Senbonzakura's Song von yezz ================================================================================ Kapitel 19: Business over Dinner -------------------------------- Renji folgte Eishirō hinunter in den geschäftigen hinteren Teil. Mehr Diener als Renji jemals zuvor gesehen hatte, liefen überall herum, trugen Tabletts und Körbe voll von dampfenden, heißen Tüchern. Die versteckten Gänge des Anwesens der Kuchiki brummten fast vor gehetzter Aufregung und kontrolliertem Chaos. Es dauerte nicht lange, bis Renji das Gefühl dafür verlor, wo sie gerade waren. Er behielt seine Augen nur auf Eishirōs Rücken und den silbernen Fäden des Kuchiki-Wappens, das vom dunkelblauen Kimono herausstach, wie ein Leuchtfeuer. Plötzlich kamen sie an dem offenbar gewünschten Ort an, denn Eishirō hielt an. Er schob die Tür auf und beugte seinen Kopf. „Ich bitte um Entschuldigung. Das ist nichts weiter, als ein bescheidener Raum, wo du dich umziehen kannst. Ich befürchte, es steht in so kurzer Zeit kein anderer Raum zur Verfügung.“ Renji runzelte nur Stirn. „Hey, mach dir keine Gedanken“, sagte Renji und winkte den Aufstand weg. Sobald er jedoch eingetreten war, bemerkt Renji, dass er in den privaten Raum von jemanden geführt worden war. Es war nicht viel darin, doch Renji konnte es fühlen. Ein Wäscheschrank, der von der einen Seite bis zur anderen Seite des Raumes ging. Das einzige Möbelstück in dem Raum war ein kleiner, zweckmäßiger Tansu und ein einfacher, faltbarer Paravent, der aus 5 Teilen bestand. Der Raum war schlicht, einfach und enthielt nur ein persönliches Teil: Ein kleiner Altar war in einer Einbuchung in der Wand errichtet worden. Dort stand ein Bild von einer Frau und eine kleine Vase mit Blumen stand davor. Renji wäre beinahe zurückgewichen, als er das gesehen hatte. Das war zu persönlich. Er fühlte sich, als würde er in etwas sehr Privates eintreten. „Uh...“ „Meine erste Ehefrau“, sagte Eishirō und schloss die Tür hinter sich. „Oh, das ist dein Raum“, sagte Renji und fühlte sich dümmlich, weil er nicht wusste, was er sagen sollte. „Es ist... nett.“ Eishirō nickte steif, als wäre es ihm peinlich. Er hielt die Hände für den Kimono auf und sagte: „Bitte, Vizekommandant, nutzen sie den Paravent. Wir müssen sie umgezogen bekommen.“ „Ähm... richtig.“ Nachdem Renji ihm die Seide überreicht hatte, begann Renji den Obi zu entknoten, während er hinter den Paravent ging, um sich hinter den Schirm zu ducken. Er versuchte nicht den privaten Geruch, von wilden Rosen und geschnittenem Gras, aufzunehmen. Renji hatte niemals bewusst an Eishirō gerochen und wollte jetzt auch nicht wirklich damit anfangen. Er ging ein wenig in die Hocke, damit er vom Schirm ganz verdeckt wurde begann sich schnell auszuziehen. Da er sich nicht sicher war, was er mit seiner Uniform anstellen sollte, ließ er sie zu Boden fallen. Doch Zabimaru nahm er behutsam und lehnte es sanft gegen die Wand. Zwischenzeitlich entfaltete Eishirō sorgfältig Byakuyas Geschenk. „Meine Güte.“ Renji blickte über den Paravent hinweg. „Was?“ Eishirō wandte den braunen Kimono herum, so dass Renji das Symbol auf dem Rücken sehen konnte. Gemalt in schwarz und weiß war ein Albino-Nue, seine vorderen Pfoten gehoben, als würde er attackieren und der Schlangenschwanz um sich herumgewunden, sodass es eine Art Kreis ergab. Schwarze blitzartige Streifen, wie Renjis Tattoos, dekorierten die breiten Schultern des Nues. Ein rubinrotes Auge blickte ihn wild vom Stoff aus an. Es erinnerte Renji ein wenig an die stilisierte Version von dem, was Byakuya auf sein Beerdigungskimono gestickt bekommen hatte. „Das Abarai-Kamon ist wundervoll“, sagte Eishirō und drehte es wieder zu sich, um es noch einmal zu bewundern. „Ich hatte keine Ahnung.“ „Ich habe nicht... ich meine, ähm... ist das das, was es ist?“ „Es ist kein Familienwappen?“ „Uh...“ Familie war eine komplizierte und mehr als nur ein wenig belastende Sache für Renji. Zabimaru war sicherlich ein Teil des Ganzen, aber dann war es auch Rukia und Renji könnte sich niemals vorstellen, dass Rukia es brauchte, unter Zabimarus Obhut zu stehen. Außerdem hatte Renji seit Kurzem das Gefühl, als hätte er einen Scheißjob dabei gemacht, Seichi zu beschützen. „Kann man ein persönliches Wappen haben? Denn tatsächlich ist dieses Bild hier – das ist so persönlich, wie es nur sein kann“, er hob Zabimaru an und zeigte für Eishirō damit auf die Streifen. „Schau. Man hätte die hier nutzen können, wenn man es einfach hätte halten wollen.“ „Einfach? Wir reden hier über den Herrn“, sagte Eishirō mit einem kleinen Lächeln. „Da gibt es keine halben Sachen.“ „Heh, wahr“, stimmte Renji zu und setzte Zabimaru wieder ab. Eishirō händigte Renji das Untergewand mit den versteckten Fröschen aus, doch sagte dann: „Es wäre das beste, wenn du mich dir helfen lässt, Vizekommandant. Der Nagajuban ist nicht so einfach wie eine Shitagi.“ Renji begann gerade, es zu bemerken, denn er sah all die Verbindungen und Lagen. Doch da gab es ein Problem. „Ich trage keine Unterwäsche.“ Eishirō warf Renji einen langen, entnervten Blick zu. „Ich habe dich bereits zuvor nackt gesehen, Vizekommandant. Einmal, glaube ich, sogar in nichts anderem als einem nietenbesetzten Halsband.“ Renji konnte nicht anders, als zu lachen. Es gab nur entweder das, oder vor Verlegenheit zu sterben. „Ja, ok. Gutes Argument.“ Renji fühlte sich in so viel Farbe auffällig. Zumindest war der Kimono inklusive Hakama, sodass er wusste, wie er zu gehen hatte. Eishirō hatte auch darauf bestanden, 'etwas' mit Renjis Haar zu machen, also war, trotz Renjis Argumentation, dass es im Pferdeschwanz ordentlicher aussah, unten. Während er Eishirō in den Hauptraum hinterhertrampelte, bemerkte er, wie sich Köpfe umdrehten und sie vorbeigehen sahen. Gespräche verstummten. Münder hingen offen. Und das waren nur die Diener. Byakuyas Familie würde austicken, wenn sie ihn sehen. Renji wünschte sich irgendwie, dass es ihm erlaubt gewesen wäre, Zabimaru mitzunehmen, doch Eishirō hatte darauf beharrt, dass aus vielfältigen Gründen bei Familientreffen der Kuchiki keine Waffen erlaubt waren. Nicht zuletzt, dass so immer eine Blutfehde begann. Er erklärte ihm außerdem, dass sobald er angekündigt wurde, er sich zu Byakuyas Tisch begeben würde. Renji spürte, wie er nervös wurde. "Ich muss nicht versuchen, den ganzen Abend richtig zu sitzen, oder?" "Kannst du das?" "Keine Chance." Eishirō seufzte. "Dann hast du deine Antwort." "Ja, aber ist es besser, so anzufangen oder -" Eishirō hob die Hand und ließ Renji so verstummen. Sie waren an der Tür angekommen. "Setze dich, wie du auch normalerweise mit dem Herrn sitzen würdest. Ich muss dich nun ankündigen." Eishirō wandte sich um und zog noch einmal Renjis Kimono zurecht, strich noch einmal über seine Haare und dann schien er mit einem Seufzen aufzugeben. Er kniete sich hin, schob die Tür für Renji auf und verkündete: "Vizekommandant der 6. Division Renji Abarai." Jeder einzelne Kuchiki in diesem Raum... ignorierte ihn. Tatsächlich sogar ziemlich demonstrativ. Nicht ein einzelnes Auge warf Renji einen neugierigen Blick zu. Der Pegel der leisen Gespräche ebbte nicht einmal einen Dezibel ab. Renji schaute sich nach Byakuya um. Er war sich nicht sicher, ob er schon einmal in diesem Raum gewesen war, zumindest erkannte er die Fusuma nicht, die mit einem morastigen Garten mit hohem Schilf und Blumen dekoriert waren. Vögel und andere Tiere versteckten sich dort überall. Renji dachte, dass er sogar einen sorgsam gemalten Tanuki sah, der einen Fisch aus einem Teich am Rand klaute. Tische waren überall im Raum aufgestellt und kleine Grüppchen der Familienmitglieder saßen in verschiedenen Entfernungen von einem zentralen Podium – ah, richtig, dort war auch Byakyua. Rukia erhaschte Renjis Aufmerksamkeit und gestikulierte ihn zu einem leeren Sitz zwischen ihr und Byakuya. Als Renji sich neben hier niederließ, beugte sie ihren Kopf zu ihm und wisperte: "Netter Zwirn." Renji blickte zu Byakuya, der aufmerksam einem jungen Mann zuhörte, der neben Tante Masama saß, und sagte: "Ein Geschenk." "Passt zu dir", sagte Rukia. Da Renji saß, wie er eben saß, berührte ein Knie ihren Oberschenkel und auf der anderen Seite den von Byakuya. Er nahm das heiße Tuch, welches ein Diener ihm anbot, während Rukia ihm ein scheues Lächeln zuwarf. "Ich kann mich nie daran gewöhnen, wenn deine Haare so sind." Ich kann mich nie daran gewöhnen, wie du jetzt eine echte Dame bist, dachte Renji und beobachtete, wie die Diener nervös um Rukia herumhuschten. Statt das zu sagen, zog er an einer Strähne, die entschlossen zu sein schien, ihm ständig vor den Augen zu hängen. "Eh, du musst sie aber schon einmal offen gesehen haben. Wir waren immer zusammen." "Ja, aber du warst... damals anders", sie lachte und schüttelte den Kopf. "Und überhaupt, deine Haare waren kürzer." Renji wollte Rukia gerade fragen, was sie von der Idee hielt, sie sogar noch weiter wachsen zu lassen, als Byakuya sein Knie berührte und somit Renjis Aufmerksamkeit auf sich zog. "Kommandant?" "Du kennst jeden anderen hier an diesem Tisch, Renji, doch ich sollte dir meinen Cousin vorstellen: Shinobu Kuchiki." Byakuya deutete auf den Jungen neben Tante Masama. "Mein Erbe." Masama lächelte stolz, als wäre es ihr eigenes Kind. Renji hatte hingegen keine Ahnung, was man zu jemandem sagte, der der 29. Oberhaupt der Familie Kuchiki werden würde. Er verbeugte sich so tief, wie er an dem Tisch konnte. Als Renji wieder hoch kam, fuhr Byakuya fort. "Noch ist natürlich nichts schriftlich festgehalten, doch Tante Masama hat ihn heute Morgen vorgestellt und ich habe akzeptiert. Wenn die Dinge weiterhin zu meiner Zustimmung verlaufen, wird er nächstes Jahr die Volljährigkeitszeremonie, den Genpuku, durchlaufen." In einem Jahr wäre Byakuya frei vom Kenseikan... für immer. Er wäre Familienoberhaupt bis zu dem Tag, an dem er starb, aber der konstante Druck, einen Erben hervorzubringen wäre verschwunden. Da waren vermutlich noch Tausende von anderen Andeutungen, die Renji nicht begreifen konnte, doch er wusste, dass das ein großer Schritt für Byakuya war. Die ganze Sache schien wichtig und bedeutsam zu sein und die einzige Sache, die Renji sagen konnte, war: "Wow." Byakuya drückte Renjis Knie unter dem Tisch und kämpfte damit, das Lächeln zu unterdrücken. Tante Masama machte ein finsteres Gesicht. Rukia hob ihren Ärmel, um ihr Gesicht zu verdecken. Der Erbe beobachtete den Austausch mit großen Augen. Der Erbe war ein süßer Junge, doch überraschend untypisch Kuchiki. Seine Haare waren braun, nicht schwarz, und sahen aus, als könnten sie sich in Korkenzieherlocken verwandeln, wenn sie lang genug wachsen würden. Im Moment war es kurz geschnitten, über den Ohren. Eine kleine, eher unmajestätische, Nase saß in der Mitte eines freundlichen, offenen Gesichts. Die Augen waren jedoch absolut Kuchiki: große, dunkle, sturmgraue Augen umrandet von dicken, fast schon femininen Wimpern. Er würde Erwachsen ziemlich gut aussehen. Kein Preis wie Byakuya, doch da war eine Neugierde in Shinobus Blick, den Renji sehr mochte. Tatsächlich war er sich nicht sicher, ob er jemals einen so ausdrucksstarken, neugierigen Kuchiki gesehen hatte. Eh, die Familie wird es vermutlich in kürzester Zeit aus dem armen Jungen herausprügeln. "Shinobu erinnert mich an mich in dem Alter", sagte Byakuya leise und liebevoll. Verdammt, Renjis Gedanke war nicht besonders ernst gewesen, doch nun musste er ein 'Was zum Teufel haben sie mit dir gemacht?' runterschlucken. Rukia lächelte Shinobu an und sagte: "Willkommen. Wirst du auf dem Anwesen bleiben?" Shinobu nickte kleinlaut und mit einem sehr zögerlichen Blick zu Tante Masama sagte er: "Ich hoffe außerdem darauf, zur Akademie zu gehen." "Natürlich gehst du", sagte Masama. Renji musste sich auf die Zunge beißen, um nicht 'wenn er die Aufnahmeprüfung besteht' hinzuzufügen, doch mit der Abstammung wie seiner, war das vermutlich kein großes Problem. Und vielleicht war es wirklich egal. Selbst ohne Talent war es vermutlich wichtig für ihn, ein Mitglied der Hofgarden zu sein, da die 6. Division... Den Kuchiki gehörte. Scheiße. Renji hatte gehofft… nun ja, nein. Fall Byakuya fiel, würde Renji mit ihm draufgehen. Dennoch sah Renji, wenn sie beide nicht mehr wären, Rukia in der Befehlsgewalt anstatt jemand, der die Division mit dem Anwesen gemeinsam geerbt hatte. Byakuya schien den gleichen Gedanken zu haben, denn seine Lippen waren dünn. „Wir werden sehen. Ich hatte viele Jahre privaten Unterricht, bevor ich zur Akademie gegangen bin. Die Aufnahme ist kein garantiertes Recht, sondern ein Privileg.“ „Sagen sie mir, wie die Akademie war, Kuchiki-sama“, fragte Shinobu, seine Augen voller Hoffnung. Die Diener unterbrachen sie mit dem ersten Gang. Renji seufzte beim Anblick dieses kleine bisschen… Kunst auf seinem Teller. Da war ein Sprössling von irgendeinem Kraut und etwas, das wie Gelee und ein winziges bisschen Sushi aussah. Nun ja, er würde warten, bis die anderen fertig waren und es dann in seinen Mund fallen lassen. Ansonsten wäre er viel früher als alle anderen fertig gewesen. Renji dachte immer noch daran, wie er mit der kleinen Portion über die Runden kommen sollte, als Byakuya sagte: „Renji, Rukia, warum erzählt ihr Shinobu nicht davon, wie ihr die Akademie fandet?“ Renji schaute zu Rukia hinüber, die ihm ein kleines ‚Du zuerst‘-Nicken gab. Shinobu wandte seine Aufmerksamkeit gespannt Renji zu. Renji konnte nicht anders, als über das Kind zu lächeln. „Ich habe fast jede Minute meiner Zeit dort geliebt“, sagte Renji. Außer natürlich den Tag, an dem ich Rukia verloren hatte, dachte er und versuchte das nicht auf seinem Gesicht zu zeigen oder zu Rukia hinüberzublicken. „Da gibt es so viel zu lernen: Zanjutsu, Hakuda, Kidō-“ „Nicht, dass du jemals Kidō gelernt hättest“, unterbrach Rukia mit einem Lachen. Renji gluckste zustimmend, doch fügte freimütig hinzu: „Ich kenne genug. Ich kann es im Kampf benutzen – habe erst kürzlich einen Esapada damit betäubt – vielen Dank auch. Ich kann auch ein kleines, instabiles Licht machen. Ich habe nicht gesehen, wie du das gemacht hast, Kidō-Ass.“ „Hast du geübt?“, fragte Byakuya. „Nun ja, ja. Natürlich“, gab Renji zu. „Wann trainiere ich nicht? Und überhaupt, es ist nicht so, als wären das Neuigkeiten für mich, dass Kidō mein großer Schwachpunkt ist. Außerdem hat mir Urahara die Tage erst erklärt, dass die meisten meiner Techniken in Bankai im Prinzip Reiatsu-Manipulationen sind. Es ist derselbe Grundsatz, denke ich… doch ich habe noch nicht genau herausgefunden, wie es zusammenhängt, um mir einen Start zu schaffen.“ „Du hast Bankai? Aber du bist nur ein Vizekommandant“, Shinobu blickte bedeutungsvoll zu Byakuya. „Ich dachte, nur Kommandanten wäre Bankai erlaubt.“ „Es ist keine Sache von Erlaubnis oder Regeln“, erklärte Byakuya geduldig. „Bankai ist eine Sache der Fähigkeit, Stärke des spirituellen Drucks, Bereitschaft und, natürlich, die Tiefe deiner persönlichen Beziehung zu deinem Zanpakutō.“ Danach aß er seine Vorspeise fertig und fügte hinzu: „Außerdem hast du Renji gehört. Er ist eine sehr fleißige und willensstarke Seele. Es gibt nur wenige Shinigami, die so hart trainieren, wie er.“ Selbst wenn Byakuya das ohne einen Hauch Emotion gesagt hatte, spürte Renji, wie sein Gesicht hochrot anlief wegen diesen scheinbar überschwänglichen Komplimenten. „Uh, und mein Bankai ist immer noch ziemlich neu“, sagte Renji Shinobu. „Ich… habe es mehr oder weniger mit Gewalt erlangt, weißt du, es ist nicht wie das vom Kommandanten. Ich habe es erst ein paar Wochen.“ Wow, war das wahr? Selbst als er das sagte, musste Renji rechnen. Ja, vielleicht war es mehr als drei oder vier Wochen, aber es war nicht wirklich lange, seit er… Renji blickte zu Byakuya hinüber. Natürlich verriet sein Gesicht nichts. Doch natürlich schien der kleine Erbe eine Idee davon zu haben, dass es da noch eine Geschichte hinter dem Ganzen gab. „Oooh, hast du dein Bankai benutzt, um die Eindringlinge zu bekämpfen?“ „Nein“, schnaubte Tante Masama. „Er hat es gegen seinen Kommandanten angewendet.“ Renji öffnete seinen Mund, schloss ihn dann aber wieder. Er wollte keine Ausreden für etwas finden, was er nicht bereute – besonders nicht Tante Masama gegenüber. Byakuya biss die Zähne zusammen. Rukias Lächeln kippte und ihre Fäuste ballten sich in ihrem Schoß. Renji stupste mit seinem Knie gegen ihren Oberschenkel um sie wissen zu lassen, dass er ihr für nichts die Schuld gab. So wie die Dinge gelaufen sind zu diesem Zeitpunkt, wäre es zwangsläufig zu einem Kampf zwischen ihm und den Kommandanten gekommen. Shinobu sah verwirrt aus. Seine Augen waren auf Renji gerichtet und er fragte sehr ernst: „Du hast Bankai gegen Bankai mit Kuchiki-sama gekämpft? Warum bist du nicht tot?“ Renji musste leise lachen. Offensichtlich gehörte der Junge zu 110 % zu Team Kuchiki. Ohne Zweifel eine Qualität, die man im zukünftigen Familienoberhaupt sehen wollte. „Gute Frage“, bestätigte Renji. Er kratzte sich nachdenklich den Nacken. „Ich habe darauf, ehrlich gesagt, keine Antwort. Ich denke, ich bin einfach zu stur, um zu sterben.“ „Eine glückliche Wendung des Schicksals“, fügte Byakuya leise hinzu, seine Augen nach unten gerichtet. Doch dann blickte er auf und sah Shinobu fest an. „Wie auch immer, verstehe auch, dass es die Pflicht eines Soldaten ist, ungerechten und illegalen Befehlen zu missachten. Renji führte eine beschwerliche Aufgabe aus, als er die Waffe gegen mich erhob. Byakuyas Blick glitt zu seiner Tante. „Alle anderen ungehorsamen Handlungen gegen die Division wurden bereits zur Zufriedenheit des Kommandanten und des Generalkommandanten behandelt. Wir werden von diesem Vorfall nicht weiter sprechen.“ So nett es auch war, dass Byakuya ihn derart verteidigte, war das auch irgendwie ein echter Gesprächskiller. Renji nutzte die Gelegenheit und schob sich den Sushi-Appetithappen in den Mund. Etwas wie eine Scheibe scharfe Chili klärte in Windeseile seine Nebenhöhlen. Die Gelee-Sauce war weich und beruhigend, doch Renji konnte sie wegen der Schärfe nicht richtig schmecken. Er nahm einen Schluck Sake um zu versuchen, das Feuer in seinem Mund zu löschen. Rukia sah elendig aus. Renji vermutete, dass sie sich schuldig dafür fühlte, weil sie das Chaos angerichtet hatte oder sie dachte an Ichigo und vermisste ihn heftig. Oder beides. Aio kam heran und hob Renjis Tablett an, um ihn durch ein kleines Keramikgefäß und einen Löffel zu ersetzen. Das Gefäß selbst war wunderschön. Glasiert im Kuchiki-Blau, ein handgemaltes Bild von einem Schmuckreiher, der seine Flügel über die Seiten und dem Deckel ausgebreitet hatte und zum Flug ansetzte. Zum Glück roch das, was auch immer im Inneren war, warm und süß. Es war der kleine Kuchiki, der die bedrückende Stille durchbrach. "Ist es wahr, dass Cousine Hiroko ein Zanpakutō hat?" Davon hatte Renji noch nichts gehört. Er spitzte die Ohren. Tante Masama schnalzte missbilligend mit der Zunge. Byakuya ignorierte seine Tante und nickte dem Jungen zu. Dann öffnete er das Gefäß und nahm den Löffel auf. Alle am Tisch herum folgten seinem Beispiel. Renji war glücklich zu sehen, dass es nach heißer Eiercreme mit Yuba oben drauf und Seeigel innendrin aussah. Byakuya tauchte seinen Löffel hinein und sagte: "Ja. Hataorimushi. Es ist zwar ein Rätsel, wie Hiroko Hataorimushi ohne Asauchi herbeirufen konnte, doch es kam, als sie es brauchte." "War das die Cousine, die entführt wurde?", fragte Renji. Er war etwas deprimiert zu hören, dass er verpasst hatte, nach ihr zu suchen, doch es machte Sinn, dass Byakuya nicht hatte warten können. "Sagst du, sie hat Shikai? Klingt, als hätte sie sich selbst gerettet, eh?" "Das hat sie", bestätigte Byakuya vorsichtig. "Doch ich möchte nicht daran denken, was für eine Art Verzweiflung Hataorimushi dazu gebracht hat, ihr zur Hilfe zu kommen." Renji hielt mit einem Löffel voller Eicreme auf dem halben Weg zu seinem Mund inne. Sie wurde nicht vergewaltigt, oder? Ah, scheiße, wie hatte er überhaupt so eine Frage stellen können? Renji versuchte die Antwort auf Byakuyas Gesicht zu lesen, doch die steinerne Leere, die er sah, war weit weg von Trost. "Sie ist doch ok, richtig?" "Ich glaube, das ist sie", sagte Byakuya. "Ungeachtet dessen ist die Akademie der Balsam für ihre Wunden, nach dem es ihr verlangte." Ok, also gab es da eine Geschichte zu. Renji blickte zu Rukia, doch sie schien auch nichts zu wissen, wenn er bedachte, wie groß und neugierig ihre Augen waren. Tante Masama sah einfach nur angepisst wegen allem aus, also war es unmöglich zu sagen, ob sie irgendetwas wusste. Renji vermutete, die vollständige Geschichte würde später rauskommen müssen, wenn er und Byakuya im Privaten waren. "Wird Cousine Hiroko auch zu seinem Geburtstag kommen, Nii-sama?", fragte Rukia. "Wir werden sehen", sagte Byakuya. "Sie war sehr enthusiastisch, ihr Studium zu beginnen und ich habe das Gefühl, dass es ein weitaus größeres Geschenk für alle Kuchiki wäre, wenn sie dort bleiben und ihre Ziele verfolgen würde." "Aber, Byakuya", sagte Tante Masama und schaute dabei Shinobu an. "Das ist ein bedeutsamer Anlass. Nicht nur wird es eine wichtige Bekanntgabe an die Familie geben, du hast auch dein nihyaku go-ju Jubiläum." Hyaku... was? Renji blickte zu Rukia, die ihm zuflüsterte: "Zweihundertfünfzig." Byakuya würde einhundert und fünfzig werden? Renji blinzelte, versuchte diese Information zu verdauen. Er konnte aber einfach nicht. Also platzte aus ihm hinaus: "Warte, du bist jünger als ich, Kommandant?" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)