lage, so viel war sicher, aber nichts ungewöhnliches. Sie würden es bestimmt selbst durchstehen. Jetzt war da nur noch die Frage, wo seine junge Begleiterin abgeblieben war. „Und was zum Henker haben Sie hier verloren?!“, schallte die kräftige Stimme einer jungen Fischfrau durch das Kasino. „Ist heute zufälligerweise Tag der offnen Tür?“ „Ah, schönen guten Abend, ich bin der Doctor“, stellte sich der Time Lord vor. „Es interessiert mich nicht, wie Sie heißen, sondern nur, was Sie hier zu suchen haben!“, blaffte Delph. „Und was soll das bitte werden, Chet?!“ „Ich jongliere, Miss!“, antwortete Chet stolz. „Pop. Pop. Pop!“ „Nun, werte Dame, ich kam hierher um zu recherchieren. Ich habe meine Ermittlungen abgeschlossen und bin bereit diese Örtlichkeiten zu verlassen. Entschuldigen Sie die Störung.“ Der Doctor drehte sich beschwingt auf den Haken um, Richtung Ausgang. „Ach, aber sagen Sie... Sie haben nicht zufällig ein Mädchen hier unten gesehen, oder? Braune Haare, blaue Augen, trägt eine Brille und ist in etwa so groß“ er hob seine Hand abschätzend zu seiner Brust. „Wenn Ihre Ermittlungen abgeschlossen sind, muss ich Ihnen wohl keine Fragen mehr beantworten“, erwiderte Delph schnippisch. „Also Ja. Wo könnte sie nur stecken...? Hm... Machen Sie’s gut.“ Mit diesen Worten verließ der Doctor das Kasino aus der Türe, durch die Delph gekommen war. „Was hast du wieder angestellt, Chet?“, fragte Delph den Jongleur und verschränkte ihre schuppigen Arme. „Ich habe gewonnen“, grinste dieser, seine Augen strahlten förmlich voller Kraft und Lebensfreude. „Pop. Pop. Pop.“ Eine komplette Stadt unter Wasser, wie sollte man sich hier zurechtfinden, dachte der Doctor, fünf riesige Hallen später. Er war bereits durch die Kaufhausabteilung und ein Restaurant gelaufen und hatte immer noch keine Orientierung wo er war, geschweige denn, wo seine Begleiterin sein konnte. Sein außerordentlicher Geruchssinn half ihm auch nicht viel weiter, wenn geschätzte dreißig Türen zwischen ihnen lagen. Schließlich fand sich der Doctor in einer Räumlichkeit wieder, die einer Eingangshalle glich. Zerrissene Werbeplakate hingen an den Wänden und von den vielen Sitzbänken konnte man das Treiben auf der Empore und aus dem Panoramafenster betrachten. Der Doctor hatte nur eine Vorstellung davon, was für ein Treiben hier vor langer Zeit geherrscht haben musste. Er blieb vor einer großen Tafel stehen. Sie zeigte die Umrisse der Stadt und führte eine Legende an der Seite. Eine Karte, na endlich. Eilig studierte der Doctor die Korridore und Säle und wog die Möglichkeiten ab, wo man jemanden gefangen halten konnte. Im Grunde war dies überall möglich, solange man den Schlüssel für das Geschäft besaß. Der Doctor war drauf und dran zu Chet und Delph zurückzukehren, um sie zu bitten ihn zu seiner Begleiterin zu führen, als ihm etwas in die Augen sprang. Dunkel war gar kein Ausdruck für Kiaras Umgebung. Sie konnte nicht einmal mehr die Hand vor Augen sehen. Es war stockfinster, seitdem Delph die Tür zugeknallt hatte und das Licht im Gang gelöscht hatte. Langsam beschlich sie das Gefühl für immer hier fest zu sitzen. Hätte sie doch auf den Doctor gehört und auf ihn gewartet. Aber nein, sie wollte ja das Abenteuer suchen. Eine wirklich großartige Idee. Eigentlich hatte es keinen Sinn sich selbst fertig zu machen. Das würde ihre Situation auch nicht verbessern. Aber sollte sie jemals wieder aus diesem Loch heraus kommen, gelobte sie immer auf den Doctor hören zu wollen. „Something has changed within me, something is not the same“, sang sie mit leiser, heiserer Stimme. Inzwischen hatte sie drei Musicals aus voller Kehle gesungen. Was blieb ihr sonst um die Zeit zu vertreiben in der Finsternis? Immerhin hatte sie so die Hoffnung, dass sie vielleicht jemand hören und befreien kommen würde. Kiara seufzte tief und kämpfte gegen ihre Tränen an. Sie hatte doch nur ein Queen Konzert sehen wollen. Stattdessen würde sie einsam auf diesem Planeten, weit weg von Zuhause und denen, die sie liebte, sterben. So hatte sie sich das ganz und gar nicht vorgestellt. Verdammt, so konnte das doch nicht enden! Ehe sie sich versah, kullerten doch die ersten Tränen ihre Wangen hinunter. Es war noch nicht die Zeit um den Mut zu verlieren, aber vielleicht tat eine kleine Pause ganz gut. Sie musste einfach mal loslassen. Das tat gut. „Will the circle be unbroken? By and by. By and by“, schluchzte sie. Beinahe war Kiara zu sehr mit sich selbst und ihrem Leid beschäftigt, dass sie das leise Surren von der anderen Seite der Tür überhörte. Sie kannte das Geräusch und verband es durchaus mit etwas positivem. Kiara schniefte und sah auf. Das Türschloss klickte und mit einem Mal strömte Licht in den kleinen Raum. Sie blinzelte und konnte nur die Silhouette der Person erkennen, die sie befreite, doch sie wusste ohnehin genau, wer dort vor ihr stand. „Doctor!“, stieß sie glücklich aus und sprang hastig von ihrer Kiste, um ihre Arme um seinen Körper zu schlingen. Er erwiderte ihre Umarmung herzlich. „Das war ein schönes Ständchen“, sagte er ruhig und wischte ihr die Wangen trocken. Kiara lachte leicht, trotz Kloß im Hals. „Ich bitte Sie, das war voll schief.“ „Aber mit sehr viel Gefühl.“ oOo Schnaufend und ächzend stiegen der Doctor und Kiara die vielen Treppenstufen wieder empor. Runter war es immer leichter als hoch. Warum konnte der Aufzug nicht bis an die Oberfläche gehen? „Woher wussten Sie eigentlich, wo ich war?“, fragte Kiara zwischen Atempausen. „Time Lord Intuition“, antwortete der Doctor schlicht und grinste. Ihm machte der Anstieg nicht annähernd so zu schaffen. Zumindest konnte man ihm keine große Anstrengung ansehen. „Ja, sicher“, spottete Kiara. „Nein, ehrlich! Meine werten Freunde und Reisebegleiter hatten schon immer die Angewohnheit zu verschwinden. Irgendwann entwickelt man ein Gespür dafür, wo sie sich aufhalten könnten.“ „Mit anderen Worten, ich habe den Eignungstest bestanden“, scherzte Kiara und vertrat sich beinahe. Eilig klammerte sie sich am Geländer fest. „Ich hasse lange Treppen.“ Am liebsten hätte sie immer zwei auf einmal genommen. Sie wäre doppelt so schnell oben und müsste nur halb so viele Stufen steigen. Doch sie bezweifelte, dass ihre Ausdauer das mitmachen würde. „Nicht verzagen, Liebes, wir haben es bald geschafft.“ Kiara empfand die Art vom Doctor als sehr freundlich und überaus britisch. Andauernd entschuldigte er sich, wünschte einem Wohlergehen und sprach die Leute auf diese charmante und doch vertraute Art und Weise an. Der Unterschied zwischen einem Womanizer und einem britischen Gentleman war sehr gering. Etwas mehr in die andere Richtung und Kiara hätte sich unwohl gefühlt. Sie würde sich nicht von irgendwelchen Leuten in ihrer Heimat mit ‚Liebes’ anquatschen lassen. Als sie zu Besuch in London war, hatte sie jedoch kein Problem damit, wenn man sie mit ‚Darling’ ansprach. Alles eine Frage der kulturellen Hintergründe. Wobei sie es schon ziemlich fraglich fand, wieso sie da so stark unterschied. Es kam wahrscheinlich auf die Leute an. Von einem schmierigen, besoffenen Engländer würde sie auch nicht gerne wie-auch-immer genannt werden. Nach einer gefühlten halben Stunde, einige Korridore und ein Warenaufzug später kamen die beiden Reisenden endlich wieder an die erfrischende, kühle Nachtluft. Erleichtert atmete Kiara tief durch. „Was machen wir jetzt?“, fragte sie nach einer kurzen Verschnaufpause. „Zurück zur TARDIS“, wies der Doctor an. „Sollten wir den Leuten nicht helfen? Damit sie wieder Akzeptanz erlagen?“, stutzte Kiara. „Du willst mal eben so eine Gesellschaft umkrempeln?“ „Oder sie aus den Slums holen und ihnen ein besseres Leben geben?“, versuchte sie weiter. Der Doctor schüttelte den Kopf. „Hast du nicht mitbekommen, dass sie mit einer Revolution zugange sind? Das schaffen sie schon alleine. Das ist nichts, womit wir ihnen helfen können.“ Kiara verschränkte ihre Arme und schmollte. Das war ganz und gar nicht, was sie erwartet hatte. Sie dachte, wo immer der Doctor hinkam, rettete er den Tag. Würde helfen, wo er konnte. Aber das lag anscheinend über seinen Mitteln. Ein wenig war sie enttäuscht. „Und wie endet diese Revolution?“, hakte Kiara nach. Als Time Lord müsste er doch über die zukünftigen Ereignisse Bescheid wissen. „In einem Bürgerkrieg. Wembley 86 wird nie wieder so sein, wie es war. Viele werden sterben und aussiedeln“, sprach er faktisch. „Und das lässt sich nicht verhindern? Das ist doch furchtbar!“, entrüstete sich Kiara. „So ist das Leben und so ist die Geschichte. Das gab es schon immer und das wird es auch immer geben.“ Kiara schürzte ihre Lippen erneut und wandte sich vom Doctor ab. Sie konnten doch nicht einfach so gehen, unverrichteter Dinge. Das fühlte sich nicht richtig an. Aber mal eben so eine Gesellschaft aufzuklären war deutlich einfacher gesagt, als getan. Das konnte Jahrzehnte dauern, wenn nicht sogar Jahrhunderte. Nicht nur körperlich machten Wesen eine Evolution durch, auch auf geistigem Wege konnte es viele Generationen dauern, bis sich eine Verhaltensweise durchsetzte. Diese zu zerstören schien allerdings viel einfacher, als sie aufzubauen. Kiara empfand das als ungerecht. Wobei es natürlich auch möglich war, die Natur durch Züchtung oder Gen-Experimenten zu beeinflussen. Dieser Gedankengang machte Kiara auf etwas aufmerksam, was die Anführerin zuvor zu ihr gesagt hatte. Beschwingt drehte sie sich zum Time Lord zurück. Ihr Gesicht war erhellt von der möglichen Auswirkung ihrer Idee. Vielleicht konnten sie nichts ändern, aber wenigstens sollten sie allen Tatsachen auf den Grund gehen. „Doctor, kann es sein, dass das Wasser hier anders ist, als vom Heimatplaneten der ersten eingewanderten Wembleaner?“ Der Angesprochene hob interessiert eine Augenbraue. „Obwohl sie Fischähnlich sind, haben sie womöglich nicht auf einem reinen Wasserplaneten, wie diesem gelebt, denn sonst könnten sie an der Oberfläche doch gar nicht leben. Also war ihre Heimat eher feucht oder dickflüssig. Aber warum haben sie eine Stadt unter dem Meer gebaut? Warum hatten sie sich ausgerechnet diesen Planeten ausgesucht um ihn zu kolonialisieren? Und wieso war das Wasser dafür verantwortlich, dass sich bei einigen Fischschwänze bildeten? Auf der Erde stammen wir alle aus dem Meer und entwickelten Beine – wie ist diese Entwicklung zurück möglich?“ Der Doctor hörte bedacht seiner Begleiterin zu und auch sein Gesicht erhellte sich allmählich, während sich ein Grinsen auf seinen Lippen bildete. Ein Anflug von Stolz glänzte in seinen Augen. Deshalb suchte er sich immer wieder Begleiter, die mit ihm auf Reisen gingen. Sie konnten Dinge sehen, die er schon lange nicht mehr beachtete. Sie stellten die wichtigen Fragen. Und sie ließen ihn schlau aussehen und mit seinem immensen Wissen angeben. „Vielleicht steckt noch viel mehr hinter der ganzen Artentrennung“, suggerierte Kiara. „Du willst also weitere Nachforschungen betreiben, nehme ich an“, sagte der Doctor langsam. Sie nickte beherzt. „Dann sollten wir trotzdem zur TARDIS zurückkehren. Die Datenbank hält gewiss einige Antworten für uns bereit.“ oOo Misstrauisch beobachtete die junge Frau den Doctor, während er an der Konsole verschiedene Knöpfe drückte. Sie traute ihm zu, dass er die TARDIS einfach dematerialisieren und von Wembley verschwinden würde. Zwar war ihr Vertrauen in den Doctor groß, jedoch kannte sie ihn einfach noch nicht gut genug um ihn einschätzen zu können. Er selbst musste ebenfalls noch herausfinden, wer und wie er war. „Da haben wir es!“, stieß der Doctor aus und drehte den von der Konsole hängenden Bildschirm zu Kiara. Die Datenbank der TARDIS spuckte alle eingespeicherten Einträge über die Atmosphäre und Beschaffenheit von Planet Wembley 86, deren Einwohner und ihrer Herkunft aus. Viele fremde Wörter scrollten über den Monitor, zu schnell für das ungeübte menschliche Auge. Ein Time Lord vermochte all diese Informationen auf einen Blick aufnehmen und verarbeiten können, doch Kiara war dazu ganz und gar nicht in der Lage. All die vielen Stunden auf tumblr hatten sie nicht darauf vorbereitet. Die Stimme von Bender aus Futurama kam ihr in den Sinn, die sagte ‚Ich denk’ ja gar nicht dran, das alles zu lesen. Fass es in einem Wort zusammen!’ Wie so oft ließen ihre gedanklichen Abschweifungen sie schmunzeln. Eine Angewohnheit, die sie für Außenstehende manchmal als äußerst suspekt erscheinen ließ. Der Doctor schloss aus ihrer Reaktion, dass sie etwas gelesen hatte, was sie triumphieren lies. „Faszinierend, nicht wahr?“, strahlte er sie an. Das war nicht unbedingt das Wort, welches Kiara gerne als Zusammenfassung gehabt hätte. Trotzdem nickte sie. „Und was schließen wir daraus?“, hakte sie deshalb nach. „Als die Kolonialisten hier ankamen, existierte diese Stadt schon. Deshalb gab es ein Auswahlverfahren – nur die High Society durfte hier her ziehen. Wer von diesen Leuten hätte einen Finger krumm gemacht um eine ganze Stadt zu bauen und diese zu versenken, obwohl sie Landgänger waren? Der Planet war demnach vorher schon einmal bevölkert.“ Der Doctor tippte auf der alten Tastatur herum um ein Diagramm zu öffnen. „Die Veränderung der Atmosphäre in diesem Zeitraum beweist diese Theorie. Aber was ist passiert? Wohin ist dieses unbekannte Volk verschwunden? Und das offenbar kurz bevor die Immigranten hier ankamen.“ „Vielleicht wurden die Ureinwohner von den Einwanderern getötet? Wäre nicht das erste Mal“, warf Kiara ein. „Sie kamen hier an, fanden die unterirdische Stadt, dachten sich ‚oh hübsch’ und schafften kurzerhand Wohnraum.“ „Möchtest du im Stadtarchiv die Geschichte von Wembley nachschlagen?“, fragte der Doctor, „dort dürften sich ein paar mehr Informationen zur Einwanderung finden.“ Wollte sie sich wirklich durch Stapel und Papiere kämpfen, auf altmodische Art und Weise? Einerseits fand Kiara diese Recherchearbeit unglaublich trocken und langatmig. Andererseits las sie sich mitten in der Nacht durch Wikipedia-Artikel über Mode Erscheinungen bis zurück ins 19. Jahrhundert. Ihr Gehirn war so vollgestopft mit trivialem Wissen, wieso also nicht die Kolonisationsgeschichte einer fernen, außerirdischen Kultur hinzufügen? „Also noch einmal in die Unterstadt?“, hakte Kiara nach. Der Doctor nickte. „Zurück nach Rapture.“ oOo Das Meer rauschte sanft und wog die kleine Pension am Rande des Touristenviertels in den Schlaf. Nach einem Tag voller ausgiebigem Shopping, kamen die Gäste endlich zur Ruhe und schnarchten in ihren Betten. Es waren nur vier an der Zahl, keiner von ihnen konnte unterschiedlicher je sein. Ein werter Herr war ein Ariate, eine vogelartiger Stamm. Sein prachtvolles Federwerk hob und sank mit jedem Atemzug. Er war ein tüchtiger Businessmann, welcher seine Arbeitszeiten stark nach dem Tageslicht ausrichten musste. Sobald die Sonne unterging, wurde er immer so schrecklich müde. Im Zimmer nebenan hatte sich eine Touristin aus dem Casseopeia System eingebucht. Sie besuchte Wembley bereits zum fünften Mal und kam immer wieder gerne für die heimischen Gourmet-Mahlzeiten und um einen neuen Satz wembleanischen Schmuck zu kaufen. Der dritte Gast füllte ein gesamtes King-Size Bett aus und hatte seit sieben Tagen keine Anstalten mehr gemacht, dieses zu verlassen. Stattdessen ließ er den Zimmerservice seine Speisen bringen. Jede Stunde. Er war ein reicher Gouverneur auf Urlaub, jeder nahm an, dass er seine Rückreise in einem schwarzen Sack antreten würde. Warmes Kerzenlicht erleuchtete das Zimmer des letzten Gastes. Er war zur späten Stunde noch wach und arbeitete am kleinen hölzernen Schreibtisch einen Stapel Dokumente ab. Es hatte ihn einiges an Überredungskunst gekostet, an diese Papiere zu kommen. Ein zufriedenes Lächeln huschte über seine Lippen, als seine Augen eine bestimmte Information erfassten. „Na also“, erklang seine tiefe Männerstimme. Er hob die Papiere auf und führte seine Hand hinüber zur brennenden Kerze. Binnen weniger Momente fingen sie Feuer und bröselten schwarz und verkohlt zu Boden. oOo Ein weiteres Mal in dieser dunklen Nacht huschten Schatten über die Stege der Oberstadt. Doch dieses Mal verweilten sie vor einer wembleanischen Wohnbowle. Diese sieht aus, wie ein überdimensionalgroßes Goldfischglas, welches sich unter Wasser befindet. An den älteren hatten sich bereits Anemonen und andere Spezies angesiedelt und bildeten die interessantesten Formen. Innen war gerade genug Platz für einen Schlaf- und Essbereich. Drinnen lag ein Fischjunge und schlummerte den Schlaf der Gerechten. Er hatte den ganzen Tag hart gearbeitet und war sichtlich erschöpft. Seine etwas längeren violetten Haare fielen über seine schuppigen Schultern. Kleine Bläschen stiegen aus seinem Mund auf, jedes mal, wenn er ausatmete. Eine langer Krakenarm stieß in die Wohnbowle hinein und packte den Jungen mit festen Griff. Er schreckte auf und wollte schreien, doch ein zweiter Tentakel legte sich auf seinen Mund. „Psssh! Ich bin es nur, Peiro“, zischte die raue Stimme von Delph. Sie nickte ihrem Handlanger kurz zu, welcher den Jungen augenblicklich losließ. Peiro rieb sich mürrisch den Arm und blickte zu seiner Schwester und Pursch auf. „Kannst du mich nicht einmal sanft wecken? Vielleicht sogar zu einer fiscianen Zeit?“, beschwerte er sich. „Du weißt genau, dass das nicht möglich ist. Hör zu, ich weiß jetzt, wie wir dich hier raus kriegen“, entgegnete Delph. „Hier raus kriegen? Du redest, als wäre ich ein Gefangener.“ „Das bist du doch auch! Du wurdest aus unserer Mitte gerissen um hier für diese Sklaventreiber zu arbeiten!“ „Delph, nicht so laut“, versuchte Pursch sie zu beruhigen. „Ich verdiene eine Menge Sand-Shell. Was hätte ich bei euch im Dreck und Schlamm, weit weg vom Sonnenlicht?“ Delphs stechende gelbe Augen trafen auf seine. Wann hatte sich ihr Bruder so von ihr abgewandt? Sie waren einmal ein Herz und eine Seele gewesen, dann kam Kretschma und hat Peiro in die Oberstadt entführt. Weil er genauso war wie sie. Seine Mutation entsprach dem der anderen. Bei seiner Geburt war Peiro kaum von seiner Schwester zu unterscheiden. Sie hatten beide die violetten Haare und gelben Augen ihrer Eltern geerbt. Statt Haut hatten sie Schuppen, aber ansonsten besaßen sie Hände und Füße wie ein Mensch. An seinem zehnten Geburtstag bemerkte Peiro, dass er sich veränderte. Ihm wuchsen Kiemen und machten es möglich Unterwasser zu atmen. Daraufhin besuchte er die anderen Einwohner viel öfter. Sie fragten, wo er herkomme und waren entsetzt von der Tunnelstadt zu hören. Kurze Zeit später kam eine Gruppe Handlanger des hiesigen Präsidenten Kretschma in die Unterstadt und nahm den Jungen mit sich. Seitdem lebte er in Nähe der Oberfläche und Delph schwor Rache. „Das wird sich ändern. Sehr bald sogar.“ oOo Frustriert ließ Kiara ihren Kopf auf die moderige Tischplatte sinken. Sie war wirklich nicht für diese Art von Forschung gemacht. Es mochte interessant sein und doch ödete es sie unheimlich an. „Schon etwas herausgefunden?“, schallte die Frage des Doctors quer durch das Archiv. „Nur wer 2642 Weltmeister im Bubble Weitspucken wurde. Wieso sind diese Bücher nicht anständig betitelt?“, maulte sie und hob eilig den Kopf, als ihr bewusst wurde, wie viele Keime und Bakterien sich auf diesem ekeligen Stück Holz sammelten. In der Tat hatten sie eine ganze Reihe an Büchern gefunden, welche alle den Titel „Historia Wembley“ trugen. Allerdings waren die Fakten weder chronologisch noch thematisch sortiert. Es war so, als wenn eine Gruppe von Leuten willkürlich irgendwelche Ereignisse niedergeschrieben hätten und sie danach einfach zusammentackerten. In einem heillosen Chaos machte natürlich auch kein Inhaltsverzeichnis Sinn, weshalb sie in jedes Band reinlesen mussten, nur für den Fall, dass dort eine gesuchte Information zu finden war. „Wilbur Bonney“, nickte der Doctor. Er hatte in einem seiner gesammelten Werke ebenfalls diesen Fakt gelesen. „Das war eine dämliche Idee. Aber wer hätte denn auch ahnen können, dass Wembleaner miserable Buchführer sind.“ „Aber immerhin sind alle Bände nummeriert. Hast du die Nummer 16?“, fragte der Doctor. Mit einem Stapel Bücher unter jedem Arm kam er zu ihr. Kiara durchsuchte ihr kleines Chaos und versuchte es in die richtige Reihenfolge zu bringen. Der Doctor reihte seine ebenfalls ein. Die Nummerierung reichte von Band Eins bis Band Neunundsechzig – aber mit einer Lücke. „Band 16 fehlt. Haben wir es in den Regalen übersehen?“ Sie sah noch einmal zu den Regalen hoch und versuchte die Titel zu überfliegen. „Die unnötig lange Geschichte von Wembley 86 und es fehlt genau der Band mit der Besiedungsgeschichte - Zufall?“ „Unwahrscheinlich.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)