Forgive Me von Annie1004 ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Da stehe ich nun, weiß weder aus noch ein. Die Zeit ist viel zu schnell vergangen, hat uns keine Chance mehr gegeben. Deine Hoffnung verblasst, deine Lebensfreunde und Zuversicht sind schon lange verschwunden. Wie ist es möglich, dass so eine glückliche Person, wie du es warst, so verbittert geworden ist. Du hattest so viele Pläne, wolltest einmal die Polarlichter sehen, eine Weltreise machen, einfach dein Leben genießen. Jetzt hast du aufgegeben, willst nicht mehr weiter kämpfen, kannst es nicht mehr. Man sieht es dir an, jedes Mal, wenn ich dich besuche, ist dein Blick leerer als zuvor. Seit Wochen hast du kein Wort mehr gesagt. Vielleicht warst du es auch einfach nur leid, ständig auf die Frage: „Wie geht es dir heute?“ antworten zu müssen. Als ob es sich die anderen nicht schon denken könnten. Unfähig etwas zu sagen, unfähig, sich zu bewegen, unfähig sein Leben leben zu können. Wie sollte es dir also in solch einer Situation schon gehen? In jeder Sekunde zerreißt es mir mein Herz, dich so leiden zu sehen. Ich erinnere mich noch an damals, wo du noch glücklich warst, so zuversichtlich und voller Lebenslust. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht, erzähltest du mir von deinen vielen Plänen, hast mir voller Stolz deine To-do-Liste gezeigt. Gerade mal drei Sachen waren abgehakt. Aber dann kam deine Diagnose, die dein Leben für immer verändern sollte. Wir waren beim Arzt. Dir ging es seit Tagen nicht gut. Es ist bestimmt nichts Schlimmes, das sagtest du mir damals, bevor du mich im Wartezimmer alleingelassen hattest. Die Zeit schien nicht zu vergehen. Mir kam es wie Stunden vor, während der Arzt dich untersuchte. Ich spielte mit dem kleinen Schlüsselanhänger, als du den Behandlungsraum verließt. Nie würde ich deinen Gesichtsausdruck vergessen, als du auf mich zukamst. Tränen füllten deine Augen. Zuerst wusste ich nicht warum, war verunsichert. Du hast meine Hände genommen und mir tief in die Augen geschaut. Ich sah dir deine Verzweiflung an. Und dann kam der Moment, vor dem ich solche Angst hatte. Der Laut deiner Worte hallt bis heute durch meine Gedanken. Ich wollte es nicht wahrhaben, versuchte, mir einzureden, es würde alles wieder werden wie früher, doch du schütteltest einfach deinen Kopf. „Es wird nie wieder so wie früher.“, waren deine Worte. Meine Welt zerbrach in tausend Teile. Ich wollte es nicht wahrhaben. Unsere Freunde aber gaben uns Kraft, ermutigten uns zu jeder Behandlung. Doch nichts half. Langsam aber sicher wandten sich die Menschen, die einst versprachen, in dieser schweren Zeit bei uns zu sein, von uns ab. Und mit jedem, der ging, wurdest du kälter, wolltest nicht mehr weiter machen. Ich sah, wie deine Hoffnung immer mehr versiegte. Die Krankheit nahm dir alles. Deine Freunde, deine Träume und letztendlich auch dein Wille weiter zu leben. Du gabst den Kampf auf, und ich kann es dir nicht einmal übel nehmen. Ich saß da, konnte dir nicht helfen, nur zusehen, wie du gelitten hast. Und aus diesem Grund, weil ich dich liebe, akzeptierte ich deinen Wunsch, deinen Wunsch zu sterben. Es war und soll für immer deine eigene Entscheidung gewesen sein. Nur du sollst das Recht haben, über dein Leben zu bestimmen. Ich gebe es zu, anfangs habe ich es nicht verstanden, habe dich verurteilt, weil du mich verlassen wirst. Doch nun sehe ich ein, dass es egoistisch war. Du würdest nie wieder vollständig gesund werden. Du würdest nie wieder ein glückliches Leben führen können. Hier stehe ich, an deinem Grab mit deiner To-do-Liste in der Hand. Du hast den Kampf gegen den Krebs verloren aber bist von deinen Schmerzen befreit. Auch wenn ich dich nicht mehr sehe, in meinem Herzen wirst du weiterleben. Und eines verspreche ich dir: ich werde an deiner Stelle deine Liste abarbeiten und sie dir eines Tages wiederbringen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)