Nähe von Ruka_S_Orion ================================================================================ Kapitel 7: Akt 7 - Schatten und Licht ------------------------------------- „Nein, das ist nicht…“ Princess Serenity wandte sich ab, lief auf Princess Pluto zu und die Erinnerung fror erneut ein. „Das kann nicht wahr sein, Pluto! Das stimmt doch nicht, oder? Du zeigst mir eine Lüge, oder Pluto?!“ Die Wächterin hob nur langsam ihre Lider. Sie sah in das betende Azurblau der Augen ihres Schützlings. Sie hatte sie gewarnt. „Manchmal hat es sein Gutes, dass wir vergessen. Du bist dazu in der Lage, Princess. Du und die anderen, euch ist es erlaubt. Ich hingegen kann keine Erinnerung je aus meinem Gedächtnis verdrängen, geschweige denn verfälschen. Es ist mein Fluch, mich bis in alle Ewigkeit zu erinnern. An jeden Schicksalsschlag, an jeden einzelnen, gebrochenen Zweig der Geschichte. Du wolltest die Wahrheit sehen, jetzt zeige ich sie dir.“ Damit unterbrach Pluto ihren Augenkontakt. Traurig sah sie zu dem erstarrten Paar im weiten Himmelbett. Sie hob ihre Hand, wischte mit ihr durch die Luft und die sich liebenden Körper verschwammen. Dann ließ Pluto ihre Hand in die entgegengesetzte Richtung wandern. Die Nebel der Königin und ihrer Geliebten verloren ihre Materie, wurden stattdessen zu hellen Lichtern, das eine weißer als Schnee, das andere goldener als der stärkste Stern. Die Lichter begannen miteinander zu tanzen, sie wogen sich in einem ungehörten Takt, umschlangen einander, verschmolzen teilweise und schließlich entstand etwas Neues – Uranus und Neptune mussten sich die Augen zuhalten, um nicht zu erblinden. Ein Lichtblitz durchzog den Raum und inmitten der grellen Strahlen wurde ein neues Leben geboren. Das Licht der Königin nahm seine ursprüngliche Form an. Queen Serenity, noch immer mit glühender Gestalt, sah wie hypnotisiert dabei zu, wie die neu geschaffene Existenz in ihren Bauch wanderte. Als sein Leuchten verblasste, warf sie ihren Kopf stöhnend in den Nacken. Sie atmete schwer, hatte sichtlich Schwierigkeiten, zu begreifen, was geschehen war. Trotzdem schaffte sie es, sich langsam aufzusetzen, und emporzublicken. Zunächst überglücklich, doch schnell wandelte sich ihre Mimik. „Galaxia? Galaxia, was ist mit dir?!“ Sie griff nach dem goldenen Licht über ihr, das zusehends ermattete und als sie ihre Hände um es legte, verzog es sich zu seiner alten Erscheinung. Galaxias Blick war schmerzverzerrt. Stoßartig holte die Kriegerin Luft. Die zaghafte Berührung der Königin ließ sie zurückschrecken. „Ich… Ich weiß nicht, wie…“ Ihre Augen sprachen von Panik. Panik, derjenigen, die sie so sehr liebte, ein Leid angetan zu haben. „Ich muss weg! Weg von dir!“ Angst steuerte Queen Serenitys Körper. Sie rutschte näher an ihre Geliebte heran. Jeder Versuch, diese zu beruhigen, erwies sich als erfolglos. Wieder stoppte die Zeit der Erinnerung. Die vier Reisenden schwiegen, jeder in seine eigenen Gedanken vertieft. „Also ist Galaxia…“ Neptune war es, die die Stille irgendwann durchbrach. „das fehlende Herz? Sie war das Gegenstück unserer Königin? Aber was ist mit ihr passiert? Weshalb wurde sie zu diesem… Ungeheuer? War es nicht die Machtgier, die sie von ihrem eigenen Stern aus fort in die weite Galaxie und schlussendlich in die Fänge des Chaos trieb?“ Princess Pluto atmete tief durch. Langsam durchschritt sie den Raum und setzte sich auf den Rand des Bettes, dicht neben die erstarrten Frauen. Sie lehnte sich zu ihnen herüber und berührte sanft das Gesicht der mächtigen Kriegerin. Deren Körper verlor seine graue Farbe, wurde transparent und wieder zeigte sich Galaxias inneres Licht, das seinen Quell in ihrem Sternenkristall fand. Er war golden, dem Kristall Endymions ganz ähnlich. Doch auf ihm waren schwarze Flecken zu erkennen, wie Tintenklekse. Und obwohl Galaxia starr und leblos erschien, wucherte die Finsternis. Die Flecken waberten, hielten auch in Plutos Erinnerung nicht inne, gierten selbst jetzt noch nach dem frischgeborenen Licht, das ihm so nahe war. „Es hatte sie schon einmal hergeführt!“, erkannte Princess Serenity halblaut. „Es hat sie von ihrem eigenen Stern fortgetrieben, geradewegs in unser Mondreich gelenkt. Und dort sorgte es für meine Geburt?“ Princess Pluto schloss ihre Augen. Sie wollte nicht mit ansehen, wie ihre eigene Hand das Bild Galaxias verwischte und in Nebel verschwimmen und verschwinden ließ. „Es tut mir leid“, flüsterte sie in den stillen Raum. Die Konturen des Zimmers wurden wässrig. Sie hatte sich an alles erinnert, was wichtig war. Jetzt war es an der Zeit, in die Realität zurückzukehren. Aber irgendetwas bewahrte den Raum davor, gänzlich zu verschwinden. Verunsichert sah selbst Princess Pluto sich um. Sie wollte den Traum beenden, was hielt sie davon ab? Die Antwort meldete sich flüsternd zu Wort und lenkte urplötzlich alle Blicke auf sich – Queen Serenity. Die nun wieder schimmernde Erinnerung machte sich selbstständig. „Dich trifft keine Schuld“, wiederholte sie ihr Flüstern. Für einen langen Moment starrte sie wehleidig zu ihrer Tochter, bevor sie sich erhob. Verunsichert trat sie direkt vor die Prinzessin und sah auf sie herab. „Ich habe nie gewollt, dass du hiervon erfährst.“ Princess Serenitys Blick sprach all die wirren Fragen aus, die ihr durch den Kopf gingen. Aufgebend seufzend wandte sich die hohe Monarchin von ihrem Kind ab. Sie setzte sich zurück aufs Bett und nahm Plutos Hand, bevor sie langsam erklärte: „Aber vielleicht war es notwendig. Du hast jedes Recht, alles über deine Existenz zu wissen. Galaxia verschwand noch an jenem Tag. Das Chaos hatte sie von ihrem eigenen Stern weggetrieben. In den wenigen Lichtblicken, in denen sie es schaffte, das Unheil niederzukämpfen, kam sie unserem Reich näher. Als sie mich fand, glaubte sie, das Böse wäre besiegt. Sie glaubte, in unser beider Liebe wäre kein Platz mehr für den alten Dämon. Und ich glaubte ihr. Pluto hatte mich gewarnt. Sie hatte gesehen, was hinter meiner Geliebten nachschlich, aber ich konnte es nicht finden. Wollte es nicht sehen… Wir waren zu glücklich! So naiv… Als dein Licht geboren wurde, Serenity, als sich Galaxias mit meinem Licht vereinte, hatte das Chaos gesehen, wonach es schon seit Anbeginn gesucht hatte. Und Galaxia spürte, wie es wuchs. Darum wich sie von mir, darum verließ sie uns. Solange sie noch in der Lage dazu war. Ich nehme an, sie legte ihrer Erinnerung einen ähnlichen Schleier des Vergessens um, wie ich es bei allen tat, die von uns wussten. Wir wollten einander schützen. Nur eine durfte nicht vergessen.“ Mit tränennassen Augen musterte Queen Serenity das Gesicht jener Wächterin, die so viel mehr beschützte, als nur ein Reich und die Zeit. „Es tut mir Leid, dass ich nicht genug Kraft aufbringen konnte, auch dich vergessen zu lassen, Pluto! Es tut mir leid, dir diese Last übertragen zu haben. Und nie konnte ich dich erlösen.“ Pluto schüttelte niedergeschlagen den Kopf. „Für meinen Fluch könnt Ihr nichts. Es wäre nicht Euer Recht gewesen, ihn von mir zu nehmen.“ Weinend brach Princess Serenity, die bis zu diesem Augenblick noch starr vor Entsetzen gewesen war, zusammen. Abermals war es Uranus, die ihre Arme um den blonden Engel legte. Queen Serenity wischte sich die eigenen Tränen von den Wangen. Dann stand sie auf und kniete vor ihrer Tochter nieder. „Auch wenn unsere Familie seitdem von diesem finsteren Grauen verfolgt wird, war meine Begegnung mit Galaxia ein Segen für mich.“ Mitfühlend umfasste sie das weinende Gesicht ihres Kindes. „Sie hat mir das Wertvollste geschenkt, was dieses Sonnensystem je sehen durfte. Aus dem Schmerz, der uns so niederschlug, bist du hervorgegangen! Du scheinst noch viel heller, als alles, was in den Weiten unserer unzähligen Dimensionen existiert. Dich leben zu sehen, ist jedes Leid wert gewesen. Und ich würde es wieder ertragen, noch hunderte Male, um zu deinem Lächeln zu finden. Das Unheil mag wie Pech an dir kleben, es wird dich niederreißen, wieder und wieder. Aber ich verspreche dir, dass es sich lohnen wird. Lebe, Usagi Tsukino! Lebe, meine Tochter. Und gib nicht auf, den Weg in deine eigene, glückerfüllte Zukunft zu finden! Du bist umgeben von Herzen, die nur für dich schlagen. Und dein Lachen ist alles, was für sie zählt. Keine Dunkelheit wird sie je einhüllen können, solange du für sie strahlst.“ Mit diesen letzten Worten der Zuversicht lehnte sich die Königin vor. Sie lehnte sich vor und hauchte ihrer geliebten Tochter einen bittersüßen Kuss des Abschieds auf ihre Stirn, auf der eine Mondsichel ihr Strahlen wiederfand. Damit löste sich die Erinnerung auf. Der Raum zerfloss, der Mondpalast fiel und auch der Geist der ebenso anmutigen wie gütigen Queen Sereniy wurde zu Nebel und Rauch und verschwand im Nichts. Was blieb, war das Flackern der fast heruntergebrannten Kerzen und der Duft nach Setsunas Räucherstäbchen im Wohnzimmer der Kriegerinnen des Äußeren Kreises. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)