The Jewel Within My Heart von Rolly (Kaito/Akako (mit viel Aoko+Akako Freundschaft)) ================================================================================ Kapitel 4: ----------- Akako drückte sich tiefer in die weiche Couchlehne hinein, in der Hoffnung, dass sie den Rest des Abends so verweilen durfte. Sie musste stark an sich halten, um das Glas mit Kirsch-Bananensaft nicht mit ihrer bloßen Hand zu zerbrechen. Sie starrte stumm auf den Flachbildschirm des Fernsehers in Aokos Wohnzimmer und sah der armen Frau aus Ju-On zu, wie sie versuchte, das gruselige kleine Kind im Treppenhaus durch den Aufzug abzuhängen, was ihr nicht so ganz gelang. Akako konnte sie nur zu gut verstehen. Ihr war es schließlich auch nicht gelungen, ihren ursprünglichen Plan mit dem ursprünglich angenommenen Ergebnis durchzuführen. "Uwaaaah!", kreischte Aoko vor Angst und aus den Augenwinkeln sah Akako, wie diese sich an Keikos Arm klammerte. Ihre Finger bohrten sich fast schon hinein - es sah alles in allem absolut nicht angenehm aus. Keikos Gesichtsausdruck nach stimmte Akakos These. "Hey, wenn du mit Kaito einen Film schauen würdest, würdest du dich da auch so an ihn klammern?", fragte Keiko mit einem hämischen Grinsen und kicherte gleich darauf, als hätte sie einen besonders fiesen Witz gemacht. Worauf Akako natürlich nur mit den Augen rollen konnte. Die bildete sich aber auch was ein. Akako fragte sich, wie man mit jemandem befreundet sein konnte, der sich ständig über einen lustig machte und der generell irgendwie gemein zu einem war. Andererseits... wäre Akako nun bestimmt auch nicht Aokos Freundin, wenn diese gemeine Menschen verabscheuen würde. Immerhin war Akako ja irgendwie gemein. Zumindest hörte sie das ständig von den anderen Mädchen der Schule. Die Jungs himmelten sie natürlich alle an. Alle bis auf einen. Frustriert presste Akako sich noch fester ins Polster und nahm schnell einen Schluck vom rot-gelben Saft, damit sie bloß nicht die Kontrolle verlor und grummelte, oder seufzte, oder sonst etwas völlig unpassendes tat, was die Aufmerksamkeit auf sie ziehen würde. Gleichzeitig antwortete Aoko auf Keikos "gemeine" Frage. "Waaas?", rief Aoko aus, plötzlich ganz rot um die Nase, "Natürlich nicht! Ich hab doch überhaupt keine Angst! Der Junge hat mich nur erschreckt, das ist alles!" Natürlich. Wer's glaubte. Fast schnaubte Akako. Stattdessen räusperte sie sich und sah mit einem forcierten zuckersüßen Lächeln Keiko an, die einen misstrauischen Blick zurück feuerte. "Bist du so lieb und holst noch etwas Kirschsaft aus der Küche?" Natürlich hatte Keiko allen Grund, misstrauisch zu sein. Akako wollte sie loswerden, und zwar bald. Sie brauchte nur einen kleinen Moment allein mit Aoko, das würde schon vollkommen genügen, um ihre Beziehung mit Kaito zu zerstören. Ganz einfach. Akako brauchte ihr nur zu sagen, dass Kaito heimlich Kid sei. Und dass Akako ihm sogar einmal geholfen hatte, zu fliehen. Und selbst wenn Aoko sie der Lüge bezichtigen würde, könnte Akako ihr das immer noch beweisen. Schwer würde es nicht sein, so unvorsichtig wie Kaito sich manchmal auf seinen Streifzügen gab. Allerdings hatte Keiko wohl denselben Gedanken - dass ihr Misstrauen angebracht war. "Warum gehst du denn nicht selbst? Ich bin doch keine Dienerin oder so!" "Hey, nicht streiten, ihr zwei!", mischte Aoko sich direkt ein, auf ihre liebe, treudoofe, niedliche Art, natürlich. Irgendetwas bohrte sich unangemeldet in Akakos Herz. "Ja ja, ist ja schon gut", erwiderte Akako deshalb, das komische Stechen ignorierend. Sie sprang mit Schwung auf, den sie eigentlich gar nicht aufbringen konnte - dachte sie zumindest - und stolzierte in die Küche. Der Kirschsaft stand brav auf dem Küchentisch, nebst Bananensaft und einer Form mit geschmolzenen Eiswürfeln, die sie vergessen hatten, zurück in die Kühltruhe zu stellen. Akako kippte sich den Kirschsaft in ihr Glas, bis es wieder voll war und mehr rot als rot-gelb aussah. Sie würde sich auch gerne mehrere Eiswürfel reinschmeißen, sodass dieses dämliche Gesöff herumspritzte, aber die waren ja hinüber. Zähneknirschend setzte sie sich an den Tisch, die Hand fest um ihr Glas geschlossen, doch sie trank nicht daraus. Es war einfach alles zum Kotzen. Nun war es schon eine Woche her, seit Aoko mit Kaito zusammengekommen war, und heute schien Aoko zum ersten Mal abends wieder allein zu sein. Wie tragisch. Deshalb hatte sie nämlich Keiko und Akako eingeladen, um zusammen Filme anzuschauen. Natürlich hatte Keiko sie beide überstimmt mit der Auswahl, also schauten sie nun einen verdammten Horrorfilm, der so überhaupt nicht gruselig war, dass Akako ihn fast wieder lustig fand. Aber nur fast. Wieso nur hatte Akako es nicht besser gewusst? Sie hätte sich nicht mit den beiden als bloße Freundin einlassen dürfen, das war ihr jetzt klar. Und sie hatte doch eigentlich immer nach diesem Prinzip gelebt, bisher. Vor Kaito und vor diesem blöden Liebe-Kram. Sie hätte ihre Prinzipien beibehalten sollen, dann würde sie jetzt nicht so tief in der Scheiße sitzen. Sie seufzte. Das hatte sie nun davon. Und sie selbst hatte dabei auch noch geholfen. Das Leben war einfach nicht fair. "Akako-chan?" Akako sprang fast vom Stuhl, als sie Aokos Stimme hörte. Sie wandte sich um und sah diese schüchtern in der Tür zur Küche stehen. "Was machst du hier? Findest du den Film langweilig?", fragte Aoko leise, als hätte sie Angst, das zu fragen. "Nein, ich wollte mich einfach nur mal hier hinsetzen", antwortete Akako stupide. Sie wollte am liebsten gleich darauf ihren Kopf auf die Tischplatte knallen. Eine noch schlechtere Ausrede hätte ihr nicht einfallen können, oder? "Ähm... kommst du... kommst du wieder mit rüber?" Akako starrte sie an. Keiko war nicht dabei. Sie waren im Moment beide allein. Das war ihre Chance! Nur... wollte sie das wirklich? "Akako-chan?" "Ich..." Ich muss dir etwas sagen, Kaito ist nämlich in Wirklichkeit Kid. Ich habe da eine Neuigkeit für dich, Kids Identität ist Kaito Kuroba. Ja, der Kaito, mit dem du zusammen bist. Aber aus irgendeinem unerklärlichen Grund bildete sich aus dem Nichts ein Kloß in ihrem Hals und sie sagte von all dem nichts. Sie sagte überhaupt nichts, sondern sah Aoko bloß stumm an. Das half Aoko nicht unbedingt dabei, ruhiger zu werden. Die Arme verlagerte ihr Gewicht von einem Bein aufs andere und zupfte nervös am Saum ihres Oberteils herum. "Akako-chan... magst du mich noch? Ich meine, wir sind doch Freundinnen... oder?", sagte Aoko so leise, dass man es schon fast als Flüstern bezeichnen konnte. Sie sah Akako nicht in die Augen, sondern starrte wie fasziniert auf den Fliesenboden, während sie mit ihrem Fuß ein unsichtbares Muster draufzeichnete. Aber genau darin lag das Problem. Aoko hatte sich wirklich zu einer Freundin für Akako entwickelt. Dieses tollpatschige, naive, niedliche und quirlige Mädchen hatte es irgendwie geschafft, sich unbemerkt in Akakos Herz zu schleichen und nun konnte Akako sie einfach nicht verletzen. Egal wie sehr sie sich wünschte, die beiden auseinander zu bringen und Kaito für sich zu gewinnen. "Ich...", fing Akako erneut an und dieses Mal... dieses Mal hatte sie den Entschluss gefasst. Sie wusste nun, was sie zu tun hatte. "Natürlich mag ich dich. Sonst wär ich doch nicht deine Freundin!" Sie stand elegant vom Stuhl auf und ging auf Aoko zu, die Akako endlich wieder ansah. Als Aoko ihr ein strahlendes Lächeln schenkte, zog sich Akakos Herz schmerzhaft zusammen. Trotzdem legte Akako eher ungeschickt ihren rechten Arm um Aokos Nacken und drückte diese kurz an sich. Mehr würde Aoko aber nicht von ihr bekommen, damit das klar war! Allerdings hatte sie, wie immer, vergessen, wie quirlig Aoko eigentlich werden konnte, denn im nächsten Moment hatte sie praktisch beide Arme voll von einer hüpfenden, quietschenden und aufgeregten Aoko. Sie erinnerte Akako an einen Welpen, der schwanzwedelnd an seinem Herrchen hochsprang. Genauso treudoof und lieb und quirlig war Aoko. Und genau das waren aus irgendeinem Grund die Eigenschaften geworden, die Akako an diesem seltsamen Geschöpf so mochte. Irgendjemand sollte Akako einen Orden verleihen, dachte sie als Aoko sie freudestrahlend an der Hand nahm und zurück ins Wohnzimmer zerrte, um den Film zu Ende zu schauen. Denn Akako hatte noch nie für irgendjemanden Opfer gebracht. Nie. Vor allem nicht solche Opfer, die bedeuteten, dass sie selbst von nun an ihre eigenen Gefühle verdrängen musste. Opfer, die in einer perfekten Welt niemand bringen sollte. Doch die Welt war nicht perfekt und sie konnte ihre Gefühle für Kaito nicht einfach abstellen, jetzt, da sie diese endlich akzeptiert hatte. Sie hoffte nur, dass es nicht noch schlimmer werden würde.   ***   Akako stand im Türrahmen zu Aokos Küche und starrte stumm hinein. Ihr erster Eindruck war, dass eine Bombe eingeschlagen war. Etwas, das wie massakrierte Spaghetti aussah, klebte praktisch überall - an den Wänden, an der Theke, am Tisch, auf dem Boden - etwas, das auf den ersten Blick wie Blut aussah, war an die Theke und auf den Boden gespritzt, und ein wabbeliges, ovales Ding lag leblos am Boden, direkt vor Aoko, die selbst mit Spaghetti und roten Spritzern bedeckt war. Ein rotes Handy lag aufgeklappt neben ihr. Akako musste nicht fragen, was passiert war, denn ganz offensichtlich hatte Aoko aus ihrer Küche ein Schlachtfeld gemacht. Aoko musste die Schlacht wohl verloren haben. Akako räusperte sich. "Wie, genau, hast du DAS geschafft?", fragte sie und trat vorsichtig näher, über die Spaghetti und "Blutspritzer" hinweg tretend. Aoko drehte ihr ganz langsam ihren Kopf zu, die Augen weit geöffnet und glänzend vor Tränen. Ihre Hände lagen flach mit den Innenflächen auf dem Boden vor dem Wabbel-Ding (vermutlich ein Fisch), als würde sie das Ding anbeten. Oder darum trauern wie um einen Verflossenen. "Ich - ich wollte doch nur den Zander... und dann sind die Spaghetti... wegen dem Stuhl...", stotterte Aoko zusammenhanglos, sodass Akako sich neben ihr hinhocken und sie durch eine Berührung an ihrer Schulter aufhalten musste, damit sie Akako fokussierte. "Hey, ganz ruhig. Und jetzt bitte nacheinander." Aoko atmete tief ein und ließ die Luft geräuschvoll entweichen, bevor sie antwortete. "Die Spaghetti waren schon fertig, also hatte ich sie abgetropft und abgestellt, die Soße hatte ich auch soweit fertig, aber dann, als ich den Zander geholt habe, bin ich über den Küchenstuhl gestolpert und der blöde Fisch ist mir runtergefallen und ich bin gegen die Theke und hab mich an den Spaghetti festgehalten, dabei ist die Pfanne mit der Soße umgefallen und ich hab den Topf mit den Spaghetti weggeschmissen..." Das erklärte also den Angriff der Spaghetti-Blutegel. Und die Soße und den Fisch. "Warte mal... du meintest, du bräuchtest dringend Hilfe bei deinem romantischen Dinner, weil alles schiefgelaufen sei. Mit Kaito", sagte Akako mit einem betonten Blick auf Aoko. Als diese nicht antwortete, gab Akako ihr etwas mehr Anstoß, "Fisch. Und Kaito." Aoko fing so urplötzlich an laut loszulachen, dass Akako sich zusammenreißen musste, nicht erschrocken zurückzuweichen. Was war nur los mit diesem Mädchen? In einer Minute sah sie aus, als würde sie gleich losheulen, und in der nächsten prustete sie los. Zur Hölle mit diesen normalen Sterblichen! Warum waren sie bloß so unberechenbar?! "Das", fing Aoko an und mit einem Mal meldeten sich die Tränen wieder, die sie vorhin schon in den Augen hatte, und sie ließ Akako in vollkommener Verwirrung zurück, "Das war als Scherz gedacht... ich wollte ihn damit etwas aufziehen und dann wegstecken für später..." "Du... bist echt etwas Besonderes, nicht?" Akako meinte es eher als eine rhetorische Frage, und sie grinste, auch wenn sie es nicht wirklich ehrlich meinte. Im Inneren bereute sie es, dass sie nie so etwas tun konnte und damit davonkam - Kaito aufziehen, ihn triezen, ihn ärgern... damit würde Akako nicht auf dieselbe Art davonkommen wie Aoko... Aoko wischte sich über die Augen und atmete noch einmal tief ein und aus. "Ich bin ein besonderer Tollpatsch", sagte sie, dann sah sie wieder hinauf zu Akako. "Hilfst du mir mit dem Chaos?" Akako hob beide Augenbrauen. Am liebsten wär sie wieder zurück nach Hause gelaufen, hätte sich im Keller eingeschlossen und vor Frustration laut geschrien. Zu Aoko aber sagte sie nur "Natürlich. Wofür sind Freunde denn da?" Aoko lächelte ihr ehrlich zu und wollte schon ihre Arme um Akako werfen, besann sich jedoch im letzten Augenblick und kicherte verlegen. "Besser nicht, sonst ruiniere ich auch noch deine Kleidung." Doch Akako rollte mit den Augen. Sie konnte Aoko nicht dafür böse sein, dass sie mit Kaito zusammen war. Es war nicht ihre Entscheidung, auch wenn sie das gerne so gehabt hätte. Und Aoko... war ihr wirklich ans Herz gewachsen. Also warf sie Aoko ein nicht ernst gemeintes "Du Dummerchen!" entgegen und umarmte sie von sich aus. Weil Aoko nämlich aussah, als würde sie genau das so gerne tun. Dann stand Akako rasch aber elegant auf und hielt Aoko die Hand hin. "Komm schon, wir müssen das hier hinbekommen, bevor Kaito aufkreuzt." Und als Aoko ihre Hand ergriff und sich hochziehen ließ, tat es nur bedingt weh in Akakos Brust. Nicht so sehr wie sie erwartet hatte. Zumindest redete sie sich das ein. "Bevor du mehr Chaos veranstaltest, so aufgeregt wie du vermutlich bist, wirst du erstmal das Schlachtfeld aufräumen. Hast du noch Spaghetti über? Und vielleicht Basilikum? Damit schmecken die auch gut, falls du keine Soße mehr hast." Und da waren sie wieder - die glänzenden Augen, die dieses Mal allerdings ausdrückten, wie dankbar Aoko ihr dafür war, was Akako für sie tat. Das sollte sie auch sein. Eine Hexe ließ sich nicht alle Tage dazu überreden, für jemanden zu Kochen. Besonders nicht, wenn sie selbst davon nicht einmal kosten würde. Manchmal wünschte Akako sich, sie wäre niemals in die Außenwelt vorgedrungen. Sie hätte weiterhin wohlbehütet zu Hause bleiben können, blind gegenüber allem da draußen, blind gegenüber den Menschen und blind gegenüber Kaito und was er mit ihr anstellen würde. Seufzend machte sie sich an die Arbeit. Aokos Beschreibung, wo sie alles finden würde, war sehr akkurat, und so hatte sie Spaghetti und Basilikum schnell zur Hand und es dauerte nicht lange, bis sie alles angerichtet hatte. Als sie sich umwandte, war Aoko allerdings noch nicht sehr weit mit dem Aufräumen gekommen. Die Soßenspritzer waren verschwunden und die meisten Nudeln vom Boden beseitigt, allerdings klebten sie noch überall an den Wänden und am Tisch. Nicht zu sprechen von der Theke, die Aoko noch gar nicht angerührt hatte, da Akako dort gearbeitet hatte. "Ich habe noch etwa zehn Minuten, lass mich dir helfen", sagte Akako und schnappte sich unaufgefordert den Handbesen aus Aokos Händen, "Du kannst ja schon mal den Tisch decken. Ihr werdet doch bestimmt nicht hier essen, oder? Im Wohnzimmer geht doch sicherlich auch." Aoko sah sie an, als sei Akako das achte Weltwunder. "Das ist DIE Idee! DANKE dir, Akako-chan! Tausend Dank!" Sie schmiss sich Akako wieder um den Hals, bevor sie eine rote Tischdecke aus einem Schränkchen packte und ins Wohnzimmer sprintete. "Renn lieber nicht, sonst fällst du noch!", rief Akako ihr hinterher und schüttelte milde lächelnd den Kopf. Dann machte sie sich fest entschlossen dran, die Wände zu reinigen. Dass ausgerechnet sie Aoko helfen musste, ihr Date mit Kaito perfekt zu machen... das war irgendwie nicht fair. Keiko war doch auch noch da, oder nicht? Seufzend ergab sich Akako jedoch ihrem Schicksal. Anscheinend hatten ihre neuen Freunde sie schon zu der wohl am meisten verweichlichten Hexe gemacht, die je existiert hatte. Sie wusste nur noch nicht, ob sie sich darüber freuen oder deswegen im Boden versinken sollte. Das Telefon klingelte und Aoko rief ihr zu, dass sie drangehen würde, also achtete Akako nicht weiter darauf, sondern konzentrierte sich weiterhin auf die klebrigen Spaghetti an den Wänden. Sie waren leider schon halb getrocknet und deswegen würde es nicht ausreichen, sie einfach abzuschaben. Die Wände würden geputzt werden müssen. Erst, als sie das Gefühl hatte, dass sie jemand beobachtete und sich umdrehte, merkte sie, dass etwas nicht stimmte. Aoko stand in der Tür zur Küche und sah Akako an, als wär gerade ihr Hund gestorben. "Was ist passiert?", fragte Akako, Fantasien von umgeworfenen Tischen und zerstückelten Tischdecken in ihrem Kopf. "Es war Kaito", schluchzte Aoko und die Tränen liefen ihr die Wangen hinab, "Er wird nicht kommen." Akako ließ den Handbesen sinken und sah Aoko verständnislos an. Die ganze Arbeit war also für die Katz gewesen? Und Kaito... würde nicht kommen? Nachdem sie dieses Treffen wahrscheinlich fest vereinbart hatten und Aoko sich solche Mühe gegeben hatte? Das war... kein Traum von ihr? Ein Teil von ihr freute sich, denn alles, was einen Keil zwischen die beiden treiben könnte, kam ihr nur gelegen. Trotzdem war Aoko jetzt ihre Freundin, und sie so ehrlich verheult zu sehen, gehörte ebenfalls nicht zu den Dingen, die sie am liebsten sah. Sie trat also zielstrebig auf Aoko zu und umarmte diese. "Shh... Er hat bestimmt einen guten Grund..." Aokos Hände bohrten sich in Akakos Rücken und sie presste ihr Gesicht an Akakos Brust. "Kaito kann mich mal", brachte Aoko gedämpft heraus. Dann ließ sie wieder von Akako ab und sah dieser in die Augen. "Dann werden wir zwei eben einen schönen Abend zusammen verbringen!"   ***   Vielleicht sollte Akako jetzt nicht hier sein. Vielleicht hätte sie nach dem sehr seltsamen Abend bei Aoko einfach nach Hause gehen und es dabei belassen sollen. Doch nun war sie hier, vor Kaitos Tür - mal wieder - und traute sich nicht, zu klopfen. Er musste schon wieder zurück sein, selbst wenn er aus war, um wieder mal einen Edelstein zu stehlen. Es war immerhin bereits nach vier Uhr. Am Morgen. Die Tür ging plötzlich auf und Kaito stand vor ihr. Dieses Mal als Kaito Kuroba und nicht als Kid. Bei seinem Anblick wurde Akako schwer ums Herz und sie bekam ihren Mund einfach nicht auf, um etwas zu sagen. Kaito schien das aber überhaupt nicht zu stören, denn er fing einfach selbst an, zu reden. "Hey, warum lungerst du schon wieder vor meiner Tür rum?", fragte er grinsend und lehnte sich gegen den Türrahmen, die Beine überkreuzend. So lässig-locker wie er sich gab, fühlte Akako sich unsicher und nervös, was so absolut gar nicht zu ihr passte. Sie verstand es nicht. Sonst war sie immer kühl und kalkulierend und ließ sich durch nichts aus der Ruhe bringen, aber jetzt? Ihre ganze Welt war aus dem Gleichgewicht und sie wusste einfach nicht, wie sie sich bewegen sollte. Welche Fettnäpfchen auf sie warteten. Doch sie war aus einem bestimmten Grund hier. "Ich überlege mir, wie ich dich am besten wie einen Wurm zerquetsche", erwiderte sie mit einem aufgesetzt süßem Lächeln. Um zu unterstreichen, dass sie ganz die Alte war, schritt sie mit einem Selbstbewusstsein, das sie nicht mehr besaß, einfach an Kaito vorbei ins Haus. Immerhin hatte sie ein Image zu wahren. Kaito kicherte und folgte ihr. "Zur Küche geht's nach rechts", sagte er und wenig später standen sie sich auf weißen Fliesen gegenüber. Kaito mit erhobenen Brauen und einem amüsierten Lächeln auf den Lippen und Akako bemüht um eine emotionslose Miene. Sie verschränkte ihre Arme vor der Brust, was sie ein wenig tröstete und ihr wenigstens ein winziges Bisschen Halt gab. "Willst du dich nicht setzen?", fragte Kaito und neigte den Kopf zur Seite, entblößte ein wenig mehr seinen Nacken und Akako hatte mit einem Mal Mühe, sich auf etwas anderes zu konzentrieren als das Fleckchen Haut, das sich ihr offenbarte. Dieser Mistkerl. Wieso nur hatte er so eine Wirkung auf Akako? Und wieso... wieso hatte sie so gar keine auf ihn? Das war so unglaublich unfair. "Nein", sagte sie und sah Kaito einen Moment lang an, "Ich bin hier wegen Aoko." Diese Information schlug ein wie eine Bombe. Oder, naja, eher wie ein Basketball. Denn Kaitos Augenbrauen kletterten noch weiter nach oben und das Lächeln verschwand von seinem Gesicht. Er sah sie eindeutig überrascht, aber auch abwartend an. Wenigstens manchmal hatte sie einen Vorteil. Sie konnte immerhin noch überraschen. "Du solltest mit deinen Dates etwas vorsichtiger sein. Ich plane nicht noch einmal, Aokos seltsame Launen des Nachts zu ertragen. Sie ist im Grunde ihres Wesens lieb, aber sie kann erschreckend nervtötend sein, wenn sie versetzt wird." Akako sah, wie es in Kaitos Hirn ratterte, bis - ganz langsam - die Lichter angingen. "Du bist- für mich- ich meine, du hast ihr statt meiner Gesellschaft geleistet?" Immer diese blöden Fragen, die offensichtlich schon beantwortet waren. "Nein, ich bin natürlich einfach gegangen, nachdem du angerufen und das Date abgeblasen hattest, weil ich fies und gemein bin und Leute in ihrer Misere schmoren lasse", erwiderte Akako süffisant, doch dann merkte sie, dass sie tatsächlich diesen Ruf hatte und es zu ihr passen würde, so etwas zu tun. Es sogar zu verursachen. Sie stockte. Die Ironie daran ging natürlich auch nicht an Kaito vorbei, denn er fing wieder an zu grinsen. Dieses widerliche, arrogante Grinsen, das nur Kaito zutage legen konnte. Bastard. "Du bist ja wirklich unsere Freundin." Jetzt war es an Akako, ihn anzusehen wie ein Fisch. Er hätte sich über sie lustig machen können, er hätte ihr genau das vorwerfen können, er hätte ihren Ruf gegen sie verwenden können, doch stattdessen wählte er, festzustellen, dass sie tatsächlich freundschaftliche Gefühle für sie empfand? Für ihn wohlgemerkt mehr als Freundschaft, doch das konnte sie natürlich nicht durchsickern lassen. Von ihr wurde erwartet, dass sie kalt und unnahbar war. Und skrupellos. Nicht aufopferungsvoll und tragisch. "Hn", machte sie nur, um einer Antwort auszuweichen. Sie wollte darauf nun wirklich nichts erwidern. Das würde für alle Beteiligten vermutlich sehr peinlich enden. Vor allem für sie selbst. "Es tut mir Leid", sagte Kaito und setzte sich auf einen der Küchenstühle, womit er Akako automatisch zwang, ebenfalls Platz zu nehmen, um mit ihm auf einer Höhe zu sein. Wie sie ihn hasste, wenn er sie manipulierte. "Ich habe es nicht absichtlich gemacht." "Das glaube ich dir gern..." Akako legte ihre verschränkten Arme auf dem Tisch ab und stierte Kaito böse an. Das war es nämlich, was sie empfinden sollte. Sie sollte sauer sein, dass er ihre gute Freundin Aoko versetzt hatte wegen eines blöden Edelsteins, den er sowieso wieder zurückgegeben hatte. Doch Kaito schien tatsächlich zu bereuen. "Dieser Topas hätte es sein können. Das, wonach ich eigentlich suche." Akako horchte auf. Kaito stahl nicht einfach so aus Jux und Tollerei? Er hatte etwas, wonach er eigentlich suchte? Nun, das hatte Akako natürlich schon vermutet, doch sie hatte nie gedacht, dass Kaito es ihr überhaupt jemals erzählen würde. Sie hatte aber auch nie daran gedacht, dass sie jemals mit ihm und Aoko befreundet sein und die Freundschaft echt sein würde. Sie hatte das Gefühl, dass das nächste, was Kaito ihr erzählen würde, sehr wichtig war. "Ich suche nach Pandora, dem Edelstein, hinter dem auch die Leute her sind, die meinen Vater auf dem Gewissen haben." Akako schwieg. Sie hatte nicht gewusst, dass sein Grund so finster war. Den Mord an seinem Vater zu rächen. Rache. Sie hätte gedacht, dass Kaito über solch negativen Gelüsten wie Rache stand. Dass er für das Gute kämpfte und all den Mist, den die Gutmenschen immer so gern verbreiteten. Jetzt sah sie ihn mit ganz anderen Augen. Und ihr Herz machte einen Hüpfer, als sie realisierte, dass er sich ihr geöffnet hatte. Ihr vertraute, dieses Geheimnis für sich zu behalten. Und Akako wusste selbst sehr genau, was es bedeutete, Vertrauen zu schenken. Kaito durchbrach schließlich die Stille. "Hey. Wie hat Aoko dich in den Wahnsinn getrieben?" Er wechselte das Thema, um die Stimmung zu heben. Und Akako stieg bereitwillig mit ein. Sie spürte, dass er genug von sich preisgegeben und einen turbulenten Abend gehabt hatte. Diesen Gefallen konnte Akako ihm tun. "Was wohl? Du kennst sie doch besser als ich. Ihre ständig wechselnden Launen sind der Horror. Im einen Moment ist sie entschlossen, fröhlich zu sein, und im nächsten heult sie sich ihre Augen an meiner Schulter aus." Kaito lachte leise und lächelte sie belustigt an. "Das ist typisch." Sie sahen sich eine Weile nur an und Akako konnte schwören, dass da etwas war zwischen ihnen. Etwas Undefinierbares. Obwohl es einen stechenden Schmerz in ihrer Brust hinterließ. Sie konnte schwören, dass Kaito auch etwas für sie empfand. Sie sah es in seinem Blick, der etwas weicher wurde als sonst. An seinem ehrlichen Lächeln. An seinen entspannten Zügen, die von Vertrauen zeugten. Sie hatte etwas aus diesem ganzen Chaos gewonnen. Nur war es für sie leider nicht genug. "Könntest du mir einen Gefallen tun?", fragte Kaito dann. Er wurde etwas rosa um die Nase, fast unmerklich. Wäre Akako nicht so eine akribische Beobachterin geworden bei allem, was Kaito betraf, hätte sie es vielleicht nicht bemerkt. Akako nickte. "Könntest du... könntest du, wenn ich mal wieder losziehen muss als Kid, für mich bei Aoko übernehmen? Sie könnte eine gute Freundin brauchen..." Akako starrte ihn fassungslos an, obwohl sie versuchte, ihre Überraschung zu verbergen. Kaito hatte sie nicht im Ernst gefragt, was sie gerade glaubte, dass er gefragt hatte. Ausgerechnet er fragte ausgerechnet Akako, die sich in ihn verknallt hatte, sich um seine Freundin zu kümmern, wenn er nicht konnte. Das war... vollkommen skandalös, unglaublich herzlos... und Akako konnte nicht nein sagen. "Ich... werd's versuchen." Augenblicklich strahlte Kaito auf ihre Antwort hin. Sie hatte genau das gesagt, was er hören wollte. Natürlich würde es ihn freuen. Und es sollte sich nicht gleichzeitig so gut anfühlen und wehtun, wie es tat. Das war es wohl, was Leute mit "Liebe macht blind" meinten. Sie hoffte nur, es würde sich nicht umkehren und sie in den Hintern treten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)