Advent von -Ayla- ================================================================================ Kapitel 1: ----------- 2. Adventskranz John starrte abwesend in das tanzende Kerzenlicht. Flackerndes Feuer beruhigte ihn ungemein. Normalerweise musste dafür das Kaminfeuer herhalten, aber es war Vorweihnachtszeit und es passte zu seiner besinnlichen Stimmung, in dieser Zeit in den Kerzenschein des Adventskranzes zu starren. Es erinnerte ihn an die Weihnachten seiner Kindheit und Jugend, aber auch an die kargen Weihnachtsfeiern in Afghanistan, wenn sie froh sein konnten, am kalten Abend überhaupt sowas wie ein warmes Feuer zu haben und gerade an einem solchen Tag nicht angegriffen zu werden; denn der Krieg kannte keine Feiertage. Aber solange das Feuer im Lager brannte, waren sie in Sicherheit. Kapitel 2: ----------- 2. Adventskranz John starrte abwesend in das tanzende Kerzenlicht. Flackerndes Feuer beruhigte ihn ungemein. Normalerweise musste dafür das Kaminfeuer herhalten, aber es war Vorweihnachtszeit und es passte zu seiner besinnlichen Stimmung, in dieser Zeit in den Kerzenschein des Adventskranzes zu starren. Es erinnerte ihn an die Weihnachten seiner Kindheit und Jugend, aber auch an die kargen Weihnachtsfeiern in Afghanistan, wenn sie froh sein konnten, am kalten Abend überhaupt sowas wie ein warmes Feuer zu haben und gerade an einem solchen Tag nicht angegriffen zu werden; denn der Krieg kannte keine Feiertage. Aber solange das Feuer im Lager brannte, waren sie in Sicherheit. Kapitel 3: ----------- 3. Lebkuchen Sherlock hatte eine neue Leidenschaft gefunden: Lebkuchen. Egal ob mit Nüssen, Schokoladenglasur oder Zuckerguss, gekauft oder selbst gebacken, er konnte den Dingern einfach nicht widerstehen. Und das hatte auch John herausgefunden und so hatte er immer Lebkuchen dabei und reichte ihn in Abständen weiter. Sherlock durchschaute das natürlich: John wollte ihn zum Essen bringen, gerade während ihrer Fälle. Und obwohl er es wusste, konnte er nichts dagegen tun. Meistens nahm er den Lebkuchen sogar nur unbewusst und wie nebenbei entgegen und biss hinein. Es ärgerte ihn, aber auf der anderen Seite brachte der triumphierende Blick von John ihn zum Schmunzeln. Kapitel 4: ----------- 4. Weihnachtsgans Dieses Jahr wollte Sherlock es tun. Er hatte es noch nie getan. John hatte alles vorbereitet: Äpfel geschält und zerkleinert, Zwiebeln gedünstet, alles vermengt und gewürzt. Die Soße, Klöße und das Rotkraut standen ebenfalls bereit. Jetzt musste nur noch eins getan werden: Die Gans musste gefüllt werden. John war der Meinung, dass Sherlock doch bereits Erfahrungen gesammelt hätte: bei seinen Experimenten mit Tieren. Ausweiden, in den Innereien herumwühlen, Knochen und Fleisch betasten. Dennoch hatte Sherlock darauf bestanden, dass ihm dieser Erfahrungsbereich noch fehlte, denn er hatte noch nie etwas in ein Tier hineingestopft, immer nur herausgenommen. Er war bereit dafür. Kapitel 5: ----------- 5. Schneemann Sherlock stand am Fenster und sah zu, wie John auf der Wiese einen Schneemann baute. Er verstand den kindlichen Eifer seines Freundes nicht. Es war nur gut, dass seine Eltern gerade nicht zu Hause waren und das sahen. Er beobachtete, wie John eine große Schneekugel auf eine noch größere draufwuchtete und schüttelte den Kopf. Dann hob er eine Augenbraue, als John dem Schneemann einen seiner alten Mäntel umlegte. Jetzt fehlte allerdings etwas und so stand er kurz darauf neben John, der in fragend ansah und reichte ihm den Deerstalker und einen blauen Schal, was John zu einem herzlichen Lachen brachte. Kapitel 6: ----------- 6. Adventskalender Mit verschränkten Armen stand Sherlock vor seiner Couch. Diesmal war es keine Collage über einen Fall, der ihn zum Grübeln brachte, sondern etwas viel profaneres. Etwas vollkommen unnötiges, doch es konnte kurzzeitig die Langeweile vertreiben: ein Adventskalender. Jeden Tag versuchte er zunächst, zu deduzieren, was das neuste Türchen beherbergte. Da John seine Neugierde bekannt war, füllte er das neueste Türchen erst am frühen Morgen, wenn Sherlock sich noch im Bad befand. Und da sein Freund ihn so gut kannte, war es gar nicht so leicht, den Inhalt zu schlussfolgern. Er hatte immer gewusst, dass John ihm gute Rätsel stellen konnte. Kapitel 7: ----------- 7. Adventssocke Sherlock starrte den Kaminsims an. Dort hingen zwei Adventssocken, eine mit Johns Namen und eine mit seinem. Beide gefüllt. Da er nichts an Weihnachten fand, war es klar, dass John Sachen kaufte und seine Socke damit bestückte. Er hatte damit gerechnet, dass John auch die andere Socke füllen würde. Doch er wusste, dass seine Socke vor einer Minute noch leer gewesen war. John hatte seine Socke gefüllt, doch wann hatte er auch die zweite gefüllt? Es gab nur zwei Erklärungen: Entweder, Sherlock war kurz eingenickt. Oder John hatte zwei Socken mit seinem Namen und die leere durch eine volle ausgetauscht. Kapitel 8: ----------- 8. Weihnachtsstern Entschlossen betrat John den Blumenladen. Sobald er die Tür durchschritten hatte, sah er sich suchend um, denn er wusste genau, was er kaufen wollte. Schließlich entdeckte er die Weihnachtssterne in einem Regal an der rechten Seite. Unterwegs versuchte er, sich zu entscheiden: weiß oder rot? Es sollte Mrs. Hudsons Weihnachtsgeschenk werden. Er ging in die Hocke und betrachtete sich die einzelnen Pflanzen und drehte sie. Er würde sich den Schönsten aussuchen, von dem er glaubte, dass er am längsten halten würde. Später ging er mit einem roten Weihnachtsstern an die Kasse; es war ein Farbtupfer im sonst so tristen Wintergrau. Kapitel 9: ----------- 9. Tannenzweige John stapfte durch den Meterhohen Schnee. Er war extra aus der Stadt raus gefahren, in einen Wald außerhalb von London, da er Tannenzweige sammeln wollte, mit denen er den diesjährigen Adventskranz basteln wollte. Sherlock hatte er zu Hause gelassen, solange keine Leiche in der Nähe war, hatte Sherlock weder Interesse an einem Wald noch an der frischen Luft. Aber John fand, dass gerade diese, wenn auch sehr kalt, ihm sehr gut tat. Er überlegte, was er noch brauchen würde. Tannenzapfen vielleicht. Dann musste er, neben den vier Kerzen, natürlich noch überlegen, wie er ihn dekorieren wollte. Rote Schleifen. Goldene Sternchen. Kapitel 10: ------------ 10. Nussknacker Skeptisch, aber doch auch neugierig betrachtete Sherlock das bunte Holzmännchen, das plötzlich in ihrem Wohnzimmer aufgetaucht war. Nun gut, plötzlich nicht unbedingt, er dachte sich schon, dass John dahintersteckte. Dennoch konnte er sich keinen Reim darauf machen. Einfach nur Dekoration? L-A-N-G-W-E-I-L-I-G! Vielleicht hatte es eine Funktion? Er nahm das Objekt in die Hand und musterte es von allen Seiten. Vielleicht hatte er einmal gewusst, wofür es da war. Offensichtlich hatte er es aber wieder gelöscht, weil unnötiges Wissen. Er fluchte, als er sich den Finger einklemmte und warf dem Holzmann einen wütenden Blick zu. Der hatte ihn doch tatsächlich gebissen! Kapitel 11: ------------ 11. Christbaumkugel Sherlock betrachtete seine Spiegelung in der blauen Christbaumkugel. Er hatte sich von John dazu breitschlagen lassen, ihm zu helfen, den Weihnachtsbaum zu schmücken. Sein Blick glitt von der Glaskugel in seiner Hand zu dem anderen Mann, der pfeifend vor ihrem Baum stand und versuchte, zu entscheiden, an welcher Stelle er die rotgoldene Kugel in seiner Hand aufhängen sollte. Wie jedes Jahr würde ihr Baum später kunterbunt dekoriert sein, da John sich weigerte, ihren Baum in nur einer Farbe zu schmücken, da er das langweilig fand. Und Sherlock musste ihm zustimmen. John war wie ihr Weihnachtsbaum: farbenfroh und absolut nicht langweilig. Kapitel 12: ------------ 12. Lametta Amüsiert sah Sherlock dabei zu, wie der schwarze Fellball mit seinen Pfoten gegen das silberfarbene Lametta schlug. Offenbar war da noch jemand von dem weihnachtlichen Getue genervt, so wie er auch. Er selbst mochte das Kätzchen nicht sonderlich – eines von Johns Fundstücken, aber in dieser Sache schienen sie einer Meinung zu sein und Sherlock musste sich ein Lachen verkneifen, als schließlich ein silberner Regen auf das Katzenkind niederging. Er wandte sich wieder seiner Lektüre zu. Als er das nächste Mal hinsah, war die Katze dabei, an dem Lametta zu kauen. Sie schienen Weihnachten beide gleichermaßen zu hassen; ihre einzige Gemeinsamkeit. __________________________________ PS: John hat natürlich beide gerettet: den Weihnachtsbaum und das Kätzchen ;) Kapitel 13: ------------ 13. Weihnachtspyramide Missmutig schaute Sherlock sich um. John hatte ihn gezwungen, sich auf die Suche nach Weihnachtsgeschenken zu begeben. Hatte ihm gesagt, dass er heute nicht mehr nach Hause zu kommen brauche, sollte er nicht für jeden seiner Freunde ein Geschenk haben. Im Grunde würde ihm das nichts ausmachen – sowohl das Verbringen der nächsten Tage woanders, als zu Hause – er würde auch woanders übernachten – noch würde es ihm etwas ausmachen, an Weihnachten keine Geschenke zu haben. Aber er würde den enttäuschten Blick von John nicht ertragen können. Und für Mrs Hudson war diese Weihnachtspyramide mit den reichlichen kitschigen Schnitzereien doch wie geschaffen. Kapitel 14: ------------ 14. Nikolausteller Stirnrunzelnd besah Sherlock sich seinen Nikolausteller. Die Mandarinen und Äpfel, die Wal- und Erdnüsse, die Schokonikoläuse, den Spekulatius und den Lebkuchen. Nikolaus war bereits eine Woche her. Und obwohl er dauernd irgendwas von den Sachen konsumierte, wurde er einfach nicht leer. Oder auch nur leerer. Er warf einen Blick auf Johns Teller, der sich merklich geleert hatte. Langsam hegte er den Verdacht, dass John seinen Teller immer wieder auffüllte. Aber warum füllte er dann seinen eigenen nicht auch gleich mit auf? John aß in der Adventszeit mehr als üblich, vielleicht wollte er das mit weniger Naschzeug für ihn selbst auffangen. Kapitel 15: ------------ 15. Christstollen Begeistert hielt John seine Nase über den frisch gebackenen Christstollen und atmete genüsslich den Duft ein. Mrs Hudson war gerade da gewesen und hatte ihn vorbeigebracht. Denn auch wenn John gut kochen konnte, für das Backen hatte er einfach kein Talent, obwohl man meinen könnte, dass sich beides recht ähnlich war. Doch dann müsste auch Sherlock kochen können, da er ständig chemische Mixturen herstellte und Abmessen und Mengen doch beide Male das Gleiche war. Aber Sherlock brachte für etwas, das man seiner Ansicht nach nicht brauchte, einfach nicht genug Geduld auf. John war froh, dass Mrs. Hudson sich erbarmt hatte. Kapitel 16: ------------ 16. Plätzchen Mit Elan rollte John den Teig auf dem Küchentisch aus. Mrs Hudson hatte ihm Teig gebracht. Er würde ihn allerdings selbst ausstechen, backen und verzieren. Was ihre Vermieterin nicht ganz nachvollziehen konnte, denn ihrer Meinung nach war nicht das Mengen, sondern das Backen das Schwierigste an der ganzen Angelegenheit. John sah das nicht so und er war ganz begeistert davon, Plätzchen backen zu können, wobei für ihn das Spannendste war, die kleinen Naschwerke anschließend kunstvoll zu verzieren: mal mit Schokolade, mal mit Streuseln, mit Zuckerguss oder Marmelade, ganz wie es ihm gefiel. Wohlweißlich hatte er Sherlock aus dem Haus verbannt. Kapitel 17: ------------ 17. Weihnachtslieder John sang schon den ganzen Tag Weihnachtslieder. Alle die er kannte, in allen Sprachen, die er konnte. Mit eigentlich bewundernswerter Ausdauer. Eigentlich. Sherlock war irgendwann in seinen Gedankenpalast geflohen, um seine Ruhe zu haben. Aber genau das gehörte zu seinem Problem: normalerweise konnte er alles, was in der Zwischenzeit in der realen Welt passierte, ausblenden; selbst, wenn er angesprochen wurde. Nur dieses Mal gelang ihm das nicht. Johns Stimme begleitete ihn bei jedem Schritt in seinem Gedankenpalast. Ob er dabei Akten studierte, sich Fälle noch einmal ansah oder seine Aufzeichnungen für seine Experimente durchging: überall hörte er John Weihnachtslieder singen. Kapitel 18: ------------ 18. Weihnachtsmarkt Durch die Gasse wehten die bekannten Weihnachtslieder. Rechts und links standen die kleinen und großen bunt geschmückten Stände. Es schneite, daher war alles mit strahlend weißem Puderzucker überzogen und klare Eiszapfen zierten einige der Stände. Sherlock und John stapften durch den unter ihren Schuhen knirschenden Schnee. Der Detektiv hatte keinerlei Blick für die Angebote oder die flackernden Kerzen in der Dunkelheit. John hätte sich gerne etwas Zeit genommen, wusste aber, dass jetzt nicht der richtige Moment war. Es hätte idyllisch sein können, hätte im eiskalten Wind nicht gelbes Absperrband geflattert und hätten die Wände nicht das Blaulicht mehrerer Polizeidienstwagen reflektiert. Kapitel 19: ------------ 19. Krippe Vorne lag ein in weißes Leinen gewickeltes Baby in einer Futterkrippe. Daneben stand Maria in einem blauen Umhang, die Hände andächtig zum Gebet gefaltet. Josef blickte auf das Kind, die Arme nach ihm ausgestreckt. Von der Seite marschierten drei Männer in prächtigen Gewändern mit ihren Geschenken, Weihrauch, Myrrhe und Gold, in Richtung der Familie. Etwas Abseits stand ein Hirte mit einem Schaf auf den Schultern, der sich zu einem weiblichen Engel gedreht hatte. Es hätte faszinierend sein können, wenn es sich nicht allesamt um Leichen gehandelt hätte, die mit Seilen in Position gehalten und zu einem Krippenspiel inszeniert worden waren. Kapitel 20: ------------ 20. Glöckchen Sherlock schreckte hoch. Er wusste gar nicht, warum er es überhaupt gehört hatte. Normalerweise, wenn er in seinem Labor unter dem Dach saß, bekam er absolut nichts mit, keinen Straßenlärm, keinen Sturm, kein Gewitter, da er viel zu beschäftigt war. Doch alles, was mit John zu tun hatte, hörte er. Ob er ihn rief oder in seinen Alpträumen schrie oder ob er eben ein vermaledeites Weihnachtsglöckchen läutete. Er seufzte und unterdrückte ein genervtes Augenrollen. Da er aber wusste, was von ihm erwartet wurde und er John nicht enttäuschen wollte, räumte er auf und machte sich auf den Weg nach unten. Kapitel 21: ------------ 21. Schneeball Sherlock spürte einen Schlag auf seine Brust und blickte nach unten, wo weißer Schnee gemächlich von seinem schwarzen Mantel rutschte und Teile davon dort zurück ließ. Dann hob er den Kopf und blickte geradewegs dem breit grinsenden Übeltäter ins Gesicht. Er hob eine Augenbraue, als er erkannte, dass John bereits den nächsten Schneeball formte, wohl damit dieser dem ersten bald Gesellschaft leisten konnte. Aber nicht mit ihm. Wenn John Krieg wollte, dann bekam er ihn. Allerdings stellte er schnell fest, dass John sehr viel treffsicherer war, als er selbst. Er hatte sich ja unbedingt mit einem echten Soldaten anlegen müssen. Kapitel 22: ------------ 22. Glühwein Warme Arme schlangen sich um John. „Was machst du da?“ fragte Sherlock. „Glühwein,“ erklärte John und goss zwei Tassen voll, dann reichte er seinem Freund eine. „Hm,“ brummte Sherlock, wobei nicht ganz klar war, ob er den Glühwein oder Johns Ohrläppchen meinte, an dem er knabberte. Der lachte leise und drängte den größeren sanft, aber bestimmt Richtung Couch, auf der er sich zunächst einmal einen großen Schluck gönnte. Sherlock hingegen hatte eher Interesse daran, von den nun süßen und nach Alkohol schmeckenden Lippen zu kosten. Allerdings hatte er nicht viel davon, denn John schlief nach der zweiten Tasse einfach ein. Kapitel 23: ------------ 23. Adventssocke II Einen Tag vor Weihnachten blieb John eigentlich nur noch eines zu tun: Aufräumen und Putzen. Irgendwann nahm er dabei aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahr. Als er seine Aufmerksamkeit darauf richtete, musste er trocken schlucken. In der Tür zur Küche stand Sherlock. Vollkommen nackt, bis auf die rote Nikolausmütze auf dem Kopf und die Adventssocke, die er sich über seine Mitte gestülpt hatte. Ja, er hatte Sherlock über seinen Weihnachtsvorbereitungen vernachlässigt, das wusste er selbst. Offenbar so sehr, dass dieser keine andere Möglichkeit mehr sah, als mit Hilfe von Weihnachtsaccessoires auf sich aufmerksam zu machen. Was er absolut geschafft hatte. Kapitel 24: ------------ 24. Besinnlichkeit Der Heilige Abend verlief, wie John es sich erwünscht hatte. Sherlock und er saßen aneinander gekuschelt auf dem Sofa. Sie hatten keine Gäste, erst morgen würde die ‚Weihnachtsfarce‘, wie Sherlock es nannte, beginnen. Daher war John über die Ruhe und Besinnlichkeit ganz froh, ahnte er doch schon, dass Weihnachten mit den Holmes-Brüdern nicht einfach werden würde. Er genoss es, einfach nur hier zu sitzen, den heißen Glühwein zu trinken und den Weihnachtsbaum zu betrachten. Und zu seiner Überraschung saß Sherlock ganz gelassen neben ihm, sogar bei ihm, denn soweit er es erkennen konnte, war er nicht in seinem Gedächtnispalast abgetaucht. ~ Dieses Jahr hatte Greg nicht daran geglaubt, dass es ein schönes Weihnachten werden könnte. Denn dieses Jahr war mies gewesen. Erst hatte er herausgefunden, dass seine Frau fremd ging und das nicht zum ersten Mal. Dann war die Scheidung die reinste Schlammschlacht gewesen. Schlimm genug schon, dass seine Frau ihre gemeinsamen Kinder mitgenommen hatte, doch sie wollte auch noch viel Geld von ihm, dass sie glücklicherweise nicht bekommen hatte. Er hatte seinen Kummer in Alkohol ertränken wollen. Doch dann hatte er eine Einladung erhalten zu einem weihnachtlichen Abendessen. Jetzt saß er hier mit Molly und es war ein wunderschöner Abend. ~ Mycroft Holmes glaubte nicht an besinnliche Weihnachten. Hatte er noch nie, nicht einmal als Kind. Dafür war damals schon der Druck, der auf ihm lastete, zu groß gewesen. Als Musterschüler hatte er immer seine Karriere vorangetrieben. Und genau deshalb konnte er Weihnachten nicht feiern. Während die meisten seiner Kollegen ihre freien Tage genießen konnten, musste er sich um die Lösung einiger politischer Fragen kümmern. Terroristen nahmen keine Rücksicht auf Feiertage, Naturkatastrophen, die die Angewohnheit hatten, in der Weihnachtszeit aufzutreten, erst recht nicht. Er hatte also auch heute genug zu tun. Daher war er froh, dass wenigstens Anthea bei ihm war. ~ Es tat weh, Sherlock so glücklich zu sehen. Er war der erste und einzige Mann gewesen, den Irene je geliebt hatte. Sie fragte sich, weshalb sie sich als bekennende Lesbe ausgerechnet in jemanden verliebt hatte, der von Anfang an unerreichbar für sie gewesen war. Sie hatte schon vorher gesehen, dass zwischen den Mitbewohnern mehr war, als beide wahrhaben wollten. Als Sherlock damals ihr Leben gerettet hatte, hatte sie gehofft, dass er dies aus einem bestimmten Grund getan hatte. Aber direkt danach hatte er sich wieder Watson zugewandt. Sie kehrte dem Anblick den Rücken zu. Zeit, sich von Holmes zu lösen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)