Snowy Sky von Varlet ================================================================================ Kapitel 1: Snowy Sky -------------------- Immer in Eile. Immer unter Beobachtungen. Nur wenig Freiraum und trotzdem ist dies derzeit mein Leben. Ein Leben, mit dem ich schon seit einigen Jahren klarkommen muss. Es gehört zu meiner Arbeit und das, obwohl ich wegen meinem dunklen Teint und blonden Haaren sehr auffällig bin. Doch das hindert mich nicht. Eher im Gegenteil. Ich schaffe es in der Menge unterzutauchen und meiner Arbeit nachzugehen. Dennoch muss ich vorsichtig sein, damit meine falsche Identität nicht auffliegt. Das bin ich besonders ihm schuldig. Es existiert kein Augenblick in dem ich mich nicht Frage, was passiert wäre, wenn ich schneller vor Ort gewesen wäre. Hätte ich doch besser auf ihn aufgepasst. Vielleicht hätte ich dann alles verhindern können. Ein Fehler und alles endete in einer Katastrophe. Ich denke oft an den Augenblick zurück und dann umgibt mich die Melancholie. Aber ich muss meine Gedanken wieder in die richtige Richtung lenken. Ich darf nicht in Trauer und Wut versinken, auch dann nicht, wenn mich meine Erinnerungen übermannen. Deswegen blicke ich nach oben. Das Wetter hat sich gewandelt und ich spüre die kühle Winterluft auf meinem Gesicht. Meine Mitmenschen tragen bereits ihre Winterkleidung und die, die es nicht tun, versuchen so schnell wie möglich einen Platz in der Wärme zu bekommen. Auch die Stadt hat sich verändert. Wie jedes Jahr erstrahlt sie wieder im Lichterglanz. Einkaufszentren, Restaurants und viele öffentliche Bereiche wetteifern Jahr um Jahr um die beste Weihnachtsdekoration. Von kleinen Dekorationen bis hin zu spektakulären audiovisuellen Projektoren ist alles dabei. So war Japan schon immer, doch mit jedem Jahr kamen immer mehr westliche Bräuche hinzu. Aber das ist nicht das, was mich stört. Die Winter- und Weihnachtssaison stellt für jeden Kriminellen ein wahres Schlaraffenland dar, auch wenn die Kriminalitätsrate im Vergleich zu anderen Ländern sehr gering ist. Doch in Japan gibt es auch sie; die Organisation. Das pure Böse. Seit Jahren mache ich Pläne, um in ihren Reihen aufzusteigen und sie endlich auszuschalten. Irgendwas muss ich tun, um meinem Land den Frieden wieder zurückzubringen. Wenn sie nicht wären… Ich seufze leise und beobachte die dicken Schneeflocken, die schon seit einigen Stunden herunterkommen und die die Stadt in ein schönes Weiß tunken. Meine Gedanken schweifen wieder ab und ich stelle mir vor, wie er das Fallen der Schneeflocken beobachtet hätte – wenn er noch am Leben wäre. Im Vergleich zu mir, hätte er den Anblick genossen und mir voller Freude davon erzählt. Ich mochte es, wenn er sich über solche Kleinigkeiten freute, denn sein Leben verlief nicht perfekt. Durch den Tod seiner Eltern war er traumatisiert und verschloss sich vor seinen Mitmenschen. Auch Jahre später traute er sich nicht immer seine wahren Gefühle zu zeigen und nahm auf alle Rücksicht. Sogar auf mich. Wir lernten uns in der Schule kennen und wurden beste Freunde. Er konnte hinter meine Fassade blicken und wusste, dass es mir Nahe ging, wenn mich jemand wegen meinem ausländischen Aussehen hänselte – egal wie sehr ich es überspielte, selbst wenn ich Gewalt anwenden musste. Wie es das Schicksal so wollte, hatten wir uns für den gleichen Berufsweg entschieden und machten die Ausbildung an der Polizeiakademie. Dort fanden wir Gleichgesinnte und schlossen neue Freundschaften. Am Anfang war es nicht einfach, aber es war eine Freundschaft, von der ich wusste, dass sie bis an unser Lebensende halten würde. Mit der Zeit haben sie mich alle verlassen. Sein Verlust war der Schlimmste für mich, ein bedeutsamer Einschnitt in meinem Leben. Jahr für Jahr verbrachten wir die Weihnachtszeit zusammen, manchmal besuchten wir auch seinen Bruder in Nagano, später trafen wir uns mit den anderen. Sie alle waren gute Männer, gute Polizisten, die ihr Leben in Ausübung ihrer Pflicht gaben. Sie alle kannten das Risiko und doch waren sie voller Hoffnung. Nun bin nur noch ich übrig und muss ihr Vermächtnis bewahren. Ich schaue weiterhin in den Himmel und strecke meine Hand aus. Irgendwas in mir regt sich, ich habe das Gefühl, als würde er mich an diesem Wintertag beobachten. Mach weiter. Gib nicht auf, höre ich ihn sagen. Er wusste schon früher, wie man mich am besten motivierte. Und manchmal brauche auch ich Motivation. Auf einmal sehe ich sein Gesicht im Himmel. Hiro lächelt. Wie so oft. Dann tauchen auch Date, Matsuda und Hagiwara neben ihm auf. Sie glauben an mich. Sie wollen, dass ich es zu Ende bringe. Ich balle meine Hand zu seiner Faust. Ich darf jetzt nicht aufhören. Ich muss weitermachen, denn ich spüre, dass irgendwas passieren wird. Nicht heute, nicht morgen, aber noch in dieser Adventszeit, diesen Winter, vielleicht sogar an den Weihnachtstagen. Das Böse schläft nie und es wäre nicht verwunderlich, wenn die Organisation bereits ihren nächsten Coup plant. Kaum einer wird es merken, aber ich werde es wissen. Ich nehme meine Hand runter und stecke sie in meine Hosentasche. Ich habe meine Gedanken genug schweifen lassen. Ich bewege mich weiter und betrete das Café Poirot. Seit einigen Monaten arbeite ich dort, beobachte die Detektei Mori und die Menschen, die dort ein- und ausgehen. Mir war von Anfang an klar, dass dort ein großes Geheimnis verborgen lag. Ich konnte nur noch nicht herausfinden, was es war. Und dann gab es noch Conan. Der Junge hat sehr früh meine Aufmerksamkeit erlangt und wenn ich meine Karten gut ausspiele, kann ich die Weihnachtstage bei der Familie verbringen. Vielleicht komme ich so meinem Ziel einen Schritt näher. Auf jedem Tisch steht ein kleines Weihnachtsgesteck bestehend aus einem kleinen weißen Topf, der gefüllt ist mit künstlichen Tannenzapfen, künstlichen Tannenzweigen und einem Wichtel. Wir haben alles über das Internet bestellt und das Café dekoriert. Lichterketten und weihnachtliche Bilder an den Fenstern runden unsere Dekoration ab. Nicht zu wenig aber auch nicht zu viel – genau so wie ich es akzeptabel finde. „Guten Morgen“, grüße ich meine Kollegin und gehe direkt in den kleinen Aufenthaltsraum, wo ich mich meiner Sachen entledige, und eine Schürze anziehe. Auch diese ziert ein weihnachtliches Motiv, schließlich wollen wir, dass sich unsere Kundschaft wohl fühlt. Mir ist egal, ob mich später jemand damit aufzieht, denn dies gehört zu meinem verdeckten Einsatz. Ich verlasse den Aufenthaltsraum und gehe zum Tresen. Meine neue Kreation an Sandwiches in weihnachtlicher Optik kommt bei den Gästen gut an, sodass wir passend dazu weitere Gerichte entwickeln wollen. „Dann wollen wir mal“, sage ich zu meiner Kollegin, die mir auch schon die ersten Bestellungen reicht. Ich schaue zu den Gästen und lächle. Ich wusste, dass sie heute hier sein würde. Vermouth. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)