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Vergiss mein nicht!

Die Reise des kleinen Elben.
von

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Samuel

Ladriel saß wie so oft an seinem Schreibtisch, die Nase tief in einem Buch vergraben, nein, oft war kein Ausdruck, verbrachte er doch die meiste Zeit seines Lebens auf diese Weise, aber zugegeben viel mehr Möglichkeiten bot seine Zelle, nein sein Zimmer auch nicht.

Ja, eine Zelle war dieser Raums schon seit Jahren nicht mehr für ihn, er hatte gelernt, mit dem beengten Raum auszukommen, mehr noch, er genoss ihn regelrecht.

Hier beobachtete ihn niemand, hier konnte er ganz er selbst sein und sich seinen Fantasien und Geschichten hingeben. Warum also sollte er diesen Ort verlassen wollen?

Was bot ihm die Welt da draußen schon? Ihm einen Elben ohne rang und Titel, zu schwach, um sich oder andere zu beschützten…

Im Gegensatz zu draußen war er hier drin etwas Kostbares, ein versteckter Schatz und nicht nur ein armer Wicht der Schande über sich und sein Volk brachte…

Was hatte sein Vater damals gesagt? Er seie nicht mehr als eine schöne Puppe, nett anzusehen, doch zu nichts zu gebrauchen… Eine Schande für ihn und ihre Familie und er solle froh sein, seinem Volk wenigstens auf diese Weise dienen zu können…

Und er? Er hatte es geglaubt, jedes einzelne Wort… Der Kummer und die Gram, darüber hatten ihn fast umgebracht, also hatte er denn einzigen Weg gewählt, denn das Schicksal ihn damals aufgezeigt hatte, er hatte sich freiwillig Samuel zum Geschenk machen lassen…

Er als Sternen, Kind, als Mann, denn egal wie feminin seine Gestalt und seine Züge auch sein mochten, er war und blieb immer noch ein Mann, auch wenn er für seine Art viel kleiner war als gewöhnlich. Ja, er überragte nicht einmal Samuel, doch dieser war für einen Menschen auch ungewöhnlich groß, fast schon wie ein Elb.

Er hingegen war kaum größer als die meisten Frauen seines Volkes, und auch sonst unterschied er sich äußerlich kaum von ihnen und nicht manches Mal hatte er sich schon gefragt, ob sein Leben nicht einfacher gewesen wäre, wenn er statt als Mann, als Frau auf diese Welt gekommen wäre…

Statt ihn zu verschenken, hätte sein Vater ihn sicher einen ehrbaren Mann gesucht…

Nicht das Samuel nicht ehrbar war, immerhin war er ein Herrschers Sohn unter den Menschen, doch da die Elben unterschwellig auf diese herabsahen, war es für ihn als Sohn Veremirs eine schaden gewesen, sich diesen unterzuordnen…

 

Er konnte sich noch genau daran erinnern, wie verzweifelt er am Anfang gewesen war und wie viel Angst er vor diesem kriegerischen Wesen gehabt hatte. Immerhin hatte man ihm, als er klein war, immer gesagt, dass es besser war, sich von Menschen fernzuhalten, weil sie nur krieg und verderben über ein Land bringen würden und als Samuel sich ihm das erste Mal genähert hatte, da hatte er auf einmal so eine Panik gehabt, dass er ihn von sich geschoben, ihn angeschrien und beschimpft hatte, doch mehr als ein paar Tage in einen fensterlosen Raum hatte es ihm nicht eingebracht ...

Tage, in denen er keine Menschenseele gesehen, geschweige denn gesprochen hatte ... Tage, in denen er weder lesen noch schreiben gekonnt hatte, geschweige denn, wie er es oft getan hatte, Gedanken verloren, aus dem kleinen Fenster seines Zimmers zu schauen und sich vorzustellen, wie es wäre, nicht er zu sein, sondern ein freier Vogel, der über die alten Burgmauern flog, oder ein starkes Ross, das einfach über jedes Hindernis hinweg galoppierte und sich seinen weg suchte, so wie das Wasser im Burggraben ... Doch er war weder ein freier Vogel noch ein stolzes ungezähmtes Pferd, nein, er war nicht mal so stark wie das Rinnsal, das sich durch den Burggraben zog und bei starken Wetter anschwoll und über die Ufer trat…

Diese Erkenntnis hatte ihn fast ebenso schwer getroffen wie die Worte seines Vaters, und so hatte er endgültig beschloss zu türmen und sich und seinem erbärmlichen Leben ein Ende zu setzten ...

Doch kaum war es ihm damals gelungen, aus der Burg zu entkommen, war er auch schon in das nächste Unheil hineingelaufen, in Form eines Wesenhändlers welcher ihn einfangen und verkaufen wollte oder gar schlimmeres… Doch zu seinem Glück hatte Samuel sein Verschwinden bemerkt und hatte sich auf die Suche nach ihm geben.

Ladriel konnte sich noch genau erinnern, wie erleichtert und gleichzeitig panisch er gewesen war, als Samuel aufgetaucht und dem Mann einfach den Kopf abgeschlagen hatte, ehe er in wortlos auf sein Pferd gezogen und mit ihm zurück in den Sicheren schützt der Burg geritten war ...

Samuel hatte damals wirklich wie der Ritter auf dem weißen Pferd gewirkt und doch hatte er ihn bestraft. Tagelang hatte er ihn auf seinem Nachtlager festgebunden, doch statt ihm erneut mit Missachtung zutrafen, war er jeden Tag zu ihm gekommen, hatte ihm persönlich zu essen und zu trinken gegeben. Seinen Körper für ihn gereinigt ... und ihm wieder und wieder eine Standpauke darüber gehalten, wie sehr er Angst um ihn gehabt hatte, um ihn wehrloses Geschöpf ...

Und da hatte er es begriffen, für die Welt, da draußen mochte er nichts wert sein, aber für Samuel war er etwas Kostbares, etwas, das er beschützten und bewahren wollte und dass notfalls vor sich selbst… und ab da hatte er beschlossen, Samuel eine Schanze zu geben, und dieser hatte ihn nicht enttäuscht, mehr noch, er hatte ihm einen neuen Weg aufgezeigt, einen weg an seiner Seite.

 

Und so war für Ladriel aus seiner Zelle, seinem vermeintlichen Gefängnis, ein sicherer Ort geworden, an dem er sich sicher und geborgen fühlen konnte. Einen Ort an dem niemand außer Samuel und dem kleinen Küchenjungen Jola kam, welcher regelmäßig sein, essen brachte.

Zu Anfang hatte Ladriel geglaubt, Samuel habe dem Jungen verboten, mit ihm zu sprechen, doch als er diesen danach gefragt hatte, hatte dieser nur traurig mit dem Kopf geschüttelt, etwas, das Ladriel neugierig geweckt hatte, doch seine Neugierige hatte er, sobald er sie befriedigt hatte, bereut, denn er hatte erfahren, dass der Junge in seinem ganz eigenen Gefängnis lebte, denn außer mit Händen und Füssen war er nicht in der Lage, sich auszudrücken ...

Ladriel wusste nicht, wieso, aber irgendwie glaubte er sich selbst in dem Jungen wiederzuerkennen…

Vermutlich, weil ihm sein eigenes Leben oft wie ein Gefängnis vorgekommen war…

Vielleicht hätte er dem jungen deswegen gerne das Lesen und Schreiben beigebracht, ihm die Freiheit gelehrt, die er selbst in dem geschriebenen Wort gefunden hatte, doch unter den Menschen wie unter den Elben war jeder nur so viel wert, wie er einbrachte… Und ein stummer Junge war nach der Sicht der Menschen nicht mal das Papier wert, auf dem die Worte standen, die Ladriel ihn lehren wollte… Dabei war es nicht mal Samuel gewesen, der es ihm verboten hatte, es war die Mutter des Knaben selbst gewesen, die nicht gewollt hatte, dass er ihrem Jungen solche Flausen in den Kopf setzte… Sie hatte gesagt, er müsse arbeiten und sich nicht irgendwelchen Träumereien hingeben, er würde ja doch nie mehr sein als ein Trottel, der es nicht vermochte zusprechen…

 

Träume… waren seine geschriebenen Worte wirklich nur, dass Träume? Eine Flucht vor der Realität? Hatte die Frau recht? Sollte sich jeder einfach dem ergeben, was er war? Jola dem leben als Küchenjunge und er, er als lebendes Geschenk für Samuel, nett anzusehen, aber nicht mehr wert als eine Dirne, die für ein paar Pfennig die Beine breitmachte?

Denn Tränen nahe klappte er das Buch mit einem seufzend zu, als ihm eine Stimme aufschrecken ließ.

 

„War die Geschichte so traurig das du weinst Ladri?!“

 

Samuel ... Wann, wie war er eingetreten? Und wieso hatte er ihn nicht bemerkt? War er so in seinen trüben Gedanken versunken gewesen? Schnell versuchte er seine Tränen wegzuwischen, doch Samuel ergriff seine Hand und strich an seiner Stelle vorsichtig jede einzelne fort, als wären sie etwas Kostbares, ehe er ihn ernst ansah.

„Ladriel ich mach mir Sorgen um dich, du bist in letzter Zeit wieder so still und nachdenklich… Geht es noch immer um Jola? Glaub mir auch als Küchenjunge hat er in meiner Burg kein schlechtes leben. Das hat, soweit es unter meiner Kontrolle steht, keiner in dieser Burg und das weißt du.“

Wieso musste Samuel nur immer direkt wissen, was ihn beschäftigte? Nichts konnte er vor diesem Mann verbergen… Ja, Ja, seine Gedanken wahren in den letzten Tagen oft düsterer gewesen, als er zugeben mochte, etwas, für das er sich schämte. Samuel tat so viel für ihn, er besorgte ihn Bücher, mit denen er seinen Geist beschäftigen konnte, gab ihm Papier, auf dem er seine Gedanken und Geschichten niederschreiben konnte und das wichtigste, er gab ihm nähe und Zuneigung, wenn er sich einsam und wertlos fühlte, so wie gerade… Beschämt sah er zu Boden.

„Es tut mir leid… "War alles, was seine Lippen verließ, doch Samuel ging gar nicht darauf ein, sondern zog ihn nur in eine feste Umarmung, die mehr sagte, als es tausend Worte je vermocht hätten.

Eine Weile hielt er ihn so ihm arm, ehe er ihn noch fester an sich drückte.

„Du weist das ich dich liebe Ladriel oder?!“

Was? Fassungslos sah er zu Samuel auf. Er, er liebte ihn? Nein. Nein, das, das hatte er nicht gewusst… Er wusste, dass Samuel ihn für kostbar hielt, ihn begehrte, ja, er hatte ihn sogar einmal gesagt, dass er ihn brauchen würde, doch lieben? Nein von Liebe hatten sie nie gesprochen.

Liebe, was bedeutete dieses Wort auch? Wie oft hatte er darüber gelesen, doch empfunden?

Hatte er sich als Kind geliebt gefühlt? Nein, nein, wenn er ehrlich war, nicht… Doch die Art der Elben zu lieben konnte man wohl auch eher mit Zuneigung vergleichen. Ja, er war sicher und geborgen, aufgewachsen, aber liebe, liebe, wie sie die Menschen pflegten, nein, so etwas hatte es für ihn nie gegeben… Nicht in seiner Welt als Elb.

Als solcher kannte er nur die düsteren Legenden über die Liebe, in denen sie als sonderbare Macht verschrien war, die einen die Sinne trübte und zu nichts weiterführte, als zu einem unweigerlichen tragischen Ende. Kein Elb, der jemals geliebt hatte, war damit glücklich geworden, im Gegenteil, es war stets ihr verderben gewesen… Sie hatten gegen ihr besseres Wissen alles gegeben, was sie hatten, sogar ihre Unsterblichkeit. Doch was hatte er schon, dass er für Samuel aufgeben konnte, sein Leben und sein Körper gehörte ohnehin ihm. Also warum sprach er jetzt davon, dass er ihn liebte? Was war geschehen, das er glaubte, ihm so etwas mitteilen zu müssen…

Es musste etwas Schlimmes sein, denn so viel Angst hatte er noch nie in Samuels Augen gesehen.

 

„Ladriel…Ich…“

 

Aus Samuels stimme konnte er nun, da er sich voll und ganz auf ihn konzentrierte, tiefe Angst und Verzweiflung heraushören, doch was ließ einen so starken und mächtigen Mann wie Samuel nur eine solch angst verspüren? Eine Angst, die so stark zu sein schien, das Ladriel glaubte sie selbst am eigenen Leib zu spüren, und in der Tat begann er in Samuels Armen zu zittern…

Wenn Samuel etwas so sehr fürchtete, dann, dann musste es etwas Schreckliches sein und doch verspürte Ladriel denn drang alles zu tun, was in seiner Macht stand, um das vermeintliche Übel, das Samuel und dessen Glück bedrohte abzuwendenden.

In diesem Moment erkannte er das nicht nur Samuel es war der liebte ihn, nein, er liebte ihn ebenfalls. Er als Elb liebte einen Menschen, nein nicht irgendeinen Menschen, Samuel.

Verzweifelt klammerte er sich an dessen Brust fest, während ihm erneut die Tränen kamen. „Ich liebe dich auch Samuel.“ Ladriel konnte spüren, wie Samuel sich kurz versteifte, ehe er ihn noch fester umarmte.

 

„Aber Ladriel…Du…“

 

Ja, er wusste genau, was Samuel sagen wollte, er als Elb sollte nicht so empfinden… Samuel kannte genau wie er die Legendenden über Elben und Menschen, die sich einst verliebt hatten, und sie mussten ihn genauso ängstigen, wie sie es ihn als Kind hatten und doch, doch verspürte er keine Angst, im Gegenteil, er empfand eher eine seltsame Art von inneren Frieden, wie er ihn nie gekannt hatte.

Vorsichtig lehnte er sich in Samuels Armen zurück, um ihn in die Augen sehen zu können.

„Es ist schon gut Samuel. Ich weiß, was du denkst, aber mir macht es keine Angst, nicht solange ich bei dir sein kann.

Weißt du, ich hatte immer Angst, dass es keinen wirklichen Platz für mich in dieser Welt gibt, das, das ich mich an deiner Seite völlig verlieren würde, aber das Gegenteil ist der Fall, durch dich habe ich gelernt, das ich auf dieser Welt einen Platz habe, das mein Leben einen Wert hat, mehr noch, dass es einen Wert für mich hat!

Doch nun, da ich dir meine tiefsten Gefühle offenbart habe, bitte ich dich, offenbare du dich mir ebenfalls, was ist es, dass dir eine solche Angst macht?“

 

Doch Samuel antwortete nicht… Erst als er ihn erneut darum bat, konnte Ladriel spüren, wie Samuel seinen inneren Kampf aufgab und seinen Griff um ihn löste, ehe er ihn bei den Schultern fasste und ihm besorgt ansah.

„Mein Vater er, er will, dass ich Mariella heirate… und, und endlich erwachsen werde und diese seiner Meinung nach kindische liebe zu dir aufgebe…“

Fassungslos sah er Samuels an und hoffte in dessen Gesicht lesen zu können, dass es nur ein schlechter Scherz sei, doch aus seinen Augen sprach die pure Verzweiflung…

Er, er wollte dem Drängen seines Vaters doch wohl nicht etwas nachgeben, oder? Oder etwa doch? Hatte er ihm deswegen gesagt, dass, dass er ihn liebte? Wollte er ihn etwa wegschicken?

Allein die Vorstellung riss Ladriel denn Boden unter den Füssen weg und ließ die Welt um in schwinden… Währe Samuel nicht gewesen, er wäre wohl unweigerlich zu Boden gestürzt, doch stattdessen konnte er schwach spüren, wie Samuel ihn an sich drückte und sich langsam mit ihm zu Boden sinken ließ, während er wie wild auf ihn einredete.

„Ladriel... Ladriel... Ladriel... Hey, ich habe nicht gesagt, dass ich das tun werde, wie könnte ich?

Hörst du? Ich könnte so etwas nie… Du gehörst mir das, das weißt du doch ... Ich könnte dich niemals aufgeben, hörst du? Du gehörst zu mir, ich brauche dich, ich brauche dich wie die Luft zum Atmen…“

Ladriel konnte Samuels Worten kaum folgen und doch schaffte es allein seine Stimme und seine Wärme, dass seine Sinne nach und nach wieder zu ihm zurückkehrten.

Zuerst Samuels wärme dann seine Stimme, sein unvergänglicher Geruch, seine Warme, liebvolle Aura, ehe er endlich wieder klar das Gesicht seines geliebten erblicken konnte.

Was war das gewesen? So, so etwas hatte er noch nie gefühlt, es war, als hätte mit aller Kraft etwas sein Innerstes auseinandergerissen… War er etwa krank? Nein, nein, das konnte eigentlich nicht sein, Elben wurden nicht krank. Andererseits, normal verliebten Elben sich auch nicht ...

War dies vielleicht Maras Strafe dafür, dass er es gewagt hatte, sich in einen Menschen zu verlieben? War das die dunkle Kraft aus den alten Legenden? Würde Maras ihm als Strafe das Letzte nehmen, was er hatte? Sein Leben?

Ehrlich gesagt konnte Ladriel sich das nicht vorstellen, aber er konnte sich auch nicht ausmalen, was es sonst seien sollte. Dass das einzige was er wusste, war, dass er unglaubliche Angst hatte, Samuel zu verlieren… Dabei war dies früher oder später doch unausweichlich ... Immerhin war Samuel ein Mensch, er würde altern und sterben, aber er? Er war ein ewiges Geschöpf, dessen Seele mit dem Schicksal dieser Welt verwoben war und bis zu ihrem Ende fortbestehen würde…

Er würde noch lange auf dieser Erde verweilen, selbst wenn Samuel diese längst verlassen hätte…

Dabei konnte Ladriel sich ein Leben ohne diesen keine Sekunde vorstellen. Samuel war sein Leben, seine Welt, ohne ihn wollte er nicht einen Tag auf dieser Erde verweilen, da würde er lieber jetzt und hier in dessen Armen sterben.

Fest entschlossen befreite er sich aus Samuels Armen, ehe er ihm tief in die Augen sah. "Samuel, du musst mir eins versprechen. Wenn, wenn du mich jäh aus welchem Grund auch immer verlassen musst, töte mich!"

Auf einmal spürte er eine brennende Ohrfeige auf seiner Wange. Samuel ...?! Samuel hatte ihn, ihn geschlagen! Wie, wieso tat er das? Fassungslos berührte er seine Wange, die regelrecht zu glühen schien. Hatte Samuel wirklich so fest zugeschlagen? Aber, aber wieso? Er, er hatte noch nie seine Hand gegen ihn erhoben, warum jetzt? Was, was hatte er getan, um ihn zu so zu erzürnen? Noch bevor er ihn danach fragen konnte, hatte Samuel ihm feste bei den Armen gepackt und zwang ihn dazu, ihn anzusehen.

"Wage es nicht in meiner Gegenwart von Sterben zu reden, geschweige denn mich um so etwas zu bitten, hörst du?! Ich werde dich nie verlassen und ich werde es auch nicht zulassen, dass du mich verlässt! Und wenn ich dich auf ewig hier einsperren muss!"

Samuel… Ladriel wusste, dass dies nur die verzweifelten Worte eines Menschen wahren, der versuchte zu bewahren, was er liebte, und doch wusste er es besser und hoffentlich würde Samuel, wenn es irgendwann wirklich so weit kam, ein Einsehen haben und es für ihn tun als, als letzten Akt der Liebe… Doch darüber konnten sie sich Gedanken machen, sollte es wirklich so weit kommen, bis dahin würde er, Samuels Wunsch, dieses Thema nicht mehr zu erwähnen, wahren und seine düsteren Gedanken für sich behalten.

Zögerlich nickte er als Zeichen, das er ihn verstanden hatte, ehe er sich erneut in dessen Arme schmiegte. „Ich würde dich niemals freiwillig verlassen, nicht mal, wenn, wenn du diese Frau wirklich heiraten musst…“ Und das meinte er bitterernst. Diese Frau mochte vielleicht seine Gattin werden, aber ihn, seinem Herzen würde Samuel immer nur ihm gehören, genauso wie, wie dieser Moment!

Vorsichtig regte er sich in Samuels Armen, bettelte förmlich darum, dass er ihn küsste, er musste Samuels nähe jetzt einfach spüren, dessen starke Arme seine weichen Lippen.

Zum Glück ließ Samuel sich nicht lange bitten. Zärtlich und doch zugleich Vordern konnte Ladriel, dessen Lippen auf den seinen Spüren, während dieser ihn zärtlich zu Boden drückte.

„Ich werde niemals jemand anderes lieben als dich, Ladriel, meinen zauberhaften Engel, doch anscheinend hast du das noch immer nicht ganz begriffen. Doch das macht nichts, ich werde es dir immer und immer wieder beweisen, bist es mit Leib und Seele begriffen hast!“

Samuel hatte ihm diese Worte ins Ohr geraunt, ehe er damit begonnen hatte, zärtlich daran herum zu knabbern, dabei wusste er doch, wie, wie wahnsinnig ihn das machte, als Elb wahren seine Ohren unglaublich empfindlich, und dies bezog sich nicht nur auf sein Gehör, sondern auch auf Berührungen. Überhaupt reagierte sein ganzer Körper unglaublich sensible auf Samuels, auf dessen Wärme sein unvergleichlicher Geruch, an dem stets ein Hauch von Erde und Metall anhaftete.

Seine tiefe, sonore Stimme, die in seinem inneren widerzuhallen schien und nicht zuletzt seine zärtlichen und doch fordernden Berührungen, die ein schier endloses Feuer in ihm entfachten und ihn zu verschlingen drohten. Doch all das wollte und brauchte es jetzt. Er musste sie einfach spüren, diese tiefe Verbindung ihrer beider Körper und Seelen.

Denn auch wenn Sex für ihn als Elb keine vorrangige Rolle spielten, so genossen er ihn doch als tiefste Form er Zuneigung. Sex miteinander zu haben, war für Elben die tiefste Form der Verbindung, sie wurden buchstäblich zu einem Teil eines Ganzen, das sie nie wieder lösen würden und genau das wollte er, er wollte nie wieder von Samuel getrennt sein.

In dieser Nacht verwoben sie nicht nur ihre Körper, sondern auch ihre Schicksalsfäden erneut miteinander und als Samuel ihm darum bat, ihn nach Madras zu begleiten, willigte Ladriel ein, wie hätte er ihn auch alleine gehen lassen können?!

 

 

In den nächsten Tagen wurde ihre Reise vorbereitet und Ladriel bekam Samuel kaum zu Gesicht, da dieser, viele endlose Gespräche, mit seinem Vater hatte führen müssen, bis dieser ihm gestattetet hatte, ihn mitzunehmen. Vermutlich hatte er schließlich doch nachgegeben, da er wohl glaubte, dass selbst Ladriels elbische Schönheit nicht mit den reizen einer Frau konkurrieren konnte, doch Ladriel war es gleich Hauptsache, er konnte bei Samuel bleiben und auch wenn ihm die Vorstellung, diese mauern zu verlassen, ängstigte, so freute er sich auch auf die Reise mit ihm. Immerhin würden sie Tag und Nacht miteinander verbringen können, abseits von Regeln des Schlosses und Samuels Verpflichtungen als Thronerben.

Als der Tag der Abreise endlich da war, meinte Ladriel sogar so etwas wie echte Vorfreude zu verspüren, doch als Samuel ihn schließlich abholte, drohte ihn seine Angst vor der Welt da draußen wieder zu übermannen… Hätte Samuel nicht seine Hand genommen, er hätte keinen Fuß vor den denn anderen bekommen. Erst als sie endlich in der Kutsche Platz genommen hatte, beruhigte sich sein aufgewühltes Herz wieder.

Die ersten Stunden fuhren sie noch durch dicht besiedeltes Gebiet, doch nach und nach wurde die Umgebung ländlicher und der Gesang von Vögeln und anderen Tieren mischte sich in das Lied ihrer Reise, so wie damals, als er nach Adras gekommen war…

Damals hatte er in einer ähnlichen Kutsche wie diese Gesäßen doch nicht neben Samuel, sondern neben seinem Bruder Yoran, welcher ihn auf Anweisung seines Vaters begleitet hatte. Es war das erste Mal gewesen, das er seine Heimat Bachtal und die damit verbundenen bekannten Wälder und Flüsse verlassen hatte… Davor hätte er sich nie träumen lassen, wie groß diese Welt wirklich war, doch viel hatte er davon nicht gehabt, denn sie wahren bis auf ein paar kurze Pausen Tag und Nacht durchgefahren, bis sie die Mauern Adras erreicht hatten.

Eine Welt, die ihm bis dahin völlig fremd gewesen war und auch dieses Mal würde ihm eine Kutsche an einen Ort bringen der ihm unbekannt war. Ihn zu Menschen führen, die er nicht kannte und von denen er nicht wusste, ob er ihnen würde vertrauen können… Immerhin lief er als Elb, der sich nicht selbst verteidigen konnte, hier draußen in der Welt stehst Gefahr, an Menschen zu geraten, die ihn für sich ausnutzten wollten oder gar Schlimmeres... Doch mit Samuel an seiner Seite fühlte er sich sicher, immerhin hatte dieser nicht nur einmal bewiesen, dass er alles riskieren würde, um ihn zu beschützten, und so schenkte ihm diese Reise eine ihm ungekannte Freiheiten, zumindest bis sie an ihr Ziel gelangen würden, denn dort würde Samuel seinen Pflichten als Thronerbe wieder nachkommen müssen mehr noch als freier, der um die Hand der Prinzessin Bat… Und er, er würde versuchen, sich so unsichtbar wie möglich zu machen und sich in Samuels Kammer verbergen, bis sie sich hoffentlich schnell wieder auf dir Rückreise nach Adras machen würden…

 

Am Abend hielt der kleine Tross in der Nähe eines Sees, wo sie ihr Lager aufschlugen.

Während die Wachen und Gefolgsleute von Samuel am Abend ums Feuer saßen, tranken und sangen, zog es Ladriel wie magisch zum Wasser, in dem sich der Vollmond und die Sterne spiegelten.

Wie lange hatte er nicht mehr den Geruch von Wasser und die Energie all seinen Lebewesen darin wahrgenommen? Es musste eine schiere Ewigkeit sein. Ehe er sich versah, war er aus seinen Stiefeln geschlüpft und mit den mit den Füssen in das kühle Nass getreten. Etwas, das ihm ein unglaubliches Gefühl von Verbundenheit mit den verschiedenen Elementen um ihn herum verspüren ließ.

Das kühle Wasser um seine Beine, der schlammige Erdboden unter seinen Füssen und das Rauchen des Windes in den Blättern der umliegenden Bäume und Gräser, das in seinen Ohren tanzte und mit seinen langen Haaren spielte.

Doch auf einmal störte etwas die friedliche Melodie der Nacht, wahren das Schritte?

Etwa einer der Wachen? Kamen sie ihm deswegen so vertraut vor? Hatte er sich vielleicht unbewusst zu weit vom Lager entfernt? Als er sich umdrehte, erkannte er zu seiner Samuel am Ufer. Aber was, was tat er hier? Und das ganz alleine ohne Wachen? Ja, er konnte sich verteidigen, aber wenn hier irgendwo ein Hinterhalt lauerte, dann, dann… Panisch stieg er aus dem Wasser und lief auf Samuel zu. „Was, was machst du hier? Wo sind die Wachen? Oder wenigstens dein Schwert? Komm… Komm lass und zurück zu den anderen gehen…“

Doch statt mit ihm zu gehen, hielt Samuel in auf, als er ihn Richtung Lager ziehen wollte und zog ihn stattdessen in seine Arme.

„Es ist alles gut, die Wachen haben jeden Grashalm umgedreht, bevor wir hier gelagert haben, oder glaubst du, ich hätte dich sonst so ohne Schutz alleine umher wandern lassen?“

Jetzt, wo Samuel es aussprach, nein, nein, das, das hätte er nie getan. Eigentlich war es sogar typisch Samuel, dass er ihm selbst gefolgt war, statt eine Wache zu schicken, aber was hatte er sich auch dabei gedacht, einfach loszulaufen, ohne Samuel oder zumindest irgendwem ein Wort zu sagen…? Die ehrliche Antwort war nichts. Die Magie der Natur hatte ihn einfach in ihren Bann gezogen und so war er ohne nachzudenken losgelaufen ... „Ich, es tut mir leid Samuel… Ich, ich hätte mich nicht von euch entfernen sollen, ohne… ohne euch wenigstens Bescheid zu…“

Auf einmal bedeutete Samuel ihn zu schweigen. Hatte er ihn etwa so verärgert? Angespannt hielt Ladriel seinen Atem an, bis Samuel ihn beruhigend über das Haar strich.

„Dummerchen, außer dir und mir ist niemand hier kein Grund, mich so förmlich anzusprechen und wenn ich etwas dagegen gehabt hätte, dann hätte ich es schon zu verhindern gewusst.

Du müsstest doch inzwischen wissen, dass ich immer ein Auge auf dich habe. Das galt im Schloss und vor allen hier draußen, immerhin mag ich mir gar nicht ausmalen, was dir hier draußen zustoßen könnte… Auch ihr Elben, seid nicht unverwundbar, vergiss das nicht…“

Samuel hatte recht. Er, er war nicht unverwundbar, das Gift einer Schlange etwa vermochte ihn nicht zu töten, aber auch ihm würde es schaden, doch irgendwie glaubte Ladriel nicht, das Samuel von so etwas sprach… Sondern eher von seiner letzten unangenehmen Bekanntschaft, die er in Freiheit gemacht hatte… Allein bei der Erinnerung fröstelte es ihn…

Denn auch wenn er damals hatte sterben wollen, dass das, was dieser Händler vermutlich mit ihm vorgehabt hatte, dass das wollte er sich in seinen schlimmsten Albträumen nicht vorstellen…

Allein diesen, diesen Blick von, von diesem schrecklichen Menschen würde er wohl nie wieder vergessen können… Er, er hatte ihn angesehen, als, als wenn er ihn bei lebendigen leibe hätte fressen wollen. Nein, nicht auszumalen, was hätte passieren können, wenn, wenn Samuel damals nicht aufgetaucht wäre, um ihn zu retten…

 

„Es ist alles gut Ladriel, ich bin doch bei dir… Na komm, du wolltest doch gerade baden gehen, habe ich recht?! Na, komm, lass mich dich begleiten.“

 

Mit diesen Worten hatte Samuel ihn einen kurzen Kuss auf die Stirn gegeben, ehe er ihn losgelassen und bereits damit begonnen hatte, sich zu entkleiden. Ein Bild, das Ladriel immer wieder faszinierte.

Unter Samuels weitem Hemd Kamm, dessen starke männliche Brust und die kräftigen arme zum Vorschein, welche ihn schon so manche Nacht gehalten hatten. Ob sie es immer noch tun würden, wenn, wenn Samuel eine Braut hatte, die ihm das Bett wärmen würde…

Ladriel selbst wusste, wie töricht dieser Gedanke war, und doch, doch konnte er ihn nicht abschütteln, immerhin war er sich sehr wohl darüber bewusst, was es bedeutet, wenn Samuel diese Frau heiraten würde und was man von diesem erwarten würde… Man würde erwarten, dass, dass er sich zurückzog, Mariella das Feld kampflos überließ, aber welches Anrecht hatte er auch schon auf Samuels Aufmerksamkeit und liebe…

Auf einmal riss ihn eine warme Berührung an seinen Wangen aus seinen Gedanken. Samuel, er stand inzwischen vollkommen unbekleidet vor ihm und, und er…? Er hatte bis jetzt nur seine Schuhe abgelegt, welche nun neben Samuels Sachen im Gras lagen. Peinlich berührte, blickte er zu Seite, doch Samuel ließ sich davon nicht stören und begann damit, ihn wie schon so viele Male zuvor aus seinen Gewändern zu befreien, als seie er ein kostbares Geschenk, das nur darauf wartete, enthüllt zu werden.

„Ich habe dir doch gesagt, ich werde dir immer wieder beweisen, wie sehr ich dich liebe, bis du es endlich begriffen hast, dass es für mich niemand anders geben kann!“

Was, woher wusste Samuel schon wieder, was ihm gerade durch den Kopf gegangen war? War er wirklich so leicht zu durchschauen? Groß Zeit, darüber nachzudenken ließ Samuel ihn nicht. Denn nach und nach vielen immer mehr seiner Kleidungsstücke zu Boden und Samuels raue Hände, die immer wieder wie zufällig seine nackte Haut streiften, verlangten nach seiner Aufmerksamkeit.

Erst als auch sein letztes Kleidungsstück zu Boden gefallen war, beendete Samuel sein kleines Spielchen und nahm ihn bei der Hand.

„Na komm lass uns Baden gehen.“

 

 

Für Ladriel war es ein überwältigendes Gefühl gewesen, Samuel hier draußen umgeben von den Elementen so nah zu sein. Noch nie hatte er sich ihm und gleichzeitig seiner Umwelt so verbunden gefühlt wie in dieser Nacht, als Samuel ihn im Schutze einiger Büsche und Sträucher im feuchten Gras geliebt hatte. Wenn man ihn gefragt hätte, was für ihn der Inbegriff von Glück wäre, er hätte diesen Augenblick genannt. Überhaupt ließ die ganze Reise seinen Geist und seine Erscheinung erblühen und er fühlte sich so frei und unbeschwert, wie er es noch nie getan hatte.

Selbst Samuel schien dies nicht entgangen zu sein, denn jeden Abend bevor sie sich liebten, beteuerte er ihn, dass er mit jedem Tag noch schöner werden würde und vielleicht hatte er damit sogar recht, zumindest hatte Ladriel sich noch nie so eins mit sich und seiner Umgebung gefühlt wie auf dieser Reise zusammen mit Samuel.

Dieses Gefühl geriet erst ins Wanken, als sie besiedeltes Gebiet erreichten und damit ihrem Ziel immer näher kamen ... Desto mehr Menschen sie begegneten, desto unwohler fühle Ladriel sich, doch er wagte es nicht, sich Samuel mitzuteilen, dieser wirkte so glücklich, dass er ihn nicht schon wieder sorgen bereiten wollte, doch spätestens als er eine Burg in der Ferne auf einem großen Hügel ausmachen konnte, war er nicht mehr in der Lage gewesen, seine innere Unruhe zu verbergen. Dabei würde es mindestens noch eine Tagesreise lang dauern, bis sie dort ankommen würde…

 

Die letzte Nacht ihrer Reise verbrachten sie nicht wie die vergangenen Tage unter freiem Himmel, sondern in einer Herberge, einen Ort, der Ladriel Unwohlsein verursachte… Dort wahren viel zu viele Menschen, die tranken herum grölten und ihn so merkwürdig musterten, als würden sie versuchen, in sein Innerstes zu schauen… Dabei wusste er, das dies völliger Irrsinn war, vermutlich hatten sie einfach noch nie einen Elben gesehen. Dafür waren sie viel zu weit von seiner Heimat entfernt, und soweit er wusste, lebte auch kein anderer Elbenstamm so weit im Norden und trotzdem war er unendlich froh gewesen, als sie auf ihre Zimmer gekonnt hatten…

Doch da dies der letzte Abend ihrer Reise war und Wachen wie Gefolgsleute müde und geschafft von der Reise, hatte Samuel es sich zur Aufgabe gemacht, sie mit einer Art kleinen fest zu überraschen, er hatte Bier und Wein für alle Organisieren und ein herzhaftes Mal von der der Herbergsköchin zubereiten lassen. Natürlich hatte er es ebenfalls als seine Aufgabe gesehen, an diesem kleinen Fest teilzunehmen und auch Ladriel hatte er dazu gebeten, doch mehr als ein paar Bissen und ein paar Schlucke Wein hatte er nicht herunterbekommen, bis er lieber wieder auf ihr Zimmer verschwunden war, doch auch hier gab es ein Problem… Jetzt, wo Samuel unten freudig mit den anderen feierte, saß er hier ganz alleine mit seinen Gedanken… Wie würde es wohl in der Burg Baldra sein? Wie würde Mariella sein? Würde sie akzeptieren können, dass es bereits jemanden an Samuels Seite gab? Oder würde sie von Samuel verlangen, ihn wegzuschicken? Wie Samuels Meinung dazu war, wusste er, doch wie stand er eigentlich dazu? Konnte er es selbst akzeptieren, Samuel mit jemanden zu teilen? Er hatte so freimütig behauptet, Samuel nie zu verlassen, aber konnte er wirklich damit leben, wenn, wenn Samuel noch mit jemand anders zusammen war als ihn?

All diese Fragen und noch tausend andere schossen ihm durch den Kopf und machten ihn seltsam müde und ließen ihn doch nicht zur Ruhe kommen. Aufgewühlte lief er immer wieder durch den kleinen Raum, bis er schließlich am Fenster stehen belieb, wo er zu den Sternen hinaufsah und sich von ihnen wünschte, immer an Samuels Seite bleiben zu können.

 

Als Samuel später endlich ihre Kammer betrat, stand der Mond bereits hoch am Himmel. Er musste noch lange mit den anderen Männern unten in der Schenke gezecht haben, denn Ladriel konnte eindeutig denn starken Geruch von Bier und Wein an seinen geliebten wahrnehmen, überhaupt hatte sich Samuels ihm so vertrauter Geruch im Laufe ihrer Reise leicht verändert. Statt nach Stahl und Leder und der Erde seiner, nein ihrer Heimat roch er nun mehr nach Holz, Blumen und Blättern der umliegenden Wälder, welche sie auf ihrer Reise durchquert hatten.

Kaum das die Tür knarrend in ihren Rahmen zurückgekehrt war, zog Samuel bereits in seine starken Arme, ehe er ihn fordernd küsste. Genauso wie Samuel schlang nun auch er seine Arme um seinen Geliebten und ließ sich von ihm Richtung Nachtlager drängen.

In dieser Nacht liebte Samuel in so intensiv das Ladriel fast glaubte, unter dessen Berührungen vergehen zu müssen, aber vielleicht lag es auch nur daran, das er wusste, dass dies für eine längere Zeit das letzte Mal sein würde, das sie so beieinanderliegen konnten, denn sobald sie Baldra betreten würden, wäre er nicht mehr Samuels geliebter… Aber was würde er dann sein? Er war kein freier Elb, aber er war, wenn man es so wollte, auch kein gefangener Samuels, auch wenn dessen liebe wie ein Bann auf ihm lag…

Als was also würde Samuel ihn wohl vor Mariella bezeichnen? Vielleicht als seinen Geschichten Erzähler? Immerhin wäre dies keine Lüge, auch wenn es nicht annähernd das beschrieb, was sie beide hatten, so würde es ihm doch zumindest erlauben, Samuel einige Stunden am Tag zu sehen, wenn vermutlich auch nicht alleine… Sicherlich wurde von Samuel erwartet, seine Zeit bereits mit, mit Mariella zu verbringen… In diesem Moment verspürte Ladriel ein neues Gefühl, ein Gefühl, das für einen Elben genauso untypisch war wie die Liebe… Stechende Eifersucht…

 

Als der Morgen kam, fühlte Ladriel sich müde und kraftlos und auch Samuel sah nicht aus wie der frische morgen Tau und doch bemühten sie sich beide um ein Lächeln, auch wenn keinen von ihnen danach war… Nachdem sie mit den anderen ein leichtes Frühstück zu sich genommen hatten, machte sich ihr kleiner Tross auch schon auf zur letzten Etappe ihrer Reise.

 

Die letzten Stunden verbrachten Samuel und er wie, die ersten ihrer Reise schweigend… Doch eins zwar anders, denn kaum wahren sie am Morgen in die Kutsche gestiegen hatte Samuel seine Hand ergriffen und selbst als sie denn inneren Burgring durchführen ließ er sie nicht los.

Erst als die Kutsche anhielt, erhob Samuel wieder seine Stimme.

„Ich liebe dich Ladriel vergiss das nicht!“

Er liebte ihn doch auch so unendlich, doch noch bevor er etwas hatte erwidern können, wurden bereits die Türen der Kutsche geöffnet und Samuel löste ihrer beiden Hände und stieg aus.

Ladriel hingegen blieb noch einen Moment sitzen, um sich zu sammeln, er wusste nicht, wieso, aber aus irgendeinem unerfindlichen Grund hatte er das Gefühl, das sie dieser Ort immer und immer mehr voneinander entfernen würde… Mehr als er es ertragen könnte, und doch bemühte er sich ebenfalls um ein Lächeln, als er schließlich ebenfalls ausstieg.

 

Mariella

Vor der Burg hatte sich anscheinend ein großer Teil der Bediensteten und Gefolgsleute von König Baldra, versammelt sowie anscheinend dessen Tochter, Ladriel musste zugeben, das Mariella liebreizender aussah, als er erwartet, nein gehofft hatte… Ob sie Samuel gefallen würde?

Ob er sie irgendwann mehr lieben würde als ihn?

 

„Samuel, es freut mich, dass ihr eure Reise soweit unbeschadet überstanden habt, aber sagt, wer ist denn… Denn die Dame an eurer Seite?“

 

Dame? Samuel und er sahen sich irritiert an, bis sie begriffen, etwas, das Ladriel rot anlaufen ließ, während Samuel laut hals begann zu lachen. Er, eine Dame ... Vielleicht hätte er sich vor ihrer Reise doch von Samuel besser andere Kleider geben lassen sollen ... Ja, sicher, er fühlte sich in seinen eigenen Sachen am wohlsten, aber genau solche Missverständnisse machten es ihn schwer, mit diesem vermeintlichen Makel einer weiblichen Gestalt zu leben ... Wie sollte er das Ganze denn jetzt aufklären, ohne sich der Lächerlichkeit preiszugeben?

 

„Entschuldig Mariella, dass ich euch nicht mitgeteilt habe, dass ich einen Begleiter mitbringen, die Dame wie ihr so wollt, ist Ladriel von Bachtal, Sohn von Veremir von Bachtal, mein engster Freund und vertrauter.“

 

Fassungslos sah Ladriel zwischen Samuel und Mariella hin und her welcher, ebenfalls die Verwirrung ins Gesicht geschrieben schien, ehe sie faste uhrplötzlich seine Hand ergriff…

 „Es freut mich, eure Bekanntschaft zu machen Ladriel von Bachtal. Ich hoffe, wir können ebenso gute Freunde werden wie ihr und mein zukünftiger Gemahl und bitte entschuldigt, dass ich euch für eine Frau hielt… Nur eure zauberhafte Gestalt und Kleidung sie, sie haben mich etwas verwirrt, ich hoffe, ihr verzeiht mir diese Torheit, doch wie hätte ich auch ahnen können, dass mein zukünftiger so hoher Besuch mit sich bringen würde…“

So plötzlich, wie sie seine Hände ergriffen hatte, ließ sie diese wieder los und winkte stattdessen eine der Mägde herbei.

„Anett! Anett, bereite doch bitte umgehend ein Zimmer für Ladriel vor in der Nähe meiner Gemächer, es soll im an nichts Mangeln hast du verstanden?“

Die Magd nickte und verschwand schließlich mit einer tiefen Verbeugung Richtung ihrer Herrin, doch auch in seine, etwas das ein merkwürdiges Gefühl in Ladriel auslöste… Wie lange hatte ihn niemand mehr außer Samuel mit so viel Respekt angesprochen, wie es Mariella getan hatte?

Wusste sie denn nicht um seine Geschichte? Darum das er längst kein Teil mehr des Volkes, nein Herrscherhauses von Bachtal war? Wie hatte Samuel dies auch nur erwähnen können? Er wusste doch, wie sehr in diesen Namen hasste, wie sehr er ihn quälte… Er war wie ein Fluch aus der Vergangenheit, der ihn anhaftete und denn er nicht loswurde. Dabei hatte er doch längst keine Bedeutung mehr… Er mochte zwar noch immer ein Sohn Vermirs sein, doch alle Rechte und Titel, die damit verbunden gewesen waren, hatte er ablegen müssen, als er Bachtal verlassen hatte ...

Mariella schien die Anspannung zu spüre, die in der Luft lag, denn sie räusperte sich, während sie sich wieder Samuel zuwandte.

„Oh, aber verzeiht ich, wir stehen hier herum und plaudern, dabei müsst ihr doch sehr geschafft von der langen und weiten Reise sein, so kommt doch herein, Samuel, das hier ist Madjar er wird sich, während ihr hier seid, persönlich um euch kümmern und euch eure Gemächer zeigen.

Und euch Ladriel“ nun wandte sich wieder ihm zu „Würde ich gerne, solange bis eure Gemächer bereitet sind, in die meinem Einladen, vielleicht wärt ihr so freundlich und würdest mir dort etwas mehr über euch und vielleicht auch über meinen zukünftigen Gemahl erzählen.“

Ladriel wusste nicht, was er davon halten sollte, er als Mann, wenn auch als Elb in den privaten Gemächern einer Frau? Unsicher blickte er zu Samuel, welcher ihn aufmunternd zunickte.

Anscheinend hatte er nichts dagegen mehr noch erschien es sogar noch zu befürworten, ob er dies tat, um Mariellas Wunsch zu entsprechen oder aber um sie nicht gleich zu Beginn ihrer Bekanntschaft zu verstimmen, wusste Ladriel nicht, doch eins wusste er, er fühlte sich bei dem Gedanken mehr als unwohl und doch lächelte er Mariella so freundlich er konnte an, als er ihr antwortete.

„Ich würde mich sehr geehrt fühlen, Lady Mariella.“

 

Ehrlich gesagt hatte Ladriel nicht geglaubt, nein befürchtet so schnell von Samuel getrennt zu sein, und doch hatte er kaum Zeit, darüber nachzudenken, denn schon hatte Mariella ihn in ihre Gemächer geführt, wo sie ihm einen Platz in einem bequemen Sessel direkt neben dem Kamin anbot und begann ihn auszufragen. Doch zu seiner Erleichterung schien Mariella trotz ihrer leicht überdrehten Art, eine freundliche und warmherzige Person zu sein, die sich für ihre Mitmenschen interessierte. Sie fragte, wie ihre Reise gewesen wäre, ob es Probleme gegeben habe und wie ihm ihr Land gefallen würde und er, er versuchte ihr ihre Fragen so gut er konnte zu beantworten, auch wenn er sich dabei schrecklich unbeholfen vorkam… Schließlich war es eine gefühlte Ewigkeit her, seit er sich das letzte Mal mit einem anderen Menschen als Samuel so lange unterhalten hatte, und das zerrte an seinen Nerven… Doch vor allen quälte ihn der Gedanke, was passieren würde, wenn, wenn sie von ihm und Samuel erfahren würde… Dabei hätten sie unter anderem Umständen, vielleicht sogar Freunde werden können…

 

„Ladriel, ist alles in Ordnung, ihr wirkt auf einmal bedrückt? Nehmt ihr es mir doch noch gram, dass ich euch für eine Dame gehalten hab?“

 

Verdammt. Wie sollte er Mariella denn jetzt darauf antworten? Sollte er ehrlich zu ihr sein? Andererseits konnte er das ohne Samuels Worte lüge zu strafen? Immerhin hatte er ihn nur als vertrauten und guten Freund vorgestellt… Ob er irgendwie um eine Antwort herumkommen würde? Unsicher griff er nach seiner Tasse und trank denn letzten Schluck Tee, der noch darin gewesen war, aus… Kurz hoffte er, sie würde die Geste verstehen, doch anscheinend bestand sie auf eine Antwort, denn sie nickte ihn auffordernd zu, während sie ihm bereits Tee nachschenkte.

„Sprecht nur frei heraus Ladriel, als Freund meines zukünftigen Gemahles ist mir eure Meinung und Freundschaft wichtig.“

Er kam also wirklich nicht um eine Antwort herum?! Nervös nahm er noch einen Schluck seines Tees, ehe er seufzend die Tasse zurück auf den kleinen Tisch stellte… „Macht euch deswegen bitte keine Gedanken Lady Mariella ... Ich weiß das selbst für einen Elben meine Erscheinung, nun sagen wir recht feminin ist… Dies ist schon seit meiner frühsten Kindheit so, selbst meine Brüder haben mich deswegen stehst aufgezogen, während sie groß und stark waren, war ich schon immer klein und eher schmächtig… Ich fürchte, ich war stets eine herbe Enttäuschung für mein Volk und, und meinen Vater…“ Verdammt jetzt hatte er doch mehr gesagt, als er eigentlich gewollt hatte… Schnell versuchte er davon abzulenken, in dem er auf das einzige Thema wechselte, das sie sonst hatten Samuel… „Aber genug von mir, ihr, ihr wolltet doch etwas über… über euren Zukünftigen… erfahren nicht wahr?“

Anscheinend hatte Mariella denn Köder, denn er ihr hingeworfen hatte, geschluckt, oder sie hatte doch so viel anstand, nicht weiter nachzufragen, denn sie lächelte ihn aufrichtig an und nickte.

„Ja. Ja, das, das würde ich sehr gerne, immerhin werde ich mit diesem Mann mein zukünftiges Leben verbringen.“

Der Klang dieser Worte versetze Ladriel einen Stich, und trotzdem begann er zu erzählen, zuerst davon, wie gut Samuel im Kampf, aber vor allen mit dem Schwert war, dann das Samuel trotzt seiner Kraft ein gelehrter, sehr mitfühlender Mensch war, der sich um jeden kümmerte, selbst um den kleinen Jola. Das Samuel sich auch um ihn rührend kümmerte und ihn beschützte und liebte, erwähnte er nicht, doch anscheinend war dies gar nicht nötig gewesen…

 

„Ihr liebt ihn sehr, nicht wahr?!“

 

Dies war keine Frage, oder? Zunächst wollte Ladriel es abstreiten, aber er brachte es einfach nicht über sich seine Liebe zu Samuel zu leugnen und doch versuchte er sie in einem anderen Licht dastehen zu lassen… „Ich verdanke ihm alles, was ich habe oder bin… Wie ... Wie könnte ich so einen Menschen nicht lieben…“

Hingegen seine Erwartung wirkte Mariella nicht wütend, als sie erneut das Wort ergriff.

„Das ist gut, so brauch Samuel nie Angst haben, das du ihn verraten könntest, aber ich glaube, das würde er nie von dir erwarten, nicht so, wie er dich ansieht… Ich hoffe, er wird mich eines Tages mit nur einen Teil dieser liebe ansehen, wie er es bei dir tut…“

Die vertraute Art, in der sie ihn nun ansprach, verwirrte ihn und doch wagte er es nicht etwas dazu zu sagen, und doch fühlte er sich immer unwohler… Er konnte Mariella einfach nicht einschätzten und das beunruhigte ihn und gab ihm das Gefühl, über glühende Kohlen zu laufen. Er musste ihre Unterhaltung hier und jetzt beenden oder, oder das ganze würde ihm über den Kopf wachsen…

In seiner Verzweiflung trank er seine noch heiße Tasse in einem Zug leer, behielt die Tasse dieses Mal jedoch in seiner Hand, ehe er sich Mariella erneut zuwendete. „Ich bin mir sicher Mariella, das… Das Samuel euch lieben wird, Ihr, ihr habt so ein liebreizendes verständiges gewesen, wie, wie könnte er euch da nicht lieben… Aber entschuldigt, wenn ich so plump unsere Konversation beende, aber die Reise war anstrengender, als ich gedacht hätte… Ich fürchte, ich brauchte etwas frische Luft und ruhe, um meine Kräfte wieder aufzuladen.“

Mariella schien zu verstehen und seinen Wunsch zu respektieren, denn sie winkte eine ihrer Mägde herbei. „Sama! Sama, ich möchte, dass du Ladriel, in unsere Gärten führst und den Wachen sagst, die sollen dafür sorgen, dass er eine Weile ungestört ist.“

Erleichtert atmete er auf, doch gerade als er aufstehen wollte, hielt sie ihn noch einmal zurück.

„Entschuldige, dass ich dich so ausgefragt habe und das nach so einer langen Reise, ich hoffe, du kannst dich in unseren Gärten etwas erholen, sie beinhalten wertvolle Blumen und Kräuter aus verschiedenen Ländern, die mein Bruder eins bereist hat.

Oh und Ich hoffe, du fühlst dich heute Abend kräftig genug, um an der kleinen Feierlichkeit teilzunehmen die ich zu Samuels Ankunft habe vorbereiten lassen. Ich bin sicher, es würde ihm viel bedeuten und mir auch jetzt, wo wir doch hoffentlich Freunde sind.“

Freunde? Wahren sie das? Ehrlich gesagt wusste Ladriel nicht, ob er wirklich mit der Frau befreundet sein konnte, mit der er später um Samuels Aufmerksamkeit würde Bullen müssen und doch nickte er. Anscheinend reichte Mariella dies als Antwort, denn sie ließ seinen arm los und stand nun ebenfalls auf, um sich von ihm zu verabschieden.

„Dann erholt euch gut Ladriel. Wir sehen uns ja hoffentlich heute Abend auf dem fest wieder, vielleicht können wir unsere Unterhaltung dann ja noch etwas vertiefen."

 

 

Ladriel konnte seine Erleichterung kaum in Worte fassen, als, Sama, ihn anschließend tatsächlich in einen riesigen Garten hinter dem Schloss führte, der von Blumenduft und dem Gesang von Vögeln und Bienen und vielen anderen kleinen und großen Insekten erfühlt war.

Erschöpft ließ er sich im Schoss eines großen schattigen Baumes nieder und seine Augen schloss und den Duft und die Aura dieses friedlichen Orts in sich aufsog.

Er wusste nicht, wie lang er so dagesessen hatte, bis er sich schritte nähern hörte, Schritte, die er immer wiedererkennen würde, Samuels Schritte. Tief durchatmen lauschte er ihnen, verfolgte sie mit seinem scharfen Gehör, wie sie zunächst über den Basaltboden, dann über den Kiesweg und schließlich über das kurze Stück rasen, das um den Baum Herumwuchs immer näherkamen, ehe sie unmittelbar vor ihm zum Stillstand kamen.

„Na hat Lady Mariella dich endlich aus ihren Fängen entlassen? Sie schien recht fasziniert von dir zu sein, ich hoffe, sie hat dich nicht zu sehr ausgefragt… Du siehst ein bisschen erschöpft aus…

Es tut mir leid, dass du all das nur wegen meinem egoistischen Wunsch, dich bei mir zu haben, durchmachen musst. Ich verspreche dir, sobald wir wieder in Adras sind, wird alles wieder mehr oder weniger seinen gewohnten Gang laufen.“

 

Als Ladriel seine Augen öffnete, bemerkte er, dass die Sonne bereits weit am Firmament gewandert war und sich bald der Abend nähern würde… Und Samuel? Er sah ein wenig erholte aus als noch am Morgen, vermutlich hatte auch er eine ganze Weile geruht und anscheinend bereits seine Reisekleider gegen sein festliches Gewand getauscht.

Als er trotzdem Anstalten machte, sich neben ihm im Gras niederzulassen, legte Ladriel schnell einen Teil seines Obergewandes ab und breitete es wie selbstverständlich für Samuel neben sich aus, etwas, was diesem ein herrliches Lachen entlockte, ehe er sich ernst neben ihm niederließ.

„Wenn du doch nur einmal genauso auf dich Acht geben würdest, wie du es bei anderen tust…“

Ladriel wusste, was Samuel andeuten wollte, doch für ihn gab es eben nur ihn, er war der Inbegriff seiner Welt, seiner Träume und Hoffnungen. Er verdankte ihm alles so, wie er es Mariella am Mittag bereits gesagt hatte, doch hier draußen, wo sie jeder sehen und hören konnte, wollte er nicht über ihre Gefühle füreinander sprechen. Denn überall um sie herum konnte er geschäftiges Treiben in den Gängen hören, genauso wie Schritte, die immer wieder einmal stehen zu bleiben schienen, ehe sie sich schnell wieder verschwanden, als seien sie nie da gewesen.

Also lenkte er ihr Gespräch wieder in ungefährlichere Gewässer. „Sie scheint eine sehr liebenswerte junge Frau zu sein… Sie, sie war wirklich sehr, sehr freundlich zu mir, also macht euch keine Gedanken, erst recht nicht meinet wegen… Stellt, stellt euch vor, sie hat mich sogar heute Abend extra zu eurer Willkommensfeier eingeladen.“

Samuel schien diese Neuigkeit zu verwundern und doch schien er sie mit Wohlwollen aufzunehmen.

Vermutlich beruhigte es ihn, das die zwei Personen, die ihn Zukunft eine große Rolle für ihn spielen würden, sich anscheinend gut vertrugen und genau das war es auch, was Ladriel versuchte, er versuchte sich so gut es ging mit Mariella zu verstehen, auch wenn er das Gefühl hatte, das es dieser anscheinend leichter fiel als ihm, aber vielleicht war ihr auch einfach noch nicht bewusst, in welcher Beziehung sie zukünftig zueinander stehen würden…

 

Als auf einmal erneut Schritte zu vernehmen wahren, horcht er auf, dieses Mal wahren sie leiser, von einem anscheinend schweren Stoff umspielt vermutlich eine Hofdame. Schnell flüsterte er Samuel zu, dass sie sich besser erheben sollten, so vertraut beieinander zu sitzen war für ihn viel zu verdächtig… Wenn es die falschen Leute sahen oder davon hörten, konnte es Samuel Probleme verursachen und doch zog dieser ihn wieder hinunter, als Ladriel gerade aufstehen wollte.

Noch bevor er etwas sagen konnte, hörte er bereits die Schritte auf dem Basaltboden, ein kurzer Blick in diese Richtung verriet ihm, dass es sich bei der Person um Mariella handelte.

Was sollte er denn jetzt tun? Nun plötzlich aufzuspringen war verdächtig, so neben Samuel sitzen zu bleiben jedoch ebenfalls… Doch Samuel, der sich anscheinend um so etwas keine Gedanken machte, stand in aller Seelenruhe wieder auf und reichte ihm sein dünnes Obergewand zurück, ehe er lächelnd der jungen Frau entgegenging… Kurz fragte Ladriel sich, ob es in Zukunft immer so sein würde, dass das Samuel ihn verlassen würde, sobald diese Frau auftauchen würde und allein die Vorstellung verletzte, ihn zutiefst…  Schnell stand er auf sein Obergewand, auf dem Samuel bis eben noch geruht hatte, fest in seinen Armen und wandte sich mit einem schnellen, höflichen Nicken Richtung Mariellas zum Gehen.

Er wusste, dass es unhöflich war, sie nicht richtig zu begrüßen, aber er ertrug es einfach nicht, die beiden so vertraut beieinanderstehen zu sehen, denn auch wenn er es nicht zugeben mochte, die beiden gaben ein schönes Paar ab…. Samuel sah in seinem blaugrünen Festgewand noch stattlicher aus als sonst und auch Mariella wirkte in ihrem festlichen Blauen Kleid noch hübscher, als sie es am Mittag bereits getan hatte… Ob König Jares recht behalten würde und Samuel sich bald mehr Mariella als ihm zuwenden würde? Immerhin konnte sie ihm so viel mehr bieten als er… Sie war immerhin nicht nur eine wunderschöne junge Frau, welche Samuel Kinder schenken konnte, nein, sie war auch noch eine Prinzessin mir rang und Titel ...

Schnellen Schrittes lief er ohne seinen Blick noch einmal zu heben, an den beiden vorbei, direkt auf das kleine Brünette Dienstmädchen zu, welches Mariella am Mittag losgeschickt hatte, um ein paar Räume für ihn vorbereiten, hoffentlich bedeutete ihre Anwesenheit das diese fertig wahren und er sich endlich irgendwo zurückziehen konnte… Verdammt, er sehnte sich bereits jetzt nach den ruhigen stunde in seinen ihm bekannten räumen, nach dem ihm so vertrauten Geruch von Büchern und Tinte und den Duft des Landes Adras, der stets durch sein schmales Fenster hinein geweht war… Hier, hier war ihm alles fremd, alles außer Samuel… Wie lange sie wohl hierbleiben würden? Der Plan sah soweit er wusste vor, dass sie eine Woche in Baldra bleiben sollten, doch schnell konnte etwas dazwischenkommen und ihre Abreise verzögern… Wie sollte er diese Zeit hier in der fremde nur überstehen, jetzt, wo Samuel nicht jeden Augenblick an seiner Seite sein konnte…?

 

Zu seiner Erleichterung wahren seine Räume tatsächlich inzwischen so weit, dass er diese beziehen konnte und sobald Anett ihn allein gelassen hatte, rollten die ersten Tränen über seine Wangen.

Samuel… Kraftlos ließ er sich in einem der kleinen Sessel neben der Feuerstelle nieder und vergrub sein Gesicht in dem Kleidungsstück, an dem noch immer Samuels Duft hing und der Geruch nach Grass und Blumen hing… Etwas, das ihn an die unzähligen Nächte ihrer Reise erinnerte, in denen sie sich im Schutze der Nacht geliebt hatten… So in seinen Erinnerungen und seine Traulichkeit versunken, überhörte er zuerst das Klopfen an seiner Tür, bies erneut und dieses Mal lauter klopfte,

erst da sah er auf und ihn diesem Moment trat Samuel bereits ein, anscheinend hatte er nicht mehr warten wollen, bis er hereingebeten wurde… Schnell versuchte Ladriel seine Tränen fortzuwischen, Samuel sollte nicht wissen, dass er geweint hatte, doch offensichtlich war es dafür zu spät…

„Habe ich es mir doch gedacht… Wieso läufst du einfach weg und sagst nichts? Was ist los? Ist es wegen Mariella? War sie vielleicht doch nicht so freundlich zu dir, wie du mir versucht hast, weiß zu machen?“

Schnell schüttelte er mit dem Kopf, nein, nein, es war nicht wegen, wegen Mariella oder doch, aber nicht so, wie, wie Samuel dachte… „Nein, nein, sie war wirklich sehr, sehr freundlich zu mir… Es ist nur… Ich, Ihr beide…“

Samuel schien zu verstehen, denn endlich überbrückte er die letzten Meter zu ihm und nahm ihn fest in seine Arme.

„Du Dummerchen… zweifelst du etwa so sehr an meiner Liebe? Ja, Mariella ist schön, aber sie könnte nie mit dir konkurrieren! Du bist der Mann, denn ich liebe und nichts und niemand kann und wird jemals etwas daran ändern können, versteh das doch endlich. Ich liebe niemanden außer dich!“

Nein, nein, er hatte es nicht vergessen oder etwa doch? Egal auf jeden Fall tat es gut, es noch einmal aus Samuels Mund zu hören, zu spüren, wie ernst es ihm war, und dennoch war da dieses Gefühl, als wenn das Gewirr der Zeit sie immer mehr auseinander reisen würde… Doch wie sollte er Samuel dieses Gefühl erklären? Er verstand es ja selbst kaum… Alles, was er selbst wusste, war, dass er in letzter Zeit häufiger das Gefühl gehabt hatte, als wenn, wenn etwas nicht stimmte… So als wenn bald etwas Schlimmes passieren würde…

Vielleicht war er auch deswegen in letzter Zeit so rastlos gewesen und hatte sich so müde und abgekämpft gefühlt… Dabei war dieses Gefühl während ihrer Reise fast verschwunden gewesen, doch jetzt, hier, an diesem ihm fremden Ort, kehrte das Gefühl noch schlimmer als zuvor zurück…

Verzweifelt klammerte er sich an Samuel. „Ich will dich nicht verlieren… "Diese Worte hatte er ganz leise gehaucht und doch, doch schien Samuel sie gehört zu haben, denn er drückte ihn noch fester an sich, während er immer wieder beruhigend flüsterte, „Das wirst du nicht Ladriel, niemals!“.

 

Er wusste nicht, wie lange sie so eng umschlungen dagestanden hatten, und am liebsten hätte er Samuel gar nicht mehr losgelassen und doch, doch wusste er, dass er es musste. Dies war kein Ort, an dem sie sich ihrer liebe frei und offen hingeben konnten… Hier waren viel zu viele fremde Menschen, die ihren Blick kritisch auf sie richteten, ja vielleicht sogar jeden ihrer Schritte verfolgten… Nein, nein, es war einfach zu gefährlich noch länger so eng umschlungen beieinanderzustehen…

Also löste er sich schweren Herzens aus Samuels Umarmung und drehte ihm schnell denn Rücken zu, da er fürchtete, sich sonst sofort wieder in dessen arme zu werfen… „Ich… ich fürchte, ich sollte mich langsam auch umkleiden… Ich… das… das fest fängt doch sicher bald an, oder?! Und… und Mariella sucht dich bestimmt schon… Immer ... immerhin bist, bist du der, der ehren gast… Du, du solltest vielleicht…“ Verdammt, er brachte es einfach nicht über seine Lippen, denn Satz zu beenden, denn eigentlich wollte er doch gar nicht das, dass Samuel zu dieser Frau ging… Er, er sollte hier bei ihm bleiben und ihn einfach halten, wie er es so oft in Adras getan hatte…

 

Auf einmal spürte er, wie Samuel ihn von hinten in den Arm nahm und sich an seinem Gürtel zu schaffen machte, während er im mit rauchiger Stimme zärtlich ins Ohr flüsterte. „Ich werde nirgendwohin gehen! Nicht solange der Mann, denn ich mehr als alles Liebe mich braucht!“

Samuel… Wie, wie so tat er so etwas. Er, er wusste doch selbst wie gefährlich das war, was, was er damit in ihm auslöste… „Samuel…Bitte…“ Er, er wusste nicht einmal, worum er ihn bat, darum, dass er aufhören sollte, oder darum, dass er weitermachen und ihn an sich pressen, ihn lieben sollte, doch die Zeit, dies herauszufinden, hatte er nicht, denn als Samuel gerade damit begonnen hatte, sein Oberteil aufzuknöpfen Klopfen es zaghaft an der Tür und riss sie aus ihrer trauten Zweisamkeit.

Ladriel wusste, dass es an ihm gewesen wäre, etwas zu sagen, und doch brachte er kein Wort heraus… Was, was sollten sie denn jetzt tun? Was? Was, wenn diese Person jetzt einfach reinkam?

 

„Geh hinter den Paravent ich kümmere mich darum.“

 

Was? Aber, aber das ging doch nicht. Doch anscheinend war Samuel da anderer Meinung, denn er gab ihm einen kleinen Schubs in dessen Richtung, ehe er selbst Richtung Tür ging.

Schnell eilte er selbst, wie Samuel es ihm gesagt hatte hinter dem Paravent. Was blieb ihn auch anderes Übrige nicht auszumalen, wenn, wenn sie jemand so sah… Natürlich hätte er behaupten können, dass er gerade im Begriff war, sich umzukleiden, doch dies würde noch längst nicht Samuels Anwesenheit erklären, im Gegenteil, es würde mehr Fragen aufwerfen, als beantworten…

Wie Ladriel es bereits befürchtet hatte, war es Mariellas stimme, die er kurz darauf vernahm, hatte er es doch geahnt, solange sie hier waren, war es zu riskant, sich in trauter Zweisamkeit zu nähern, egal wie sehr er sich danach sehnte… Was Marielle jetzt wohl dachte? Ob sie etwas ahnte? Und wenn ja, was würde das für sie beide bedeuten? Oder würde Samuel noch einmal ihre Befürchtungen zerstreuen können?

 

Als die beiden endlich den Raum verlassen hatten, ließ er sich mit Wild schlagenden Herzen auf den kleinen Stuhl hinter Paravent nieder… Verdammt, wie sollte er Mariella später auf dem fest auch nur eine Sekunde in die Augen sehen? Sie war so eine wunderschöne, liebenswerte Frau, die es nicht verdient hatte, verletzt und betrogen zu werden, aber, aber er brachte es auch einfach nicht fertig, sich von Samuel fernzuhalten… Er liebte ihn! Er brauchte ihn.

Ob es besser wäre, sich zu entschuldigen und dem fest und damit Mariella fern zu bleiben?

Oder wäre dies zu verdächtig? Würde sie dann nicht erst recht Fragen stellen? Verdammt, egal wie er es drehte und wendetet, früher oder später würde sie erfahren, was los war und dann? Was würde dann passieren? Würde sie Samuel oder gar ihn darum bitten, ihn aufzugeben? Was sollte er dann sagen? Er, er würde Samuel niemals aufgeben können, nicht mal, wenn, wenn er wollte… Aber was würde dann passieren? Würde Mariella dann gar ihre Verlobung mit Samuel lösen?

Plötzlich klopfte es erneut und er hoffte, dass es Samuel sei, doch zu seiner Verwirrung war es Mariella, die auf sein herein denn Raum betrat und das ohne Samuel…

Panisch sprang er auf und wusste doch nicht wohin… Wo, wo war nur Samuel und was, was wollte Mariella jetzt von ihm? Hatte Samuel ihr ihr etwa alles gestanden? Kam sie jetzt, um ihn genau das zu sagen, was er befürchtete? Auf einmal wurde ihm so schwindlig, dass er sich wieder setzten und die Augen schließen musste… Verdammt, wieso ausgerechnet jetzt?

„Ladriel? Samuel sagte ihr, ihr würdet euch nicht wohlfühlen? Ist dies meine Schuld? Habe ich euch heute Mittag zu sehr in Anspruch genommen? Wenn ja, dann, dann verzeiht mir bitte… Ich weiß nicht kann, kann ich vielleicht etwas für euch tun?“

Eigentlich hätten ihre Worte ihn beruhigen müssen und doch taten sie es nicht. Er wusste auch das, dass er jetzt etwas sagen sollte und doch, doch schaffte er es nicht…  Sein Körper konnte oder wollte ihm einfach nicht gehorchen… Schlimmer noch als zu dem Zeitpunkt, als Samuel ihm von dieser, dieser Reise berichtet hatte… Ob, ob es jetzt so weit war? Ob dies Madras letzter Ruf war? Aber… Aber er wollte Samuel doch noch so viel sagen… Noch so viel mit ihm erleben ... Ihm noch so viel erzählen…

Ruckartig faste ihn jemand bei den Schultern, kurz hoffte er, es würde Samuel sein, doch die Berührung war, war so zögerlich das, dass es nicht Samuel sein konnte… Samuel, wie sehr wünschte er sich gerade, dass dieser bei ihm sein würde…  „Samuel…“ dessen Name war alles, was er über seine Lippen bekam, und er hoffte, Mariella würde es verstehen und ihn zu ihm bringen.

Er, er wollte nicht gehen, nicht, nicht ohne Samuels stimme, noch einmal gehört und noch einmal dessen Lippen auf denn seinen gespürt zu haben…

 

Es dauerte eine Weile, bis er hören konnte, wie erneut die Tür wild und stürmisch aufgerissen wurde und Samuels panisch seinen Namen rief, ehe er ihn auch schon in seine Arme riss.

 „Ladriel, Ladriel kannst du mich hören? Ich bin es Samuel, ich bin bei hier hörst du. Ich bin da!“

An Samuels Brust gelehnt nickte er schwach, ja, ja er konnte ihn hören, ihn spüren. Auf einmal hob dieser ihn auf seine Arme. Wo, wo wollte er denn jetzt mit ihm hin?

Wenige Augenblicke später, spürte er wie auf etwas Weiches gebettet wurde und Samuel sich neben ihn legte, seine Arme Fest um ihn geschlossen.

„Ladriel verlass mich nicht, hörst du… Du musst dich zusammen reisen, hör einfach auf meine Stimme, ja…?! Es, es wird alles wieder gut, dass das ist sicher gleich wieder vorbei, hörst du?“

Wenn Samuel es sagte, dann, dann wollte auch er daran glauben und in der Tat hatte er sich gleich besser gefühlt, als er Samuels Stimme gehört und dessen kräftige Arme um sich gespürt hatte.

Doch dieses bleierne Gefühl wollte und wollte einfach nicht verschwinden und trotzdem nahm er all seine kraft zusammen und legte seine Hand auf Samuels, doch als er gerade etwas sagen wollte, vernahm er plötzlich Mariellas stimme.

„Samuel kann, kann ich irgendetwas tun? Soll, soll ich das fest lieber verschieben lassen?

Ihr, ihr wollt doch sicher lieber an Ladriels Seite bleiben, wenn… wenn es ihm so, so schlecht zu gehen scheint…“

Mariella? War, war sie etwa die ganze Zeit da gewesen und hatte alles mit angehört? Das, das panisch versuchte er sich aus Samuels Armen zu befreien, doch dieser hielt ihn noch fester als zuvor. „Vergiss es Ladriel du bleibst, wo du bist! Hör auf ständig zuerst an andere statt mal an dich zu denken…“

Tat er das? Dachte er wirklich immer zuerst an die anderen? Nun vielleicht nicht immer, aber er wusste, worauf Samuel hinauswollte, doch er konnte eben einfach nicht aus seiner Haut… Er wollte niemanden schade, erst recht nicht wissentlich… Und er hatte Mariella schon die liebe des Mannes gestohlen, denn sie heiraten sollte, wie, wie konnte er da auch noch ihr vermutlich Letztes fest im Kreise ihrer Familie ruinieren? Nein! Nein, dass das ging einfach nicht, das, das brachte er einfach nicht über sich… Er würde schon ein paar Stunden ohne Samuel auskommen… Er musste sich einfach nur ausruhen, dann, dann wurde, dass alles sicher wieder, genau wie Samuel gesagt hatte… Doch wie sollte er diesen dazu bekommen, ihn allein zu lassen und stattdessen mit Mariella auf das fest zu gehen?

Denn egal was er sagten oder tun würde, auf ihn würde Samuel sicherlich nicht hören und alleine war auch viel zu schwach, um ihn wegzuschicken… Auf einmal hatte er eine Idee.

Sicher, es war nicht Faire, aber anders würde es vermutlich nicht gehen… Er streckte Mariella seine Hand entgegen, die diese verwundert ergriff, ehe er sich näher zu sich herunterzog. „Nimm… nimm ihn mit… bitte…“ Er wusste, dass wenn er Samuel darum gebeten hätte zu gehen, er hätte ihn nie allein gelassen, doch Mariella musste spätestens jetzt wissen, was er für Samuel empfand und was, was es bedeutete, wenn, wenn er ausgerechnet sie um so etwas bat, und so würde sie ihm diese bitte doch gewiss nicht abschlagen, oder?! Und zu seiner Erleichterung drückte sie seine Hand und nickte. Gut… Jetzt musste Samuel nur noch mit ihr gehen ...

Nachdem er Mariellas Hand losgelassen hatte, legte er sie stattdessen an Samuels Wange. „Samuel bitte, geh, geh mit Mariella auf das fest, sie, sie hat sich sicher schon solange darauf gefreut… Was, was soll ihr Vater denken, wenn du kommst, um die Hand seiner Tochter zu werben und dann nicht mal auf, auf ihren fest erscheinst? Glaub mir, mir passiert schon nichts… ich, ich muss mich einfach nur etwas ausruhen, wie du gesagt hast… Glaub mir es, es wird alles wieder gut… „

Doch anscheinend glaubte Samuel ihm nicht, denn er klammerte sich noch immer an ihn, doch zu seiner Erleichterung kam ihm Mariella zur Hilfe.

„Samuel, ich weiß ihr macht euch sorgen um Ladriel, aber er hat recht… und, und wenn er es doch selbst so möchte… Ich verspreche euch, ich geben umgehend Anett Bescheid, sie kann ein Auge auf ihn haben und euch holen, wenn, wenn etwas sein sollte… oder würde es euch mehr beruhigen, wenn, wenn ich einen Arzt oder so etwas rufen ließe?“

Ein Arzt, wenn die Antwort auf seine Probleme doch nur so einfach wäre, doch selbst ein Elbenheiler würde ihm nicht helfen können, denn wenn die Zeit eines Elben gekommen war, ließ sich dieses genauso wenig aufhalten wie der Tod und auch Samuel musste sich dessen bewusst sein, denn Ladriel konnte ihn leise schluchzen hören.

„Mariella ich weiß nicht was ihr über Elben wisst, aber ein Arzt wird ihm nicht helfen können…

Elben… Elben werden nicht krank sie, sie können nur…nur…“

Samuel so zu sehen, brach ihm fast das Herz, also versuchte er ihn so gut er konnte, zu beruhigen. Zärtlich strich er ein paar von Samuels tränen weg, ehe er liebevoll ansah. „Heute noch nicht Samuel, glaub mir, so, so weit ist es mit mir noch lange nicht.“ Eine Lüge, nicht so wie er sich fühlte und doch wusste er, dass es noch dauern würde…

Doch das, dass unausweichliche immer näher kam konnte auch er nicht leugnen. Alles was er sich wünschte war das es nicht hier in der fremde, sondern in der Vertrautheit, seiner Kammer sein würde, in, in Samuel Armen…

 

„Samuel kommt… Lassen wir Ladriel sich ausruhen… Ihr könnt ja später noch einmal nach ihm sehen.“

Versuchte nun auch Mariella ihn zu beruhigen und Ladriel konnte spüren, wie Samuel mit sich haderte, ehe er nachgab, doch nicht ohne noch einen Kuss auf die Stirn zu geben.

„Ich komme sofort nachher wieder versprochen!“

Er konnte noch spüren, wie Samuel aufstand und ihn mit etwas weichen zudeckte, ehe er hörte, wie die beiden zögerlich denn raum verließen… Hoffentlich würde Samuel ihm nicht allzu böse sein, dass er ihn weggeschickt hatte, aber Samuel war ein Prinz mit pflichten, Pflichten dehnen er nachkommen musste, so wie er einst…

Samuel mochten in diesem Moment die Konsequenzen seines Handelns ja egal sein, doch nicht ihm… Er wollte Samuel keinen Ärger bereiten und nichts tun, das dessen Glück gefährden konnte und so ein Affront konnte noch viel Schlimmeres… Er konnte denn Frieden zwischen Adras und Baldra empfindlich stören, etwas für das er auf gar keinen Fall verantwortlich sein wollte…

Erneut öffnete sich seine Tür, doch dieses Mal kaum hörbar, vermutlich war dies Anett wie Mariella gesagt hatte. Sie hatte sie also wirklich geschickt. Hoffentlich würde dies Samuel etwas beruhigen…

„Meister Ladriel, meine Herrin sagte, ihr würdet euch nicht wohlfühlen?!“

Meister…?! Was für eine Vorstellung hatte dieses Mädchen von ihm? Glaubte sie er wäre ein gelehrter Elb? Aber gut für ein einfaches Menschen Mädchen wie sie hatte vermutlich jeder Elb etwas Magisches, etwas Weises ...

Auf einmal legte sie etwas Knisterndes neben seinem Kopf ab und sofort stieg ihm der Geruch von Herbst und verblühten Lavendel in die Nase. Ein wohltuender und beruhigender Duft, wo dieser wohl herkam? Als er irritiert zur Seite sah, entdeckte er ein kleines Säckchen. Anscheinend hatte Anett seinen irritierten Blick bemerkt, denn sie fing so gleich an zu erklären, was es mit dem kleinen Beutel auf sich hatte.

„Das ist ein lavendel Säckchen, meine Mutter hat mich gelehrt, sie zu machen, sie sollen helfen, Körper und Geist zu beruhigen. Ich dachte, es könne euch vielleicht helfen, etwas besser zur Ruhe zu kommen und euch schneller zu erholen.

Mein Wissen über, über Elben ist leider sehr begrenzt, daher wusste leider nicht, was ich sonst für euch tun könnte ... Solltet ihr aber einen Wunsch haben, dann nennt ihn mir bitte und ich werde versuchen, ihn so gut ich kann zu erfüllen, Meister Ladriel.“

Ihn nicht mehr Meister Ladriel nennen, doch vermutlich wäre es ihr unangenehm, ihn nur Ladriel zu nennen, also sagte er nichts und bat sie stattdessen um etwas, das ihn hoffentlich helfen würde neue Kräfte zusammen. „Könntest du etwas für mich singen, Anett?“

Das Mädchen lächelte und setzte sich zu seiner Verwunderung neben ihn auf die Bettkante und begann zu singen, während sie ihm beruhigend über das Haar strich, als wäre er ein Kind, das Mann zu ruhe bettete und auch wenn er kein Kind war, fühlte es sich unheimlich beruhigend an. Also schloss er erneut seine Augen und genoss einfach Anetts wundervolle Stimme, bis er später ein weiteres Mal das Geräusch der Tür vernahm.

 

Als er sich aufsetzte, half Anett ihn dabei, auch wenn dies eigentlich gar nicht nötig gewesen wäre.

Wie er vermutet, handelte es sich bei dem erneuten Besucher um Samuel, welcher ihn kaum, dass er sich aufgesetzt hatte, besorgt musterte und zu ihm ans Bett eilte, wobei er half Anett die gerade im Begriff war, das Zimmer zu verlassen, völlig ignorierte…

„Ladriel, mein geliebter Ladriel... Fühlst du dich wirklich besser oder tust du nur so, um meine Sorgen zu beruhigen? Bitte sei ehrlich mit mir, wenn du weißt, was mit dir los ist, verheimliche es nicht vor mir und wage es nicht, mir zu sagen, es seie nichts, dies… dies ... War bereits, dass das zweite Mal das du ... du…“

Samuel so ängstlich zu sehen, tat Ladriel weh und doch konnte er dessen Befürchtungen nicht ganz Entkräften… Immerhin konnte er ja selbst nur mutmaßen, was das alles zu bedeuten hatte… Denn das letzte Mal, als er geglaubt hatte, dass es bald mit ihm so weit währe, war es anders gewesen und doch wieder irgendwie ähnlich… Ja, ja, er hatte sich damals auch unglaublich erschöpft gefühlt, doch nie war es so schlimm gewesen wie heute und vor allen nicht so schlagartig… So als seie urplötzlich alle Kraft aus ihm gewichen… Das alles ängstigte ihn ebenso wie Samuel und doch versuchte er ihn so gut er konnte zu beruhigen… „Ich fühle mich wirklich besser Samuel! Vermutlich habe ich mich selbst in letzter Zeit einfach nur überanstrengt ... Ein paar Tage ruhe und Meditation und mir wird es wieder bessergehen, du wirst sehen…“

Er konnte sehen, das Samuel ihm noch immer nicht recht glaubte, doch mehr konnte er ihm als Antwort nicht bieten, auch wenn er ihm gerne all seine Ängste genommen hätte, so wollte er ihn doch nicht anlügen…

Auf einmal begann Samuel damit, sich zu entkleiden, doch noch bevor er etwas sagen konnte, ergriff Samuel das Wort.

„Ich werde mich nicht von dir wegschicken lassen, Ladriel! Und glaub mir, wenn es dir nicht so schlecht ginge, würde ich dir mehr als übelnehmen, dass du Mariella benutzt hast, um mich wegzuschicken, aber sei es drum, darüber können wir auch noch ein anderes Mal reden. Jetzt werde ich mich erst einmal um dich kümmern, ob du willst oder nicht!“

Wie, wie konnte er Samuel da noch widersprechen und ehrlich gesagt hatte er ihn gar nicht wegschicken wollen, im Gegenteil, es beruhigte sogar Samuel heute Nacht an seiner Seite zu wissen, und so legte er sich, nach dem dieser zu ihm unter die Decke geschlüpft war, wie selbstverständlich in dessen arm, wo er denn Rest der Nacht verbrachte.

 

 

Am nächsten Morgen, es war noch früh, fühlte er sich so kräftig, dass er es wagte, alleine das Bett zu verlassen. Seine Sinne schienen zwar noch immer leicht getrübt, aber bei weiten nicht mehr, wie es gestern der Fall gewesen war… So leise er konnte, kleidete er sich um, während Samuel noch immer in seinem Bett lag und tief und fest schlief. Zärtlich hauchte er ihm einen Kuss auf die Stirn, ehe er so leise wie möglich denn raum verließ.

Die Gänge wahren noch recht dunkel, denn die Kerzen, die noch am Abend zuvor gebrannt hatten, wahren inzwischen erloschen, doch durch die kleinen Bögen Fenster schien ein Hauch Morgenröte hinein, welcher denn gang leicht erhellte.

Zu seiner Verwunderung herrschte bereits leben im Schloss. Immer wieder huschte eine Magd oder ein Diener an ihm vorbei und grüßte ihn höflich, vermutlich wahren sie gerade dabei, alles für das Erwachen ihrer Herrinnen und Herren vorzubereiten.

Vermutlich hätte er einen von ihnen nach dem weg Fragen sollen, aber er wollte so wenig Aufmerksamkeit wie möglich, also versuchte er selbst denn weg in den Garten zu finden.

Nach einer gefühlten Ewigkeit fand er ihn endlich, doch zu seiner Verwunderung stand das kleine Gartentor bereits offen. Sollte um diese stunde wirklich schon jemand im Garten sein? Vielleicht eine bedienstete, die frischen Blumen für die Frühstücktafel holte? Oder Kräuter für den Tee seiner Herrin? Ob die Person noch da war? Vorsichtig spähte er in den Garten, doch zu seiner Erleichterung war niemand zwischen den Bäumen und Sträuchern auszumachen. Im Gegenteil, alles wirkte friedlich, bis auf den morgen Gesang einiger Lärchen, die vermutlich in den umliegenden Bäumen saßen und ihr morgendliches Lied erklingen ließen.

Nachdenklich betrat er denn kleinen Kiesweg, hoffentlich würden ein paar Stunden Meditation seinen Geist und seine Sinne weiter klären, denn in seinen Gedanken herrschte noch immer ein heilloses Durcheinander… Doch plötzlich sah er eine Person am Boden hocken, die ihn ebenfalls erst jetzt bemerkt zu haben schien. Zu seiner Verwunderung stellte es sich Person nicht als bedienstete, sondern als Mariella heraus. Als sie ihn ebenfalls erkannte, sah sie ihn besorgt an und erhob sich.

 „Ladriel, solltet ihr denn schon aufstehen und umherwandern? Ihr habt uns gestern einen ganzschönen Schrecken eingejagt… Ich war gerade dabei, ein paar Kräuter für euch zu pflücken.“

Eigentlich war ihm gerade alles andere als danach zu plaudern, aber spätestens nach gestern war er ihr etwas schuldig und es wäre außerdem mehr als ein Affront gewesen, die zukünftige Braut seines Herren zu ignorieren… Also atmete er noch einmal tief durch, ehe er ihr antwortete.

„Entschuldigt bitte vielmals, dass ich euch gestern solche Sorgen bereitet hab Lady Mariella, dies war mit Sicherheit nicht meine Absicht. … Ich hoffe, ich habe damit euer fest nicht Al zu sehr gestört, dies könnte ich mir nie verzeihen.“ Um seiner Entschuldigen die nötige Ernsthaftigkeit zu verleihen, verbeugte er sich tief vor ihr, wie es sich ihrem und dem seinen Stand nach gebührte. Nein, nach seinem Stand hätte er sich vermutlich vor ihr in den Staub werfen müssen… Doch Mariella schien in ihrer freundlichen Art ganz anderer Meinung zu sein, denn sie faste ihn vorsichtig bei dem schultern.

„Bitte Ladriel, du brauchst dich nicht entschuldigen, dafür gibt es überhaupt keinen Anlass.

Außerdem dachte ich, dass du spätestens mit deiner bitte gestern mein freundschaftliches Angebot angenommen hättest, also enttäusche mich nun nicht, indem du so tust, als wären wir fremde… „

Irritiert sah er zu Mariella auf sie, sie meinte das wirklich ernst, oder? Das, dass… sie Freunde sein sollten, oder?! Diese Frau war unglaublich, wie konnte sie so nett zu ihm sein? Spätestens nach gestern Abend musste sie doch wissen, welchen Platz er in Samuels Herz hatte oder war sie gerade deswegen so nett zu ihm? Hatte sie Mitleid mit ihm, weil sie wusste, dass sie ihm Samuel zumindest auf gewisse Weise nehmen würde? Er musst es einfach wissen. „Mariella, ich werde aus euch nicht schlau… Ihr seid so nett und liebenswürdig zu mir… Ich ... Das verstehe ich nicht…“

Nun war sie es, die ihn irritiert ansah, ehe sie zu verstehen schien und ihn bat, ein paar Schritte mit ihr zu gehen. Anscheinend wollte sie ihre Worte mit Bedacht wählen, doch ihn machte dies nur noch nervöser und so war er froh, als sie endlich zu sprechen begann.

„Weißt du Ladriel, ich mag eine Frau sein, aber auch ich bin nicht dumm… und du musst wissen, auch wenn unserer beiden Länder nicht nebeneinanderliegen, so wurde mir doch bereits das ein oder andere über meinen zukünftigen Gatten zugetragen und damit auch über einen geheimnisvollen Elben, der ganz alleine in einem Turm des Schlosses lebt… Natürlich habe ich mich gefragt, was an diesen Gerüchten dran sei und als du gestern aus dieser Kutsche gestiegen bist und ich gesehen habe, wie er dich anblickt, da ... da habe ich es gewusst, das, dass das Herz meines Zukünftigen bereits vergeben war… Vielleicht habe ich mir deswegen denn Spaß gegönnt, dich als Frau zu bezeichnen ...  Ich hoffe, du nimmst mir dies nicht übel und wir können wirklich freunde werden, denn spätestens nachdem wir uns zu zweit unterhalten haben, da wusste ich, was Samuel an dir liebt… Du bist ruhig, bescheiden, liebevoll. Er kann sich wirklich glücklich schätzten, jemanden wie dich zu haben.“

Was? Sie, sie hatte, hatte es von Anfang an gewusst? Und er hatte sich solche Sorgen gemacht… Doch wieso erzählte sie ihm das alles? Wollte sie wirklich und ernsthafte mit ihm befreundet sein und das, obwohl sie wusste, dass Samuel ihn vermutlich immer mehr lieben würde als sie? Oder hoffte sie, indem sie sich mit ihm gut stellte, auch in Samuels Kunst höher zu steigen? Was war ihre Absicht, was war ihr plan? Was sollte er tun? Wie sich ihr gegen über verhalten?

„Ladriel, hör auf, dir Gedanken zu machen… Sicher, ich mag Samuel, er ist ein wirklich attraktiver und liebenswerter man etwas, was ich spätestens wusste, nachdem er dich nicht als etwas anderes als guten Freund und vertrauten vorgestellt hat, aber sei dir gewiss, ich war von vornherein darauf vorbereitet, dass wir uns vielleicht niemals lieben würden, so ist das eben in einer arrangierten, ehe… Da muss man als Frau schon froh sein, wenn man in seinen zukünftigen Gatten wenigstens einen Freund findet…“

In diesem Moment begriff Ladriel wie viel Glück er gehabt hatte, dass er sich in Samuel verliebt hatte… Ehrlich gesagt hatte er nie groß darüber nachgedacht oder nein, er hatte sich selbst nie erlaubt, sich darüber Gedanken zu machen. … Dabei war ihr Start auch etwas holprig gewesen. Erst später hatte er begriffen, welche ehre es war, als so etwas wie Samuels besitzt, angesehen zu werden, immerhin bedeutete dies, dass er immer an dessen Seite sein durfte… Im Gegensatz zu zwei Männern, die sich sonst liebten… Daher sollte er wohl auch erleichtert sein, dass Mariella alles wusste und doch, doch plagten ihn noch immer seine Schuldgefühle… Vielleicht sogar noch schlimmer als zuvor … Mariella war so eine nette Frau, sie hatte mehr verdient als eine Lieblose, ehe…

 

„Ladriel da wir nun wahrlich und ehrlich Freunde sind, muss ich dir allerdings eine ehrliche Frage stellen, auch um Samuels willen… Er hat mir gestern noch viel von dir erzählt und, und generell von euch Elben… und… und doch würde ich gern mehr über dich erfahren, doch, doch zunächst habe ich eine andere eine Ernste frage… ist es, ist es wahr, das du vielleicht… vielleicht bald stirbst?“

 

Hatte Samuel das zu ihr gesagt? Das, dass er befürchtete, dass er bald von ihm ging? Vertraute er ihr bereits so sehr oder hatte er es nur getan, um sein gestriges Verhalten zu erklären? Dabei würde er doch gar nicht sterben, also zumindest nicht seine Seele, aber sei es drum für Samuel und sie würde er tot sein und wenn seine Seele irgendwann wieder geboren werden sollte, dann würden die beiden lange, lange Zeit schon von dieser Erde verschwunden sein… Ein schrecklicher Gedanke ... Und trotzdem sollte er es ihr vermutlich erklären, doch nicht im Gehen… „Lasst uns, uns einen Moment setzten…“

Mariella nickte und geleitete ihn zu einem kleinen hölzernen Pavillon, der auf einer kleinen Insel war, die ein klarer, wenn auch kleiner künstlich Bach umspielte. Dieser Garten war wirklich sehr schön… Ladriel konnte verstehend das Mariella stolz auf diesen wahr, immerhin hatte sie jedes Recht dazu. In Adras hatten sie so etwas nicht… Ob sie dort auch einen anlegen würde? Und wenn ja, würde er das noch erleben?  Wie viel Zeit würde ihm wohl noch bleiben? Nachdenklich ließ er sich mit auf der kleinen gepolsterten Bank, die um das Innere des Pavillons führte, nieder und begann ihr seine Gesichter zu erzählen.

 

„Ich, ich weiß nicht, wie viel ihr über uns Elben wisst oder was Samuel euch gestern erklärt hat, aber wir Elben sterben nicht oder zumindest nicht so wie ihr, ihr Menschen… Nicht viele glauben, dass wir Elben unsterblich sind, weil wir viele Jahrhunderte lang auf dieser Erde wandeln und doch hat zumindest dieses Leben ein Ende… Doch sterben tun wir nicht, zumindest nicht wirklich, es ist viel mehr, sodass sich unsere Seele diesen irdischen Körper auf zerren und unsere Seele schließlich zu Maras zurückkehrt, ehe sie nach Jahrtausenden, der ruhe wieder zurückkehrt.

Doch um auf eure Frage zurückzukommen, wenn, wenn für uns Elben die Zeit kommt, spüren wir das, in dem unsere Sinne immer schwächer und unsere irdischen Körper immer träger werden…

Das, was ihr gestern miterlebt habt, ist, wie soll ich sagen nichts Typisches für uns Elben, normal ist unsere Ablösung von dieser Erde, ein langwieriger Prozess. Dass uns unsrer Kräfte so schlagartig verlassen, wie, wie mich gestern ist, ist kein gutes Zeichen… und ich, ich kann deutlich spüren, wie meine Kräfte mich nach und nach verlassen. Ihr müsst wissen, dass ich schon einmal kurz davor war Maras ruf zu folgen ... Damals lebte ich noch in Bachtal bei, bei meinem Vater und Brüdern, doch im Gegensatz zu ihnen habe ich damals nie diese tiefe Verbundenheit mit dieser Welt gespürt ... Im Gegenteil ... Und ihm Gegensatz zu meinen Brüdern war ich nicht etwa ein gefeierter Jäger, sondern vergrub mich Jahrhunderte lang in den Bibliotheken von Bachtal, weil mir die Welt hier draußen angst machte ... Etwas, das sie ehrlich gesagt immer noch tut ...

Ihr könnt euch vermutlich nicht vorstellen, wie sehr ich mich gefürchtet habe, als das erste Mal Menschen in unseren magischen Wald eindrangen und, und mein Vater schließlich sogar beschloss, ihre Herrscher zu uns einzuladen… Ich hatte damals wirklich große Angst vor euch Menschen und doch, doch musste ich als Herrschers Kind von Bachtal an diesem Empfang und den anschließenden Feierlichkeiten teilnehmen… Zu diesem Zeitpunkt sah ich Samuel das erste Mal und ich wusste nicht, wieso, aber ich hatte schon da das Gefühl, das, dass diese Begegnung mein Schicksal verändern würde, doch zunächst geschah nichts und ich vergrub mich wieder in meinen Büchern, bis, bis mein Vater mich eines Tages zu sich rief…

Er hatte einen Brief von Samuel erhalten, in dem dieser geschrieben habe, dass er mich unbedingt zu sich einladen wolle, als, als Zeichen der Freundschaft zwischen unserer beiden Völker. Und da mein Vater zu diesem Zeitpunkt schon lange darüber nachgedacht hatte, wie er die Verbundenheit zwischen uns und dem Haus Adras stärken könne, hatte er beschlossen, dass ich nach Adras reisen nein, mehr noch, dass ich dortbleiben sollte… als, als eine Art Friedens Pfand…

Die genauen Worte meines Vaters verschweige ich euch lieber, aber so viel kann ich euch sagen, sie haben mich wirklich tief getroffen … Also habe ich mich schließlich seinem willen gebeugt, wenn auch widerwillig… Doch mein Vater ließ mir auch nicht wirklich eine andere Wahl, also ging ich lieber freiwillig… Und doch, doch tat ich mir damals unheimlich schwer damit, dass mein eigener Vater mich tatsächlich fortschickte… Damals glaubte ich jeglichen halt in der Welt verloren zu haben, und da verspürte ich ihn das erste Mal… Maras ruf…

Und als Samuel dann das erste Mal zu mir kam, da, da habe ich ihn angeschrieben und ihn von mir geschoben, ich wollte seine Nähe nicht! Mehr noch, ich hatte furchtbare Angst vor ihm… Doch statt mich für mein ungebührliches Verhalten zu züchtigen, hat er mich nur ein paar Tage in mein Zimmer gesperrt, wo ich über mein verhalten nachdenken sollte… Damals habe ich begriffen, dass es nichts brachte, gegen ihn zu rebellieren… Ich hatte ja doch keine andere Wahl, Ich mein, wo hätte ich schon noch hingekonnt? Also versuchte ich mich erneut mit meinem Schicksal abzufinden… Doch auch

wenn Samuel nett und freundlich zu mir war, blieb das Gefühl, eingesperrt zu sein… Keine Wahl zu haben… Etwas, mit dem ich einfach nicht leben wollte, nein konnte… Also türmte ich eines Morgens um diesen erbärmlichen leben endlich ein Ende zu setzten…“

 

Maria atmete erschrocken tief ein und nahm auf einmal seine Hand und drückte sie ganz fest… Vermutlich konnte sie sich zumindest annähernd vorstellen, wie, wie es war, nicht über sein eigenes Schicksal zu entscheiden… Lächelnd drückte er ebenfalls ihre Hand, ehe er begann, weiter zu erzählen. Schließlich kam jetzt der Teil der Geschichte, an der seine Leben eine überraschende Wendung genommen hatte.

 

„Es, es gelang mir damals bis vor die Burgmauern zu kommen, ehe ich einen vermeintlichen Händler in die Arme lief… Ich hoffte zunächst, er würde mir helfen, aber stattdessen packte mich und zog mich zu seinem Karren… In diesem Moment ist zum Glück Samuel aufgetaucht und hat mich gerettet und als wir wieder in der Burg wahren hat, hat er mir klargemacht, wie viel Angst er um mich gehabt hatte und da begann ich zu begreifen, dass ich für ihn viel mehr war als eine bloße Trophäe, ein Besitz .... Also beschloss ich ihm um seiner und meiner willens, eine schanze zu geben, und er hat mich nicht enttäuscht, im Gegenteil! Mit jedem Gespräch, das wir geführt haben, habe ich mich immer mehr in ihn verliebt, so sehr das ich mir mein Leben heute ohne ihn nicht mehr vorstellen kann…“

Hoffentlich verstand Mariella, wieso er ihr, dass alles erzählte, er wollte kein Mitleid von ihr, im Gegenteil, er wollte nur das sie verstand, wieso er Samuel liebte, wieso er ihn nie für sie würde aufgeben können… Auch wenn er ihr damit Leid zufügen würde…

 

„Genauso wie ich mir meins nicht mehr ohne dich vorstellen kann, Ladriel…“

 

Das, das war Samuel, stimme erschrocken, sah er zum Eingang des Pavillons, denn Samuel gerade betrat und auch Mariella schien überrascht, ihn zu sehen. Wieso war er schon wach? Es, es war doch noch viel zu früh und als er vorhin das Zimmer verlassen hatte, da hatte er doch noch tief und fest geschlafen, oder hatte er ihn doch unabsichtlich geweckt? Aber wieso hatte Samuel dann nicht gleich etwas gesagt? Wie viel er wohl von ihrem Gespräch mitbekommen hatte?

Und, und was dachte er jetzt? War er wütend? Enttäuscht? Oder gar eifersüchtig, dass er Mariella so viel von sich erzählt hatte? Denn auch wenn sie sich oft und gerne unterhalten hatten, darüber, wie er sein Leben war genommen hatte, hatten sie noch nie gesprochen… Immerhin hatte er Samuel nicht traurig machen wollen, er, er hatte ihn nie so ansehen sollen, wie er es jetzt tat, mit, mit so viel Mitleid…

Mariella erhob sich, schließ allerdings nicht, ohne ihn ein freundliches Lächeln zu schenken.

„Lass uns später gemeinsam einen Tee trinken Ladriel und euch Samuel, sehe ich hoffentlich später beim Frühstück.“ Mit einem Knicks verließ sie denn Pavillon und er, er blieb mit Samuel allein zurück, welcher ihn noch immer eindringlich musterte bis er es nicht mehr ertrug und ihn ansah, ein Fehler denn sofort hatte er das Gefühl, das Samuel bis auf den Grund seiner Seele blicken konnte…

„Wieso hast du mich nicht geweckt? Ich hätte dich doch begleitet, warum machst du so etwas Törichtes? Was hättest du getan, wenn… Wenn…“

Töricht? Er hatte ihn doch nur nicht geweckt, weil er sich ebenfalls sorgen um ihn gemacht hatte ... Außerdem konnte Samuel doch sowieso nicht an seinem Zustand ändern, stattdessen musste Ladriel auch noch dabei zusehen, wie sehr Samuel darunter litt ... Doch wie konnte er es ihm sagen, ohne ihn nicht noch mehr zu verletzten? Verdammt, dabei machte ihm das Ganze doch genauso Angst wie ihm ... Er wollte ihn doch auch nicht verlassen… Im Gegenteil, am liebsten hätte er sich einfach in Samuels arme geworfen und ihm gestanden, wie viel Angst er wirklich hatte, aber das ging einfach nicht… Nicht hier…! Nicht jetzt…! Weder er noch Samuel konnten es sich erlauben, hier, hier so viel Schwäche zu zeigen… Ja, ja, vielleicht, wenn sie wieder in Adras waren, vielleicht würde er dort mit ihm darüber reden können… Adras... Ob er es überhaupt noch einmal sehen würde?

Ja, im momentan da, da fühlte er sich wieder etwas kräftiger, aber was war morgen? Oder übermorgen? Schwer seufzend stand er auf und ging zum Eingang des Pavillons, wo er sich an einen der Pfosten lehnte und ließ seinen Blick über den Garten schweifen… Dieser Ort war wirklich schön, doch, doch er war nicht sein Zuhause, nicht der Ort, an dem er….

 

„Ladriel, ist dir wieder schwindlig? Komm, lass uns, uns wieder setzen ...“

 

Sofort war Samuel direkt wieder an seine Seite geeilt… Wie immer… Nun schämte er sich nur noch mehr dafür, dass er es nicht fertigbrachte, Samuel seine Sorgen und Ängste anzuvertrauen…

Er wusste, wie töricht es war, dass alles vor Samuel dem Mann, denn er liebte, verbergen zu wollen, aber andererseits, wie sollte er genau diesen Menschen das Herz brechen, indem er ihm sagte, das, das es vermutlich nicht mehr, mehr lange war bis, bis er ihn verlassen musste…?

Dabei konnte sich doch selbst nicht mit diesem anscheinend unvermeidlichen Schicksal abfinden ... Wieso, wieso musste es auch jetzt sein? Jetzt, wo er einen Ort gefunden hatte, an dem er sich zuhause fühlte, wo er jemanden gefunden hatte, der ihn um seiner selbst willen liebte? Ja, er wusste selbst, wie töricht es war, sich an diese Menschen, an, an dieses Leben zu klammern, und doch… konnte er nicht anders… Verdammt, nun wurde ihm doch wieder schwindlig, dass das… alles war, war einfach Zuviel für ihn, die Sorge um Samuel, die Angst, ihn wirklich verlassen zu müssen… 

Widerwillig ließ er sich nun doch von Samuel zurück zur Bank helfen und sich von ihm in die Arme nehmen… Er hatte einfach keine Kraft mehr um den Mann, denn er liebte von sich zuschieben… Alles was er jetzt noch konnte, war, war an dessen Vernunft zu appellieren… Auch wenn er selbst nicht wusste, ob es der Richtige weg war ... „Du musst damit aufhören Samuel…“

Der Angesprochene sah ihn fassungslos an, als könne er nicht begreifen, wovon er redete ...

„Du, du musst aufhören, mich so anzusehen…“

Er konnte spüren, wie Samuel seine Fäuste Balte und doch nichts sagte, er konnte spüren, dass dieser sich zurückhielt, darauf wartete, dass er sich erklärte, also sprach er schließlich weiter ....

„Wenn du mich so ansiehst, dann, dann habe ich noch mehr Angst, verstehst du das nicht… Ich habe doch selber Angst, wie, wie soll ich da für dich stark bleiben, wenn du mich so ansiehst… “, erneut kamen ihm die Tränen, wie so oft schon in den letzten Tagen… Was war nur mit ihm los? Er war doch sonst nicht so nah am Wasser gebaut… Sofort schloss seine Arme noch fester um ihn, während nun auch ihm die Tränen kamen…

„Ladriel ich liebe dich, aber so etwas kannst du einfach nicht von mir verlangen ...  So, so stark bin auch ich nicht… Auch ich kann nicht lächeln, wenn, wenn der Mann denn ich liebe, stirbt…

Also, also lass mich doch bitte wenigstens an deiner Seite sein und dir helfen, wenn ich schon sonst nicht tun kann, dann ... Dann wenigstens das ... Sonst, sonst komme ich mir so unglaublich ohnmächtig vor… ihm, ihn Anbetracht dessen das, dass du mich verlasen wirst… Also bitte, bitte, sag mir etwas, das ich wirklich tun kann? Und bitte hör auf die Gedanken, um andere zu machen und sag mir, was du wirklich möchtest…“

 

Was er wirklich wollte? Samuel nicht verlassen zu müssen, doch darauf würde wohl keiner von ihnen Einfluss haben… Doch, doch, wenn er schon gehen musste, dann, dann Zuhause in seiner vertrauten Umgebung, in seinem Zimmer, umgeben von den Dingen, die er liebte und, und in Samuels armen. „Bring mich nach Hause und, und bleib einfach bei mir, bis… bis es so weit ist…“

Ja, ja, das war sein einziger Wunsch und Samuel zögerte nicht in diesen zu erfüllen und so befanden sie sich schon zwei Tage später wieder auf dem Weg nach Adras.

 

 

Yoran

Die Reise hatte ihn mehr Kraft gekostet, als er geglaubt hatte, dabei war Samuel die ganze Zeit an seiner Seite gewesen und doch hatte er sich Tag zu Tag schwächer gefühlte… Und so war er unglaublich erleichtert gewesen, als er endlich wieder denn vertrauten Duft ihrer Heimat hatte einatmen konnte. Doch was er nicht geahnt hatte, war das in Adras jemand auf sie wartete, jemand, von dem er geglaubt hatte, ihn nie wieder zu sehen… Seinen Bruder Yoran…

Zunächst glaubte Ladriel zu fantasieren, als er seinen Bruder im Hof von Adras hatte stehen sehen, doch als dieser auch noch zu ihm kam und Mariella ablöste, welche ihn bis eben neben Samuel gestützt hatte, wusste er, dass es kein Traum war... Sein Bruder war wirklich hier.

 

„Ihr hättet mich früher rufen sollen…“

 

Das, das war alles, was Yoran nach all diesen Jahren zu sagen hatte? Und was hieß in rufen? Hatte Samuel ihn etwa geschrieben? Fassungslos sah er diesen an, doch dieser wich beschämt seinen Blicken aus, also hatte er Yoran wirklich gebeten zu kommen? Was hatte er sich dabei nur gedacht? Was hoffte er damit zu erreichen? Yoran würde ihn genauso wenig helfen können wie Samuel selbst ... Im Gegenteil, seine Gegenwart regte ihn eher auf ... Diesen interessierte es doch gar nicht wirklich, wie es ihm ging. Er war doch nur da, weil Samuel ihn anscheinend darum gebeten hatte ... Dieser Dummkopf ...

Als sie endlich seine Kammer erreicht hatten, wo die beiden Männer ihn aufs Bett halfen, atmete er erleichtert auf, hatte er doch einfach das Gefühl, keine Kraft mehr zu haben ... Alles, was er jetzt noch wollte, war, dass sein Yoran verschwand und Samuel ihn fest in seine Arme nahm.

Doch stattdessen warf sein Bruder Samuel und Mariella plötzlich raus. Was, was… erlaubte er sich? Wütend starte er seinen Bruder an, der sich davon jedoch nicht aus der Ruhe bringen ließ ...

„Wie fühlst du dich?“

War das ein Witz? Jetzt, jetzt auf einmal Interessiertes es ihn, wie er sich fühlte? Damals war es ihm doch auch egal gewesen ... Wieso interessierte es ihn jetzt? Verdammt, wenn er gekonnt hätte, er hätte ihn am liebsten persönlich aus dem Zimmer geschmissen, doch dazu war er einfach zu schwach ... Also musste er sich stattdessen damit zufriedengeben, ihn so gut es ging zu ignorieren und zu hoffen, dass er von alleine wieder ging ... Etwas, das sein Bruder natürlich nicht tat, wieso auch? Warum sollte er nun seine Wünsche respektieren, wenn er es schon damals nie getan hatte?

Ohne noch etwas zu sagen, setzte Yoran sich auf einmal neben ihn auf sein Lager Und berührte ihn ungefragt am Bauch. Vermutlich wollte er nur wissen, wie schlecht es ihm in wirklich ging, und doch machte es Ladriel unglaublich wütend. So wütend das er sogar für einen Moment vergaß, wie schlecht es ihm ging…. Doch bei dem Versuch seinen Bruder von seinem Lager zu schubsen, wurde ihm sofort wieder schwindlig und er musste sich stattdessen noch an ihm festhalten… Verfluchter Mist…

 

„Spar dir deine Kräfte lieber, du wirst sie für die Reise brauchen, morgen früh im Morgengrauen brechen wir auf.“

 

Reise? Welche reise? Sie waren doch gerade erst hier angekommen? Wo, wo wollte sein Bruder mit ihm hin? Noch bevor er ihn diese Frage hatte stellen konnte, hatte Yoran ihn bereits wieder auf sein Lager gedrückt und anschließend die Kammer ohne ein weiteres Wort verlassen…

Das war so typisch für Yoran… Vermutlich war er es leid, mit ihm zu reden, wenn man das überhaupt reden nennen konnte ... Wütend warf sein Kissen gegen die Tür, welche sich einen Moment später wieder öffnete… Doch dieses Mal war es Mariella, welche das Kissen aufhob und es ihm wieder zurechtmachte und unter denn Kopf steckte…

„Du solltest dich nicht so aufregen und deine Kräfte sparen… Ich bin sicher, er ist es nicht wert, dass du dich so aufregst und dabei völlig verausgabst…“

 

 

 

Seine Kräfte sparen, seine Kräfte sparen, wozu denn noch? Für eine weitere Reise, die eh nichts bringen würde? Wie kam Yoran überhaupt darauf, dass er mitgehen würde? Oder wollte er ihn einfach zwingen und seine hilflose Situation ausnutzen? Und was sagte Samuel überhaupt dazu? Wollte er das wirklich einfach zulassen? Dabei hatte er ihm doch versprochen, bei ihm zu bleiben… Oder wollte er etwa alles stehen und liegen lassen? Nein, nein, selbst, wenn, das, das würde er nicht zulassen. „Mariella? Weißt du, wo Samuel ist…? Ich… ich muss dringend mit ihm sprechen…“

Mariella zögerte kurz ehe sie sich neben ihn setzte und ihm vorsichtig übers Haar strich.

„Regt dich bitte nicht auf, aber er, er unterhält sich draußen mit deinem Bruder?! Über… über eure Abreise… Aber wenn du willst bleib ich bei dir, bis er kommt…“

Also, also wusste Samuel von Yorans Plänen? Dieser, dieser Verräter, er, er hatte ihm doch versprochen, ihn nach Hause zu bringen und, und bei ihm zu bleiben, und jetzt, jetzt wollte er zulassen, das Yoran ihn mit sich nahm? Und wieso hatte er nicht mit ihm darüber geredet? Ihn gefragt, was er wollte… Hatte er in Baldra nicht noch groß getönt, er solle seine Bedürfnisse endlich über die von anderen stellen? Fein, sein Bedürfnis war es hierzubleiben bei Samuel, egal was es ihn kostete… Und doch würde er keine Schanze gegen Yoran und Samuel haben, wenn, wenn die beiden beschlossen, das, das es das Beste für ihn war… Oder zumindest das, was sie dafür hielten…

„Warum tut er so etwas…?“ Verdammt, jetzt kamen ihm schon wieder die Tränen, dabei wollte er doch gar nicht weinen… Er war einfach nur unglaublich wütend, ja wütend und verletzt, und doch tat es unheimlich gut, dass Mariella in ihn denn arm nahm…

Verzweifelt weinend klammerte er sich an sie… Mariella war in den letzten Tagen wirklich zu mehr als nur einer guten Freundin geworden. Am liebsten hätte er sie gebeten, an seiner Stelle noch einmal mit Samuel zu reden, ihm noch einmal klar zu machen, welchen, welchen Verrat er da gerade im Begriff war an ihm zu begehen, und doch, doch wollte er Mariella da nicht mit hineinziehen…

Außerdem würde sie gegen die beiden Sturköpfe sowieso nichts ausrichten können… Genauso wenig wie er… 

 

 

Mariella blieb tatsächlich die ganze Zeit bei ihm und versuchte ihn abzulenken, aber solange er nicht mit Samuel gesprochen hatte, wusste Ladriel würde er nicht zur Ruhe kommen, wenn er das überhaupt würde… Denn, denn wenn Samuel ihn, ihn wirklich fortschicken würde, dann, dann würde er für nichts garantieren können… Und als Samuel endlich zu ihm kam, herrschte zunächst eisiges Schweigen zwischen ihnen. Mariella hatte inzwischen das Zimmer verlassen, um ihnen Zeit zum Reden zu geben… Doch jetzt, jetzt, wo er Samuel sah, wusste er einfach nicht, was er sagen sollte… Sollte er ihn fragen, ob es stimmte? Ob, ob er ihn wirklich fortschicken würde? Nein, nein, eigentlich brauchte er das nicht… Nicht so schuldbewusst wie Samuel schaute und doch wollte und musste er es aus dessen eigenen Mund hören. Doch Samuel sagte nichts… Stattdessen setzte er sich neben ihn auf die Bettkante und begann damit sein Hemd auszuziehen.

Fassungslos starrte Ladriel ihn an, Samuel wollte doch jetzt nicht wirklich so tun als seie nichts und… und sich einfach zu ihm legen? So, so, als seie alles in Ordnung? Als, als würde er ihn nicht morgen fortschicken, als, als wäre dies nicht ihre vermeintlich letzte gemeinsame Nacht…

„Warum machst du das…? Wie, wieso hast du ihn holen lassen? Willst du wirklich zulassen, das… Das… er mich mit sich nimmt…?!“

Samuel wirkte sichtlich überfordert mit der Situation, aber das war er auch, und als dieser ihn auch noch um Verzeihung bittend ansah und, und seine Wange streicheln wollte da, da konnte Ladriel nicht anders, als ihn von sich zu schieben… „Sag, dass das nicht wahr ist…! Sag das du mich nicht fortschickst…!“, bettelte er unter Tränen… und auch Samuel wirkte, als wenn er die seinen kaum noch zurückhalten könnte…

„Glaub mir Ladriel wenn, wenn es eine andere Möglichkeit geben würde dann…“

Wollte er ihn verarschen? Es gab eine andere Möglichkeit, doch die wollte Samuel anscheinend nicht mal in Betracht zu ziehen… „Ich will aber nicht gehen…“

 

Zärtlich strich Samuel ihn nun doch über die Wange und er, er ließ es zu, zu sehr sehnte er sich nach Samuel und seinen zärtlichen Berührungen.

„Ladriel du weißt, dass ich dich liebe und das, das ich dich normalerweise niemals wegschicken würde, aber Yoran glaubt wirklich, dass er dir helfen kann. Wie könnte ich dich da nicht mit ihm gehen lassen? Ich liebe dich, ich will das es dir gut geht. Selbst wenn das bedeutet, dass wir eine Weile getrennt sind…“

Für einen Moment war er versucht Samuel zu glauben, aber, aber so war es nicht… Wenn, wenn er ihn morgen wegschicken würde, dann, dann würde dies wirklich ihre letzte gemeinsamen Nacht werden, das, das spürte er… Denn egal, was Yoran sagte, er spürte doch selbst, wie schlecht es ihm und seinen Körper ging… Egal was sein Bruder sagte, keine Medizin der Welt würde ihn noch helfen, wenn, wenn Samuel ihn wirklich wegschickte und ihn damit buchstäblich das Herz herausriss…

„DU hast gesagt, du mich liebst… Das, das du mich niemand würdest gehen lassen… Dass, dass du mich lieber hier würdest einsperren, als mich gehen zu lassen und jetzt? Jetzt verlangst du ernsthaft von mir, dass ich einfach so mit Yoran gehe?! Nur weil er dir irgendwelche falschen Hoffnungen gemacht hat?“

Samuel seufzte schwer, ehe er ihn ernst ansah.

„Ladriel versteh mich doch, wenn es nur den Hauch einer Schanze gibt, dann kann ich sie nicht verstreichen lassen. Also ja, ja, ich möchte, dass du morgen mit ihm gehst, egal wie sehr es mir wehtut, dich so zusehen ... “

Es war ihm also ernst…?! Wütend verpasste er denn Mann, denn er eigentlich liebte eine schallende Ohrfeige, während er ihn anschrie. „RAUS! RAUS, wenn, wenn dem wirklich so ist, will ich dich nie, nie wieder sehen…“ Er, er trug es einfach nicht, dass er hier saß und ihn etwas davon erzählte, wie sehr er ihn liebte und ihm im gleichen Atemzug fortschickte…

Fassungslos sah Samuel ihn an, ehe er einfach nach seinem arm griff.

„Jetzt beruhig dich doch erst mal wieder Ladriel ... Du willst doch gar nicht, dass ich gehe. Also sag jetzt bitte nichts, dass du später bereuen könntest…“

Doch, doch genau das wollte er… Er ertrug Samuels Anblick gerade nicht, nicht dessen Nähe nicht diesen traurigen Blick, mit dem er ihn ansah, während er im gleichzeitig das Herz heraus riss…

„Du, du hast es mir versprochen…“ Mehr brachte er einfach nicht mehr über seine Lippen, es, es tat einfach zu weh… Wenn, wenn Samuel ihn wirklich fortschicken würde, dann, dann könnte er ihm auch hier und jetzt einen Dolch durchs Herz jagen… Das hätte ihn weniger Verletzte als, als das…

„Ich weiß Ladriel, aber ich… Ich kann dieses Versprechen einfach nicht, nicht halten… Es tut mir leid ...“ Mit diesen Worten gab Samuel ihm einen Kuss auf die Stirn.

„Ich liebe dich Ladriel und auch wenn, wenn du das gerade nicht sehen möchtest, glaub mir tue ich das alles nur für dich, für uns… Also frag ich dich jetzt noch einmal in Ruhe, möchtest du wirklich, dass ich gehe?“

Nein, nein eigentlich wollte er das nicht und trotzdem nickte er, auch wenn ihn Samuels verletzter blick fasst umbrachte, als er tatsächlich zur Tür ging und denn raum verließ… Sofort hatte Ladriel das Gefühl es zu bereuen und doch rief er ihn nicht zurück, stattdessen weinte er verzweifelt in sein Kissen…

 

 

In dieser Nacht weinte Ladriel so viel, wie er noch nie geweint hatte, bis er das Gefühl hatte, das keine einzige Träne mehr übrige sei… Ein Blick aus dem Fenster verriet ihm, dass es bald morgen wurde, denn er konnte schon das zarte Rosa der aufgehenden Sonne durch sein Fenster sehen…

Und tatsächlich dauerte es nicht mehr lange, bis sein Bruder zu ihm kam, um ihn abzuholen.

 

„Bist du bereit?“

 

Nein, nein war er nicht, aber das interessierte Yoran doch gar nicht, genauso wenig wie Samuel… und anscheinend kam dieser nicht mal um, um sich zu verabschieden… So viel zu seiner Hoffnung, das, das Samuel es sich nach seinen gestrigen Worten noch einmal überlegen würde…

Und als Yoran ihn schließlich einfach auf seine Arme nehmen wollte, versuchte er ihn so gut konnte von sich zu schieben, doch mehr als ein seufzen erntete er von Yoran dafür nicht…

„Na gut, dann eben anders…“

Auf einmal pustete Yoran ihn etwas ins Gesicht. Was? Was war? Fassungslos sah er seinen Bruder an, ehe auch schon seine Sicht zu schwimmen begann….

„Tut mir leid Bruder, aber so ist es das Beste…“

 

Als Ladriel das nächste Mal seine Augen öffnet, lag er halb auf den Schoss seines Bruders in einer Kutsche. Verzweifelte krallte er seine Hände in dessen Gewand und vergrub sein Gesicht darin, und zu seiner Verwunderung strich sein Bruder ihm beruhigend über das Haar…

„Es tut mir leid, dass ich zu solchen Mitteln greifen musste, doch länger zu diskutieren hätte nur wertvolle Zeit für euch beide verschwendet… Ich hoffe, du fühlst dich jetzt etwas besser, wo du etwas geschlafen hast ...“

Sie beide? Er geschlafen? Wovon zum Teufel sprach sein Bruder? Verwirrt strich er sich durchs Gesicht, ehe er realisierte, wo er war, sie, sie saßen oder er lag mehr in einer Kutsche…  Ach ja, Yoran hatte, hatte ihn so, so ein komisches Pulver ins Gesicht gepustet ...

Yoran, dieser, dieser… Wütend drückte er sich so gut er konnte hoch und lehnte sich an die Wand der Kutsche. Verdammt, ihn war noch immer total schwindlig, vielleicht hätte er doch noch einen Moment liegen bleiben sollen ... Doch, doch, er hatte einfach nur noch weg von diesem schrecklichen Elben gewollt ... „Wieso? Wieso tust du das Yoran? Zuerst bringst du mich zu Samuel und dann… dann, als ich endlich glücklich bin, enteist du mir dieses Glück wieder…?! Hast du mich so sehr? Was, was habe ich dir nur getan…? "

Gereizt rieb Yoran sich die Nasenwurzel, ehe er ihn genervt seufzend ansah.

„Du bist fast schon so emotional wie es diese Menschen… Wie kann dieser Mann dir wichtiger sein als dein eigenes Leben?! Kannst du mir das mal verraten? Er ist doch nichts weiter als ein dummer Mensch…“

War das Yorans ernst? Hatte er es noch immer nicht begriffen? Er tat das, weil er Samuel liebte, weil er alles für ihn war… Doch dass jemand so Kaltes und Abgeklärtes wie Yoran so etwas nicht verstand, wunderte ihn nicht und trotzdem versuchte er es ihm zu erklären. „Weil ich diesen Mann liebe Yoran, mehr als mein Leben. Ich weiß, du verstehst das nicht und vielleicht, vielleicht auch niemand anders, aber ich liebe diesen Mann! Er ist einfach alles für mich verstehst du? Alles! Und ob du es begreifst oder nicht, mich von ihm zu trennen, bedeutet gleichermaßen, mir bei lebendigen leib das Herz heraus zu reisen… Also bitte ich dich, bring mich wieder zurück…“ Kurz glaubte er, Yoran würde ihn verstehen, doch dann schüttelte diesen nur den Kopf…

„Du weißt nicht, was du da sagst Ladriel…. Irgendwann hätte dieser Mensch dich doch so oder so verlassen! Also find dich endlich damit ab, dass es so für alle das Beste ist und höre auf, dich so irrational zu verhalten…“

Nein! Nein, er würde nicht aufhören, nicht bis, bis er wieder in Adras und in Samuels Armen war….

„Bring mich zurück, sofort!“ Dieses Mal bittet er Yoran nicht, er befahl ihn und doch auch das brachte ihn nicht mehr als einen skeptischen Blick und ein schneidendes „Nein“ ein….

Aber gut, gut dann musste er es eben irgendwie aus eigener Kraft schaffen… Egal was es kostete ... Was hatte er schon noch zu verlieren?

Einen Moment tat er so, als habe er die Diskussion aufgegeben und versuchte so viel Kräfte wie möglich zu sammeln, ehe er aufsprang und nach der klinke der Kutschentür griff. Doch leider waren seine Reflexe so geschwächt, das Yoran ihn schon wieder zurückgezogen hatte, als er die Klinke noch nicht einmal berührt hatte… Verdammt…

„Bist du wahnsinnig? Was wolltest du machen? Dich bei voller Fahrt aus der Kutsche werfen?“

Ja, ja, genau das hatte er vorgehabt, denn so hoch wie die Sonne erst am Himmel stand, hatten sie die Grenzen Adras vermutlich noch lange nicht erreicht, und so lange sie noch in Adras wahren, würde er die Hoffnung nicht aufgeben, es irgendwie zu Samuel zurückzuschaffen… Und, und wenn nur um in dessen Armen zu sterben…  Also ja, ja, vielleicht war er wahnsinnig, aber vielleicht begriff sein Bruder ja jetzt endlich, wie ernst es ihm war.

„Bitte Yoran… Bitte lass mich zurück zu Samuel, ohne ihn habe ich keinen Grund mehr zu leben, verstehst du das nicht?!“

Sein Bruder seufzte schwer, ehe er ihn wieder auf den Sitz half, was Ladriel sich nur wieder willig gefallen ließ…

„In Ordnung, ich werde…“ Weiter kam Yoran nicht, da war Ladriel ihn schon um den Hals gefallen, doch anscheinend hatte er sich zu früh gefreut, denn sein Bruder schüttelte nur mit dem Kopf und drückte ihn zurück in den sitzt.

„Lass mich ausreden! Ich werde dir einen Grund nennen, auch wenn der Plan anders aussah…“

Einen anderen Grund? Für Ladriel gab es keinen anderen Grund! Yoran hatte nichts, dass er ihn geben könnte, dass ihm so viel wert war wie seine Liebe zu Samuel…. Zumindest glaubte er das.

 

„Du erwartest ein Kind, zumindest, wenn ich mich nicht irre…“

 

Was? Nein, das, das konnte nicht sein. Yoran sagte das sicher nur um, um ihn von weiteren Dummheiten abzuhalten. So, so etwas war einfach unmöglich, aber das Yoran ihn mit, mit so etwas verspottete, das… Das… „Ich… ich wusste das, das du grausam sein kannst, aber, aber das du über so etwas einen Spaß zu machen… Das, das ist selbst für dich ausgesprochen gefühllos…“

Sein Bruder seufzte erneut und wendete dieses Mal seinen Blick aus der Kutsche und Ladriel glaubte schon, ihre Unterhaltung seie damit beendet, da, da sprach sein Bruder weiter.

„Siehst du deswegen habe ich nichts gesagt… Glaub mir, es wäre mir anders auch lieber gewesen und ja, zugegeben, ich bin mir nicht 100 Prozent sicher, aber genau deswegen werden wir beide jetzt nach Bachtal zurückkehren und dort werde ich mit dem Ältesten rat reden und Du wirst dich jetzt benehmen, oder ich sehe mich gezwungen, Gewalt anzuwenden… DU hast Glück, dass man dieses Pulver nicht zu oft anwenden darf, dabei wäre dies vermutlich wesentlich gesünder für uns beide… Also hör auf meine Nerven zu strapazieren, ansonsten überlege ich es mir noch mal, egal wie die Konsequenzen sind.“

Das, das Yoran nicht davor zurückschrecken würde, Gewalt anzuwenden, da war Ladriel sich sicher… Nicht umsonst hatte er versucht, ihn zu überlisten, auch wenn er genau wusste, wie dumm allein dieser Versuch war, und doch hatte er es einfach versuchen müssen. Außerdem war er sich noch immer sicher, ob das alles nicht ein Trick von Yoran war ... Oder, oder ob Mara ihm, ihm wirklich so ein großes Geschenk gemacht haben sollte… Doch eins wusste er, er wollte wieder zu Samuel zurück, komme was da wolle. „Wenn, wenn deine Vermutung nicht stimmt… Versprichst du mir, dass du mich so schnell wie möglich zurück zu Samuel bringst?!“ Er wusste, um was er Yoran da bat, ein versprechen war für einen Elben bindend, ein Grund, wieso sie diese äußerst selten gaben, doch zu Ladriels Erleichterung nickte sein Bruder.

„Aber nur, wenn du mir versprichst, keine weiteren Dummheiten zu machen, bis wir genau wissen, was mit dir los ist? Denn irgendetwas stimmt auf jedenfalls nicht mit dir ...“

Ja, ja, das wusste er, auch wenn er glaubte, dass es etwas ganz anderes war… „Ich verspreche es…“, hoffentlich würde er dieses Versprechen nicht bereuen…

 

 

So ungern Ladriel es zugab, sobald sie die Berge um Bachtal durchquert hatten und das reich des magischen Waldes betraten, fühlte er sich besser. Aber vermutlich lag dies am magischen Wald und der Erde ihrer Vorfahren, nicht umsonst wurden Elben in Bachtal besonders alt.

Auf ihrem Weg konnte er das Rauschen der Bache hören, das surren der Libellen, und als er denn Duft des Sees Menachiel riechen konnte, hätte er seinen Bruder am liebsten gebeten zu halten, doch er wollte dessen Geduld auch nicht überstrapazieren… Sie hatten denn Palast von Bachtal eh fast erreicht… Bachtal… Nie hätte er erwartet, diesen Ort noch einmal zu sehen, noch einmal denn Duft der Wälder zu riechen und die Altvertrauten hallen noch einmal zu betreten und doch hätte er sich gewünscht, dass es unter anderem Umständen gewesen wäre…

Als die Kutsche endlich hielt, wollte sein Bruder ihn schon auf seine Arme heben, doch Ladriel wehrte ab, egal wie schwach er sich fühlte, er würde, wenn er diesen Ort schon wieder betreten würde, es auf seinen eigenen Füssen tun. Alles andere verbat ihm sein Elbischer Stolz, von dem er bis eben nicht einmal mehr gewusst hatte, dass er ihn überhaupt noch besaß… Und zu seiner Verwunderung ließ sein Bruder es zu, auch wenn er verdächtig nahe bei ihm blieb, während er die weißen Marmortreppen zur großen Halle erstieg, doch spätestens oben angekommen musste er sich wieder setzten, da ihm erneut schwindelig wurde ...

 

„Kann ich dich einen Moment alleine lassen?“

 

Ladriel nickte, er würde eh einen Moment brauchen, um sich auszuruhen und mit all den Erinnerungen klar zu kommen, die an diesem Ort wieder auf ihn einstürmten… Dabei hatte das alles in Adras so weit weg gewirkt wie, wie eine ferne Erinnerung, doch hier…? Hier waren die Bilder in seinem Kopf wieder hellwach, wie sein Vater ihn zu sich gerufen und ihn schließlich fortgeschickt hatte ... Und doch, so schlimm diese Erinnerungen auch sein mochten er, er musste seinen Vater vermutlich sogar danken sein… Immerhin war er in Adras so glücklich geworden, wie er es hier in Bachtal vermutlich niemals geworden wäre…

Adras… Wie es Samuel wohl ging? Ob er es schon bereute, ihn gehen gelassen zu haben? Ladriel konnte noch immer nicht verstehen, wie Samuel es hatte zulassen können das, das Yoran ihn mitgenommen hatte… Was hatte Yoran ihm nur erzählt? Doch sicher nicht von seiner Vermutung mit dem Kind. Nein, nein, dann hätte Samuel nichts in Adras gehalten und er hätte ihn höchstpersönlich hier her gebracht… Aber Samuel war nicht hier, er, er war ganz allein bis, bis auf das Kind, das er laut Yoran angeblich erwartete… Ein Kind, das klang noch immer zu absurd in seinen Ohren, um wahr zu sein und doch ... Wenn, wenn nur ein funke Wahrheit in Yoran Worten lag, dann, dann würde er alles tun, um dieses Kind zu beschützten und, und wenn es sein Leben kosten würde…

 

Es dauerte eine Weile, bis, Yoran wieder zurückkehrte und ihn schließlich in sein altes Zimmer führte, auch wenn Ladriel es kaum wieder erkannte… All seine Bücher waren nicht mehr da und ohne sie wirkte der Raum kahl und leer und doch, doch erkannte er ihn wieder… Seufzten ließ er sich auf dem Kanapee neben dem großen Fenster nieder, von dem Mann einen wundervollen Blick über den Wald und all seine Flüsse und Bäche hatte… Wie gern er hier Gesäßen und gelesen oder einfach seine Gedanken hatte schweifen lassen…

Die ältesten haben beschlossen das du erst einmal hierbleiben sollst, bis Jenachil dich später untersucht und sie sich weiter beraten haben, was jetzt zu tun ist. Bis dahin hast du dieses Zimmer nicht zu verlassen, hast du verstanden?“

Ladriel nickte, was hatte er auch schon groß für eine Wahl? Fliehen? Er wollte doch selbst wissen, was nicht mit ihm stimmte und denn weg nach Adras alleine schaffen zu wollen war Irrsinn… Das würde er nie alleine schaffen… Nicht umsonst hatte er Yoran das Versprechen abgerungen, ihn dorthin zurückzubringen, wenn all dieser Irrsinn hoffentlich bald sein ein Ende haben würde…

Umso nervöser war er, als Jenachil tatsächlich am späten Mittag zu ihm kam und ihn lange ohne ein Wort zusprechen untersuchte.

Erst danach stellte er ihm einige Fragen, etwa wie er sich in letzter Zeit gefühlt hatte, wie oft diese Schwindelanfälle aufgetreten waren und was Ladriel die Schamesröte ins Gesicht trieb, ob, ob er sich Samuel wirklich hingegeben habe… Beides beantwortete er wahrheitsgemäß, genauso wie die Frage, wann das letzte Mal gewesen war. Als er anscheinend all seine Fragen beantwortet bekommen hatte, verließ Jenachil ihn ohne auch nur auf eine seiner Fragen, die er an ihn gerichtet hatte, zu beantworten… Umso verwirrter und aufgewühlter fühlte Ladriel sich nun… Was dachte Jenachil wohl, was mit ihm los war? War er etwa derselben Meinung wie Yoran oder dachte er etwa, dass ihm die lange Zeit fort von hier und bei den Menschen krankgemacht hatte?

Was Yoran wohl zum Rat gesagt hatte? Da Jenachil ihn nach Samuel gefragt hatte, musste Yoran ihn zumindest von ihrer, ihrer Beziehung erzählt haben… Doch hielten sie Yorans Theorie wirklich für möglich? Dabei konnte er sich doch selbst kaum für möglich halten und immerhin ging es hier quasi um ihn… Und doch war er noch hier, also, also mussten sie es zumindest in Erwägung ziehen, oder? Sonst hätten sie ihn doch schon längst wieder zurückgeschickt…oder?!

 

Und als Yoran am späten Abend zu ihm kam, wollte er schon erleichtert aufatmen, als Yoran etwas sagte, mit dem er nicht gerechnet hatte…. „Du wirst nicht nach Adras zurückkehren!“

Als Ladriel die Bedeutung dieser Worte verstand, schlug er die Hände vor den Mund und begann zu weinen… ob vor Freude oder leid, vermochte er selbst nicht zu sagen… Ein Kind, nein, nicht irgendein Kind, das Kind seiner liebe zu, zu Samuel, aber wie…? Wie war so etwas möglich? Ehrlich gesagt verstand er das noch immer nicht ... Er, er war doch ein Mann, wie, wie sollte so etwas möglich sein. „Wie…“ Zu seiner Verwunderung antwortete sein Bruder ihm.

„Genau habe ich es auch nicht verstanden, da ich an der Sitzung der Älteren nicht teilnehmen darf, wie du weißt, aber Jenachil hat es mir so erklärt, dass du wohl, nun nennen wir es mehrere Veranlagungen hast, was vermutlich auch der Grund für deine Stark femininen Merkmale wie deine geringere Körper Größe sind, aber genau sind auch sie sich nicht sicher… Immerhin bist du der erste vermeintlich männliche Elb, dessen Materieller Körper nicht mit dessen Geist übereinstimmt…und der auch noch schwanger ist…. Das Einzige, das anscheinend wirklich feststeht, ist die Tatsache, dass dein Leben wirklich unter einem ungewöhnlichen Stern steht.“

Unter einem ungewöhnlichen Stern? Ja, ja, vermutlich aber sagte man das nicht über jeden Elben, der es wagte, sich in einen Menschen zu verlieben? Ob so etwas wirklich noch nie vorgekommen war, wie sein Bruder sagte? Er hatte viele Legenden studiert, doch so eine war ihm tatsächlich nie untergekommen. Dabei kannte er jede der verbotenen Liebesgeschichten… Die von Beren und Lúthien, Idril und Tuor, Aragorn und Arwen, Mithrellas und der erste Herrscher von Dol Amroth… Doch die meiste endeten damit, dass die Elben sterblich wurden und in die Ewigkeit mit den Seelen der Menschen einkehrten, ohne je wieder in den Kreislauf der Wiedergeburt zurückzukehren… Doch in keiner dieser Legenden war je von einem Kind die Rede gewesen, geschweige denn von einem Schwangeren Elb ... Doch, doch was bedeutete das jetzt für ihn und, und sein Kind? Sein Kind…. Er konnte es noch immer nicht ganz fassen, innerlich taumelte er irgendwo zwischen Angst und Freude hin und her… Was Samuel wohl dazu sagen würde? Samuel ... Er hatte ihn so unschöne Worte an den Kopf geworfen, weil er ihn weggeschickt hatte… Und auch wenn Samuel vermutlich nichts von ihrem Kind wusste, so, so hatte er doch vermutlich ihrer beiden Leben gerettet… Zumindest vorläufig… Samuel, wie gern er jetzt mit ihm gesprochen hätte… „Darf, darf ich Samuel schreiben?“

Zu seiner Erleichterung nickte Yoran, doch natürlich hatte dieser einige Vorbehalte ...

„Du darfst, aber alles was du schreibst wird durch meine Hände gehen uns ich fürchte jeden Brief, in dem du dieses Kind auch nur am Rande erwähnst, oder das, er kommen soll, werde ich vernichten müssen.“

Er war also einmal wieder, so, so etwas wie ein gefangener ... Ob es sein Schicksal war, immer wieder in einem goldenen Käfig zu sitzen, wie ein seltener Vogel?

 

„Ich werde jetzt wieder gehen, meine Frau Verilia hat sich bereit erklärt, sich erst einmal um dich zu kümmern, sie wird später zu dir kommen. Ich habe ihr gesagt, dass sie dir Bücher aus der großen Bibliothek bringen darf, auch wenn du nicht als Sohn Veremirs hier bist, werde ich versuchen, dir das Kommende Zeit so angenehm wie möglich zu machen. Denn hingegen deiner Annahme bin ich längst nicht so grausam wie du denkst Bruder…“

Yoran… Hatte er ihn mit seinen Worten etwa wirklich verletzte? Im vielleicht wirklich unrecht getan? Wenn ja, tat es ihm leid, immerhin verdanke er auch ihm sein Leben und das seines Kindes. „Yoran … Danke…“ Anscheinend hatte sein Bruder nicht damit gerechnet, denn er blieb einen Moment stehen, ehe er ohne sich umzudrehen nickte und dann schließlich denn raum verließ.

 

Yoran Frau Verilia stellte sich als wirklich liebenswert heraus, sie brachte ihn regelmäßig Bücher aus der großen Bibliothek, spielte Harfe für ihn und brachte ihm zu essen und zu trinken, auch wenn er kaum etwas herunterbekam… Essen, ruhen, das alles war zu einer bloßen Pflicht für ihn geworden… Dinge, die er tun musste, um bei Kräften zu bleiben, um seinem Kind nicht zu schaden, denn dieses Kind war das einzige, das ihn momentan aufrecht hielt, und doch war es eine Bürde… Symbolisierte dieses Kind doch seine Liebe zu Samuel und würde ihn einer Seitz auf ewig mit ihm verbinden, andererseits war es auch der Grund dafür, da er jetzt nicht bei Samuel war ...

Allein dieser innere Kampf und die Schuldgefühle fraßen Ladriel innerlich immer und immer mehr auf, dazu kam die unbändige Sehnsucht nach Samuel… Samuel… Ob er ihn genauso sehr vermisste wie er ihn? Oder hatte er ihn längst vergessen? Einen Neuanfang mit Mariella an seiner Seite gestartet, ohne auch nur zurückzublicken? Einer Seitz wünschte er es sich, anderseits brach ihm allein der Gedanke immer wieder und wieder das Herz… Er wünschte sich das Samuel glücklich war ja wirklich, aber andererseits ertrug er denn Gedanken nicht, dass Mariella alles bekommen sollte, was er sich immer gewünscht hatte…

 

 

Eines Abends, nach dem er sich Tage und Wochen mit diesen Gedanken herumgequält hatte, hielt Ladriel diese Ungewissheit einfach nicht mehr aus und fragte seinen Bruder danach, doch alles, was dieser dazu sagte, war, er solle diesen Menschen endlich vergessen, er würde ihn ja doch nie wiedersehen und so hart diese Worte wahren, so hatte Ladriel tief in seinem Inneren gewusst, dass es so war, dass er Samuel vermutlich nie, nie wiedersehen würde… Doch es tatsächlich noch einmal aus dem Mund eines anderen zu hören, schmerzte ihn mehr, als er ertragen konnte, und so brach er erneut weinend zusammen, wie er es in der Nacht vor ihrem Aufbruch getan hatte ...

Doch zu seiner Verwunderung half sein Bruder ihn zumindest vom Boden aus Kanapee, ehe er ihm zärtlich durchs Haar strich, mit den Worten „Glaub mir, so ist es besser für alle...“ Ehe er ihn kurz darauf wieder alleine ließ ...

 

Die folgenden Tage gingen an Ladriel, vorbei wie Blätter, die von einem Baum geweht wurden, niemand wusste, wie viele es wahren und niemanden schien es zu interessieren, auch nicht ihn selbst… Nach seinem letzten Zusammenbruch hatte er das Gefühl, nichts mehr zu fühlen, außer dieser unglaublichen Schwere, die auf seinem Körper und seinem Geist lag… Hatte er zuvor kaum gegessen, so bekam er nun endgültig nichts mehr herunter… Nicht einmal, wenn Verilia ihn darum bat, ihn sogar versuchte, wie ein kleines Kind zu füttern… Er hatte es einmal versucht, doch sein Körper hatte sich so sehr dagegen gesträubt, dass er sich unmittelbar danach hatte übergeben müssen… Also ließ er es… Das Einzige, zu dem er sich täglich zwang war denn stark gesüßten Blumentee zu trinken, denn Verilia ihm immer wieder einflößte…

Verilia, sie kümmerte sich wirklich rührend um ihn, fast wie eine Mutter, und so wunderte es Ladriel nicht, sie eines Abends heftig mit seinem Bruder vor der Tür diskutieren zu hören…

 „DU musst etwas unter nehmen Yoran, er wird von Tag zu Tag schwächer, ich versuche wirklich alles, aber auch ich habe meine Grenzen… Wenn das so weitergeht, wird er dieses Kind verlieren und damit sein Leben, das ist es nicht, was du wollen kannst… Mir ist egal, was der Ältestenrat sagt, du musst etwas unternehmen. Immerhin ist dieses Kind, ob halb Mensch oder nicht, dein Neffe und du hast es zu beschützten, also ihn Maras Namen unternehme endlich etwas, oder ich tue es!“

Kurz herrschte stille und Ladriel glaubte schon, sein Bruder hätte seine Frau einfach stehen lassen oder dass sie gegangen und ihren Streit wo anders austragen würden, doch dann vernahm er die gereizte Stimme seines Bruders.

„Und was soll ich deiner Meinung nach unternehmen? Ihn einfach zu diesem Mann zurückschicken? DU weißt so gut wie ich das, dass nicht geht… Dass der Rat das niemals zulassen würde.

Davon ab, dass dieser Mann inzwischen eine Frau hat und mit ihr ein Kind erwartet, glaubst du, er würde das verkraften? Ich nicht ... Nicht so, wie er diesen Menschen angesehen hat…

Also tue ich das Einzige, dass ich kann, ich beschützte ihn und dieses Kind und sorge dafür, dass er einen neuen Anfang machen kann. Also sag mir, was glaubst du, könnte ich deiner Meinung nach noch tun Verilia?! Was verlangst du von mir?“

Yoran Worte wahren wie ein Dolch in Ladriel’s Herz… Samuel… Samuel hatte also wirklich einfach ohne ihn weitergemacht, mehr noch erwartete sogar ein Kind mit Mariella…?! Zum ersten Mal seit Tagen hatte er das Gefühl, etwas zu spüren und auch wenn es nur das Gefühl war, dass es ihm das Herz erneut herausgerissen würde und doch weckte es etwas in ihm… Eine, eine unglaubliche Wut auf Samuel, auf Mariella auf Yoran der ihn das alles verschwiegen hatte und nicht zuletzt auf sich selbst… Egal wie schwach er sich gerade fühlte, diese Wut war stärker, die Wut, an dieser gesamten Situation nichts ändern zu können, sie zog ihn auf die Beine und er zerschlug die nächstbeste Vase in seiner Nähe… Er ertrug das alles nicht mehr und wenn, wenn Samuel wirklich ohne ihn leben konnte, dann, dann war sein Leben nichts mehr wert… Wie in Trance nahm eine der Scherben und hielt sie sich selbst an den Hals. In diesem Moment beraten Yoran und Verilia denn Raum, welche panisch aufschrie, was ihn kurz innehalten ließ, diese Schrecksekunde nutzte sein Bruder aus, um zu ihm zu laufen und ihm die Scherbe zu entreißen, während er ihn anschrie.

 „BIST DU DENN VON ALLEN GUTEN GEISTERN VERLASSEN WORDEN?! WILLST DU DICH UND DEIN KIND WIRKLICH UMBRINGEN? NUR WEGEN DIESEM MENSCHEN?“

Mit diesen Worten verpasste sein Bruder ihm eine schallende Ohrfeige und in diesem Moment realisierte Ladriel was er im Begriff gewesen war, zu tun… Er, er hätte tatsächlich fast sich und, und sein Kind umgebracht… Wie, wie konnte er nur so etwas tun? Verlor er jetzt endgültig seinen Verstand? Fassungslos starrte er auf seine zitternden Hände, während er verzweifelt zu Boden sackte. „Ich ... Ich das, das ... wollte ich ... ich nicht ..." War alles, was er immer und immer wieder wiederholte, während Yoran sich neben ihn kniete und ihn an seien Brust zog, so wie es Samuel oft getan hatte… So… So liebevoll, so als könne er ihn so vor sich selbst beschützten…

Auf einmal hielt sein Bruder ihm eine Viole an die Lippen und ihm zwang, das bittere Zeug zu schlucken, ehe auch schon alles schwarz um ihn wurde.

 

Als er das nächste Mal seine Augen aufschlug, wusste Ladriel im ersten Momente nicht, wo oben und unten war, er fühlte sich noch immer total benommen ... Bis die Erinnerung auf einmal mit all ihrer Grausamkeit wieder zu ihm zurückkehrte. Panisch setzte er sich auf und legte seine Hand auf seinen Bauch. Was hatte er nur getan? Ging, ging es seinem Baby gut?

Auf einmal berührte ihn jemand vorsichtig an der Schulter. Zu seiner Verwunderung war es sein Bruder Yoran, der ihn beruhigend ansah.

„Keine Angst, dem Kind schadet das Mittel nicht, aber wie fühlst du dich?“

Wie, wie er sich fühlte? Wie sollte er sich schon fühlen? Der Mann, den er über alles liebte, hatte ihn vergessen und er, er hatte fast… fast sich und sein ungeborenes Kind umgebracht… Das Kind, von dem er sich selbst geschworen hatte, es mit allen zu beschützten, was er hatte…

Er wollte sich gar nicht ausmalen, was geschehen wäre, wenn, wenn Yoran ihn nicht aufgehalten hätte… Erneut schossen ihm die Tränen in die Augen und zu seiner Verwunderung ließ sein Bruder sich neben ihm nieder und nahm ihn seine Arme und er ließ es zu, mehr noch krallte sich regelrecht an ihn… „Yoran ich… ich glaub, ich verlier endgültig, denn, denn verstand…“ Ja. Ja, so, so musst es sein, ansonsten hätte er doch nie das Leben seines Kindes so sträflich gefährdet…

 

„Es tut mir leid, Ladriel…“

 

Was? Irritiert sah er in die Augen seines Bruders, die nun voller reue zu seien schienen, während Yoran ihn noch fester in seine Arme zog und einfach weitersprach.

„Hätte ich dich damals nicht, nicht zu diesem Mann gebracht, du würdest heute nicht so leiden, aber glaub mir, ich habe immer nur dein Bestes gewollt… Du hast einfach immer so verlorene gewirkt in diesen großen Hallen, hast dich immer mehr in dich zurückgezogen und dann tauchten diese Menschen auf und versuchte immer wieder deine Aufmerksamkeit zu erhaschen, fragte mich sogar, wie er dir eine Freude machen könnte und auch wenn du damals vielleicht Angst vor ihm gehabt hast, war da doch etwas in deinem Blick, das mich in der Annahme unterstützte, das er dir vielleicht einen weg aus deiner Traurigkeit zeigen könnte… Und als dann dieser Mensch Vater auch noch schrieb, dass er dich unbedingt einladen wolle, da habe ich dafür gestimmt, da ich dachte, dass es dir vielleicht guttun würde, eine Weile an einen Ort zu gehen, wo man dich als etwas Wertvolles erachtet und nicht hier, wo Vater und Lago dich immer wieder dazu zwang, dich mit uns zu messen… Und ja, auch ich war dir sicher nicht der Bruder denn du dir gewünscht hast, aber du weißt selbst, dass mir so etwas hier nicht liegt… Aber glaub mir, ich habe mich immer um dich gesorgt und als Samuel mir geschrieben hat, dass es dir nicht gut geht, habe ich keine Sekunde gezögert, nach Adras zu reisen und glaub mir auch für mich war es ein Shock, dich so zu sehen…

Ich weiß du haßt mich dafür, dass ich dich einfach hierhergeschleppt habe, aber was hatte ich für eine Wahl? Du wärst doch nie freiwillig mitgegangen und dann dachte ich besser, du hast mich dafür als, als diesen Mann, der dir anscheinend so viel wichtiger ist als dein Leben…“

Ladriel war fassungslos, das alles hatte er nicht gewusst, er hatte nicht gewusst, wie viele Gedanken sein großer Bruder sich anscheinend wirklich um ihm gemacht hatte, und er, er hatte ihn all die Jahre gehasst, gehasst, weil er ihn aus seinem gewohnten Leben gerissen hatte… Gehasst, weil er ihn erst zu Samuel gebracht und ihn dann diesen wieder genommen hatte, doch jetzt, wo er um die Motive seines Bruders wusste, konnte und wollte er ihn nicht mehr hassen… Nicht nach allem, was er für ihn getan hatte… „Ich, ich hasse dich nicht, nicht mehr. … Ich, ich bin wütend, aber, aber hassen nein… Nein, ich, ich weiß einfach nur nicht, warum du mir das jetzt sagst? Was es noch ändern soll? Geschehen ist Geschehen und damit müssen wir alle nun leben… Auch, auch wenn, wenn ich nicht weiß, wie, wie ich das soll, ohne, ohne verrückt zu werde… Ich, ich habe wirklich Angst, angst vor, vor mir selbst und, und diesen Gefühlen ...“

Auf einmal seufzte sein Bruder schwer und packte ihn bei den Schultern, während er ihm entschlossen in die Augen sah. „Aber ich.“

In diesem Moment zog sein Bruder eine kleine Viole, die an einer kleinen weißen Schnur hervor, die an seinem Hals hing. Zuerst verstand Ladriel nicht doch dann erinnerte er sich daran was ihr alter Lehrmeister sie einmal über Kräuter und, und pflanzen gelehrt hatte. Diese, diese blaue Flüssigkeit, das, das war… Panisch lauschte Ladriel ob sie jemand hörte, doch um sie herum war alles still, anscheinend schliefen alle anderen…

„Keine Angst, die anderen haben sich längst zurückgezogen. Nach deiner Reaktion zu urteilen gehe ich davon aus, dass du weißt, was das ist?! Es tut mir leid, dass ich keinen anderen Weg sehe als das… und ich werde dich auch nicht dazu zwingen, aber ich wollte dir zumindest die Option geben…“

Ja, ja, er wusste ganz genau was, was das war… Es, es war vergiss mein nicht, doch im Gegensatz zu seinen Namen bewirkte die Essenzen dieser Pflanze genau das Gegenteil, nämlich das man alles und jeden vergaß, sogar sich selbst… Doch wollte er das? Wollte er Samuel und all seine Gefühle für ihn vergessen? Nein, wenn, wenn er ehrlich war, nicht, denn sie waren ihm doch lieb und teuer und doch ... Doch war da diese eine Stimme, die ihm sagte, dass, dass es tatsächlich die einzige Möglichkeit war, um nicht verrückt zu werden, um, um sich und sein Kind vor sich selbst zu beschützten ...

Also nahm er sie an und umarmte seinen Bruder. „Danke… Yoran ... Danke, dass du so viel für uns riskierst.“, denn das tat sein Bruder denn allein der besitzt dieses mittels war unter Elben strengstens verboten. Und das, das bedeutete er würde es diese Nacht nehmen müssen, denn wenn nur einer davon wind bekam dann… Und dennoch hatte er noch eine letzte große Bitte an Yoran. Denn wenn er schon alles vergessen musste, dann wollte er es wenigstens für, für sein Kind und… und vielleicht auch für Samuel und sich aufschreiben… Er, er wollte einfach nicht das, dass alles vergessen war, was, was er für Samuel empfand… „Yoran, ich, ich weiß das, das ist viel verlangt, aber... aber ich würde gerne bevor, bevor ich das mittel nehme, Samuels… Samuels und meine Geschichte aufschreiben… Als, als eine Art Märchen für mein Kind… Und ich, ich möchte, dass du sie ihm irgendwann gibst, wenn, wenn du denkst, das, das er vielleicht alt genug ist, die, die Wahrheit hinter der Geschichte zu verstehen…“ Ladriel konnte sehen, dass sein Bruder mit sich haderte, ehe er nickte.

„Fein… ich, ich werde es tun… Aber wenn, wenn müssen wir uns beeilen, du weißt, dass wir nicht viel Zeit haben.“

Ja, ja, das wusste er, denn das Mittel würde ihn mindestens für ein paar Stunden außer Gefecht setzten, doch das würde Yoran auf das Mittel, das er ihm zuvor gegeben hatte, schieben können und, und das, das er alles vergessen hatte auf, auf den vermeintlichen Schock… Schließlich wollte er nicht das Yoran deshalb Probleme bekam…  Also ließ er sich von ihm so schnell es ging an denn keinen Tisch helfen und Tinte Feder geben, mit denen er Samuels und seine Geschichte niederschrieb. Die Geschichte von einem Elb und einen Menschen, die sich verliebten und, und schließlich von Mara ein Sternenkind geschenkt bekamen. In diesem Moment beschloss er, dass sein Kind denn Namen Tinwe bekommen sollte.

 

Leumas

Herrje, dieses Kind machte Ladriel wahnsinnig, wie konnte ein kleiner Elben junge nur so viel Energie haben und so schnell wachsen? „Leumas Tinwe setzt dich jetzt sofort auf deinen Hosenboden und iss dein Gemüse.“ Natürlich hörte der Kleine nicht darauf und rannte vor ihm weg.

„Aber nur, wenn du mich fängst Papa.“

Verzweifelt stöhnend rieb Ladriel sich die Nasen Wurzel als gerade die Tür aufging und ein groß gewachsener Elb das kleine Haus am Rande des Waldes betrat.

Na Leumas machst du wieder deinen Papa verrückt?“ Begrüßte der Mann denn kleinen Elben zuerst, welcher sofort auf ihn losstürmte und dessen Beine umarmte. „Onkel Yoraaaan.“

Oh Mann, wie oft hatte er Tinwe gesagt, dass er nicht so stürmisch sein sollte, doch egal was er sagte, Tinwe liebte Yoran einfach… „Tinwe du sollst ihn doch nicht so nennen und jetzt lass ihn bitte los…“ Entschuldigend sah er zu Yoran und nahm Tinwe schließlich selbst auf den Arm, damit er nicht noch einmal auf die Idee kam, Yoran so anzuspringen.

 „Ist schon gut Ladriel. Ich habe euch übrigens etwas mitgebracht, ich weiß doch, wie gern Tinwe Süßes ist.“

Er hatte doch nicht? Doch er hatte, Ladriel konnte sehen, wie Yoran ein kleines Glas mit Goldgelber Flüssigkeit hervorholte und sofort fing Tinwe auf seinen Arm so wild an zu strampeln, dass er ihn runterlassen musste und er sofort zu Yoran lief und sich das Glas von ihm annahm, während er immer wieder freudig „Honig, Honig“ rief, ehe er damit auf ihn zu gerannt kam, wobei ihm das Glas fast vor Aufregung zu Boden gefallen wäre… „Papa, Papa darf ich ein Brot mit Honig haben?“

Am liebsten hätte Ladriel, nein gesagt, aber er konnte seinen kleinen Tinwe einfach nichts abschlagen… „In Ordnung, aber nur, wenn du endlich dein Gemüse auf isst…“

Der Kleine nickte freudig und lief sofort wieder zurück zu seinem Platz, wo er schnell damit begann sein, so verhasstes Gemüse zu essen.

 

„Er ist schon wieder gewachsen oder? Euch scheint es gut zu gehen, oder kann ich irgendetwas für euch tun? Braucht ihr irgendetwas? “

 

Wie jedes Mal, wenn, Yoran diese Frage stellte und dies tat er immer, wenn er sie besuchte, versuchte Ladriel abzulenken, denn ihm war es unangenehm, wenn der andere noch mehr für sie tat als ohne hin schon. „Ja… Ja, ich glaub, er hört gar nicht mehr auf zu wachsen, dabei verschmäht er so oft sein Gemüse, nicht wahr Tinwe?“ Liebevoll wuschelte Ladriel seinen Sohn durch die Haare, der endlich seinen Teller leer gegessen hatte.

„Stimmt gar nicht Onkel Yoran, siehst du?!“ 

Freudig hielt der kleine seinen leeren Teller hoch und Ladriel verkniff es sich, seinen kleinen darauf hinzuweisen, dass es nicht nur zählte, wenn er seinen Teller nur leer aß, wenn Yoran da war… Denn der junge vergötterte diesen, er war so etwas wie sein persönlicher Held, immerhin hatte er seinen Papa und ihn vor 5 Jahren gerettet.

5 Jahre… 5 lange Jahre und er konnte sich noch immer nicht erinnern, was vor dem Tag gewesen war, als er damals in Bachtal erwacht war und nicht mehr wusste, wo oder wer er war…

Bis auf das was Yoran ihn erzählt hatte, nämlich das er ihn bewusstlos an den Grenzen von Bachtal gefunden hatte… Ladriel konnte sich noch genau daran erinnern, wie viel Angst er damals gehabt hatte und wie, wie sehr Yoran sich damals um ihn gekümmert hatte, genauso wie er es noch immer tat.  Selbst bei Tinwes Geburt hatte er ihm beigestanden, ihnen sogar dieses Haus besorgt und sah immer wieder nach ihnen, mehr noch brachte ihnen jedes Mal Dinge aus Bachtal mit, die er nicht selbst anbauen oder im Wald sammeln konnte… Und für all das hatte er nie eine Gegenleistung erwartet, sein einziger Wunsch war es gewesen, Tinwe seinen Namen geben zu dürfen, und natürlich hatte Ladriel ihn diesen Wunsch damals gewährt. Und dennoch fragte Ladriel sich immer wieder, wieso Yoran das alles für sie tat? Immerhin waren sie bis zu diesem Tag damals fremde gewesen… Und dennoch behandelte Yoran sie, als, als wenn sie ein Teil seiner Familie…

 

„Bekomm ich jetzt mein Honig Brot Onkel Yo-Yo?“

Riss Tinwe, Ladriel aus seinen Gedanken, doch noch bevor er etwas sagen konnte, war

Yoran bereits aufgestanden und hatte sich Brot und ein Messer genommen.

„Na klar Leumas, aber teil dir denn Honig gut ein, ich fürchte, ich habe ihn nächster Zeit kaum Zeit, euch zu besuchen, wir erwarten besuch und mein Vater erwartet, dass ich anwesend bin.“

Besuch? Kamen etwa andere Elben nach Bachtal? Ob sie etwas über ihn und seine Vergangenheit wissen könnten? Ladriel war zwar glücklich über sein Leben mit Tinwe, aber er hatte immer wieder das Gefühl, das ihm etwas fehlte… ein Gefühl, das er sich immer wieder damit erklärte, das er Tinwes Vater wohl vermisste… Dabei konnte er sich an diesen, so sehr er es versuchte, nicht erinnern… Alles, was er fühlte, war dieses Gefühl von Wehmut, weil er sich vermutlich nie wieder würde erinnern können… Diese Hoffnung hatte er einfach schon vor so vielen Jahren begraben, um sich und um Tinwes willen….

 

„Onkel YO YO wieso sieht Papa so traurig aus?“

 

Ertappt sah Ladriel auf und tat gespielt so als würde er schmollen… „Vielleicht bin ich ja nur neidisch auf dein tolles Honig Brot?!“

Sofort stand Tinwe mit seinem Brot in der Hand auf und eilte zu ihm.

„Hier Papa, du kannst meins haben, ich bin eigentlich schon ganz Dolle satt…“

Lächelnd beugte Ladriel sich zu seinem Sohn. „Behalt du mal dein Honig Brot Tinwe, aber vielleicht lässt du mich ja mal Abbeißen.“ Der Kleine schien kurz zu überlegen, lächelte dann aber vermutlich war er froh, sein Honig Brot doch selbst essen zu können. Freudig hielt er Ladriel, die kleine Schnitte hin und dieser bis eine winzige Ecke ab, ehe er seinen kleinen Augenstern einen Kuss auf die Stirn gab. Der Kleine war wirklich wundervoll, wenn er nicht gerade einmal wieder seine aufmüpfigen Phasen hatte, war er wirklich das Licht seines Lebens. Zärtlich strich er seinem Schatz über den Kopf.

„Danke Tinwe, aber jetzt setzt dich bitte wieder an den Tisch, ich habe dir schon mal gesagt, du sollst nicht mit essen durch die Gegend laufen.“ Der Kleine nickte und lief wieder zurück an seinen Platz, wo er begann, freudig sein Honig Brot zu essen.

 

„Du hast mir meine zweite Frage noch gar nicht beantwortet Ladriel.

Gibt es noch etwas, das ihr braucht? Ich könnte morgen jemanden schicken.“

 

Verdammt, Ladriel hatte gehofft, das Yoran, das nicht mitbekommen hätte, doch anscheinend hatte er kein Glück, also versuchte er stattdessen schnell abzulenken… „Nein, nein, wir haben wirklich alles. Ich, ich hole kurz Wasser, du möchtest doch auch sicher einen Tee nicht wahr? Du reitest immer extra für uns so lange…“ In der Tat war er Palast, zumindest zu Fuß fast einen halben Tagesmarsch entfernt und auch wenn es zu Pferd schneller ging, so war es Ladriel unangenehm, dass der ältere immer so viel für sie tat… Schnell wandte er sich zur Tür, ehe er denn anderen hinter sich lachen hörte.

„Ein Tee klingt wundervoll vor allen aus deinem tollen Kräutergarten, aber wenn du schon einmal draußen bist, dann bring mir doch bitte denn Inhalt meiner rechten Satteltasche mit ja?!“

Er hatte doch nicht?! Draußen stellte Ladriel kurz denn Krug auf den Rand der kleinen Brunnen neben dem Häuschen ab und ging zu dem großen weißen Schimmel, das freudig wirte, als es ihn sah. Schnell zog Ladriel eine Möhre aus seiner Kitteltasche, welcher er am Morgen extra für das wundervolle Tier dort deponiert hatte. Das Pferd mümmelte freudig das knackige Gemüse und kurz schoss es Ladriel durch den Kopf, wie wundervoll es wäre, wenn Tinwe sein Gemüse doch genauso freudig verputzten würde wie dieses prachtvolle Tier.

Zärtlich klopfte er dem Pferd kurz auf seinen Hals, ehe er sich traute, an Yorans Satteltasche zu gehen und das große Braune packet herauszunehmen. Er hatte also doch… Freudig drückte Ladriel das packet an seine Brust, er wusste, was es enthielt. Bücher und etwas Pergament. Dabei war dieses so teuer und doch, doch brachte Yoran ihn oft, welches mit, damit er, wie er es bereits in Bachtal getan hatte, seine Gedanken und träume aufschreiben konnte, von denen er hoffte, irgendwann etwas zu erfahren, über seine Vergangenheit zu erfahren, doch bis jetzt waren nicht mehr als ein paar nette Geschichten für Tinwe dabei herausgekommen… Aber es beschäftigte ihn und das reichte Ladriel fürs Erste. Schnell fühlte er noch am Brunnen, denn Krug, ehe er wieder zu den anderen beiden zurückkehrte und Tee Wasser aufsetzte und Yoran die Bücher holte, die dieser ihn das letzte Mal mitgebracht hatte und welcher er inzwischen fast auswendig kannte. Natürlich hatte Tinwe das Große packet inzwischen auch entdeckt und es mithilfe von Yoran ausgepackt.

„Tinwe sei bitte vorsichtig mit den Büchern, so etwas ist furchtbar teuer… Ich verspreche dir, ich lese dir heute Abend etwas vor in Ordnung? Magst du nicht inzwischen etwas spielen gehen?“

Der Kleine nickte und wollte vom Tisch aufstehen als Ladriel ihn zurechtwies. „Leumas Tinwe, das Geschirr räumt sich nicht von selbst ab.“  Schnell nickte der kleine und nahm seinen Teller und balancierte ihn zur kleinen Küchenzeile, ehe er freudig zur Tür lief.

„Ich geh ein bisschen auf Entdeckungsreise Papa.“

Oh Mann… Das bedeutet er durfte denn kleinen am Abend auch noch Baden, aber immerhin gab ihm, dass etwas Zeit sich mit Yoran in Ruhe zu unterhalten. Die Frage war nur, wie er die Frage anschneiden sollte, die ihm im Kopf herumspukte… Schnell spülte er Tinwes Geschirr ab und räumte es weg, ehe auch schon, dass Tee Wasserpfiff. Schnell nahm er zwei Tassen mit Kräutern, welche er bereits am Morgen im Garten gesammelt hatte und goss sie mit dem heißen Wasser auf, ehe er sich mit ihnen zu Yoran an den Tisch setzte.

„Du willst mich etwas fragen, aber traust dich nicht richtig?! Ich habe dir doch schon mal gesagt, dass du einfach fragen sollst, wenn du etwas brauchst oder wissen willst ich dir mit Rat und Tat zur Seite stehe.“

Ja, Ja das tat der andere wirklich und trotzdem viel Ladriel die Frage schwer… Er wollte wissen, was es mit dem hohen Besuch auf sich hatte, den Yoran zu Anfang erwähnt hatte. Doch er wusste nicht, ob es ihm zustand, danach zu fragen… Im Grunde ging es, es ihn ja auch gar nichts an und doch ...

„Du willst wissen, von wem ich vorhin gesprochen hab, nicht wahr? Du hoffst das es andere Elben sind, die vielleicht etwas wegen Leumas und dir wissen könnten oder?!“

Zögerlich nickte Ladriel doch an Yorans Gesicht konnte er schon ablesen, das dem nicht so wahr…

Doch dessen Antwort überraschte ihn dann doch und ließ ihm unwillkürlich den Atem stocken.

„Es sind keine Elben, es sind Menschen aus Adras, mein Vater hat so etwas wie ein Bündnis mit ihnen. Er hat sie eingeladen, um das 10-jährige Bestehen unseres Bündnisses zu feiern.“

Ladriel hatte das Gefühl das Yoran ihn genauer ansah als sonst, doch ehrlich gesagt wusste er nicht wieso… Nur das es ihm unangenehm war… „Ich… ich sollte vielleicht doch einmal nach Tinwe sehen… "Mit diesen Worten war er schnell aufgesprungen, um sein Unwohlsein zu überspielen, und auch Yoran stand schließlich auf.

„Tu das, ich muss jetzt leider auch schon wieder los. Ach übrigens, das kleine rote Buch ist ein Geschenk für Leumas.“ Mit diesen Worten war Yoran auch schon aus der Tür, ehe Ladriel etwas erwidern konnte…

Leumas… Der Name klang für Ladriel immer irgendwie falsch, weswegen er seinen Sohn immer nur mit seinen zweiten Vornamen ansprach, nur Yoran war es, der den dessen ersten Namen verwendete. Leider hatte Yoran ihm nie verraten, was er bedeute, und doch kam er Ladriel komisch bekannt vor, doch er konnte sich nicht erinnern, woher ...

 

Als er Tinwe später am Abend reinholte, sah der junge aus wie ein kleines Ferkel etwas, das Ladriel fast vermutet hatte, also schnappte er sich für seinen kleinen und sich frische Kleider und lief mit ihm zum nächsten Bach, in dem er mit seinem kleinen Schatz badete, ehe er mit ihm zurück nach Hause ging, wo, Tinwe sich sofort in sein Bett kuschelte und herzhaft gähnte. „Na ist da jemand müde? Schaffst du heute überhaupt noch eine Geschichte?“

Sofort schien Tinwe wieder hell wach zu sein und hüpfte freudig auf seinem Bett herum.

„Geschichte, Geschichteee.“

Oh Mann dieser kleine Wirbelwind… „Okay, na dann Kuschel dich jetzt wieder schöne ein während ich das Buch hole.“ Sofort nickte Tinwe eifrig und kuschelte sich in sein Bett, während Ladriel wie versprochen das rote Buch vom Tisch holte. Was das wohl für ein Buch war? Es sah irgendwie anders aus als die anderen, die Yoran ihn sonst mitbrachte. Was hatte er gesagt? Es seie ein Geschenk für Tinwe? Ob das Buch irgendetwas besonderes an sich hatte? Oder wollte Yoran, dem Kleinen damit einfach nur eine Freude machen?

„Papa, jetzt komm endlich…“

Oh Mann, dieses Kind… Kopfschüttelnd setzte er sich schließlich neben seinen kleinen und schlug das Buch auf und begann vorlesen.

 

„Es war einmal ein Elb, der schwächer und kleiner war als die anderen und denn diese oft verspotteten und so beschloss der kleine Elb es ihnen allen zu beweisen und zog aus in die große weite Welt, um sein Glück zu suchen, denn er wollte auch einen Seelenverwandten haben, wie es seine Brüder Hala, und Moriat hatten. Eine ganze Weile wanderte der kleine Elb durch die Wälder seiner Heimat, ehe er an eine große Straße kam, die ihn zu einem majestätischen Bauwerk führte, welches doch keine Spuren von Elben aufwies. Der kleine Elb verspürte Angst und doch war er neugierig und näherte sich diesem Ort, ehe auf einmal ein Böse aussehender Mann auftauchte und sich denn kleinen Elben schnappen wollte, doch zum Glück des kleinen Elben tauchte ein Mann auf einem weißen Schimmel auf und rettete denn kleinen Elb, in dem er mit ihm, wie er es nannte, in seine Burg ritt.“

 

Tinwe gähnte laut und kuschelte sich noch etwas mehr an seinen Papa.

„Papa meinst du das Pferd sah genauso aus wie das von Onkel Yoran?“

Ladriel musste über diese Frage lachen und zuckte mit den Schultern. „Vielleicht mein kleiner Tinwe… vielleicht, auf jeden Fall wenn du es dir so vorstellen magst.“

Der Kleine nickte eifrig, ehe er seinen Vater dazu aufforderte doch endlich weiter zu lesen.

Lächeln erhob Ladriel das Buch wieder und las weiter, denn auch er wollte wissen wie das Märchen. weiterging.

 

„Der kleine Elb war dem Mann dankbar und als dieser ihn bat, doch eine Weile bei ihm zu bleiben, tat der kleine Elb, dies, war er denn groß gewachsenen Mann doch dankbar, immerhin hatte er ihn gerettet. Die Jahre vergingen und der kleine Elb verliebte sich immer mehr in den Menschen, doch dieser sollte eine Frau heiraten, die sein Vater ihn ausgesucht hatte, da beschlossen der kleine Elb und der Menschen Prinz zusammen auf Reisen zu gehen.

Der kleine Elb hatte inzwischen verstanden, dass er in dem Menschen seinen Seelenpartner gefunden hatte, auch wenn der kleine Elb wusste, dass eine liebe zwischen Elben und Menschen verpönt, ja sogar gefährlich werden konnte. Doch der kleine Elb wollte das nicht glauben, er liebte den Prinzen und dieser ihn so etwas Wundervolles wie liebe, konnte nicht falsch sein, da war sich der kleine Elb ganz sicher. Gemeinsam bereisten sie die Länder und kamen irgendwann an einen wundervollen tiefblauen See und so beschlossen dort zu rasteten und ein Bad im Mondschein zu nehmen.

Es war, als würden sie zwischen den Sternen schwimmen, doch irgendwann wurde der Prince müde und so beschlossen sie ihm Schutze eines Baumes auszuruhen. Doch noch bevor der Prince dazu kam, seine Augen zu schließen, sah er etwas Helles vom Himmel fallen genau auf sie zu.“

 

Tinwe zuckte und kuschelte sich noch mehr an ihn, vermutlich glaubte er, dass nun etwas Schlimmes passieren würde, doch irgendwie hatte Ladriel nicht das Gefühl, das dem so sein würde, also strich er seinen kleinen Schatz über das Haar. „Soll ich weiterlesen oder soll ich erst mal schauen, was passiert?“ Gegeben falls würde er das Ende der Geschichte abändern, so wie er es oft bei Büchern tat für die Tinwe einfach zu klein war, doch bei diesem Märchenbuch würde, dies sicherlich nicht nötig sein. Doch Tinwe schüttelte mit dem Kopf. „Nein, ich will genauso mutig sein wie der kleine Elb.“

Ladriel musste lachen und gab seinen Kleinen einen Kuss auf das rabenschwarze Haar, ehe er weiterlas.

 

„Der Prince und der Elb wollten noch aufspringen, doch da viel die kleine leuchtende Kugel schon in den Schoss des kleinen Elben. Zunächst hatte er furchtbare Angst, doch als das Licht ihn berührt hatte, war diese urplötzlich wie verschwunden gewesen. Nach und nach war das Licht immer mehr gewichen und der kleine Elb entdeckte ein kleines Kind in seinem Schoss. Als der Prince plötzlich vor Überraschung laut rief, ein Stern, ein gefallener Stern.

In diesem Moment fing das kleine Kind an zu weinen und der kleine Elb nahm es, wie als hätte er nie etwas anderes getan in die Arme und wiegte es, er wusste nicht, wieso, aber er wusste sofort, dass dieser kleine Stern zu ihnen gehört, dass er ein Geschenk von Mara für ihn und den Prinzen war.

Zärtlich strich er dem Kind über die zarten Locken, während er ihn versuchte zu beruhigen.

Beruhig dich kleiner Tinwe, beruhig dich, ich bin ja da und auch der Prinz setzte sich zu den beiden und strich dem Kleinen übers Haar. Genau kleiner Tinwe, denn ab jetzt hast du ja uns.“

 

Als Ladriel denn letzten Satz las, fühlte er innerlich einen Stich und ihm schossen die Tränen in die Augen, dabei hatte er seit Tinwes Geburt nicht mehr geweint… Seinen Kleinen schien das zu ängstigen, denn er zupfte immer wieder an den Ärmel seines Papas…

„Papa…nicht weinen…“

Schnellt wischte er sich die Tränen fort und knuddelte seinen kleinen Schatz. „Ich fand die Geschichte nur so schön, aber jetzt solltest du schlafen, also husch, husch unter die Decke.“

Wie gefordert schlüpfte Tinwe wieder unter die Decke und das tatsächlich sogar ohne eine zweite Ermahnung. Schnell klappte Ladriel das Buch zu und gab seinen Schatz noch einen Kuss auf die Stirn und wünschte ihm eine gute Nacht. Denn im Gegensatz zu ihm schlief sein Kleiner wirklich. Etwas, das ihn zu Anfang sehr erschreckt hatte, bis die Heiler gesagt hatten, das alles in Ordnung sei und es vermutlich mit Tinwes anderen Vater zu tun hatte, der laut ihnen vielleicht so etwas wie ein Zauberer gewesen war. Ein Zauberer… Ehrlich gesagt konnte Ladriel sich das nicht vorstellen, andererseits war sein kleiner Schatz wirklich ein kleines Wunde, aber vielleicht war er ja auch wie das Kind in der Geschichte ein Geschenk von Mara, doch die Wahrheit würde er wohl nie erfahren…

Als Tinwe endlich eingeschlafen war, beschloss Ladriel einen Spaziergang an der frischen Nachtluft zu machen, in der Hoffnung, dieses merkwürdige Gefühl von Beklommenheit in seiner Brust loszuwerden… Doch kaum da die Tür hinter ihm zugefallen war, konnte er die Tränen nicht mehr zurückhalten, dabei wusste er nicht einmal, wieso er weinte… Lag es wirklich nur an, an dieser Geschichte? Dabei war es doch ein schönes, wenn auch etwas ungewöhnliches Märchen.

Oder lag es vielleicht daran, dass, das Kind in der Geschichte genauso wie sein Sohn hieß? Ob Yoran dieses Märchen schon gekannt hatte, bevor er Tinwes Namen ausgesucht hatte? Oder war ihm das Buch erst kürzlich in die Hände gefallen und er hatte einfach an sie beide denken müssen? Kurzerhand beschloss er Yoran bei seinem nächsten Besuch danach zu fragen, doch jetzt sollte, nein, musste er sich erst einmal wieder beruhigen, immerhin wollte er nicht das Tinwe sich sorgen machte, wenn er später erwachte…

Also beschloss er seinen kleinen Spaziergang noch etwas auszuweiten und die vermeintliche stille des Walds auf sich wirken zu lassen, und in der Tat fühlte er sich etwas besser, als er sich im Morgengrauen zur Hütte zurückkehrte.  Als er kleine Haus erreichte, stellte er zufrieden fest das, das die Hütte noch immer friedlich im Dunkeln lag, doch sobald er die Hütte betreten hatte, wusste er, dass etwas nicht stimmte, er, er konnte Tinwes atmen, nicht hören… Schnell lief er zum Bett, um nach seinen Kleinen zu sehen, doch in diesem lag nichts außer Tinwes zerwühlte Decke…

Im ersten Moment erleichterte es ihn, hatte er doch schon weit aus Schlimmeres gedacht, doch das Tinwe nicht in seinem Bett lag, war schon beunruhigend genug… Ob Tinwe wach geworden und ihn gesucht hatte? Panisch lief er durchs ganze Haus, doch nirgends fand er eine Spur von ihm… Im Gegenteil, sogar sein kleiner Abenteurer Beutel, den er von Yoran bekommen hatte, war verschwunden… Er war doch nicht? Panisch lief er wieder aus der Hütte und suchte denn nahen Wald ab, doch auch dort fand er keine Spur von seinem Kleinen…

Fast verrückt vor sorge, rannte er zur Hütte zurück und schickte denn Falken, denn Yoran ihn für Notfälle da gelassen hatte mit einer Nachricht los, ehe er sich selbst erneut auf die Suche nach Tinwe machte, doch mit jeder Minute die verstrich, wurde er immer panischer und rief immer lauter dessen Namen, in der Hoffnung, dass er ihn irgendwie hören und zu ihm kommen oder zumindest ebenfalls nach ihm rufen würde, doch nichts…

 

Schließlich kam er an die kleine Straße, die nach Bachtal führte und Ladriel beschlich ein furchtbarer Verdacht, Tinwe wollte doch nicht etwa wie der kleine Elb in der Geschichte losziehen oder?! Oder, oder hatte Tinwe etwa auch so ein komisches Gefühl bei der Geschichte gehabt und wollte zu Yoran um ihn danach zu fragen? Verdammt, in welche Richtung sollte er denn jetzt gehen? Auf einmal hörte er aus der Ferne lautes Hufgetrappel, er wusste nicht, wieso, aber sein erster Impuls war es, sich hinter einem der umliegenden Bäume zu verstecken, doch was war, wenn die Reiter Tinwe gesehen hatten? Vielleicht war es ja auch eine Patrouille, die Yoran ausgesendet hatte, um nach Tinwe zu suchen, also wartete er erst einmal ab. Doch als die Reiter näherkamen, erkannte er, dass es keine von Yorans Männern wahren, denn sie trugen fremde Rüstungen und, und eine Fahne, die er nicht kannte. Kurz war er versucht sich doch zu verstecken, doch dann kam ihm wieder in den Sinn, das Yoran von einem hohen Besuch geredet hatte. Ob das die, die Menschen wahren? Wenn, wenn ja dann, dann kamen sie vom Rand des Waldes, das hieß, wenn, wenn Tinwe diesen weggenommen hatte, dann musste er ihnen doch direkt in die Arme gelaufen sein oder?!

Also nahm Ladriel all seinen Mut zusammen und hielt denn ersten Reiter auf, der in seine Nähe kam.

„Ent… Entschuldigen sie das, das ich euch, euch aufhalte, aber haben sie vielleicht einen kleinen Elben gesehen? So groß, Dunkle schwarze Locken? Bitte sagen sie mir, dass sie ihn gesehen haben…“

Der Mann schien kurz zu überlegen, ehe er dem Tross ein Zeichen gab zu halten, ehe er sich zu den anderen Reitern umdrehte. „Hat von euch einer auf dem weg hier hin irgendwo ein Kind gesehen?“

Die Männer sahen sich fragend an, doch alle schüttelten mit dem Kopf ... Also hatten sie ihn nicht gesehen? Verdammt bedeutete das Tinwe irgendwo durch, denn Wald irrte? Oder war er vielleicht doch die Straße in die andere Richtung gelaufen Richtung Bachtal? Verdammt in welche Richtung sollte er denn nun gehen?

 

Plötzlich wurde die Wagentür der Kutsche geöffnet und ein großer Mann, der fast schon die Größe eines Elben hatte, stieg aus. Vermutlich wollte er wissen, wieso es nicht weiterging. „Was ist denn…“

Wieso sprach der Mann denn nicht weiter? Und wieso sah er ihn an, als wäre er ein Gespenst?

Er, er hatte doch sicher schon öfter einen Elben gesehen, immer immerhin, hatte Yoran gesagt, würde dieses Bündnis schon 10 Jahre bestehen.  Auf einmal ging die Wagentür ein weiteres Mal auf und eine wunderschöne Frau stieg ebenfalls auf die Kutsche und sah ihn nicht minder erschrocken an. Was hatten diese Menschen nur? Das, das alles war doch irgendwie absurd, außerdem hatte er jetzt keine Zeit für so etwas. Er musste weiter nach Tinwe suchen und wenn diese Leute ihn nicht gesehen hatten, dann, dann war Tinwe vermutlich in die andere Richtung gelaufen, wenn er denn auf der Straße geblieben war… Schnell verabschiedete Ladriel sich höflich von den Menschen und wollte schon weitersuchen, als der Mann plötzlich seinen Namen rief. „Ladriel…“

Sofort blieb er an Ort und Stelle stehen. Wo, woher kannte der Mann seinen Namen? Ängstlich drehte er sich um und sah denn Mann irritiert an. „Wo… woher wisst… wisst ihr…“ doch noch bevor aussprechen konnte, fiel ihm die Frau ins Wort. „Samuel, du musst ihm helfen, seinen Sohn zu suchen.“ Danach wandte die Frau sich denn Wachen zu. „Das Pferd meines Mannes, sofort!“

Noch bevor er etwas dazu sagen konnte, wurde ein weißer Schimmel ähnlich denn von Yoran herbeigeführt und der Mann schwang sich neben ihm auf den Rücken des majestätischen Tieres und streckte ihm seine Hand entgegen. "Komm."

War, war, dass sein Ernst? Er, er sollte zu ihm auf, auf das Pferd steigen? Kurz überlegte er, ob er dem Mann trauen konnte, aber was hatte er für eine Wahl? Mit einem Pferd würden sie Tinwe sicher viel schneller finden und, und wenn diese Menschen wirklich Gäste von Yorans Vater wahren, dann, dann konnte er ihnen trauen oder? Zögerlich ergriff er die Hand des Mannes, der ihn mit einem Ruck zu sich aufs Pferd und damit direkt in seine Arme… Doch groß Zeit darüber nachzudenken hatte Ladriel nicht, denn da trieb der Mann das Pferd schon an.

 

Erst nach einer Weile zog der Mann kurz die Zügel an und zwang das Tier dazu, langsamer zu laufen, was Ladriel ziemlich erleichterte. Ehrlich gesagt hatte er sich doch ganzschön erschreckt, als das Tier mit ihnen auf seinen Rücken wie wild los galoppiert war… Ob sein Herz deswegen wie wild in seiner Brust schlug? Oder lag das noch immer an der großen sorge, die er sich um seinen Kleinen machte… Tinwe… wo, wo konnte er nur hingelaufen sein…

„Keine Angst, wir finden ihn schon… Wo lebt ihr beiden denn?“

Wo sie lebten? „Ich… wir beide, haben eine kleine Hütte dort unten in der Nähe vom Bach.“

Noch bevor er denn man fragen konnte, wieso er das wissen wollte, wendete dieser bereits das Pferd. „Dann lass uns dort noch einmal nachsehen. Du suchst doch sicher schon eine ganze Weile… Vielleicht hat er ja inzwischen denn Weg alleine nach Hause gefunden.“

Ja, ja sicher das, das war möglich… Erst jetzt viel ihm auf das es vielleicht eine dumme Idee gewesen war einfach panisch loszulaufen. Was war wenn, Tinwe inzwischen nach Hause gefunden hatte und er nicht da war? Nicht auszumalen, wenn, wenn er erneut losgelaufen wäre um ihn zu suchen, weil er nicht da war… Verdammt, er, er hätte vielleicht lieber Zuhause ausharren sollen und warten ob, ob Yoran mit, mit seinen Männern ihn fand, aber er, er hatte einfach nicht fertiggebracht Zuhause tatenlos herumzusitzen…

Auf einmal gab der Mann dem Tier erneut die Sporen und das Tier galoppierte wie wild mit ihnen los. So schnell, dass er sich verzweifelt an dem Arm des Mannes festhielt, denn dieser wie selbstverständlich um seine Talje gelegt hatte… Erst als sie die kleine Brücke beim Bach erreichten, verlangsamte der Mann das Tier, beließ seinen arm, aber wo er war und zu Ladriels Verwunderung störte es ihm nicht, im Gegenteil. Er wusste nicht, wieso, aber, aber irgendwie fühlte er sich im Arm dieses Mannes wohl…

„Wie, wie heißt dein Sohn eigentlich?“

Ladriel war von der Frage so überrascht, dass er wie mit dem einem Pfeil geschossen antwortete. „Leumas Tinwe, aber ich rufe ihn immer nur Tinwe.“

Der Mann schien zu nicken und Ladriel konnte seinen Atem ihm Nacken spüren und den Duft des Manns hinter sich riechen, welcher ihn seltsam vertraut vorkam.

„Leumas Tinwe… Ein schöner, aber irgendwie ungewöhnlicher Name oder? Tinwe kann ich mich erinnern, war Stern, aber was bedeutet Leumas?“

Der, der Mann konnte also zumindest bedingt die alte Sprache der Elben, ob das daran lag, dass er ein Abgesandter der Menschen war? „Ja… ja Tinwe bedeutet Stern, doch was Leumas bedeutet, kann ich euch leider selbst nicht verraten. Prince Yoran hat Tinwe diesen Namen gegeben ...“ Und mir denn meinen… Ladriel wusste nicht, wieso, aber bei der Erwähnung von Yorans Namen zog der Mann so stramm die Zügel an, dass das Pferd leicht scheute und sie beinahe abgeworfen hätte ...

„Verzeih…“ war alles, was der Mann dazu sagte, nachdem er das Tier wieder unter Kontrolle gebracht hatte. Wieso hatte der Mann nur so komisch auf die Erwähnung von Yorans Namen reagiert?

Hegten die beiden etwa einen Zwist miteinander? Irgendwie konnte Ladriel sich das nicht vorstellen, Yoran war eigentlich immer nett und freundlich, wenn auch etwas reserviert und auch der Mann wirkte nicht so, als würde er streit suchen. Ob zwischen den beiden etwas vorgefallen war?

Ehrlich gesagt traute er sich nicht zu fragen und mit Erleichterung stellte er fest, dass sie sein Haus fast erreicht hatten. „Das da vorne ist mein Haus.“

Kurz trieb der Mann, das Pferd noch einmal auf den letzten Metern an, ehe er neben dem Gartenzaun zum Stehen brachte und ihm vom rücken des Tieres half.

Ohne sich noch einmal umzudrehen lief, Ladriel schnell zum Haus und riss die Tür auf, doch leider war von Tinwe noch immer nichts zu sehen… Doch immerhin war der Falke denn er zu Yoran gesendet hatte zurück. So ruhig er konnte trat er auf das Tier zu um es nicht zu erschrecken und nahm denn Tier, denn Zettel ab, der mit einer kleinen ledernen Schnur an dessen Bein befestigt gewesen war.  //Es ist alles gut, Leumas ist bei mir im Palast. //

Erleichtert atmete Ladriel auf und drückte denn Zettel an sein Herz, zum Glück war seinem kleinen Schatz auf seinem kleinen Abenteuer nichts passiert…

 

„Gute Nachrichten?“

 

Erschrocken drehte er sich um und sah direkt in das Gesicht des Mannes. Wann, wann war er ihm denn ins Haus gefolgt? Und, und seit wann stand er schon so, so nah? Erneut hatte er das Gefühl, das sein Herz im bis zum Hals schlagen würde und dieses Mal war er sich, sicher das nicht Tinwes verschwinden, sondern dieser Mann dafür verantwortlich war.

Irgendwas an ihm machte ihn seltsam nervös, aber irgendwie auf eine gute Art. Ob es dem Mann genauso ging? Einen Moment standen sie sich einfach so gegenüber, ehe er sich zusammenriss, um den Mann endlich zu antworten. „Ja, ja sie, sie haben ihn gefunden. Er, er ist in Bachtal, dieser kleine Ausreißer…“ Sobald er ihn ordentlich durchgeknuddelt hatte, würde er Tinwe eindeutig noch einmal eine predigt darüber halten, dass er sich nicht alleine vom Haus zu entfernen hatte…

Auf einmal lachte der Mann und streckte seine Hand nach ihm aus, zog sie jedoch sofort wieder zurück und drehte sich von ihm weg. „So, so sind Kinder nun mal nicht?“

Was war das denn gewesen?

„Das ... das ist übrigens ein wunderschönes Haus… Lebst du alleine mit deinem Sohn hier?“

Ja tat er aber wieso interessierte denn man das? Ehrlich gesagt war es für Ladriel ein befremdliches Gefühl, das, dass jemand anderes, außer er Tinwe oder Yoran in diesem Haus war… Anscheinend merkte der Mann, dass ihn diese Frage irritiert hatte, denn er setzte sofort an, sich zu erklären. „Entschuldige, das geht mich vermutlich nichts an… Ich habe mich eigentlich nur gefragt, wo… wo seine Mutter ist… Ich, ich mein bei euch kümmern sich doch auch eher die, die Frauen um die Kinder oder?“

Ja, ja, taten sie normalerweise, aber normalerweise hatten die Kinder auch keine zwei Väter, aber er konnte denn man ja schlecht sagen, dass er mehr oder weniger Tinwes Mutter war das, das wusste niemand außer dem Heiler aus dem Palast und… und Yoran und Ladriel war der Meinung, dass dies vermutlich auch besser so war… Allerdings fühlte er sich doch irgendwie genötigt, etwas zu sagen, also drückte er es so diplomatisch aus, wie er konnte… „Er hat keine Mutter…“

Wie erwartet drehte der Mann sich abrupt zu ihm und sah ihn mitleidig an… Vermutlich dachte er, dass das Tinwes Mutter gestorben sei, und, und vermutlich war es auch besser, dass er das dachte…

"Ich verzeih ... Das, das tut mir leid ... Ich, ich stelle zu viele Fragen oder? Ich ... Vermutlich sollte ich dich jetzt lieber nach Bachtal bringen, damit du deinen, deinen Sohn wieder in die Arme schließen kannst ..."

Ohne ihn noch einmal anzusehen, drehte der Mann sich um und ging bereits Richtung Tür.

Und komischerweise hatte Ladriel das Bedürfnis, ihn aufzuhalten, dabei wollte er doch selbst so schnell wie möglich zu Tinwe... Doch wieso, wieso verwirrte dieser Mann ihn so? Lag das an dessen verhalten? Immerhin verheilt er sich einer Seitz so, so, als wenn sie sich ewig kennen würden, und ... und anderseits fragte er ihn regelrecht aus ... Nachdenklich folgte er, dem man schließlich nach draußen, wo dieser bereits auf seinem Pferd saß. Irgendwie hatte das Bild etwas Trauriges, doch Ladriel wusste nicht, woher dieses Gefühl kam, und als der Mann ihn schließlich erblickte, lächelte er sofort wieder. „Komm, ich helfe dir, dieses Mal setzt du dich aber vielleicht lieber hinter mich, dann kannst du dich besser festhalten.“

Er, er sollte sich hinter ihn setzten und… und sich an ihm festhalten? Warum war ihm diese Vorstellung nur, nur irgendwie peinlich?

„Na komm, ich beiß nicht… und Skala auch nicht.“

Verlegen schluckte Ladriel und ließ sich schließlich von ihm aufs Pferd helfen und setzte sich so nah er konnte hinter denn Mann, da er Angst hatte nach hinten runter zufallen…

„Bist du bereit? Dann halt dich bitte gut an mir fest.“

Zögerlich nickte Ladriel und schloss wie gefordert seine Arme, soweit er konnte, um den muskulösen Brustkorb des Mannes, ehe dieser dem Tier auch schon die Sporen gab. Hatte er gedacht, sie seien vorher schnell geritten, so war dies kein Vergleich zu jetzt, sie flogen förmlich über die Straße ... Sie ritten so schnell, dass sein Zopf über seie Schulter fiel und sich das Band, mit dem er seine Haare zusammengebunden hatte, löste und im Wind davonflog.

 

Ladriel

 Als sie in Bachtal ankamen und der Mann das Pferd stoppte, schaffte Ladriel es kaum, seine Hände um den Mann zu lösen, es war, als wollte irgendetwas in ihm, ihn nicht loslassen. Erst Tinwes stimme war es, die ihn losriss. „PAPPAAAA“ Sofort ließ er denn Mann los und sprang vom Rücken des Pferdes, wobei er fasst, fiel und rannte auf seinen kleinen zu. „TINWEE“ Sobald er seinen Kleinen erreicht hatte, riss er ihn in seine Arme und erneut flossen die Tränen.

„Tinwe… tu, tu Papa so was nie, nie wieder an… Ich hatte so unglaublich Angst um dich… " Schlutzte er, während er seinen Sohn noch fester in seine Arme zog.

„Papa, du zerdrückst mich, es ist doch alles gut. Sie mal ich hab’s sogar ganz alleine zu Onkel Yoran geschafft. Ich bin genauso mutig wie der kleine Elb.“

Verdammt hatte er es doch geahnt… Wütend blickte er zu Yoran, der ihn entschuldigend anlächelte, ehe Tinwe wieder seine Aufmerksamkeit auf ihn zog.

„Papa, wer ist denn der Mann da? Ist das der Prinz aus der Geschichte? Sein Pferd sieht genauso aus wie das von Onkel Yoran“

Herrje, fast hätte Ladriel denn anderen völlig vergessen, entschuldigend sah er ihn an, doch dieser lächelte nur so komisch. Also wendete er sich wieder seinem Sohn zu. „Tinwe das, das war doch nur eine Geschichte…“, genau nur eine Geschichte, aber wieso schmerzte sein Herz plötzlich bei der Vorstellung das, das es wirklich nur eine Geschichte sein sollte… Genau das war es doch nur eine Geschichte, eine schöne, ja eine rührende, aber… aber doch eben nur eine Geschichte…

„Was für eine Geschichte denn?“ Fragte der Mann nun und Tinwe löste sich aufgeregt aus Ladriel Armen und begann freudig zu erzählen.

„Mein Papa hat mir gestern Abend eine Geschichte vorgelesen und auch wenn, wenn er sagt, dass es nur eine Geschichte ist, glaub ich das es meine, meine und Papas ist.“

Ladriel wollte etwas sagen doch Tinwe plapperte einfach weiter.

„Ihn der Geschichte gehts um einen Elben ganz wie meinen Papa und, und der liebt einen, einen Menschen mit einem wunderschönen Schimmel, ganz, ganz so wie das da.“ Tinwe zeigte auf das Pferd des Mannes, ehe er weitererzählte.

„Denn, denn der Prinz hat, denn kleinen Elben gerettet, als, als er ganz Dolle in Gefahr war und, du, weil der, der Prinz und, und der kleine Elb sich, sich so lieb hatten hat, hat Mara ihnen, ein, ein Sternenkind geschenkt, eins das genauso heißt wie ich. Das… das kann doch kein Zufall sein oder, oder was denkst du Onkelchen?“

Ladriel konnte nicht fassen, das, das Tinwe denn man so respektlos ansprach, doch als er zu diesem sah, sah dieser Tinwe nur fassungslos an und… und dann plötzlich wütend zu Yoran ehe er aufgebracht auf diesen zulief. „Nur eine Geschichte ja?! Yoran klärst du ihn auf oder soll ich das machen?“ Knurrte der Mann, dessen Aura sich nun total verändert hatte, sie wirkte auf einmal nicht mehr so, so warm, sondern gefährlich auf Ladriel so das er Tinwe an der Hand fasste und ihn schützend hinter sich schob. Doch auf einmal spürte er eine Hand auf seiner Schulter und drehte sich erschrocken um und blickte direkt in das milde, lächelnde Gesicht der Frau, die er vorhin schon einmal bei der Kutsche gesehen hatte.

„Keine Angst, er würde weder dir noch Tinwe jemals etwas tun, ganz im Gegenteil… Er, er ist einfach nur sehr, sehr wütend ... Und ich ehrlich gesagt auch.“

Ja, ja das der, der Mann wütend war, konnte er nur zu gut sehen, aber, aber wieso das, das verstand er nicht… In dem Moment zogen die beiden Männer wieder irre Aufmerksamkeit auf sich, denn der Fremde hatte Yoran mitten ins Gesicht geschlagen und Yoran? Er schien sich nicht mal wehren zu wollen, alles das er tat wahr schützend seine Hände zu heben und beruhigend auf den anderen einzureden. „Samuel, beruhig dich bitte… du, du machst Ladriel und auch Tinwe angst…“

Sofort stoppte der Mann und sah sie beide irritiert an, ehe er sich wieder Yoran zu wandte, während er leiser, aber noch immer genauso wütend wie zuvor sprach. „Und wessen Schuld ist das?“

Ladriel verstand immer weniger… Alles das er wollte, war, war das die Männer aufhörten zu streiten… Doch erst mal zog Tinwe wieder seine Aufmerksamkeit auf sich, als er an seiner Hand zog.

„Papa, der Mann hat aber einen komischen Namen, der heißt ja genauso wie ich, nur rückwärts.“

Was? Irritiert sah Ladriel zu seinem Sohn und anschließend zu dem fremden. Jetzt, jetzt wo Tinwe es sagte, Leumas, bedeutete, rückwärts tatsächlich Samuel… aber wie…? Warum?

Hatte… Hatte Yoran etwa Tinwe absichtlich diesen, diesen Namen gegeben? Aber, wieso? Und was hatte das alles zu bedeuten? Und was hatte das Ganze mit diesem Mann zu tun? Und wieso hatte er seinen Namen gewusst? Das… das alles musste doch, doch etwas zu bedeuten haben oder? Oder etwa nicht?! Wusste der Mann vielleicht sogar, wer er gewesen war? Aber Yoran kannte, kannte diesen Mann doch… Wieso wusste er dann angeblich nichts davon, dass dieser Mann ihn anscheinend kannte? Und, und wenn er wirklich nichts davon gewusst hatte, wie kam es dann, dass er ihn genau denselben Namen gegeben hatte, denn, denn er anscheinend vorher schon gehabt hatte? Nein, nein, das konnte alles einfach kein Zufall mehr sein ... Nein, der einzige logische Schluss war, das Yoran ihn all die Jahre belogen hatte… Nur warum? Warum sollte er das getan haben?

 

„Papa…? Papa, warum, warum kuckst du denn so? Hab… habe ich was Falsches gesagt?“

 

Was? Oh… „Ich… nein Tinwe… du, du hast nichts falsch gemacht… Es, es ist alles gut.“ Schnell beugte er sich zu seinem kleinen und nahm ihn auf den Arm. „Es ist wirklich alles in Ordnung Tinwe…“, ehrlich gesagt wusste er nicht, ob er es wirklich zu Tinwe oder eher zu sich selbst sagte…

Das alles hier war ihm irgendwie einfach Zuviel… Erst Tinwes verschwinden dann dieses Gefühls Chaos, als, als er diesen, diesen Mann getroffen hatte und jetzt? Und jetzt, jetzt deutete sich immer mehr an das, dass er nicht mal Yoran vertrauen konnte? Auf einmal fing Tinwe in seinen Armen an zu weinen, vermutlich spürte er, er seine Anspannung ... Verzweifelt versuchte er ihn zu beruhigen, aber Tinwe hörte gar nicht mehr auf… Verdammt was, was sollte er denn jetzt tun? Er, er war so verwirrt, dass, das er das Gefühl hatte, keinen klaren Gedanken Phasen zu können…

 

„Ladriel magst du mir Tinwe mal geben? Ich glaub, du musst dich erst mal selbst beruhigen… Ich pass auch gut auf ihn auf ja?!“

 

Was? Er, er sollte ihr? Ihr Tinwe geben? Aber, aber er kannte sie doch gar nicht? Oder etwa doch?

„Ich pass wirklich gut auf ihn auf, nicht wahr Tinwe?“

Sein kleiner schaute plötzlich auf und streckte dann auch noch seine kleinen Arme nach der fremden Frau aus… Ob es wirklich in Ordnung war? Fragend sah er die Frau an, welche ihn noch immer freundlich anlächelte… Ob er ihr vertrauen könnte? Immerhin kannte er sie nicht oder doch? Oder nicht? Verdammt, er wusste langsam einfach nicht mehr, was noch stimmte und was nicht, aber vielleicht sollte er, er einfach auf, auf sein Gefühl vertrauen und das sagte ihm, dass sie ihm nur helfen wollte. „In, in Ordnung…“

Die Frau nahm Tinwe auf ihren Arm und er, er selbst blieb irgendwie verloren stehen, wo er war… Einerseits war er froh, dass sich jemand um Tinwe kümmerte, anderseits hatte er selbst vielleicht gerade dessen Nähe mehr gebraucht als dieser, die seine…

Inzwischen waren auch der Mann und Yoran zu ihnen getreten und der Mann schien ihm wie bereits in seinem Haus berühren zu wollen, ließ seinen arm dann aber doch wieder sinken und sah ihn nur so traurig an… Was war es nur, das denn Mann so traurig machte? Und, und in welcher Verbindung hatten sie wohl zueinandergestanden? Bevor er ihn danach fragen konnte, hatte Yoran bereits wieder das Wort ergriffen.

„Vielleicht sollten wir lieber reingehen, wo wir in Ruhe ungestört reden können… Mariella, bist du so lieb und gehst mit dem kleinen ein Paar Kekse oder so essen?“

Ehrlich gesagt wusste Ladriel nicht, was er davon halten sollte, andererseits, er wollte nein brauchte jetzt antworten und Tinwe schien sich bei der Frau wohlzufühlen, also würde es schon für eine Weile in Ordnung gehen oder?! Gemeinsam betraten sie schließlich den Palast, wo die Frau mit Tinwe in denn einen Gang ging und sie in den anderen einbogen, welcher sie in eine große Bibliothek führte.

Kaum dass sie diese betreten hatten, schloss Yoran die beiden großen Flügeltüren hinter ihnen und schien erleichtert aufzuatmen, weshalb allerdings erschloss sich Ladriel nicht. Das Einzige, das er wusste, war, dass er endlich antworten wollte und das Jetzt! Also schritt er zielstrebig auf Yoran zu. „Yoran was hat das alles hier zu bedeuten?! Wieso weiß dieser Mann meinen Namen? Einen Namen, denn du doch angeblich für mich ausgesucht hast… Genauso wie denn meines SOHNES! Willst du mir erzählen, dass das alles nur Zufall ist?!“ Schrie er ihn an und Yoran? Er schüttelte nur seinen Kopf… Also, also war es wahr? Er, er hatte ihn all die Jahre belogen? Aber wieso? Das, das ergab doch alles keinen Sinn… Um Fassung ringend, stolperte er ein paar Schritte zurück, ehe er gegen einen warmen Körper prallte… Samuel…?! Als er zu ihm aufsah, glaubte er so viel Emotionen in dessen grünen Iriden toben zu sehen… Wer, wer war dieser Mann nur? Und wieso, wieso fühlte er sich in dessen Gegenwart so wohl? Am liebsten hätte er ihn einfach gefragt, aber irgendwie hatte er Angst vor der Antwort… Davor, was er vergessen haben könnte…

Beruhigend legte der Mann ihm seine Hand auf die Schulter, ehe er sich Yoran zuwandte.

„Ich glaube, du schuldest mir und deinen Bruder ein Paar antworten, also sprich endlich!“

Was? Bru… Bruder? Yoran sollte sein Bruder sein? Aber das, das… Fassungslos sah er zwischen den beiden hin und her, bis Yoran schwer seufzte.

„Das wollte ich gerade, aber vielleicht sollten wir uns alle erst einmal wieder etwas beruhigen und uns setzten.“

Beruhigen? Setzten? Ehrlich gesagt war Ladriel weder nach dem einen noch nach dem anderen, und auch Samuel schien es ähnlich zu gehen, denn auch er rührte sich nicht vom Fleck.

„Schon gut, schon gut… Dann eben so…“

Yoran atmete kurz durch, ehe er endlich zu sprechen begann.  

„Ladriel ich fürchte, ich bin dir mehr als eine Entschuldigung schuldig… Aber von vorne… Tinwe hat, hat doch die Geschichte angesprochen. Nun es hat einen speziellen Grund das, dass ich sie Leumas gestern gegeben habe… Die baldige Ankunft von Samuel hat mein schlechtes Gewissen gerührt… Und ich habe mich an ein Versprechen erinnert, das ich dir, meinen kleinen Bruder vor fast 5 Jahren gegeben habe… Nämlich das ich deinem Kind irgendwann mal diese Geschichte, die du selbst für ihn geschrieben hast, geben würde… Damit Tinwe, wenigstens eine Spur einer Ahnung hat wo er herkommt und wer er ist.“

Was? Er, er selbst sollte diese Geschichte geschrieben haben? Und mehr noch, sie sollte tatsächlich seine und Tinwes Geschichte sein? Und, und Yoran sollte, nein wahr also wirklich sein Bruder?!

Aber wieso? Warum hatte er ihm das all die Jahre verschwiegen? Und wieso konnte er selbst sich nicht daran erinnern? Yoran schien seine Frage zu erahnen, denn er begann bereits damit weiterzusprechen.

„Du willst sicher wissen, wieso ich nichts gesagt habe… Vorweg, ich wollte dich nie belügen, ganz bestimmt nicht, aber es schien mir der beste weg für dich und Leumas zu sein… Das war auch derselbe Grund, wieso ich dich damals aus Adras geholt und wieder hierhergebracht habe…

Als ich dich damals dort wiedergesehen habe, ging es dir so schlecht… und dann war da ja auch noch dieses Kind… In seiner Welt wärt ihr beiden doch nicht glücklich geworden, im Gegenteil, wenn ich dich dort gelassen hätte, wärt ihr beide gestorben… Und das konnte ich einfach nicht zulassen…

Doch nach ein paar Wochen musste ich einsehen, dass du ohne diesen Mann zugrunde gegangen wärst… Aber der Ältestenrat war dagegen, dass ich Samuel rufen wollte ... Im Gegenteil, sobald sie von dem Kind erfahren hatten, haben sie darauf bestanden, das ich dir damals diesen Brief geschrieben habe Samuel…“

Brief? Welchen Brief und was hatte da dringestanden? Fragend sah er zu Samuel, der ebenfalls mit seinen Emotionen zu kämpfen schien…

„Du meinst denn Brief, indem du mir geschrieben hast, er seie TOT?

Weißt du, wie viel vorwürfe ich mir gemacht habe, weil ich dachte, ich hätte dir damals früher schreiben sollen? Das, dass ich dachte, ich seie mit verantwortlich für seinen TOT, für den Tod einer Person, die ich über alles geliebt habe? Wie sehr mich das innerlich zerrissen hat?

Und dann, dann komme ich nach all den Jahren wieder hier her, nur um Zusehen das, das er lebt? Dass er ein Kind hat? Ein Kind, das auch meins ist, wenn ich dich richtig verstanden hab!?“

So, so sehr hatte der Mann ihn geliebt? Das, das würde zumindest erklären, wieso er ihn so angesehen hatte, als wäre er ein Geist gewesen… Und auch sein restliches Verhalten… Dass er ihn immer wieder hatte berühren wollen… Und letztlich wohl auch, wieso er sich von Anfang an bei ihm sicher gefühlt hatte… oder?! Aber wenn sie sich wirklich so geliebt hatten, wieso konnte er sich dann nicht an ihn erinnern? Oder, oder zumindest an irgendetwas…

Für einen Moment vergaß er das Chaos um sie rum und wendete sich ganz denn Mann zu, der noch immer neben ihm stand. Sah ihm tief in die Augen, die so viel Emotionen widerspiegelten, Liebe, angst, Hoffnung… Was, was der Mann wohl sah, wenn er in seine Augen schaute? Erkannte er darin denn Mann, denn er anscheinend so geliebt hatte? Oder nur ein Abbild dessen? Ein Trugbild?

Und, und würde er sich je wieder an diese wundervollen grünen Augen erinnern können?

Ladriel begriff es einfach nicht, was war nur mit ihm geschehen, dass selbst das Gesicht eines Menschen denn er anscheinend so geliebt hatte, nicht die Spur einer Erinnerung in ihm wachrief?

 

„Ladriel…?!“

 

Zärtlich berührte Samuel seine Wange, anscheinend hatte er es nicht mehr ausgehalten, ihn einfach nur anzusehen und er? Er schreckte nicht zurück, er wollte ganz bewusst dessen Nähe, dessen zärtlich Berührung spüren, und auch wenn er sich nicht erinnerte, so kam ihm dessen Nähe, dieses warme Gefühl, das er in ihm auslöste, doch so seltsam vertraut vor. Ja, Ja, er konnte sich vorstellen, dass das er diesen Mann mal geliebt hatte und… und vielleicht sogar das er es wieder könnte, wenn, wenn er das nicht bereits tat…

„Ich liebe dich Ladriel, ich habe dich immer geliebt…“, ohne ein weiteres Wort zog Samuel ihn in seine Arme und küsste ihn und er, er ließ es zu mehr noch, er genoss es. Es fühlte sich einfach so unglaublich richtig an, so, so als hätte er schon immer in dessen Arme gehört. Erst ein lautes Räuspern zerstörte diesen doch irgendwie Magischen Moment. Verdammt er, er hatte ganz vergessen, wie und wo sie wahren… Wie, wie machte Samuel das nur…

 

So, sehr mich euer Wiedersehen rührt, aber ich glaube das hier ist weder der richtige Ort noch der richtige Zeitpunkt… Samuel, du hast gleich auf dem Empfang meines Vaters zu sein, auf welchen du das Ganze hier übrigens keinstenfalls erwähnen solltest. Und du Ladriel, solltest besser so langsam mit Tinwe denn Palast verlassen, bevor jemand mitbekommt, dass ihr hier seid… Denn das könnte unangenehme Folgen haben… Ich verspreche, ich organisiere morgen etwas, damit ihr euch sehen und wir weitersprechen können, aber jetzt ist es wichtig Ladriel das du mit Tinwe, nach Hause gehst!“

Er? Er sollte jetzt einfach nach Hause gehen? Aber er, er hatte noch so viel, dass er Samuel und auch Yoran fragen wollte… Und wieso sollte es Probleme geben, wenn ihn und Tinwe hier jemand sah? Vor Tinwes Geburt war er doch auch lange Zeit hier gewesen und da hatte es niemanden gestört… Andererseits klang Yorans Worte nicht, als wolle er ihn nur loswerden… Hatte das alles vielleicht mit seinem Gedächtnis Verlust zu tun?

„Was interessiert mich jetzt dieser verdammte Empfang? Und wieso sollte es unangenehme Folgen haben, wenn die beiden hier jemand sieht? Immerhin ist er dein Bruder! Ich verlange von dir jetzt endgültig zu erfahren, was hier vor sich geht! Was zum Teufel ist vor 5 Jahren hier passiert?“

Yoran seufzte schwer, ehe er Samuel direkt ansprach.

„Samuel, ich kann verstehen, dass du mir misstraust, aber ich habe, auch wenn ich dich dafür angelogen habe, genau das getan, was ich dir versprochen habe. Ich habe dafür gesorgt, dass es Ladriel gut geht, dass er das Ganze überlebt… Dass ich ihn nicht so einfach zu dir zurückschicken konnte, hatte seine Gründe, wie gesagt, ich werde euch gerne morgen Rede und Antwort stehen, aber nicht jetzt! Und ob ihr es wollt oder nicht, ihr müsst mir in dieser Sache jetzt noch einmal vertrauen… Und wenn nicht mir, dann wenigstens Leumas zu liebe.“

Bei der Erwähnung seines Sohnes nickte, Ladriel sofort und auch Samuel nickte zögerlich, keiner von ihnen wollte riskieren, das Tinwe etwas passierte, auch wenn Ladriel nicht ganz verstand, wieso, dass der Fall sein sollte… Noch einmal sah er ihn Samuels Smaragd grüne Augen und versuchte ihn aufmunternd anzulächeln. „Dann… dann sehen wir uns morgen?!“

Samuel nickte sofort und gab ihm erneut einen Kuss, ehe er ihm zärtlich über die Wange strich, während er ihm tief in die Augen sah.  „Morgen und keinen Tag später und verschwinde bitte nicht noch einmal so aus meinem Leben, das würde ich nicht ertragen…“

Wie aus Reflex nickte er, auch wenn er die Tragweite dieser Worte in ihrer Gänze mit Sicherheit noch nicht erfasst hatte… Doch alles, was er wusste, war das, das er diesen Mann wiedersehen und ihn noch so viel fragen wollte… Doch Tinwes Sicherheit ging eindeutig vor.

Und was war schon eine Nacht? Er hatte 5 Jahre gewartet, um endlich zu erfahren, wer er gewesen war, da, da konnte er jetzt auch noch eine Nacht länger warten… „Dann… dann bis morgen… Samuel?!“

Der Angesprochene nickte, entließ ihn aber nicht gleich aus seinen armen, erst als Yoran sich erneut räusperte, gab er ihm frei und Ladriel er, er konnte genauso wenig seine Augen von Samuel abwenden wie dieser von ihm selbst, als Yoran seine Hand nahm und ihn aus dem Zimmer zog…

Erst als er Tinwe sah wie er wie er sich freudig lachend mit einem kleinen Mädchen unterhielt und gemeinsam mit ihr Kekse aß, vergaß er das alles für einen Moment.

„PAAPAAAA“

Erleichtert atmete er auf, als sein kleiner Schatz ihn gesehen hatte und auf ihm zu gerannt kam und sich an seien Beine klammerte. „Na mein kleiner Spatz.“ Zärtlich strich er ihm übers Haar. Sein kleiner Engel, endlich lächelte er wieder. Ehrlich gesagt hatte er sich vorhin wirklich sorgen gemacht, immerhin wusste er nicht wie viel Tinwe mit seinen 4 Jahren wirklich von all dem verstanden hatte was, passiert war… Inzwischen war auch Mariella aufgestanden und zu ihnen herübergekommen.

„Er ist wirklich ein toller Junge Ladriel, so fröhlich und aufgeweckt, selbst Ladri mochte ihn auf Anhieb, dabei ist sie sonst eher schüchtern, die beiden haben übrigens schon unter sich ausgemacht, dass sie unbedingt wiedersehen wollen, denn Tinwe hat Ladri versprochen zu zeigen, wie man Brombeeren pflückt und steine übers Wasser hüpfen lässt.“

Oh Mann, sein kleiner Abenteurer war anscheinend ein ganzschöner Charmeur… Ganz, ganz wie, wie sein Vater… Bei dem Gedanken an Samuel und ihren Kuss errötete er… Verdammt, er kam sich vor wie ein Teenager und andererseits hatte er ein schlechtes Gewissen… Mariella war, war so nett und… und er ließ sich einfach so von, von ihrem Mann küssen, hatte es sogar ohne schlechtes Gewissen genossen, doch jetzt, jetzt holte es ihn doch ein…

 

„Nun, ihr seid ja noch eine Weile hier Mariella da wird sich sicher eine Gelegenheit finden, ich habe schon zu Samuel und Ladriel gesagt, dass ich versuchen werde, morgen etwas zu organisieren, da wir unser Gespräch für heute leider beenden mussten, der Empfang du weißt. Daher müssen die beiden uns jetzt leider auch umgehend verlassen.“

Mariella schien zu verstehen und nickte, ehe sie sich zu Tinwe herunterbeugte. „Na dann Tinwe wünsche ich dir eine gute Heimreise und pass schöne auf deinen Papa auf ja?! Er ist mir und Samuel nämlich sehr, sehr wichtig!“

Er, er war ihr wichtig? Also, also hatten sie sich ebenfalls gekannt? Was hatte Samuel gesagt? Mariella wüsste von seiner liebe zu ihm?

„Ladriel wir müssen jetzt wirklich! "

Was? Ach ja, ja schnell nickte er und nahm Tinwe auf seinen Arm. „Dann…dann auf Wiedersehen… Mariella…“

 

Gemeinsam mit Yoran verließen sie denn Palast und zu seiner Verwunderung führte dieser sie in den Stall. Was, was wollte er denn nun hier?

„Ich kann euch leider nicht nach Hause bringen lassen, das wäre zu auffällig, aber ihr könnt Marla nehmen, sie ist wirklich eine ganz liebevolle Stute.“

Moment was? Er, er sollte auf, auf einem Pferd reiten? Alleine und, und das auch noch mit Tinwe ihm arm?

„Keine Angst, sie ist wirklich ganz zahm, du bekommst das hin Ladriel.“

Yoran klang ja ganz schön überzeugt, aber ehrlich gesagt würde er lieber laufen, allerdings schien Tinwe das anders zusehen…

„JAAAA Reiteeeen. Reiten.“

Oh Mann… Was sollte heute denn noch alles auf ihn zukommen… Aber im Grunde hatte Yoran recht, es wäre Irrsinn, jetzt noch laufen zu wollen, sie würden nie vor der Dämmerung Zuhause ankommen… Und allein mit Tinwe im Wald übernachten wollte er ganz sicher auch nicht… Am liebsten wäre er mit Tinwe hiergeblieben, aber das war anscheinend keine Option, also, also würde er sich dem jetzt stellen müssen. „Okay… dann… dann reiten wir, wir wohl nach Hause…“

Nervös ließ er sich von Yoran auf die Stute helfen, welche zu seiner Verwunderung in der Tat ganz stillhielt, auch als Yoran Tinwe zu ihm auf das Pferd half. „Okay Tinwe, du musst dich gleich gut an deinem Papa festhalten ja?“

Sein kleiner Schatz nickte und klammerte sich richtig an ihn fest, anscheinend hatte sein kleiner Abenteurer jetzt doch etwas mehr Respekt vor dem Gedanken, tatsächlich mit ihm zu reiten…

Schnell erklärte Yoran ihm noch das nötigste, ehe er sie aus dem Stall führte.

„Kommt gut nach Hause und es tut mir wirklich leid, dass ich euch nicht bringen kann… und, und auch alles andere Ladriel, ich verspreche dir, morgen erkläre ich dir alles…“

Ehrlich gesagt wusste Ladriel nicht, was er von dieser Entschuldigung halten sollte, und trotzdem bemühte er sich um ein Lächeln, denn auch wenn Yoran ihn anscheinend angelogen hatte, er hatte sich doch trotzdem all die Jahre um sie beide gekümmert… Eine, eine so schlechte Person konnte er also gar nicht sein oder?! „Bis, bis morgen… Bru… Bruder…“

Statt etwas zu erwidern, lächelte Yoran nur und gab dem Pferd einen leichten Klaps auf den hinten, sodass es loslief.

 

Am Anfang hatte Ladriel wirklich Angst, doch das Tier trabte ganz gemütlich vor sich her mit ihnen beiden auf seinen Rücken, das er immer mehr vertrauen fasste. Und trotzdem war er furchtbar erleichtert, als sie in der Abenddämmerung ihr Haus am Waldrand erreichten.

Jetzt mussten sie nur noch von dem Rücken des Tieres runter… So vorsichtig er konnte, lenkte er das Tier neben die kleine Regentonne neben dem Haus, auf der er Tinwe absetzte. Jetzt, jetzt musste er nur noch selbst absteigen… Mit weichen Knien klammerte er sich an kleinen Knauf des Sattels und versuchte so abzusteigen, wie er es schon Hunderte Male bei Yoran gesehen hatte, und zu seiner Verwunderung klappte es eigentlich ganz gut und trotzdem war er unendlich erleichtert, endlich wieder festen Boden unter seinen Füssen zu spüren. Schnell hob er Tinwe von der kleinen Regentonne und band anschließend das Pferd an einen dicken Pfosten des Gartenzauns Fest.

Tinwe war derweil ins Haus gerannt und kam mit einen arm voller Möhren und Apfel wieder.

„Na sind die etwa für Marla?“ Sein kleiner Engel nickte und legte die Sachen vorsichtig auf dem Boden neben das Tier, welches sich sofort daran machte eine Karotte zu mümmeln.

Lächelnd strich Ladriel seinen keinen Engel über das Haar. „So ich denke du kannst jetzt auch etwas vertragen oder bist du satt von den ganzen Keksen?“

Natürlich war Tinwe das nicht und ehrlich gesagt hatte er selbst auch Hunger. Bei der ganzen Aufregung war es ihm gar nicht aufgefallen, aber er war heute noch gar nicht dazu gekommen, etwas zu essen… Also schmierte er ihnen schnell ein Paar Brote mit einer Paste aus Haselnüssen, die er selbst hergestellt hatte, welches Tinwe direkt verschlang, ehe er herzhaft gähnte.

„Na, jetzt bist du Müde, was? Das war aber auch wirklich ein aufregender Tag…“, und irgendwie war Ladriel sich sicher, dass noch mehr Aufregung folgen würde …

 

Als Tinwe endlich in seinem Bett lag, konnte er die Augen schon kaum noch offenhalten und trotzdem klammerte er sich an seinen Arm, als er aufstehen wollte.

„Nicht gehen, Papa!“

Oh Mann… Das war wohl die Quittung dafür, dass er letzte Nacht solange weg gewesen war, seufzten legte er sich zu seinem Kleinen in das Bett und legte seinen Arm um ihn. „Tinwe ich würde dich, nie, nie unter gar keinen Umständen wirklich allein lassen, hast du verstanden? Also tue bitte nie, nie wieder so etwas Dummes und lauf einfach weg… Ich bin fast umgekommen vor Sorge…“

Der Kleine nickte und kuschelte sich dann noch mehr an ihn.  „Tut mir leid, Papa… Ich, ich werde so etwas nie, nie wieder machen… Also sei nicht mehr traurig ja?“

Lächelnd nickte er und strich seinem kleinen Engel über das Haar, welcher sich noch einmal aus seinen Armen befreite und ihm plötzlich einen Kuss auf die Wange gab. „Ich habe dich ganz Doll lieb Papa.“

Dieser junge… Lächelnd zog Ladriel seinen kleinen in seine Arme, er würde ja doch heute nicht mehr aus diesem Bett rauskommen und eigentlich empfand er das auch als gar nicht so schlimm, jetzt wo er seinen kleinen Tinwe endlich wiederhatte. „Ich dich auch mein kleiner Engel, aber jetzt solltest du wirklich schlafen und keine Angst, ich bleib die ganze Nacht bei dir okay?“

Anscheinend erleichtert nickte sein Kleiner und kuschelte sich wieder zurück in sein Bett und schlief, nach dem er noch einmal ganz Dolle hatte gähnen müssen ein.

Erleichtert ließ Ladriel seinen Blick aus dem kleinen hölzernen Fenster der Stube hinaus zu den Sternen wandern. Es war schon merkwürdig, wie das Schicksal einen manchmal mitspielte… Einerseits schien er vor 5 Jahren etwas sehr Kostbares verloren zu haben, während er gleichermaßen etwas so kostbares Geschenk bekommen hatte. Genauso wie heute, er hatte Tinwe fast verloren, aber dafür, dafür war er Samuel wieder begegnet… Ob das Schicksal ihm damit etwas sagen wollte? Immerhin sagte man doch das zwei Seelen, die das Schicksal einmal miteinander verbunden hatte, sich nie wirklich ganz verlieren konnten, das sie einander immer wieder finden würden. Genauso wie, wie sie sich heute wiedergefunden hatten… Alles, was ihm jetzt noch fehlte, waren seine Erinnerungen… Ob er sie je wiederfinden würde? Oder wahren sie vielleicht der Preis für sein zukünftiges Glück?

 

Zusammen?!

Am nächsten Morgen, sobald die ersten Sonnenstrahlen die Erde berührten, ging Ladriel hinaus in den Garten, um sich um seine Kräuter und Pflanzen zu kümmern wie jeden Morgen zu seiner Verwunderung stand die Stute noch immer brav an Ort und Stelle, nur das Futter, das Tinwe ihr gestern hingelegt hatte, war verschwunden. Lächelnd ging er zu der Stute und streichelte vorsichtig ihren Hals. „Danke, dass du uns gestern sicher nach Hause gebracht hast.“

Ehrlich gesagt hatte er immer noch ganz schön Respekt vor diesen großen majestätischen Tieren, doch vermutlich war ein gewisser Respekt auch immer noch angebracht.

Nachdem er schließlich die Pflanzen in seinem Garten gegossen hatte, stellte er der Stute noch einen Eimer Wasser hin, ehe er sich daranmachte, Tinwe wecken zu gehen. Immerhin würde heute ein langer und aufregender Tag auf sie warten.

Zu seiner Verwunderung ging der Morgen recht schnell rum, allerdings versuchte er machte Tinwe, genauso wie sich selbst auch so gut er konnte abzulenken… Zuerst hatten sie gemeinsam gefrühstückt und wahren anschließend im nahen Bach Baden gegangen, obwohl das Wasser doch noch recht frisch gewesen war, aber machte, Tinwe hatte nach seinem kleinen Abenteuer gestern ein Bad auch dringend nötig gehabt, genauso wie er, Pferde mochten ja wundervolle Tiere sein, aber ihr Geruch war dann doch manchmal etwas gewöhnungsbedürftig…

Anschließend hatte er gemeinsam mit seinem Kleinen das Haus ein bisschen auf Vordermann gebracht, denn ehrlich gesagt war ihm die Unordnung gestern etwas peinlich gewesen… Überall hatten Tinwes Spielsachen herumgelegen, welche nun endlich wieder ihren angestammten Platz in einer kleinen Truhe am Ende des Bettes gefunden hatten und auch die Wäsche, um die er sich gestern eigentlich hatte Kümmern wollen, lag nun wieder fein säuberlich gestapelt im großen Eichenschrank, in dem er ihre Kleider aufbewahrte.

 

Am frühen Mittag, als Tinwe ihm gerade half, Kräuter zu schneiden, mit denen er später einen Tee machen wollte, hörten sie endlich das nahe Wirren mehrere Pferde. Sie, sie kamen also wirklich.

Nervös strich Ladriel sich eine verirrte strähne zurück in seinen fein säuberlich geflochtenen Zopf, während Tinwe aufgeregt zum Gartenzaun rannte und auf die erste Sprosse kletterte… dieser Wildfang. „Tinwe pass bitte auf ja?! Und lass Yoran und… und Samuel gleich erst in Ruhe Absteigen! Ich möchte nicht das du zwischen den Pferden hin und herläufst, du weiß das, dass gefährlich ist.“ Ermahnte er seinen Kleinen der nur freudig „JAA PAPA“ rief, ehe er sich noch weiter über den Zaun beugte, in der Hoffnung die anderen früher erspähen zu können.

Kopfschüttelnd eilte Ladriel schließlich mit dem Korb voller Kräuter zurück ins Haus und feuerte denn kleinen offen an, damit sie später warmes Wasser für einen Tee hatte. Immerhin hatte er sonst kaum etwas anzubieten, außer einem Johannisbeersaft aus Früchten, die er selbst mit Tinwe im Wald gepflückt hatte.

Kaum dass er ein Paar Becher aus dem Schrank geholt hatte, betraten die anderen auch schon die kleine Hütte, wobei Tinwe zu seiner Verwunderung auf Samuels arm hing und ihm freudig irgendetwas erzählte. Jetzt, wo er die beiden so beieinander sah, hatten Tinwe wirklich etwas von, von Samuel… Sie hatten die gleichen aufgeweckten grünen Augen und die gleichen schwarzen Haare.

Ob Samuel als Kind auch so aufgedreht gewesen war wie Tinwe?

Schließlich betraten auch Mariella und das kleine Mädchen von gestern die Hütte, wobei es zugegebenermaßen etwas eng wurde in der kleinen Stube, doch zu Ladriel’s Erleichterung schien sich niemand daran zu stören. Während Yoran und Samuel sich setzten, blieb Mariella mit dem kleinen schüchternen Mädchen neben der Tür stehen.

„Wenn du nichts dagegen hast Ladriel, würde ich mit Ladri und Tinwe spazieren gehen.“

Tinwe schien direkt Feuer und Flamme zu sein, denn er strampelte, bis Samuel ihn runterließ, ehe er freudig auf ihn rannte und an seinem Gewand zog.

„Au ja Papa darf ich bitte, bittee… Ich pass auch ganz Doll auf und, und wir gehen auch nicht vom, vom Bach weg ja? Da, da können wir uns doch, doch gar nicht verlaufen.“

Ladriel war immer wieder verwundert, wie aufgeweckt sein kleiner doch sein konnte, vor allen, wenn, wenn er etwas wollte. „In Ordnung, aber pass mir ja auf dich und die beiden Frauen auf, ja Tinwe? Und sei brav wenn…“ erst jetzt bemerkte er, dass er denn Namen der Frau gar nicht wusste, oder hatte er ihn nur wieder vergessen? „Mariella“ Kam diese ihm zu Hilfe. „Wenn Mariella etwas sagt, ja Tinwe?“ Sein kleiner Schatz nickte und rannte sofort zu dem kleinen Mädchen und schnappte sich ihre Hand und zog sie bereits aus der Tür, während Mariella ihnen lachend folgte.

Die restlichen Anwesenden konnten über so viel Tatendrang nur schmunzeln und schließlich war es Samuel, der zuerst etwas sagte. „Er ist ein richtiger kleiner Wirbelwind oder? Er erinnert mich an mich als ich klein war…“

Wie als wäre dies der Startschuss, wurden alle wieder ernst und Yoran räusperte sich…

„Gut, da die Kinder jetzt weg sind, können wir ja unsere Unterhaltung von gestern fortsetzten, es tut mir leid, dass wir das Gespräch gestern so schnell beenden mussten, aber der Palast war eindeutig nicht der richtige Ort dafür…“

Der Palast… Welche Rolle er wohl in seiner Geschichte spielte? Yoran hatte gestern davon gesprochen, das es nicht gut war, wenn ihn und Tinwe jemand dort sah, doch wieso? Immerhin war Tinwe dort doch sogar zur Welt gekommen? Und auch er hatte davor eine Weile dort verbracht, auch wenn er sich im Palast nicht hatte frei bewegen dürfen, aber immerhin hatte er damals gedacht, auch nur ein Gast dort zu sein… Doch anscheinend steckte viel mehr dahinter, als es damals denn anscheinen gehabt hatte… Was damals wohl nur passiert war? Und würde Yoran ihm diese Frage heute wirklich beantworten? Oder würde er ihn doch wieder nur belügen?

 

„Ladriel…“

 

Erschrocken sah er zu Samuel auf, der seinen Namen so gefühlvoll und voller Sorge aussprach, dass es ihm selbst im Herzen wehtat. Schnell versuchte er seine Gedanken abzuschütteln und ging zu der kleinen Kochzeile… „Ich, ich mach uns nur schnell einen… einen Tee…“

Er wusste, dass er nur Zeit schindete, aber er war sich einfach noch nicht sicher, ob, ob er das alles überhaupt wissen wollte… Anscheinend hatte er so viel mehr vergessen, als er je befürchtet hatte, und zum ersten Mal fragte er sich, ob es nicht einen Grund dafür gab… Ob sich irgendetwas in ihm vielleicht einfach nicht erinnern wollte… Auf einmal spürte er zwei Warme, die sich wie selbstverständlich um ihn legten.

„Ladriel, ich weiß das alles muss unglaublich schwer für dich sein … und wenn, wenn du glücklich bist und das alles nicht, nicht wissen willst, dann, dann musst du dir das nicht antun… Ob du dich erinnerst oder nicht, für mich zählt einzig und allein, dass du lebst, dass es dir gut geht!

Das ist schon mehr, als ich mir je erhofft habe… Natürlich würde ich mir wünschen, dass du mir noch einmal die Schanze geben würdest, dein, dein Herz noch einmal zu erobern, aber ich will das, du weißt, das du dich zu nichts verpflichtet fühlen musst…“

Sein Herz? Sein Herz erinnerte sich, doch es erinnerte sich, warum sonst sollten sich Samuele warme, arme, um seinen Körper, seine Lippen auf denn seinen so, so unglaublich vertraut anfühlen?!

Für einen Moment war er versucht Samuels Worten zu glauben, zu glauben, dass es in Ordnung seien würde, wenn er sich nicht erinnerte und doch war da diese innere Stimme, die ihn schon seit 5 Jahren fragte, wer er war und welche vermutlich nie verschwinden würde, wenn, wenn er es nicht erfahren würde… Wenn er jetzt nicht stark genug war, sich seiner Vergangenheit zu stellen, mit all ihren Konsequenzen…

 

Tief seufzend drehte er sich in Samuels armen und sah ihm tief in die Augen. „Ich, ich tue es nicht für euch, ich glaub, ich muss es für mich selbst wissen. 5 Jahre, 5 lang Jahre habe ich mich immer wieder gefragt, wer ich bin und was geschehen ist…. Nur, nur jetzt, wo die Antworten so nahe sind, da, da habe ich Angst, Angst, Dinge zu hören, die ich vielleicht lieber nicht wissen will… Dinge, die ich vielleicht aus gutem Grund vergessen hab…“

Samuel schloss seine Arme ganz fest um ihn und er, er kämpfte mit den Tränen, mit seiner Angst, bis Yorans stimme die stille um sie zerbrach.

„Du erinnerst dich nicht, weil du es nicht willst, sondern weil du es nicht kannst, weil du es vielleicht nie können wirst und daran trage ich nicht minder Schuld und glaub mir, es gibt keinen Tag, an dem ich mich nicht gefragt habe, ob es damals nicht einen anderen Weg gegeben hätte, um dich und Tinwe zu retten… Doch selbst wenn es ihn geben hätte, so kann weder ich noch einer von euch etwas an der Vergangenheit ändern… Das Einzige, dass wir können, nein, das, was du kannst Ladriel ist endlich frei und selbstbestimmt zu entscheiden, was du tun willst. Zu oft habe ich oder andere dein Leben bestimmt…“

Was? Wie, wie meinte Yoran das, er ertrüge Mitschuld daran, dass er sich nicht erinnern konnte…? Und was hatte das alles mit Tinwe zu tun? Desto mehr Ladriel erfuhr, desto weniger glaubte er zu verstehen, doch vermutlich musste er dafür alles hören und, und nicht nur einen kleinen Teil… Schweren Herzen befreite er sich aus Samuels liebevoller Umarmung und versuchte ihm ein Lächeln zu schenken, ehe er sich wieder an den Tisch setzte und seinen Bruder ernst ansah. „Erzähl es mir… erzähl mir alles… Alles, was ich vergessen habe…“

Sein Bruder nickte und sofort, als Yoran zu erzählen begann, nahm Samuel zumindest wieder seine Hand. Vermutlich wollte er ihm so halt geben, ihm zeigen, dass er da war, und in der Tat war es gut zu spüren das, dass er nicht alleine war… Das, da jemand an seiner Seite war… Das, dass er da nicht alleine durch musste…

Yoran schien sich ebenfalls einen Moment sammeln zu müssen, ehe er zu erzählen begann, davon, wie Ladriel, in Bachtal aufgewachsen war, darüber, wie unglücklich er immer gewirkt hatte und wie es schließlich dazu kam, dass er ihn zu Samuel gebracht hatte und wie er ihn Jahre später wieder nach Hause holen musste…  Denn Teil über seine Zeit in Adras ließ Yoran scheinbar bewusst aus, vermutlich wusste er nichts Genaueres darüber oder wollte Samuel die Gelegenheit geben, um ihm später selbst davon zu berichten… Stattdessen erzählte er ihn davon, wie schwer es gewesen war, ihn so leiden zu sehen, zu sehen, wie sehr er Samuel damals vermisste hatte… Und auch von dem Tag, an dem sich sein Lebensweg erneut gewendet hatte… Dabei konnte, nein, wollte er nicht glauben, was Yoran erzählte er, er sollte versucht haben, sich, sich und Tinwe… Nein. Nein, das konnte und wollte er einfach nicht glauben… „Du lügst…. Ich das…“

Zu Ladriels Verwunderung war es nun nicht Yoran der ihm widersprach, sondern Samuel.

„Ladriel, ich, ich glaube nicht, das er lügt… Bevor er dich mit hier hergenommen hat, da, da haben wir uns gestritten, weil du nicht gehen wolltest, weil du lieber in Adras in meinen armen ster… sterben wolltest, als die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, das mit ihm zu gehen deine einzige Rettung sein könnte… Du, du hast sogar einmal zu mir gesagt das, wenn, wenn ich dich jäh aus welchem Grund auch immer verlassen müsste, sollte, sollte ich dich… dich lieber töten!"

So, so etwas sollte gesagt haben? Hatte er ihn wirklich so sehr geliebt? Und hieß das, dass er… er wirklich versucht, sich, sich selbst das Leben zu nehmen? Nein, nicht nur sich… Auch Tinwe? Nein. Nein, das… das wollte er nicht glauben, das, das konnte er nicht glauben…

 

„Ladriel, ich weiß das, das schrecklich klingt und glaub mir, ich hatte damals wirklich Angst um dich… DU hast nur noch davon geredet, dass du das alles nicht mehr erträgst, das du angst hast, verrückt zu werden… Und auch heute noch bin ich der festen Überzeugung, dass du recht gehabt hast, du wärst noch völlig durchgedreht… Deswegen hast du damals auch die vergiss mein nicht Essenz getrunken, die ich dir angeboten habe. Wir haben damals beide gewusst, was der Preis für deine und Tinwes Sicherheit war, und du hast gesagt, du zahlst in gerne, wenn, wenn es nur Tinwe gut gehen wird und sie dir denn Jungen an. Er ist ein wunderbarer, glücklicher Junge geworden, so wie du es dir für ihn gewünscht hast und ja, ja du, nein, wir, wir alle haben dafür einen mehr oder weniger hohen Preis bezahlt… Aber war er das nicht wert?!“

 

War, war er das gewesen? Ja, ja, wenn er nur an Tinwes herzliches Lachen dachte dann ja, ja, dann war es das wert gewesen und wie viele neue Erinnerung hatte er bekommen, dafür das… das alles andere vergessen hatte? Was waren schon ein paar Erinnerungen? Immerhin konnten sie immer wieder neue sammeln, Tag für Tag die Einzigen, um die es ihm leidtat wahren Yoran und nicht zuletzt Samuel… Yoran hatte einen Bruder verloren und… und Samuel er, er hatte am meisten verloren, ohne es überhaupt zu wissen… Und doch saß er jetzt hier und hielt seine Hand ganz fest. Schien ihm nicht mal böse… Im Gegenteil… Und genau das ertrug Ladriel gerade nicht er, er hatte Samuels liebe nicht verdient… Aufgewühlt entzog er Samuel seine Hand, ehe er fast schon fluchtartig die kleine Hütte verließ… Zu seiner Erleichterung folgte ihm keiner der beiden Männer, anscheinend wussten sie, dass er einen Moment für sich brauchte, um, um das alles zu verdauen… Wenn, wen das überhaupt ging… Es klang komisch, aber auch wenn er sich nicht daran erinnern konnte, wäre er am liebsten vor all dem davon gelaufen… Ob er sich damals ähnlich gefühlt hatte? Hatte er, er vielleicht auch, auch deswegen denn Trank damals von Yoran angenommen? Und waren seine Erinnerungen damit wirklich für immer verloren? Irgendwo im Strudel der Zeit…? Würde das alles für ihn immer nur eine Erzählung bleiben? Und, und was bedeutete das alles für, für seine und, und Tinwes Zukunft…? So, so wie Yoran es erzählt hatte, musste er Samuel sehr geliebt haben, und dabei kannte er, er noch nicht einmal dessen Version ihrer, ihrer Geschichte… Alles was, was er wusste, war, dass er sich anscheinend nicht freiwillig von Samuel getrennt hatte und dass er es anscheinend nur für Tinwe versucht hatte zu ertragen… Doch, doch was war jetzt…? Sollte er Samuel wirklich eine zweite Schanze geben? Sein Herz sagte ganz klar Ja, aber würde es diese Schanze wirklich für sie geben?

Das alles hatte sie doch alle unweigerlich verändert… Samuel hatte eine Frau mit, mit der er ebenfalls ein, ein gemeinsames Kind hatte und, und für die, die er da sein musste… Und er? Er hatte Tinwe.

Sicher, dieser wäre, nein war sichtlich froh darüber, seinen anderen Papa kennenzulernen, aber, aber wie Würde das in Zukunft funktionieren sollen…?

 

Hinter sich konnte er das Klappern der Tür hören und wie Samuel ganz vorsichtig seinen Namen sagte, so, als, als habe er Angst, er, er könne weglaufen, wenn, wenn er ihn zu sehr bedrängte… und als Ladriel sich umdrehte, sah er auch seinen Bruder, der, der Samuel kurz auf die Schulter klopfte, eher auf ihn zutrat.

„Ladriel, das alles tut, tu mir wirklich leid und wenn ich etwas tun kann, dann sag es mir… Aber für, für heute sollte ich euch beiden wohl die Gelegenheit geben, über das ein oder andere zu sprechen… Ihr habt euch bestimmt eine Menge zu sagen…“ Kaum das Yoran sich zum Gehen gewendet hatte, spürte Ladriel zwei starke arme, die ihn sanft bei den Schultern fassten.

Samuel, ob er schon immer so gut darin gewesen war zu wissen, wann er nähe und Zuspruch brauchte? Für einen Moment erlaubte Ladriel es sich seine Augen zu schließen und sich eine Zukunft mit diesem wundervollen Mann auszumalen… Doch war dies wirklich möglich? „Glaubst… glaubst du wirklich, dass… das es eine Zukunft für… für uns beide geben kann?“

Er musste diese Frage jetzt einfach stellen, er, er wollte sich nicht Hoffnungen machen, wenn, wenn Samuel nicht, nicht auch fest davon überzeugt war und zu seiner Erleichterung nickte Samuel sofort.

„Ladriel… ich weiß, dass du dich nicht daran erinnern kannst, deswegen werde ich jetzt etwas zu sagen, dass ich früher sehr oft zu dir gesagt habe, ich werde dich niemals freiwillig hergeben. Also ja, ja, ich glaube, dass es eine Zukunft für uns geben kann. Ich habe keine Ahnung, ob du das auch noch willst und, und wie diese Zukunft aussehen wird, aber ich bin sicher, dass wir egal was noch auf uns zukommen wird, gemeinsam meistern können.“

Samuels Worte waren so, so voller Zuversicht, das, das auch er nicht mehr wagte zu zweifeln.

Samuel hatte recht, so lange sie es, es beide wollten und dafür kämpfen würden, würde es eine Zukunft für sie geben, wie auch immer diese aussehen würde, doch, doch das mussten sie ja nicht jetzt entscheiden.

Lächelnd drehte er sich in Samuel Armen, um ihn anzusehen, um in das Gesicht des Mannes zu sehen, der, der ihre Liebe anscheinend doch nie aufgegeben hatte. Zärtlich strich er über dessen Wangen und sah ihm tief in die Augen und wollte etwas sagen, doch da küsste Samuel ihn schon wieder stürmisch und, und dieses Mal erwiderte er denn Kuss leidenschaftlich, hoffte Samuel so zeigen zu können, was, was er vermutlich nie in Worte hätte fassen können, und doch versuchte er es, als sie ihren Kuss schließlich trennten. „Ich, ich lieb dich Samuel.“ Ja, ja er liebte ihn, egal ob er sich erinnern konnte oder nicht, sein Herz, sagte ihm ganz klipp und klar, dass er diesen Mann liebte, dass er mit ihm zusammen sein wollte und, und noch mehr dieser wunderbaren und zärtlichen Berührungen und küsse spüren wollte. Schließlich war es Samuel, der erneut das Wort ergriff. „Ladriel, ich weiß, ich verlange viel, aber magst du mit mir kommen? Ich weiß, Adras ist für dich ein fremder Ort und es muss dich ängstigen, Bachtal zu verlassen, aber ich möchte, dass du und Tinwe mit mir kommt, dass wir endlich eine Familie sein können, wenn vielleicht auch eine etwas Unorthodoxe, doch wenn interessiert das schon?!“

Er, er, nein, sie sollten mit ihm gehen? Ja, ja, irgendwie ängstigte ihn dieser Gedanke und andererseits? Was hatte er zu verlieren? Samuel liebte ihn und er ihn ebenso, ja es würde nicht einfach werden, im Gegenteil, aber solange sie an einem Strang zogen, es beide wollten, würden sie das schon irgendwie hinbekommen, oder?! Also nickte er. „Ja. Ja, ich will mit dir kommen, ich will für jede einzelne Erinnerung die ich verloren habe, mit dir und Tinwe neue schaffen.“

 

Und so kam es, das Ladriel wenige Tage später gemeinsam mit Mariella, Ladri, Samuel und Tinwe, in einer Kutsche eine neue Reise antrat, eine Reise in ein neues, aber selbst bestimmtes Leben.

 

 



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