Diagnose: Schreibblockade von Geminy-van-Blubel (Dreimonatige Challenge) ================================================================================ Kapitel 90: 23.3.2024: desorientiert ------------------------------------ „Bist du dir sicher, dass wir hier lang müssen?“, betrachtete Saskia die Häuser und Straßen um sich herum und drehte sich einmal im Kreis. Sven kratzte sich am Kopf. „Ja, Jasmin meinte, das wäre hier in der Nähe“, murmelte er und musterte einige der Hausnummern. „Warum nimmst du nicht einfach Maps zur Hilfe? Ich hab das Gefühl, dass wir uns verlaufen haben“, stemmte Saskia die Hände auf die Hüften und blickte Sven streng an. Der machte eine wegwerfende Handbewegung. „Wir haben uns nicht verlaufen. Ich werd doch noch die Schubertstraße 15 finden! Inzwischen wohn ich lang genug hier, um mich einigermaßen auszukennen“, sprach er im Brustton der Überzeugung, wobei er das „einigermaßen“ halb verschluckte. Saskia verdrehte die Augen. „Weil du neben der Uni und der Bar auch so viel anderen Aktivitäten nachkommst“, murmelte sie und schüttelte den Kopf, als er wissen wollte, was sie gesagt hatte. „Ich bleib dabei, wir sind grad völlig desorientiert“, kramte sie ihr Handy heraus und begann zu tippen. Sven schaute sie enttäuscht an. „Vertraust du so wenig auf meine Orientierungsküste?“ Saskia hob den Blick und eine Augenbraue. „Wenn es darum geht, dass wir sonst zu spät zum Film kommen, dann vertrau ich Maps doch etwas mehr“, meinte sie und erstaunt hob sich auch die zweite Braue, als sie zurück aufs Handy schaute. „Du hast Recht, da vorn noch mal links und wir sind da.“ Zufrieden grinste Sven und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ja, ja“, schmunzelte Saskia und ging mit ihm weiter. „In so einem kleinen Kino war ich noch nie. Ich kenn nur die großen Komplexe“, meinte sie nach einem kurzen Moment der Stille und Sven nickte. „Jasmin erzählte, dass das früher mal ein Theater war und dann irgendwann zum Kino umfunktioniert wurde. Da laufen oft Filme, die bei den Großen nicht oder nicht mehr gezeigt werden. Ziemlich nischig, aber bisher scheint das Konzept aufzugehen“, warf er einen Blick auf seine Armbanduhr und nahm zufrieden zur Kenntnis, dass sie noch früh genug waren – trotz der kurzen Orientierungslosigkeit. „Du fühlst dich hier inzwischen sehr wohl, oder?“, fragte Saskia plötzlich und nach einem irritierten Moment fing Sven an zu nicken und zu lächeln. „Ja, ich hab mich gut eingewöhnt“, antwortete er und Saskia dachte an die ersten Monate in der neuen Stadt zurück, in denen Sven ständig unzufrieden über all das Ungewohnte und Neue gewesen war. „Wirst du hier bleiben?“, fragte nun er und Saskia runzelte die Stirn. „Wie kommst du darauf?“, entgegnete sie. Er zuckte die Schultern. „Na ja, du bist ja eigentlich nur wegen Detlef her gekommen und der ist jetzt weg“, murmelte er und Saskia schüttelte den Kopf. „Ich hab schon einmal die Uni gewechselt, um mit euch hierher zu kommen – jetzt beende ich erst mal das Studium und dann schau ich weiter. Außerdem gefällt es mir hier. Es hat zwar ein bisschen gedauert, mich an die Mentalität hier zu gewöhnen, aber jetzt möchte ich sie nicht mehr missen. Die Stadt hat schöne Ecken, viel Wasser und ich komm mit den Leuten gut aus. Außerdem…“ Sie brach kurz ab und holte tief Luft, ehe sie weitersprach. „… außerdem will ich nicht, dass sich mein ganzes Leben nur um meinen Partner dreht. Ich will meine eigenen Entscheidungen treffen. Ganz abgesehen davon, dass ich aktuell ja gar keinen mehr hab“, wurde sie leiser und räusperte sich. „Alles okay?“, fragte Sven und Saskia nickte kurz. „Ja, ich hab nur grad gedacht, wie ironisch es ist, dass ich extra für Detlef her kam und ausgerechnet er nun gar nicht mehr hier ist“, murmelte sie und dachte daran, dass er noch orientierungsloser war als sie beide vorhin auf dem Weg zum Kinobesuch. Sven nickte und ließ einen Augenblick der Stille zu, ehe er fragte: „Hast du eigentlich mal wieder was von ihm gehört? Mir hatte er zum Geburtstag einen kleinen Gruß geschickt und darin auch geschrieben, dass er wohl noch unterwegs ist und sich melden will, wenn er weiß, wo sein neues Zuhause sein wird. Kann ich mir gar nicht vorstellen, so ziellos durchs Land zu reisen“, verschränkte er die Arme vor der Brust und schauderte beim Gedanken an diese Planlosigkeit und Ungewissheit. Saskia zögerte mit ihrer Antwort. Sie presste die Lippen zusammen und zog leicht die Schultern hoch. „Weißt du…“, begann sie langsam und rief dann fast schon erleichtert aus „Da vorn ist das Kino! Komm, beeilen wir uns, ehe die besten Plätze weg sind!“. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)