Schatten der Vergangenheit von Pragoma ================================================================================ Kapitel 19: Nur ein Wochenende ------------------------------ Ihre Nachbarin war Lucy nicht nur eine gute Zuhörerin, sondern beriet sie auch gleich in Sachen Kleidung und was sie anziehen konnte. Die junge Frau war ihr dankbar, ebenso für das Make-up, was sie so niemals alleine zustande gebracht hatte. Dafür hatte Lucy einfach zwei linke Hände, würde aussehen wie ein Clown und keinesfalls ansprechend oder gar sexy. Gut, den pinken Lippenstift hätte sie nicht gewählt, aber Regina war der Meinung, er würde ihr blauen Augen unterstreichen. Lucy besah sich im Spiegel und stellte mit Schrecken fest, dass sie wie eine dieser billigen Nutten vom Straßenstrich aussah. Zu ihrem Glück steckte sie in keinem Minirock, sondern in hautengen Jeans, die ihren Po besonders hervorgehoben. Dazu eine ärmellos, transparente, bauchfreie Bluse, die ersten drei Knöpfe offen. Darunter blitze ein schwarzer Push-up BH hervor, mogelte dazu, was sie von Natur aus weniger besaß und rundete das Gesamtbild der jungen Frau ab. „Du siehst echt gut aus“, stellte auch Regina fest, bewunderte ihr Werk und lächelte. „Bereit für eine aufregend, andere Welt?“ Lucy nickte schwach, folgte ihrer Nachbarin schließlich aus der Wohnung, ins Treppenhaus und über das Treppenhaus runter zum Taxi, welches sie gemeinsam bestellt und gezahlt hatten. Hastig stieg sie ein, sah die ganze Zeit über aus dem Fenster, als wolle sie im letzten Monet doch noch davonrennen. Aber nichts geschah. Lucy blieb ruhig neben Regina sitzen, steig erst aus, als sie ihr Ziel erreicht hatten und musste kurzzeitig schlucken, als sie die leuchtend rote Reklame sah. Doch kein Klischee. Die knallige Schrift sprach deutlich, was in diesem Haus zu finden und zu erwarten war. Lucy betrachtete es eine Weile, dann riss sie sich davon los und folgte ihrer Nachbarin nach drin. Ein paar Stufen schritten sie nach oben und je näher sie ihrem neuen Job kam, umso schneller schlug ihr Herz. Etwas unwohl war Lucy nun doch. Zurück konnte sie jedoch nicht mehr. Sie musste sich dieser Aufgabe stellen, die Unsicherheit und Angst überwinden. Auf wackeligen Beinen überwand sie die letzten Treppenstufen, schritt durch einen rot gestrichenen Flur direkt auf ein geräumiges Zimmer zu, welches sich als Zentrum des Freudenhauses entpuppte. Lucy befand sich direkt vor der Theke, der Blickpunkt, gefolgt von einer schwarzen Sitzgruppe und dieser berüchtigten Tanzstange. Sie war erstaunt, dass der Raum freundlich, mit viel grün gestaltet war, helles Paket verlegt wurde und selbst die schlicht, weißen Gardinen an den Fenstern deuteten auf nichts hin, was sie nicht schon einmal gesehen hätte. Es lockerte auf. Lucy entspannte und war bereit Harry, den Besitzer des Hauses kennenzulernen. Ebenso seine Mädchen, die neben Regina schon länger hier arbeiteten. Wie sie wohl waren? Lucy hatte keine Ahnung, hoffte aber, sie wären nett, offen und sahen sie nicht als Konkurrenz an. „Du musst das Mädchen sein, von dem Anette sprach.“ Die tiefe Stimme verriet, dass es Harry sein musste, der sie ansprach und augenblicklich drehte sich Lucy um, erblickte einen großgewachsenen Mann, der so gar nicht wie ein Zuhälter oder Besitzer eines Bordells wirkte. Er machte er den Eindruck Bänker zu sein, stand im feinen Anzug vor ihr und keines dieser billigen Goldkettchen zierten seinen Hals. Sein Haar war frisch gewaschen, der Bart gestutzt und selbst seine Fingernägel waren sauber geschnitten. Lucy war sichtlich überrascht von ihrem Gegenüber. „Ja, ich bin Lucy“, stellte sie sich endlich, nachdem sie sich gefasst hatte, vor und reichte Harry die Hand. „Für mich bist du das, aber nicht für die Kunden. Überleg dir einen hübschen Namen, lächle und alles andere ergibt sich schon.“ Harry lächelte freundlich, wies Regina an, zwei Tassen Kaffee zu machen und deutet Lucy an, ihm zu folgen. „Reden wir doch kurz über deinen Job.“ Lucy nickte und setzte sich Harry gegenüber auf die Sitzgruppe. „Erfahrungen hast du noch keine auf dem Gebiet, was aber nicht schlimm ist, denn meine Mädchen entscheiden, was sie tun, mit wem und wie weit sie gehen. Du kannst Kunden also durchaus klarmachen, dass du sie ablehnst.“ Wieder nickte Lucy, während sie ihre Tasse gereicht bekam und dankend einen Schluck von dem Muntermachen nahm. „Sonntags ist immer Auszahlung und das in deinem Fall in bar. Regina, beziehungsweise hier heißt sie Anette, hat mir schon gesagt, dass du erstmal nur reinschnupperst.“ „Hat sie das?“ Erstaunt sah Lucy ihren künftigen Chef an. „Hat sie und es ist in Ordnung. Du kannst frei entscheiden, wie lange du bleibst. Ich halte keines meiner Mädchen fest oder gefangen.“ Die Aussage verblüffte Lucy. Mit solchen Worten hatte sie nun wirklich nicht gerechnet. „Ich verstehe“, murmelte sie dennoch leise und langsam fiel die Anspannung. „Scheinbar schaue ich zu viele schlechte Filme.“ Harry lachte darauf hell. „Viele denken, die Mädchen werden gezwungen, aber meine tun es freiwillig. Sie kamen zu mir, nicht ich zu ihnen. Eine von ihnen hat ein Kind, Familie und für diese ist sie hier.“ „Und das ist kein Problem?“ „Nein, ihre Familie lebt nicht in Deutschland“, gab er zu und verblüffte Lucy immer mehr. „Dann schickt sie ihnen Geld, wie diese Saisonarbeiter.“ „Richtig und nichts ist daran falsch. Ihre Familie vertraut ihr, weiß, dass ich mich um meine Mädchen kümmere und ebenso um ihre Sicherheit.“ „Ich muss mir also keine Sorgen machen, wenn Kunden handgreiflich werden?“, fragte Lucy frei heraus und war froh, dass sie offen reden konnte. „Jedes der Zimmer hat einen Notfallknopf. Ich zeige dir diese auch gleich noch und wenn dieser gedrückt wird, komme ich ohne Vorwarnung in die Zimmer rein.“ „Das beruhigt mich. Danke.“ Lucy lächelte ein weiteres Mal, leerte ihren Kaffee und kehrte ein paar Minuten in sich, um alles auf sich wirken zu lassen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)