Die Legende von Shikon No Yosei von Ami_Mercury (Das Schicksal einer Elementarmagierin) ================================================================================ Kapitel 10: Zwischenspiel 04: Shiko und das Drachenfest ------------------------------------------------------- Alles nur Show? „Ist das wirklich wahr?“, fragte Shikon No Yosei aufgeregt. Sie, Ohtah Ryutaiyo und Seiketsu No Akari waren zu Kaiser Kisu bestellt worden, weil er sie um einen persönlichen Gefallen bitten wollte. Nicht nur die schöne Elementarmagierin war darüber begeistert, auch die junge Mönchin und der geschickte Assassine empfanden es als große Ehre. Der Herrscher nickte lächelnd: „Ja, meine Liebe. In diesem Jahr werdet ihr, die größten Helden Cantha´s an den Showkämpfen zu Ehren unseres Landes und der Macht der Drachen teilnehmen. Gebt euer Bestes!“ Die Verteidiger von Cantha legten ihre Hände über ihre Herzen. Sie würden ihn nicht enttäuschen. Die erste Aufgabe galt es in der Provinz Kinya zu bestehen. Shikon No Yosei und ihre beiden Gefährten sollten die Yetis besiegen, welche angeblich von einem fremden Monster aufgeschreckt worden waren, und anschließend die Kreatur vernichten. „Wie gut, dass wir gemeinsam hierher gekommen sind.“, rezitierte Shikon No Yosei ihre vorgegebene Textpassage, „Sie sind verrückt geworden und greifen die Einheimischen an! Wir müssen uns beeilen und dem ein Ende bereiten, bevor es noch mehr Verluste gibt!“ Währenddessen belegte Seiketsu No Akari die Schaulustigen, die sich im Tal versammelt hatten, um der Instanziierung beizuwohnen, mit einem Schutzgebet – nur für den Fall, dass die Yeti wirklich auf die Zuschauer anstatt auf die Helden Cantha´s losgingen. Ohtah Ryutaiyo brachte sich via Schattenschritt in die richtige Position. Applaus folgte seinem Einsatz. Ein eigenartiges Gefühl breitete sich in ihm aus. Er war es nicht gewohnt, unbeteiligte Zuschauer bei seinen Kämpfen zu haben. Gemeinsam mit seiner Geliebten schaltete er alle Yetis in Sekundenschnelle aus. Seiketsu No Akari nickte anerkennend über ihren Sieg: „Das war der letzte. Doch jetzt müssen wir die Höhle am Tormaat-Pass untersuchen. Irgendetwas treibt diese Viecher in den Wahnsinn und es wird langsam Zeit, dass wir diesem rätselhaften Rätsel auf den Grund gehen.“ Wie eh und je ging die Elementarmagierin als Anführerin voran. Vorsichtig schlichen sie voran, die Zuschauer folgten ihnen. In der Höhle entdeckten sie ein Wesen, welches nicht in Cantha beheimatet war. „Ein Dämon!“, rief Shikon No Yosei aus und schluckte mit Mühe den Kloß hinunter, der in ihrem Hals aufgetaucht war – der Schrecken des Reichs der Qual saß einfach zu tief, um ihn zu vergessen. Eine Feuerwalze brach aus ihrem Körper hervor, stärker als beabsichtigt, und verbrannte die Kreatur. „Du hattest recht, Shiko … Es war ein Dämon. Keiner aus dem Reich der Qual, aber …“, meinte Ohtah Ryutaiyo, führte den Gedanken jedoch nicht zu Ende, „Wir müssen herausfinden, woher sie kommen … und was sie in Cantha wollen.“ Auf dem Rückweg gingen die drei lebenden Legenden durch die verschneiten Berge des Sunqua-Tals. Plötzlich blieb Seiketsu No Akari wie angewurzelt stehen. Kommentarlos rannte sie los. Am Schrein der Maat blieb sie schließlich stehen. Ein Priester ging dort auf und ab, auf und ab. Er wiederholte ständig dieselben Worte wie ein Mantra: „Es kam aus der Finsternis … Warum ist nur mir die Flucht gelungen? Diese schrecklichen Bilder! Diese Bilder … Hilfe! Helft mir!“ „Er leidet unter einer Verhexung.“, erklärte die Mönchin ihren verwunderten Begleitern, „Sie zeigt ihm eine schreckliche Illusion von Tod und Qual.“ Ein entschlossener Ausdruck legte sich auf ihr Gesicht. Dafür war sie nach Tyria gegangen, aus diesem Grund hatte sie all die Jahre studiert. Sie konzentrierte ihre Kräfte und flüsterte die heilenden Worte, die ihn erretten konnten. „Ihr habt mich befreit!“, sprach der Priester und verneigte sich respektvoll. Seiketsu No Akari erwiderte die Geste. Es gab für sie kein schöneres Gefühl, als anderen zu helfen. Als Shikon No Yosei, Ohtah Ryutaiyo und Seiketsu No Akari unter Jubel ins Kloster zurückkehrten, erwartete sie bereits die nächste Katastrophe. Eine Gruppe Purperschädel-Söldner, welche auf Shing Jea ihr Unwesen trieben, waren aus ihrem Lager geflohen und suchten Schutz. „Was ist geschehen?“, wollte die Elementarmagierin sofort wissen. Die Kapitänin der Purpurschädel trat vor und erklärte: „Wir gingen dem … üblichen Treiben in unserem Lager nach, als es plötzlich stockfinster über uns wurde. Und … eine Bestie mitten unter uns erschien. Einfach so. Sie … tötete einige meiner Männer. Ich befahl zwar sofort den Rückzug, aber … viele ließen in dem Gewimmel ihr Leben. Deshalb sind wir hier. Wir können nicht nach Hause zurück, solange diese … Kreatur dort mordet.“ „Wieso sollten wir euch helfen?“, wollte der einstige Am Fah herausfordernd wissen. Shikon No Yosei legte ihm eine Hand auf den Arm und sagte: „Bitte, Ohtah. Hier geht es nicht mehr um … Taschendiebstähle oder gestohlenes Vieh. Es geht um die Sicherheit von Shing Jea.“ Der Widerstand in Ohtah Ryutaiyo´s Gesicht erstarb. Er wusste nur zu gut, dass es keinen Sinn hatte diese Diskussion fortzuführen. Nicht, wenn es um Shing Jea ging. „Gehen wir.“, murmelte er daher und wurde von einem Kuss seiner Liebsten dafür belohnt. Es war genauso wie Shikon No Yosei es befürchtet hatte – das Wesen im Lager der Purpurschädel gehörte zur selben Spezies wie jenes in der Provinz Kinya. Und höchstwahrscheinlich ging auch der Angriff auf den Schrein der Maat auf ihr Konto. Sie schüttelte den Kopf. Was dachte sie da eigentlich? Sie hatte schon viel zu oft mit wirklichen Bedrohungen zu tun gehabt, dass sie sich davon in den Bann ziehen ließ. Das war alles doch nur Teil der Showeinlage für das Drachenfest. „Shiko?“, sprach ihr Geliebter sie an und riss sie damit aus ihrer Erinnerung an den Kampf. Inzwischen war ein weiterer »Hilferuf« eingetroffen. Diesmal von der Panjiang-Halbinsel, aus dem Dorf Kaitan. Das Dorf lag ganz in der Nähe ihres Schreins, den sie für Meister Togo errichtet und vor kurzem zu Ehren Teinai´s erweitert hatte. Eine ganze Legion Naga war aus der Raiyan-Höhle, ihrer Heimat und Geburtsstätte, ausgebrochen. „Verteilt euch!“, rief Shikon No Yosei ihren Freunden zu, „Es sind zu viele, wir können sie nicht nacheinander besiegen. Das würde die Dorfbewohner in Gefahr bringen!“ Die beiden nickten und strömten aus. Doch die Naga schienen es genau auf den Schrein abgesehen zu haben. So stellte sich die Elementarmagierin schützend davor und wehrte mit ihrem Flammen-Schild jeden Versuch ab. So schafften sie es zu dritt, das ganze Dorf vor Schaden zu bewahren. „Es muss einen Grund geben, warum diese … Viecher aus ihrer Höhle gekrochen sind.“, meinte Seiketsu No Akari angewidert, nachdem alle Naga besiegt waren. Shikon No Yosei sah nachdenklich aus und stimmte zu: „Stimmt. Vielleicht finden wir so auch heraus, woher diese Monster kommen.“ Aus der Raiyan-Höhle strömte dunkle Energie. Die jungen Frauen erschauderten und ihnen knickten sogar die Beine weg. So gewaltig war der Einfluss der Finsternis auf ihre Körper. Es dauerte eine ganze Weile, bevor sie sich wieder bewegen konnten. „Ich gehe alleine hinein.“, entschied Ohtah Ryutaiyo. Die Elementarmagierin kämpfte sich hoch und sagte schwach: „Nein … ich lasse dich nicht im Stich. Sei, sprich ein Schutzgebet über uns.“ Ihre Seelen-Schwester konzentrierte das Licht ihrer Kräfte. Lautlos flüsterte sie die Worte und der Schutz des Zaubers legte sich über die drei Verteidiger. Im Innern der Höhle wimmelte es nur so vor dieser seltsamen, unbekannten Kreaturen. Und es wurden immer mehr. „Es ist ein Portal!“, rief Shikon No Yosei und deutete auf einen Riss in der Luft, „Lenkt ihr sie ab! Ich … kümmere mich darum.“ Besorgt schaute Ohtah Ryutaiyo sie an, befolgte aber ihre Anweisung. Sie schloss die Augen und sammelte sich. Dank Vekk hatte sie bereits Erfahrungen mit Portalen, auch wenn ihre diese Art von Zauber immer noch etwas unheimlich, befremdlich war. Es war kein Feuer, kein Blitz, keine Erde und kein Wasser, was Shikon No Yosei in dieser Sekunde entfesselte. Es war reine Magie – der Zusammenschluss aller vier Elemente, aus der jede Art von Energie geboren wurde. Am Abend stand der Höhepunkt des Drachenfestes auf dem Programm – der Besuch des Kaisers im Kloster von Shing Jea. Die Schüler, die Bewohner, die Großmeister und die drei Verteidiger hatten sich vor der weißen Treppe versammelt, um den Herrscher willkommen zu heißen. Gerade als der Kaiser die Stufen herabschritt und die Menge in Jubel ausbrach, kam Jamei keuchend angerannt und warf sich vor Kisu auf den Boden. „Mein Herr, bitte vergebt mir!“, fehlte sie ihn an, „Es tut mir unendlich leid … aber die Showkämpfe konnten in diesem Jahr nicht stattfinden. Verzeiht mir … Ich habe es zu spät erfahren. Die Schausteller sind krank geworden.“ Mit verständnislosen Mienen traten die lebenden Legenden vor und Shikon No Yosei sagte: „Was redet Ihr da? Wir haben doch gegen die Monster gekämpft.“ Jetzt war es an Jamei verwirrt zu schauen. Da dämmerte es der Elementarmagierin langsam – deshalb hatten sich diese Kämpfe so echt angefühlt und ihr ganzes Können war gefragt gewesen. „Dann … war das also nicht alles nur Show …“, hauchte sie ungläubig. Kaiser Kisu, der die seltsame Szene verfolgt hatte, sprach: „Lasst uns dieses Missverständnis später bereinigen. Gehen wir für den Moment zum angenehmen Teil der Festlichkeiten über!“ Er erhob seine Stimme und breitete seine Arme aus: „Bürger! Die Geschichte unseres Landes birgt zahlreiche Katastrophen und viele wagemutige Helden, die ihr Leben dem Schutze Cantha´s verschrieben haben. Ebenso wie jene, die hier vor euch stehen! Gedenken wir nun ihnen und unserer Vorfahren … Denn vor zweihundert Jahren starrte Kaiser Hanjai auf ein zerbrochenes Cantha. Er flehte die Geister der Nebel um Rat an, einen Weg zu finden, der sein Volk wieder vereinen möge. Seine Gebete wurden in der Gestalt eines riesigen, himmlischen Drachens erhöht, der aus dem Himmel herniederstieß und ihm versicherte, Cantha würde wieder auferstehen. Mein Vorgänger fasste neuen Mut und führte Cantha in neue, ruhmreiche Zeiten! Zu Ehren des himmlischen Drachen begehen wir jedes Jahr dieses Fest und beten dafür, dass Cantha auch in Zukunft im Licht der Sterne erstrahlen möge! So bitte ich dich, oh himmlischer Drache, Wappentier unseres großen und geliebten Reiches, das über uns wacht, geleite und beschütze uns!“ Über ihren Köpfen begannen die Sterne heller zu leuchten. Sie formten die Konturen eines mächtigen Drachens. Für einen Moment sah es sogar so aus, als würde er nicken. Shikon No Yosei, welche im Arm von Ohtah Ryutaiyo lehnte, grinste. Ja, es gab einen Drachen, der über sie wachte – und sie hatte schon einmal gegen ihn kämpfen dürfen. Oder zumindest gegen den Avatar von Tahmu. In den darauffolgenden Tagen stellte sich heraus, dass die Monster, gegen die Shikon No Yosei, Ohtah Ryutaiyo und Seiketsu No Akari gekämpft hatte, wirklich echt gewesen waren. Es waren nicht wie sonst nur verkleidete Schauersteller oder dressierte Tiere gewesen. Und um ehrlich zu sein, überraschte es keinen der drei Verteidiger von Cantha und Shing Jea. Sie hatten schon immer gewusst, dass ihre Arbeit niemals enden würde … Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)