Sehnsucht nach Glück von Sora-nee (Die Suche, der Weg und das Ziel) ================================================================================ Kapitel 2: Bedeutungsvolle Erscheinung -------------------------------------- Der Wagen fuhr durch die Strassen und brachte mich schliesslich zu meinem Ziel. Mein Hirn war zwar immer noch nicht ganz bei sich und mir ging dieser viel zu lebhafte Traum nicht mehr aus dem Kopf, aber das Meeting war wichtig für die Zukunft meiner Firma, deshalb hatte ich keine Wahl und musste in den sauren Apfel beissen. "Mokuba? Du gehst bitte in mein Büro, falls jemand anruft und entschuldigst mich wegen dem Meeting. Roland? Du kommst mit!" Ich sprach bestimmt und schaute die beiden nacheinander an, nachdem ich ausgestiegen war. Roland war mein persönlicher Sekretär. Eigentlich war er mehr sowas wie 'das Mädchen für alles', aber bei wichtigen Treffen nahm ich ihn oftmals mit, da er alles mitschreiben sollte, was gesprochen wird, so dass ich mir im Nachhinein einen besseren Überblick verschaffen konnte. Es war manchmal schon ziemlich verwirrend, wenn die Debatten losgingen und dann noch den Ansatzpunkt herauszufiltern und das eigentliche Thema zu erörtern, war mehr als schwierig, oder manchmal sogar fast unmöglich. Aber Roland's Notizen halfen mir immer dabei mich zu orientieren und dann meine Entscheidungen zu fällen. "Mach ich grosser Bruder. Verlass dich auf mich!" "Das tue ich. Du bist der einzige, dem ich diese Aufgabe anvertrauen kann." Ich schenkte ihm ein flüchtiges Lächeln und wuschelte ihm durch die Haare, dann verschwand er im Gebäude, vor dem wir geparkt hatten. Das Meeting würde zwar auch in meinem Firmengebäude stattfinden, allerdings nicht in meinem Büro. Denn dafür hatte ich einen separaten Raum, extra für solche Anlässe. "Wie Sie wünschen Herr Kaiba.", meldete sich Roland zu Worte und schickte sich dann mir zu folgen, da ich mich wortlos in Bewegung gesetzt hatte. Wenn ich mich nur fest genug konzentrieren würde, würde ich es sicher schaffen mit den Gedanken bei dem Meeting zu bleiben und nicht ständig zu diesem verrückten Traum abzudriften ... "Seto? Seto? Mein Pharao seid Ihr hier? Es ist etwas passiert!" "Was ist passiert? Und hab ich dir nicht gesagt, dass du mich nicht so nennen sollst?" "Bitte verzeiht mein Pharao ... ähh Seto ... Naja ... seit der Finstere verschwunden ist, tauchen überall Menschen auf, die zuvor verstorben, oder vermisst waren. Die Leute sind vollkommen aus dem Häuschen." "Was? Ist das wahr?" Die kleine Konversation mit Mana, die nach dem Ableben des grossen Pharao Atem, am Palasthof geblieben war, weckte eine wage Hoffnung in mir und ich konnte nicht verhindern, dass mein Herzschlag sich beschleunigte. Auch wenn ich nun der Pharao war und mein bestes dafür tat, um das Land in den Wohlstand zurückzuführen, so kam ich mir dennoch ein wenig hilflos vor. Mein Herz sehnte sich nach der Seele, die ich nun als meine Kreatur beherrschen konnte, mit Hilfe meines Milleniumsstabs heraufbeschwören konnte. Dennoch war es nicht das selbe. Es waren erste ein paar Wochen vergangen seitdem der Finstere endgültig vernichtet wurde und das Licht in unser Land zurückgekehrt war. Allerdings erblühte das Land allmählich von neuem und das Volk begann den gewohnten Alltag. Aber wenn es wahr sein sollte, was Mana gerade gesagt hatte, dann würde das ein grosses Durcheinander bedeuten. "Ja! Wenn ich es Euch doch sage. Kommt mit!" Mit diesen Worten packte sie mein Handgelenk und schleifte mich hinter sich her aus dem Palast raus. Auf den Strassen waren überall Menschen und sie alle lagen sich gegenseitig in den Armen, oder stritten sich wegen irgendwas. Auf jeden Fall hatten die Wachen einiges zu tun, um die Situation nicht eskalieren zu lassen. "Was ist passiert?", fragte ich eine junge Frau, die weinend ein kleines Mädchen umarmte, das auch weinte. "Was passiert ist?", fragte sie perplex und sah auf. "Oh ... Ihr seid es, mein Pharao ..." Mit diesen Worten wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht und verneigte sich vor mir. "Meine kleine Schwester ... sie war von der Finsternis verschluckt worden ... ich ... ich dachte, ich würde sie nie mehr wiedersehen ... Doch jetzt ... seht selbst. Sie ist wieder da", erklärte sie mit zittriger Stimme und versuchte sich zu beherrschen nicht gleich wieder in Tränen auszubrechen. "Ich verstehe ...", gab ich leicht abwesend zur Antwort und richtete mich auf. Ein innerer Drang liess mich in eine bestimmte Richtung sehen und es war fast, als würde mich ein unsichtbarer, aber wahnsinnig starker Magnet wegziehen. Auf die verwirrten Rufe der Frau achtete ich gerade nicht mehr und auch Mana konnte mich nicht mehr zurückhalten, denn ich hörte sie gar nicht. Dort war etwas ... Es war am Ende der Strasse und es rief mich, ich konnte es spüren. Wie von Geisterhand gelenkt und fast in einer Art Trance wurde ich von meinen Füssen durch die Menschenmassen gelenkt, ohne sie zu berühren. Es dauerte auch nicht lange bis ich mein Ziel erreicht hatte. Dann kam ich wieder zu mir, blinzelte verwirrt und konnte kaum glauben, was ich sah. Mein Herz setzte einen Schlag aus und mir blieb die Luft weg, meine blauen Augen weiteten sich, als wollten sie das Bild, das sich ihnen gerade bot, auf Ewig verinnerlichen. Unweit von mir entfernt stand sie. Das Mädchen, nach der sich mein Herz sehnte. Ihr langes silber-weisses Haar wurde vom Wind umhergewirbelt, genauso wie schlichtes Kleid. Allerdings strahlten ihre Augen, als sie mich erblickte und ihre Lippen verzogen sich zu einem breiten Lächeln. Konnte das wirklich wahr sein? Träumte ich nicht nur? "Kisara!", rief ich laut und konnte mich nicht mehr an Ort und Stelle halten. Schnell rannte ich auf sie zu und blieb direkt vor ihr stehen, legte meine Hände auf ihre Schultern und blickte ihr intensiv in die Augen, wobei sich ihre Wangen dabei leicht röteten. "Seto ... Ihr seid noch am Leben. Ich wusste, dass Ihr es schaffen könnt." In ihrer Stimme schwang die deutliche Erleichterung, aber ich wollte sicher sein, dass ich mir das nicht nur einbildete. "Kisara? Wie ist das möglich? Ich hab dich doch gesehen ... der weisse Drache ..." "... wohnt nicht länger in mir. Er ist jetzt Eure Kreatur Seto und ich habe ihn Euch gerne geschenkt", vollendete sie meine Frage mit einer Antwort und lächelte mich an. Dann legte sie mir behutsam eine Hand an die Wange und ihr Blick durchbohrte mich, als wollte sie in meine Seele blicken. "Aber wie ...", setzte ich erneut an und sie legte mir einen Finger an die Lippen. "Ist das so wichtig? Nachdem die Finsternis aus dem Land gewichen ist, wurde ich von einem goldenen Licht erfasst. Es war so unglaublich warm und erfüllte mich mit neuem Leben." Ihr Worte ergaben durchaus Sinn, auch wenn ich es immer noch kaum glauben konnte, dass sie wirklich vor mir stand. "Wenn das wahr ist, dann bist du wirklich hier? Ich will, dass du mit mir kommst, Kisara! Werde meine Königin und hilf mir dieses Land zu Ruhm und Wohlstand zu führen." Ohne nachzudenken kamen die Worte einfach über meine Lippen. Doch als mir bewusst wurde, was ich gerade gesagt hatte, blieb ich einen Moment vollkommen erstarrt. Ich hatte Angst, dass Kisara meinen Wunsch ablehnen könnte. Sie schaute mich überrascht an und war wohl für den Moment selbst überrumpelt. Dann sah ich, dass ihre Wangen zu glühen anfingen, ihre wundervollen Augen fingen an zu leuchten und ihre Lippen formten ein Wort, das ich nicht hören konnte, da sich mein ganzer Körper gerade wie betäubt anfühlte, als wäre ich vollkommen von Watte umgeben und ausgestopft worden. Dann, wie in Zeitlupe, legten sich ihre Arme in meinen Nacken und mein Körper reagierte instinktiv von selbst und schloss den zierlichen Körper von Kisara in die Arme. Ich drückte sie an mich und spürte wie sie ihren Kopf an meine Brust lehnte. Sanft strich ich ihr durch das lange Haare und schloss einen Moment die Augen. "Ich liebe Euch Seto ... schon Anfang an ...", flüstere sie ohne aufzusehen. "Ich liebe dich auch Kisara ..." Ich kniff die Augen zusammen, um das Bild wieder loszuwerden. Was sollte das denn überhaupt? Ich dachte eigentlich, dass diese verrückten Visionen aufhören würden, aber stattdessen wurden sie nur intensiver, lebhafter und verfolgten mich sogar in meinen Träumen. Wobei das merkwürdigste an der Sache wohl wahr, dass ich in diesem Traum, oder der Vision, oder was auch immer es darstellen sollte, dieser Seto war, der hier nun Pharao war und dann ... wieder dieses Mädchen ... "Alles in Ordnung, Herr Kaiba?", hörte ich Roland neben mir und schüttelt noch einmal den Kopf. Die Bilder von letzter Nacht holten mich andauernd ein und machten mich verrückt. Wie um alles in der Welt sollte ich es so schaffen mich auf das Meeting zu konzentrieren? "Sicher! Frag mich nicht sowas, das ist nicht deine Aufgabe!", gab ich schärfer zurück als ich wollte. "Verzeihen Sie bitte. Wollen wir dann gehen? Sie wollen doch nicht zu spät kommen. Das Meeting beginnt in zehn Minuten." "Natürlich will ich das nicht. Lass uns gehen!" Doch als ich mich gerade wieder in Bewegung setzen wollte fiel mein Blick auf eine Gestalt, die ich zunächst nur im Augenwinkel gesehen hatte. Langes, silber-weisses Haar, schlichte Kleidung und stechend blaue Augen ... Konnte das sein? Oder sass ich etwa immer noch in diesem verrückten Traum fest? Verwirrt blinzelte ich, stand aber immer noch wie angewurzelt an Ort und Stelle. Das konnte doch gar nicht sein. Eben noch war ich in der Erinnerung meines Traumes gefangen und dachte ich sei wieder in der Realität, dann passiert das. "Kisara?", hauchte ich tonlos. Um mich herum schien alles still zu sein, als wär ich in einem schalldichten Raum gelandet. Die Passanten bewegten sich schnell und verschwammen zu Farbflecken. Nur das Mädchen mit dem silbernen Haar bewegte sich wie in Zeitlupe. Ihre Erscheinung wurde fast schon angeleuchtet. Ich kam mir vor wie in einem Film. Plötzlich und doch langsam drehte sie sich um und unsere Blicke trafen sich. Eine unendlich lange Minute starrten wir uns gegenseitig an. Das konnte doch nur wieder ein Traum sein, oder Einbildung. Wobei ich von beidem nicht wirklich überzeugt war. Schliesslich hatte ich zuvor nie Halluzinationen gehabt und auch jetzt glaubte ich nicht wirklich daran, dass es ein Hirngespinst war. Oder doch? Vielleicht war das die Nebenwirkung meiner traumartigen Vision und ich bildete mir nun schon ein Kisara in meiner Welt zu sehen. Andererseits ... Wieso sollte ich das tun? Ich hatte doch keinerlei Verbindung zu diesem Mädchen und noch weniger Interesse. Das ergab alles keinen Sinn. "Herr Kaiba? Sie sollten sich wirklich beeilen. Die Geschäftsleute warten sicher schon." Roland's Stimme riss mich aus meiner Trance und die Bewegungen und das Lichtverhältnis um mich herum wurde wieder normal. Der Blickkontakt zu dem Mädchen, das genauso aussah wie Kisara brach ab und ich wandte mich meinem Sekretär zu. "Sicher! Du hast recht, lass uns gehen." Ich setzte mich in Bewegung und wandte mich noch einmal um, doch das Mädchen war verschwunden. Resigniert legte ich mir während dem gehen eine Hand über die Augen und versuchte meine Sinne wieder zu sortieren. Hatte ich mir das doch nur eingebildet? Ich sollte wirklich aufhören solche Dinge zu träumen! Leider konnte ich meine Träume nicht kontrollieren und irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass das was ich gesehen hatte wirklich passiert war. Dass dieser ominöse Doppelgänger aus dem alten Ägypten wirklich Pharao war und dieses Mädchen, das ihm die Macht des weissen Drachen übergeben hatte zu ihm zurückgekehrt war. Nur eines verstand ich an der Sache nicht ... Wieso um alles in der Welt konnte ich diese Dinge sehen? Wieso suchten sie mich heim? Warum konnte ich nun an kaum noch was anderes denken? Das ganze machte mich ziemlich verrückt und ich unterdrückte den Drang mir die Haare zu raufen. Stattdessen wandte ich den Blick stur Richtung meines Firmengebäudes, betrat es schliesslich, schloss einen Moment die Augen und atmete tief durch, ehe ich mich, gefolgt von Roland, auf den Weg zum Konferenzsaal machte, wo das Meeting stattfinden sollte. Nachdem ich den Saal betreten hatte wurde ich von allen anwesenden angestarrt, da sie mich anscheinend schon erwartet hatten. "Guten Tag die Herrschaften. Verzeihen Sie mein spätes Erscheinen, aber ich wurde aufgehalten", erklärte ich kurz. Dann legte ich meinen Koffer auf den Tisch indem ich die Unterlagen für dieses Meeting zusammengetragen hatte und fing an den Herren alles zu erklären. Natürlich musste ich dies auf Englisch tun, schon weil ich Geschäftsgespräche immer in dieser Sprache erledigte. Was auch besser so war, da die wenigstens Europäer in der Lage waren Japanisch zu reden und es dann nur zu unnötigen Komplikationen gekommen wär. Ich war froh, dass Roland ebenfalls Englisch konnte, auch wenn es mich einiges gekostet hatte ihm das beibringen zu lassen, aber auf diese Weise war er absolut unentbehrlich für mich geworden und ich wollte ihn auch nicht mehr missen. Auf ihn war einfach immer Verlass und selbst in der kurzen Zeit damals, als ich meine Firma verloren hatte, blieb er an meiner Seite, dafür war ich ihm auch dankbar, obwohl ich nicht der Typ dafür war das öffentlich zur Schau zu stellen. Aber Roland wusste das und er war zufrieden einfach bei mir angestellt zu sein, auch wenn ich ihn manchmal ganz schön forderte. Das Meeting dauerte um einiges Länger als ursprünglich geplant und wir machten zwischendrin sogar insgesamt vier Pausen, die jeweils eine halbe Stunde gingen. Es hatte um zehn Uhr morgens begonnen und als ich endlich den Konferenzsaal verlassen konnte, war es bereits kurz vor Mitternacht. Ich fühlte mich ausgelaugt und ziemlich erschöpft, schon weil ich die Nacht zuvor nicht gut geschlafen hatte. Erstaunlicher Weise war ich während des Meetings und der Diskussionen wieder ganz ich selbst und vollkommen in meinem Element. Keine nervenden Gedanken, die mich ablenkten. Aber nun wollte ich eigentlich gern nach Hause gehen, allerdings konnte ich das jetzt noch nicht, weshalb ich zum Lift ging und nach oben fuhr. Roland folgte mir in mein Büro. Ja er war auch immer noch da, was mich doch ein wenig entlastete. "Mokuba? Du kannst nach Hause gehen. Ich hab ohnehin noch zu tun und werde hier bleiben", sagte ich meinem kleinen Bruder, der hinter meinem Schreibtisch sass, als ich mein Büro betrat. "Hat das Meeting so lange gedauert?", wollte er wissen und sprang auf. "Du siehst ganz schön fertig aus, Seto. Willst du nicht lieber nach Hause gehen und dich ausruhen?" "Nein, ich muss das wirklich noch erledigen. Aber du könntest eine Pause gebrauchen. Immerhin hast du mich letzte Nacht schon vertreten und heute auch wieder den ganzen Tag. War denn was wichtiges gewesen?" "Nicht wirklich. Also es haben ein paar Leute wegen diversen Dingen angerufen, aber ich hab dir alles aufgeschrieben. Bist du sicher, dass du das heute noch machen willst? Das kann doch auch bis morgen warten." Er machte sich Sorgen um mich und das tat er immer, aber ich war immerhin der grosse Bruder und es gab kein Grund zur Sorge. Bisher konnte ich meine Arbeiten noch immer gewissenhaft erledigen, ganz gleich wie erschöpft ich war und diese war nun mal wichtig und duldete keinen Aufschub. "Ja ich bin sicher. Geh nach Hause und schlaf dich aus. Wenn ich fertig bin, werde ich auch nach Hause kommen. Das kann leider nicht warten, da ich viel von dem Meeting aufarbeiten muss und den Herren die Ergebnisse morgen mitteilen muss", erklärte ich ihm. Allerdings sah er mich mit einem kritischen Blick an. Ich war mir sicher, dass er wusste, dass ich diese Nacht nicht nach Hause kommen würde, aber er sagte diesbezüglich nichts. "Na gut, wie du meinst Seto. Arbeite nicht mehr zu lange, hörst du?" "Mach ich nicht" "Roland? Wenn du Mokuba nach Hause gebracht hast, kannst du auch Feierabend machen. Es war ein langer Tag, aber zuvor gib mir noch deine Mitschriften, dass ich das ausarbeiten kann." Mein Sekretär griff in seine Aktenmappe und holte einen Ordner heraus, der ziemlich dick war und gut gefüllt mit diversen Schriften und Skizzen, aber das war gut so, auch wenn es mich wohl wirklich die ganze Nacht kosten würde, das durchzuarbeiten. Roland reichte mir den Ordner und verabschiedete sich dann zusammen mit Mokuba. Nun war ich allein! Allein in meinem grossen Büro. Naja es arbeiteten noch mehr in der Nacht in diesem Gebäude, allein der Nachtwächter und die Rezeptionistinnen, die nachts Telefondienst machten. Auf diese Weise konnte ich mich nun voll und ganz auf meine Arbeit konzentrieren. Wenn sie allerdings wussten, dass ich im Haus war, riefen sie manchmal bei wichtigen Anrufen in meinem Büro an und wollten wissen, ob sie den Anrufer durchstellen durften. Meistens lehnte ich nicht ab, schliesslich ging es um wichtige Geschäfte. Aber heute war ich froh, dass sie nicht wussten, dass ich noch da war, da ich nicht gestört werden wollte. Zur Sicherheit zog ich noch das Kabel aus meinem Telefon und war nun bereit mich ganz den Mitschriften und meinen eigenen Unterlagen zu widmen, dass ich das Konzept ausarbeiten konnte und somit in der Lage war, den Herren aus Europa ein akzeptables Angebot zu erstellen. Ich nahm meinen Platz hinter dem Schreibtisch ein, breitete die Unterlagen vor mir aus und stürzte mich in die Papiere. Lange Zeit klappte das sogar, aber mein Verstand war zermürbt und mein Geist erschöpft, mein Körper ausgelaugt und müde. Immer wieder fielen mir die Augen zu, bis ich schliesslich mit dem Kopf auf dem Tisch lag und einschlief. "Das ist der schönste Tag meines Lebens, Seto!" "Ja, meiner auch. Du erfüllst mir den Traum meines Lebens, Kisara. Ich will nie mehr ohne dich sein!" Sie sah einfach wundervoll aus in dem weissen Kleid mit den goldenen Verzierungen. Ich konnte meinen Blick kaum von ihr wenden und noch weniger konnte ich es glauben, dass ich sie wirklich zu meiner Königin gemacht hatte und sie für den Rest meines Lebens an meiner Seite bleiben würde. Unendliches Glück und pure Euphorie fluteten meinen Geist und liessen mein Herz höher schlagen. Wenn doch nur der grosse Pharao das sehen könnte, er hätte mir sicher auch alles Gute und Glück gewünscht ... "Mein Pharao! Die Unterhaltungskünstler sind so eben eingetroffen und wollen Euch mit ihrem Können in Staunen versetzen." "Lasst sie rein, ich bin schon ganz gespannt." Ich hatte ein üppiges Festmahl veranstaltet und den gesamten Hof dazu eingeladen, daran Teil zu haben. Auch wenn es sich eigentlich nicht gehörte. Ich war unendlich glücklich und wollte mein Glück mit allen teilen. Ich schreckte aus dem Schlaf und ein Blick zur Uhr verriet mir, dass es noch sehr früh war und ich keine halbe Stunde geschlafen hatte. Es war halb fünf. Ziemlich neben mir richtete ich mich auf und lehnte mich in meinen Stuhl zurück. Mein Blick glitt zur Decke und blieb dort haften. Nun war ich eh nicht mehr in Lage mich ausreichend zu konzentrieren, um die Arbeit zu beenden. Wobei ich mit dem erstellten Konzept und dem dazugehörigen Angebot eigentlich recht zufrieden sein konnte. Allerdings musste ich auch noch den Papierkram vom Vortag erledigen, da dieser ja liegen geblieben war nach dem Notfall im Stadion. "Was war das denn eben?", fragte ich mich selbst in die erdrückende Stille der Nacht. Auch wenn es in meinem Büro nicht dunkel war, da ich das Licht eingeschaltete hatte, aber die Stille legte sich immer mehr auf mein Gemüt und drohte mich zu zerquetschen. Ich fühlte mich ausgebrannt und leer. Aber die wirren Bilder meines kurzen Schlafes wollten mir nicht mehr aus dem Kopf gehen. Prinzipiell war ich froh vorher aufgewacht zu sein, denn das weitere Geschehen wollte ich beim besten Willen nicht noch Live miterleben. Diese dämliche Gefühlsduselei! Ich erschauderte kurz bei der Vorstellung. Wer brauchte denn schon Liebe? Macht war das einzige, was wirklich zählte! Als ich meine Gedanken weiter schweifen liess, kamen immer mehr Fragen in meinen Kopf und ich wusste nicht, was das alles sollte, noch wie ich diese lebhaften Traumvisionen wieder loswerden konnte. Irgendwas musste geschehen! Ich wusste nur noch nicht was. "Kisara!", rief ich plötzlich in die Stille und schlug die Hände auf den Tisch. Das Mädchen, welches ich vor dem Meeting gesehen hatte, kam mir wieder in den Sinn. Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich auf die Unterlagen auf meinem Schreibtisch, doch sah ich sie eigentlich gar nicht. Ich war aufgestanden und mein Atem ging schnell, mein Herz klopfte spürbar gegen meine Rippen und ich versuchte mir die Erscheinung so gut es möglich war in Erinnerung zu rufen. Allerdings hatte ich kein Problem damit, ich sah es vor meinem inneren Auge, so als würde das Mädchen direkt vor mir stehen. Hatte ich sie mir nur eingebildet? Nein! Sie hatte mich auch gesehen. Aber wieso war sie dann so plötzlich verschwunden? "Aaarg!", knurrte ich und wischte einmal über meinen Tisch. Die ganzen Unterlagen flogen durch die Luft und glitten quer durch mein Büro, landeten sanft und fast schon elegant auf dem Fussboden. "Das darf doch nicht wahr sein! Das kann nicht real gewesen sein! Dieses Mädchen existiert nur in meinem Kopf! Aber was zu Hölle macht sie da?" Ich sprach laut liess mich währenddessen wieder auf dem Stuhl nieder, stützte die Ellenbogen auf den Tisch und vergrub meine Finger in meinen Haaren. Das ganze machte mich wahnsinnig. Zuerst diese Träume und dann hatte ich noch im wachen Zustand Halluzinationen von diesem Mädchen. Wurde ich etwa langsam verrückt? War ich überhaupt wach, als ich sie gesehen hatte? Langsam hob ich wieder den Kopf und liess meinen Blick durch das Büro schweifen. Das Chaos interessierte mich gerade recht wenig, da ich mir sicher war, dass Roland das wieder aufräumen würde. Viel mehr Kopfzerbrechen bereitete mir der Gedanke, ob ich jetzt nicht auch noch träumte. Ob ich überhaupt jemals wach war, oder mein ganzes Leben lang nur ein einziger Traum sei. Ich glaubte allmählich wirklich verrückt zu werden ... "Nein! Ich lass mich doch nicht von irgendwelchen Hirngespinsten um den Verstand bringen! Ich bin Seto Kaiba, Leiter und Besitzer der Kaiba Corporation, der grössten Spielefirma der Welt! Niemand nimmt mir das weg, was ich mir so mühsam aufgebaut habe!" Wieder hallten die Worte laut durch das Büro. Ich spürte wie mein Körper zitterte. Der Schlafentzug und die Ereignisse der letzten Zeit nagten an meinem Gemüt, aber ich wollte mich davon nicht länger beirren lassen. Entschieden schüttelte ich den Kopf und richtete mich dann wieder auf. Ich beschloss fürs erste schlafen zu gehen. Da es aber schon so spät, oder viel mehr so früh war, würde es sich nicht lohnen noch nach Hause zu gehen. Ich öffnete ein Programm an meinem Computer und gab einige Codes ein, dann hörte ich ein Knacken und wusste, dass die Sicherung entriegelt war. Deshalb ging ich zum Schrank in meinem Büro, schob die Hand dahinter und drückte einen Schalter, der Schrank schob sich mit samt der Wand an der er befestigt war zu Seite und zum Vorschein kam eine Tür. Doch neben der Tür befand sich ein Scanner. Der Schalter befindet sich normalerweise in einer versteckten Nische in der Wand, die Sicherung davor entfernt sich erst, wenn man den Code in den Computer eingibt. "Irisscan wird vorbereitet ... Bitte Fingerabdruck abgleichen!", hörte ich die mechanische Stimme der Sicherungseinheit. Ich liess das Gerät mein Auge scannen und drückte meinen Daumen auf die dafür vorgesehene Stelle. "Irisscan abgeschlossen, Fingerabdruckabgleich positiv. Identität: Seto Kaiba! Willkommen Chef!" Nachdem die Stimme verklungen war, entriegelte sich die Tür von alleine und sprang auf. Ich betrat den Raum und schloss die Tür wieder hinter mir, dann drückte ich den roten Knopf auf dieser Seite der Wand und hörte wie sich der Schrank wieder vorschob und die Einheit sich wieder verriegelte. Von dieser Seite war es einfach wieder in mein Büro zu kommen. Ich musste nur den roten Knopf erneut drücken. Es gab aber keine Möglichkeit in dieses Zimmer zu gelangen, wenn man nicht den Zugangscode für den Schalter kannte und noch die Berechtigung hatte diesen Raum zu betreten. Das waren ausser mir nur zwei weitere Personen. Mein Bruder Mokuba und mein Sekretär Roland. Ein Klappsofa stand an der Wand, dazu ein paar Kissen und Decken, sowie ein kleiner Tisch davor, auf dem ein Laptop stand. Ein kleiner Kühlschrank auf der anderen Seite, beherbergte ein paar Getränke und ein paar Kleinigkeiten zu Essen. So wäre ich zumindest eine Weile versorgt und konnte mich nun völlig entspannen. "Hier stört mich niemand!", stellte ich zufrieden fest. So hatte ich doch auch den letzten Monat in diesem Raum und meinem Büro verbracht, es sei denn ich hatte Auswärtstermine. Aber im grossen und ganzen wohnte ich hier schon fast, was mich schon hin und wieder ärgerte. Aber als Geschäftsmann hatte ich so meine Pflichten. Ich legte meinen Mantel ab und begab mich zu dem Sofa, zog meine Stiefel aus und machte mich lang. Eine der Decken warf ich über mich, drehte mich mit dem Gesicht zur Lehne des Sofas und schloss meine Augen. Mein Geist war müde und mein Körper erschöpft, ich brauchte dringend etwas Schlaf. So liess ich mich in die Dunkelheit ziehen in der Hoffnung nicht wieder von der 5000 Jahre alten Vergangenheit und meinem Doppelgänger dort heimgesucht zu werden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)