Feenblut von Lupus-in-Fabula (Frühlingsevent Discord) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- War das eine Anstrengung! Sie brauchte eine halbe Stunde, um sich frisch zu machen. Sie seufzte tief. Die anderen Mitschülerinnen waren schon längst gegangen. Sogar ihre beste Freundin Cat. Missmutig polierte sie ihre Flügel, die in einem nachtblau leuchteten. Es war wichtig, die Flügel zu polieren und zu pflegen. Kichernd drehte sich die Schülerin im Kreis. Stolz betrachtete sie sich vor den grossen Spiegel, die bis zu der Decke reichte. Sie war nicht bloss eine Zauberin, sondern in ihr wuchs eine Feenseele. Das bedeutete, sie war etwas Besonderes. Gerade wollte sie sich von allen Seiten betrachteten und sich loben, wie wunderschön sie wäre, da ging die Türe der Umkleide auf. Die älteren Schülerinnen aus der Tagesklasse kamen plaudern hinein. Einige sahen kurz zu ihr, nickten der jüngeren Schülerin freundlich zu. Andere blickten genervt zu der Fee. "Aus dem Weg, Kleine", knurrte eine Gestaltenwanderin sie an. Mit ihren katzenartigen Augen blickte sie gereizt zu, wie die Fee hastig ihre Sportkleidung zusammensuchte. Eine Nymphe sah sie direkt an. Lächelte und sprach mit ihrer feinen Stimme: "Hochmut ist eine Sünde." Mit knallrotem Kopf floh die Schülerin aus der Umkleide. "Hast du deine Hausaufgaben gemacht?" "Nerv nicht! Ich bin nicht in der Stimmung dafür." Ihre Zimmergenossin verliess ohne ein weiteres Wort das Zimmer. Allerdings nicht, ohne ihr einen bösen Blick zuzuwerfen. Antoinette war alleine im Zimmer und dies gefiel ihr nicht. Sie wollte bemitleidet werden. Gelobt werden. Warum verstand niemand, dass körperliche Anstrengung nichts für sie ist? Sport brauchte echt niemand. Und Hausaufgaben waren so menschlich. Sie döste schmollend ein. "Hey Küken. Wie wäre es mit aufstehen? Ausserdem, dein Aufsatz sollte bis nächste Woche fertig werden. Küken, ignoriere mich nicht. Antoinette Goldglow, ich spreche mit dir!" Das war leider kein Traum. Das magische Hausaufgabenheft flatterte wie ein aufgeschrecktes Huhn um Antoinette herum. Das Mädchen hasste gerade alles und jedem in ihrem Leben. Jetzt konnte sie sich nicht einmal ausruhen, ohne dass ihr die schulischen Pflichten bewusstwurden. Widerwillig erhob das Mädchen aus dem Bett, schnappte sich das lilafarbene nervende Notizbuch und stopfte es in ihre Schultasche.   [***] Der Weg zur Bibliothek führte die Schülerin vorbei an die verschiedenen Kursräume. Aus dem Musikzimmer ertönte der Chor der Walküren. Antoinette blieb stehen. Lauschte den göttlichen Klängen. Hätte das Notizbuch nicht Rabatz gemacht, wäre sie minutenlang stehen geblieben, um den himmlischen Klängen zu lauschen. Eine Gruppe von Satyr lief an der Fee vorbei. Sie gingen in Richtung des gigantischen Schulgartens. Die Anführerin zwinkerte ihr zu. Antoinette wurde leicht rot. "Die Kleinen sind alle so niedlich und unschuldig." Diesen Satz hörte sie nicht. Was gut war, sonst hätte es ihrem Ego zu sehr geschmeichelt. Die Synchronschwimmmeisterin, eine grossgewachsene Nixe mit blaugrünen Schuppen, lief fast in sie hinein. "Verzeih. Auf Land bin ich tollpatschig", sprach die Nixe. Mit ihren grauen Augen sah sie auf Antoinette hinunter. Beim Lächeln blitzten ihre scharfen Zähne hervor. Antoinette wich unbewusst zurück. Sie hörte einiges über das Nixenvolk. Trotzdem lächelte sie zurück. "Ich wünsche viel Glück beim nächsten Turnier", sagte sie. Sie wollte höflich sein. Immerhin war die Nixe eine ältere Mitschülerin und holte einige Medaillen für die Schule. Glucksend trommelte die Nixe auf ihre Brust. "Ich Danke!", rief sie überglücklich. Ihre ehrliche Begeisterung steckte Antoinette an. Sie lächelte nochmals und dieses Mal strahlten auch ihre Augen. Der Moment wurde wieder durch das sprechende Notizheft gestört. Wieder wurde sie knallrot, stotterte eine Entschuldigung. "Küken, du musst dich wirklich auf deine HAUSAUFGABEN konzentrieren." "Nerv nicht rum. Ich habe gute Noten und … Lach du ruhig. Ich werde dieses Jahr die Beste aus meinem Jahrgang. Hör auf zu lachen." In der Ferne beobachtete eine Muse die Szene. Ihre Skizzen fest an die Brust gedrückt sah sie Antoinette nach. Beneidete die Jüngere um ihre Unbeschwertheit. Sie musste nicht perfekt sein. Anmutig schritt sie zurück in den Kunstraum. Das Bibliotheksehepaar sahen hinter Antoinette her. Bewunderten ihre polierten Flügel und ihre Ausstrahlung. Was für eine süsse Fee aus ihr werden könnte. Der Mann trank den Met aus seinem goldenen Becher mit einem Zug aus. Die Flüssigkeit schimmerte in seinem Körper. Seine Frau füllte seinen Becher wieder auf. Dafür schenkte er ihr sein liebevollstes Lächeln. "Ohne dich, meine Geliebte, wäre mein Leben nach meinem Dahinscheiden Trost und Wertlos." Sie errötete leicht. Ihre Wangen verfärbten sich in einem hellblauen Schimmer. Eine Waldelfe, die gerade ein Buch über die grausamen Tode von und mit nichtmenschlichen Wesen ausleihen wollte, unterbrach die Schäkerei unwirsch. Hastig verliess sie die Bibliothek, steckte etwas eilig in ihre Beutel aus feinster Seide. "Na Küken? Ist das so schlimm?" "Ich verachte dich." Lieber hätte sie sich hübsch gemacht, in den Schulgarten gegangen und bis zum Abendessen sich erholt. Trotzdem tat sie ihr Bestes. Die Begegnung mit der Nixe hatte ihr Motivation gegeben. Aber Nixen sind … Nein konzentriere dich. Bevor das olle Buch wieder herummotzt. Ich suche mir ein Wälzer heraus, was ich vorstelle. Ob sie diese Liebesgeschichte hier auch haben? Cat hat mir davon so vorgeschwärmt, ich bin neugierig.  Die magische Treppe brachte sie in die Abteilung mit der Hexenliteratur. Hoffentlich war die Trilogie nicht schon ausgeliehen. Hexen liebten das Neuste und wollten dann stets auf dem gleichen Stand wie ihre Schwestern und Brüder sein. Ganz alleine war sie in der riesigen Abteilung. Was irgendwie merkwürdig war. Hexen liebten auch gute Bücher. Dann konnte sie doch einen Blick auf die Kostbarkeit der Schule werfen. Die magischen Schreibfelder. Eines der heiligen Relikte der magischen Wesen und ihre Schule besass auch eines. Es gab nicht viele diese Relikte, die in Erziehungsanstalten aufbewahrt wurden. Es gab die Büchse alles Leidens, die nur von einem bestimmten Weibe und ihren Frauen mit ihrem Blute geöffnet werden konnte, die im nahegelegenen Jungeninternat aufbewahrt wurde. Diese Feder stammte von einer heiligen Eule. Diese Feder konnte alles Schreiben, alleine durch die Kraft der Gedanken. Das Geschriebene konnte jedes Geschöpft verstehen. Manchmal durfte eine Schülerin unter Aufsicht der Schulleiterin und dessen Assistentin diese Feder benutzen. Antoinette träumte davon, ebenfalls einer dieser Auserwählten zu sein. Ihr Herz klopfte. Dieses Mal konnte sie alleine bei der Feder sein. Und ein klein wenig Tagträumen, wie perfekt es aussehen würde, wenn sie diese Feder benutze. Die Sekunden vergingen, bis sie verstand, was es bedeutete. Jetzt hätte sie gerne ihr sprechendes Hausaufgabenheft bei sich gehabt. Panisch schloss sie die Augen. Was sollte sie tun? Wo konnte sie es melden? Ihr Herz klopfte so laut, dass ihre Flügel durch die Vibration zitterten. Ihre Magie pulsierte in ihren Adern. Ihre Haare verfärbten sich, da ihre Magie in ihren Adern floss. Was konnte das Bibliotheksehepaar tun? Musste die Schulleiterin informiert werden? Als Antoinette die Augen wieder öffnete, nahm sie ihren ganzen Mut zusammen und schritt näher an den Schrein. Ihre normale Magie konnte sie nicht einsetzten. Schaudern dachten sie an den Unfall, der vor ein paar Monate geschah. Wäre ihre Freundin Cat nicht da gewesen … genau! Cat konnte ihr helfen! Antoinette stolperte in ihrer Panik über ihre eigenen Füsse. "Ruhe!" Die Kiste mit den Fundsachen plusterte sich auf. Krabbelt nährte sich die Kiste mit den Glupschaugen auf die Schülerin zu. Entschuldigend setzte Antoinette sich hin. Gerade wollte die Kiste einen Monolog halten, wie man sich in einer Bibliothek verhalten sollte, da schoss ein Gnom aus der Dunkelheit hervor. Geschickt fesselte er die Kiste und konnte sie so zum Schweigen bringen. "Bitte, junge Maid. Ich brauche keinen weiteren Dank", piepste er. Stolz sah er zu Antoinette, die ihm gerne noch ein Küsschen gegeben hätte. Als er sicher war, dass es der Schülerin gut ging, wollte er gehen. Da fiel Antoinette die Schreibfeder ein. Doch sie wollte nicht direkt darauf eingehen. Gnome können sehr impulsiv sein. "Mmmh, junge Maid. Hier waren heute nur eine Walküre und eine Muse. Und Hexen. Viele Hexen! Ich bin aber erst seit der Mittagsstunde hier. " "Lieber Gnom, ich danke dir von Herzen." Sie warf ihm eine Kusshand zu und lief zu der Treppe. Da fiel ihr etwas auf. Sie hob es hoch. Unsicher betrachtete sie die Schuppe. Was tat eine Nixe in dieser Abteilung? Nixen waren im Gegensatz zu Meerjungfrauen und Sirenen nicht sehr an Kunst interessiert. Oder eine Muse oder Walküre? Diese Wesen gehörten zu den oberen magischen Wesen. Diese hatten eine extra Abteilung. Oder waren sie bloss wie sie neugierig? Der Gnom ritt auf der Kiste auf sie zu. „Junge Maid!“, rief er und winkte aufgeregt. Ob der Gnom wusste, was los war? Gnome waren nicht dumm, taten jedoch manchmal so. Antoinette setzte ein charmantes Lächeln auf. Der Gnom, der gerade noch einen Pinsel und Notenblätter, in den Händen hielt, warf die Gegenstände ihr vor die Füsse. Langsam hob das Mädchen diese hoch. Ihre Augen wurden gross. Gewitzt betrachtete der Gnom die Schülerin. Die Kiste, welche sich nicht wehrte, grummelte. Seine Aufgabe war es Fundsachen einzusammeln und den wahren Besitzerinnen zurückzugeben. In ihr wuchs das Gefühl, dieses Geheimnis alleine lösen zu wollen. Dann würde sie es allen zeigen. Und vielleicht musste sie dann niemals wieder in den Sportunterricht. Das wäre grossartig.     [***] Der Hausmeister genoss die Wärme der Sonne. Ihm machte es nichts aus, direkt in die Sonne zusehen. Seine Vogelfreunde zwitscherten freudig. Als die Schülerin zu ihm lief, wusste er, dass seine Pause vorbei war. Er warf die letzten Krümel in die Luft. "Was kann ich für dich tun?" "Ich hätte eine Frage. Ob … mmhh … Ich …" Gütig sah der Troll zu der Fee. Das Mädchen war sehr aufgeregt, das spürte er. Statt sie zu drängen, lief er in sein Häuschen. Er hatte Erfahrungen mit den Sorgen und Nöten junger Mädchen. "Trink", sprach der Troll. Der Tee war köstlich. Die Kekse zart und trotzdem knackig. Antoinettes Herzschlag beruhigte sich. Sie merkte nicht, dass sie auf den Armen des Trolls sass. Dieser tat er unbewusst. Der Troll mochte es, hilfreich zu sein. "Wie kann ich dir helfen?" "Ich … ach, es sooo kompliziert. Und ich bin müde." Der Troll schmunzelte. Feen können sehr schwierig sein. "Noch einen Keks? Und Tee. Tee wärmt die Seele." Auf magische Weise füllte sich ihre Tasse. Die Vögelchen schwirrten um die Schülerin herum. "Bitte erzähl dem guten, alten Walhberht, was dir an deinem Herzchen nagt."     Kapitel 2: ----------- Walhberht hörte der Fee geduldig zu. Väterlich strich er der Schülerin über ihren Rücken. Goss Tee nach und versorgte sie mit Keksen. Er spürte ihre Angst und Empörung. Mit der Zeit konnte Walhberht Antoinette beruhigen. "Die Feder kann nicht aus dem Internat verschwinden, kleine Fee. Der Zauber schützt unsere Artefakte", sinnierte der Troll. Als Antoinette ihn mit grossen Augen ansah, zwinkerte der Troll ihr verschwörerisch zu. Er flüsterte er was ins Ohr. "Wirklich?" "Der gute Walhberht lügt niemals." Antoinette Augen weiten sich nochmals. Nie hätte sie gedacht, dass ein Troll sich mit komplizierter Magie auskannte. Anmutig streckte sie sich, bevor sie sich erhob. Die Vögel setzten sich auf ihre Schultern. Ich hätte nicht gedacht, dass er so klug ist. Trolle sind doch so plump und tollpatschig Tief in ihren Gedanken versunken holte sie die Schuppe und den Pinsel hervor. Solche Pinsel waren stets begehrt. Aus dem Horn eines Einhorns und den Schwanzhaaren eines Manikors. Die Schule sparte nicht an den Materialien. Während sie ihn betrachtete, fiel ihr ein Detail auf. Das war kein Pinsel der Schule. Gerade wollte sie den Pinsel näher betrachten, da verdunkelte der Troll ihre Sicht. Seine Schürze und Hut trug er nicht mehr. Er lächelte sanft. Seine Vögel sassen auf seinem Schultern. Sie blickten neugierig zu der Schülerin. Die Fee verstand. Mit einem eleganten Knicks bedankte sie sich.   Das Duo zog die Blicke auf sich. Eine Lamina sonnte sich auf der grossen Terrasse. Sie hob träge den Kopf. "Für was hat sich Walhberht wieder einspannen lassen?" Ihre Freundin, eine elegante Kobralamima, zuckte mit den Schultern. Sie züngelte. Da folgte jemand dem Duo. Was das wohl bedeutet? Sie rekelte sich. Ihr nackter Oberkörper glitzerte in der Sonne. Da folgte Menamplia dem ungleichen Duo. Sie lief gedruckt. Wollte nicht gesehen werde. Die Lamina sah zu ihrer Freundin. Diese trug eine Binde um ihre Brüste. Ihre Haut war dunkel, ihr Schwanz schwarz wie die Nacht. "Walhberht, wird es schon in Ordnung bringe", sprach sie. Die Lamina mit dem Kobrablut in sich, züngelte. Etwas lag in der Luft. Etwas, was nicht sein sollte. Vorsichtig hob fiese den Kopf. "Ein böses Omen", flüsterte die edle Lamina.   [***]   Der Garten war riesig. Vorsichtig sah sich Antoinette um. Sie wollte nicht in das Gebiet mit den tiefen Seen. Sie klammerte sich an ihren Begleiter. Vielleicht lag es an einem Teil ihres Blutes, aber zu tiefe Gewässer machten ihr Angst. Deswegen misstraute sie den Bewohnern der Tiefe. Der Troll blieb stehen. Wartete, bis sie das Wort ergriff. "Jemand von den Nixen sollte wissen … Nein, wir suchen selbst nach ihr." Warum sollte diese Nixe die Feder stehlen? Sie schien so nett zu sein. Was, wenn ich mich irre? Nein. Ich muss meiner ersten Idee vertrauen. Nixen können tückisch sein. Der Troll nickte und lief voraus. Etwas Glänzendes lenkte das Mädchen ab. Was macht eine Sichel hier? Gehört das nicht einer Zwergin? Ist das auch eine Spur?  Sie hob es hoch und steckte es in ihre Tasche. Darum konnte sie sich später kümmern. Wie näher sie den Sümpfen und dunkeln Gewässern kamen, desto heftiger klopfte ihr Herz.   Sie lief weiter. Tapfer versuchte Antoinette ihre Angst nicht anmerken zu lassen. Das Moos, welches der Troll beim Laufen hinterliess, war samtweich. Die Vögelchen auf seiner Schultern zwitscherten fröhlich. Gerade wollte sie was sagen, da bemerkte sie was. "Wer ist da?", rief die Fee. Jemand hatte sich im Schilf versteckt. Verärgert sah sie zu ihrem Begleiter. Dieser blieb stehen. Aufgeregt flatterten die Vögelchen runter. "Meine Kleine, Walhberht spürt keine Gefahr." Die Vögel setzten sich wieder auf seine Schulten. "Wer wagt es, mich wie ein Sittenstrolch zu verfolge?" Wütend stampfte die Fee mit den Füßen auf. Ein Kobold sprang ins Wasser. Er lugte, bevor tiefer untertauchte. Der Troll sah warnend zu Schülerin. Er wollte sie tadeln für diese unfreundlichen Worte. Doch da spürte er eine Veränderung in der Magie. Bevor er was sagen könnte, würde er weggeschleudert. "Warum musstest du es finden?" Die Stimme war sanft und melancholisch. Überrascht starte Antoinette in die Richtung. Walhberht kniff die Augen zusammen. Die Vögel plusterten sich auf. "Warum …?" Überrascht blicke sie in die Richtung des Trolls. Weshalb lag er auf dem Boden? "So ein junges Ding, das ihr Leben ohne Reue genießen darf. Das sich wie eine Blume der Sonne hingeben kann." Nervös schluckte das Mädchen. Nebel stieg auf. Er umhüllte die Zwei. Panik ergriff das Mädchen. Ihre Flügel fühlten sich auf einmal sehr schwer an. Sie klebten an ihrem Rücken. Sie rannte in Kreis, stolperte über ihre Füsse. Walhberht versuchte, sie zu beruhigen. Doch seine Worte erreichten die Schülerin nicht. Der Nebel erstickte das Mädchen. Röchelt fiel Antoinette hin. Ihre Hände zitterten. Sie weinte. "Lass mich in Ruhe. Ich wollte …" Was wollte sie? Anerkennung? Privilegien? In ihrem Kopf rauschte es. "Du mischst dich in alles ein. Du bist eitel. Du bist habgierig. Sogar die Wollust lodert langsam in deinem Blute" Stumm schrie das Mädchen. Ihre Augen waren weit aufgerissen. Würde sie jetzt sterben? Konnte man hier sterben? Sie krabbelte auf dem Boden herum, schmeckte den Schlamm. Plötzlich füllte sie Wasser in ihren Lungen. Sie konnte sich nicht mehr bewegen. Sinkte wie ein Stein runter. Die Dunkelheit umhüllte sie.   [***] Zärtlich kitzelte die Sonne das Gesicht der Fee. Vorsichtig öffnete sie die Augen. Die Vögelchen flatterten um sie herum. Ihre Flügel fühlten sich immer noch schwer an. Warum konnte sie die Flügel nicht fühlen? Sie sah zu dem Troll. Seine Haut war mit Ranken und Schlamm bedeckt. Risse waren zu erkennen. Tränen stiegen ihr wieder in die Augen. Jetzt ist alles aus. Ich kann niemals mehr zurück. Alle werden mich meiden. Sie konnte nicht mitbekommen, wie der Troll mit jemand redete. Wie diese Person Zugabe, eine falsche Spur gelegt zu haben. Das sie wollte, das jemand anderes die Schuppen fand. Das Bibliotheksehepaar zum Beispiel. Die waren nicht so streng und würden ihr es durchgehen lassen. Streng blickte der Hausmeister zu der Muse. Natürlich hätte sie niemals gewollt, das der Fee und ihm ein Leid geschah. Niemals waren sie in echter Gefahr. Bis die Muse es übertrieb mit ihrer Magie. Die Fee erhob sich. Ihr Kopf schwirrte. Ein Vögelchen brachte ihr einen Kamm. Es war nicht ihrer. Kapitel 3: ----------- Sie war viel zu verwirrt, um klar zu denken. Fast automatisch kämmte sie die Haare mit dem fremden Kamm. Sie spürte, wie sie sich beruhigte. Der Kamm tat ihr gut. Elfenmagie war unglaublich mächtig. Die Sichel umklammerte sie mit der anderen Hand fest. Alleine das gab ihr etwas Mut. Zwerge waren ein friedliches Völkchen, die stolz auf ihr Handwerk waren. Zwerge fürchteten sich vor so gut wie nichts. Die Flügel konnte das Mädchen immer noch nicht bewegen. Es fühlte sich an, als wäre auf einmal ihr Feenblut aus ihr gesaugt worden. Heisse Tränen rannen ihr über die mit Schlamm verklebten Wangen. Wenn sie keine Halbfee mehr wäre, wären ihre Eltern sicherlich enttäuscht. Dann wäre sie ein niemand. Nutzlos. Unwürdig. Quasi ein gewöhnlicher Mensch. Sie war doch so stolz darauf, eine Fee zu sein. Warum durfte sie nicht stolz darauf sein? Panisch schloss sie die Augen. Der Nebel verwirrte ihren Geist. Sanft pickte ein Vögelchen ihr in die Hand. Der leichte Schmerz holte sie zurück. Ich muss ruhig bleiben. Das ist sehr starke Magie. Magie einer alten Rasse, da bin ich mir sicher. Antoinette versuchte sich zu konzentrieren. Da ihr Feenmagie blockiert war, musste sie auf ihre anderen Kräfte vertrauen. Sie hatte Feenblut in sich, stammte jedoch auch von einer mächtigen Zauberersippe ab. Ihr Urgrossvater beschützt heute noch ein Buch, welches das Tor der Hölle öffnen konnte. Er hat bis heute keinen würdigen Nachfolger für diese Aufgabe gefunden. Antoinettes Wangen verfärbten sich vor Scham. In diesem Augenblick flammte kurz die Erkenntnis auf, wie sehr sie ihren Vorfahren unrecht tat. Sie konnte stolz auf sich sein. So wie Cat es wäre. Cat war auf alle ihre Vorfahren stolz. Wieder pickte ein Vögelchen ihr in die Hand. Dieses Mal heftiger. Der Nebel war nun so dick, das Antoinette nichts mehr erkannte. Der Kamm fiel ihr aus der Hand. Wie hatte die Stimme sie genannt? Ein junges Ding, das ihr Leben ohne Reue geniessen darf. Dies stimmte. Sie konnte ihr Leben geniessen. Aber trotzdem hatte sie viele Sorgen. Der Sportunterricht machte ihr zu schaffen. Sie konnte immer noch nicht ihre Flügel richtig benutzten. Sie hasste es, sich körperlich fest anzustrengen. Auch beim Fach Geschichte hatte sie Schwierigkeiten. Oft verwechselte sie Namen und Jahreszahlen. Das schlimmste für Antoinette war die Tatsache, das sie sich ausgeschlossen fühlte. Die Feen akzeptierten die nicht. Feen waren, auch wenn man es sich nicht vorstellen konnte, gehässig und eifersüchtig. Jede Gelegenheit wurde ausgenutzt, um dich selbst in besseres Licht zu rücken. Egal was sie tat, nie war sie in den Augen der anderen Fern gut genug. Wut. Scham. Angst. Antoinette spürte diese Gefühle in sich. Wollte sie unterdrücken. Was konnte sie dafür, das es ihr aufgefallen ist, das die magische Feder verschwunden ist? Das dieser Trick nicht ihr galt? Die Muse wusste nicht, was für ein Glück sie hatte. Sie war nicht nur eine gewöhnliche Muse, sie stammte von den heiligen neun ab. Die Gefühle wurden stärker. Langsam konnte sie bloss noch Wut fühlen. Wie konnte irgendjemand es wagen, sie wie eine dumme Marionette zu benutzen? Ihre Wangen färbten sich nun rot vor Zorn. Niemand durfte es wagen, so mit ihren Gefühlen umzugehen! Sie war Antoinette Goldglow. Eine mächtige Zauberin. Ihre Familie hütete Geheimnisse, die konnten sich Feen und Elfen nicht in ihren kühnsten Träumen vorstellen. Sie bemerkte nicht, wie ihre Magie ihren Körper übernahm. Mit einem wütenden Schrei setzte die Schülerin ihre Macht ein. Der Nebel lichtete sich Stück für Stück. Sie erblickte Walhberht. Mit grossen Augen sah er sie an. Furcht war in seinen freundlichen Augen zu sehen. Die Muse, die dem Troll wohl alles erzählt hatte, zuckte zusammen. Sie wedelte mit den Armen, wollte verhindern, das ihre jüngere Mitschülerin eine Dummheit tat. Doch es war zu spät. Ihre Flügel leuchteten auf, sowie ihre Augen. Das Feenblut übernahm die Kontrolle über das Mädchen.   [***] "Sprich, weshalb wagst du es, meine Zeit zu stehlen?" Antoinette war nicht mehr zu erkennen. Ihre liebenswürdig und jugendliche Arroganz war verschwunden. Ihre Aura strahlte heimtückisch. Vorsichtig näherte sich ihr der Troll. Seine Verletzungen spürte er nicht. Trolle waren Immun gegen alles, was sie selbst nicht als Verletzungen wahrnehmen. "Kleine, hör auf den guten Walhberht. Sei wieder du" , sprach er sanft. Antoinette warf ihm einen angewiderten Blick zu. "Troll, ich habe nicht erlaubt zu sprechen", flötete sie. Die Muse seufzte. Das wollte sie nicht. Sie wollte der Fee niemals solche Angst machen. Niemals war sie oder Walhberht in tödlicher Gefahr. Der Hausmeister war bloss so verletzt, weil er einen grossen Teil ihrer Magie angefangen hat. Und vermutlich würde er es das Gleiche wieder versuchen. Die Muse sah zu ihren Füssen. Sie musste jetzt ihren Fehler wiedergutmachen. Mit festen Schritten schwebte sie zu der Fee. "Ich bin die, welche du suchst", sprach Menamplia. Die Fee legte den Kopf schief. Ihre Augen funkelten. Bevor sie antworten konnte, holte Menamplia aus ihrem Ausschnitt das gesuchte Objekt hervor. Die Feder strahlte auch im Feenraum erhaben. Ihre Magie liess die Fee erzittern. Sie musste den Impuls unterdrücken, nach der Feder zu greifen. "ICH versuchte Euren Geist zu verwirren. Ein unschuldiges Geschöpf …", langsam senkte die Muse den Blick. Die Worte von Walhberht klangen immer noch in ihren Ohren. Und zu sehen, wie ihre jüngere Mitschülerin in ihrer Magie gefangen war, gab ihr einen Stich in ihr Herz. Hatte die Angst solche starke Macht? Das hätte sie nie erwartet. Antoninette sah nie so aus, als würde sie solche Zweifel in dich haben. Sie erkannte, dass sie nicht von ihrer Bestimmung weglaufen könnte. Das sie ihr Leben nicht umschreiben konnte. Ihre Cousinen hatten stets recht gehalten. Bestimmung war Bestimmung. "Hat meine Ausstrahlung dir die Gespräche verschlagen?" Das Lachen der Fee klang wie das einer schrillen Geige. Missmutig blickte der Troll zwischen den beiden Schülerinnen hin und her. In seinen Augen blitzte nun väterliche Strenge. "Meine Liebe, der gute Walhberht übernimmt das Reden", seine Stimme war gewaltig. Er liess die Umgebung erzittern. Selten konnte man ihn so hören. Perplex, fast schüchtern, nickte die Muse. Ihre langen Wimpern verdeckten ihre klaren Augen. Sie atmete tief ein und aus. Der Troll nutzte seine Kräfte. Spürte er keine Schmerzen? "Wag es …!" "Du bist ein liebes Mädchen. Walhberht glaubt an dich. An Antoinette." Ungläubig blinzelte die Fee. Ihre Mundwinkel zuckten spöttisch. Ihre Körperhaltung strahlte pure Arroganz aus. Doch ein winziges Funkeln in ihren Augen verriet, das Antoinette ihn hörte. Die Vögelchen zwischerten leise. Eines hüpfte auf den Kamm zu und pickte auf ihn herum. "Nimm den Kamm, meine Kleine. Walhberht erzählt dir eine Geschichte." Die Stimme des Trolls war nicht mehr väterlich. Doch seine Augen strahlten wie am Anfang. Fürsorglich war sein Blick. Die Fee nahm den Kamm. Sie fing an, ihre langen Haare zu kämmen. "Nun sprich schon, Troll", flötete sie.     [***] "Der gute Walhberht erkannte den Pinsel. Meine Vögelchen sagten mir, das du auch diesen Gedanken hattest. Dieser Pinsel ist nicht von der Schule." Die Vögelchen plusterten sich auf. Sie zwitscherten aufgeregt. Die Finger der Fee klammerten sich an den Kamm. Antoinette versuchte, die Kontrolle über ihren Körper wieder zurückzubekommen. Irgendwie konnte sie sich erinnern, was sie in diesem Moment gedacht hatte. Sie erinnerte sich, wie ihre Freundin Cat ihr über Magie sprach. Das es Artefakte gab, die so sehr mit der Magie des Blutes verwoben ist, das sie ihre wahre Natur niemals verbergen können. Ob die Muse nicht lügen konnte? Ob sie unbewusst einen Hinweis hinterlegen wollte? Oder war es für die Muse ein Spiel? Langsam erschien ihr das Bild aus einem Buch in ihren Gedanken. Sie wollte sich erinnern, jedoch konnte sie es nicht. Das Feenblut übernahm wieder ihren Geist. Bevor sie wieder zu einer echten Fee wurde, sah sie zu Menamplia. Die Muse lächelte und sagte nur diese Worte: "Ich habe dies alles getan." Augenrollend widmete sich die Fee weiterhin ihr Haaren. Was interessierte sie eine alberne Schnitzeljagd? Sie versuchte sich beruhigen. Warum versuchte ein Teil von ihr, die Macht zu unterdrücken? Der Troll setzte seine Erzählungen fort. "Unser Schulschatz ist was wirklich Besonderes. Unsere liebenswerte Menamplia kann mit der Feder unglaubliche Dinge anstellen. Der gute Walhberht kennt nun die Wahrheit. Die ganze Wahrheit." Schnaubend drehte sich die Fee im Kreis. Sie fixierte die Muse. "Sprich, was möchte der Troll andeuten?" Bevor Menamplia ihre Stimme erheben konnte, bewegte sich der Hausmeister. Mit Schrecken bemerkte sie, das die Risse in seiner Haut grösser geworden sind. "Mit ihrer im Blute uralten Magie und dem magischen Schulschatz hätte sie ihr Leben umschreiben können. Der gute Walhberht kann die Verzweiflung verstehen. Weglaufen löst keine Probleme. So lange Walhberht lebt, ist dies nie passiert." Zischend drehte sich die Fee um. Gerade wollte sie ihren Unmut Luft machen, da stockte sie. Ihre Flügel zitterten. Wie ein Stein plumpste sie zum Boden. Der magische Raum, den die Fee erschaffen hatte, schwang. Kurz erkannte man den Schulgarten und den See, in den die Schülerin fast gefallen war. Die Stimme der Muse erreichte Antoinette. Die Muse erklärte ihr in einfachen Worten, was es alles bedeutet und warum sie diese Spuren gelegt hatte. Menamplia wollte sich mit der magischen Schreibfeder ein neues Leben erschreiben. Das sie sich ein Leben ohne Druck erfinden wollte. Ein Leben, das sie selbst bestimmen konnte. Warum sie Spuren hinterliess? Das konnte sie nicht sagen. Sie wollte wohl gefunden werden. Doch nicht von einer Schülerin wie sie. Die Muse gab zu, eifersüchtig auf jede jüngere Schülerin zu sein. Die Schuppen der Nixe hatte sie gesammelt, als sie zusammen Sportunterricht hatten. Das Antoinette sie Nixe auch getroffen hatte, war Zufall. Mit den Walküren gab es stets Differenzen. Musen und Walküren hatten eine uralte Fehde. Deswegen die Notenblätter. Gestohlen hatte Menamplia diese mit purer Absicht. Ihren privaten Pinsel, die wichtigste Spur. Darüber schwieg sie. Ob sie aufgehalten werden wollte? Auch darüber schwieg sie eisern. "Antoinette Goldlfow. Bitte nimm meine aufrichtige Entschuldigung an." Demütig knickste Menamplia. Sie neigte ihren Kopf, schloss ihre Augen. Walhberht, der wachsam die Szene beobachtete, trat näher. Seine Vögelchen setzten sich auf die Schulter der jüngeren Schülerin. Zwischerten fröhlich. Mein Herz ist froh. In der Kleinen ist eine liebe Seele. Sanft nahm der Troll zitternden Antoinette in die Arme. Er spürte, wie ihr Feenblut langsam die Macht über ihren Körper und Seeler verlor. Stolz füllte den Troll. Sein Plan mit dem Kamm ist aufgegangen. Er würde sich bei wahren Besitzerin entschuldigen.         [***] "Hey Küken! Aufwachen. Die Sonne scheint. Geh raus und … Geh Weg! Es starrt mich an!" Der Otter verfolgte spielerisch das Heft. Verschlafen öffnete Antoinette die Augen. Das verzweifelte Schimpfen ihres Hausaufgabenheftes vermischte sich mit dem schelmischen Lachen ihrer Freundin Cat. Ihr Otter wuselte im Krankenzimmer übermütig herum. Sein Keckern liess Antoinettes Herzschlag beschleunigen. Alles ist gut. Alles ist in Ordnung. Sie konnte sich bloss noch bruchstückhaft erinnern. Doch was ihr Herz am meisten zeriss, ist wie sehr Walhberth litt. Er musste sich schonen. Seine Wunden waren tief. Und sie trug eine grosse Mitschuld daran. Das ihre Eltern einen Brief zugeschickt bekamen, war ihr egal. Das sie von den Sommeraktivitäten ausgeschlossen wurden, wurmte sie zwar, sah jedoch ein, warum das ihre Strafe war. Was Antoinette tief betrübte, war die Drohung der Schulleiterin, das sie aus dem Internat herausgeworfen werden würde. Tief in Gedanken versunken, sah sie zu ihrem Hausaufgabenheft. Wie gerne würde sie weiterhin mit ihm lernen. Mit ihm ihre Hausaufgaben durchgehen. "Toni! Hör auf zu Flennen. Damit änderst du überhaupt nichts." "Das tue ich nicht. Das sind Tränen des Schlafes." "Wie auch immer du es nennst. Du flennst. Rotze läuft dir aus der Nase. Deine Augen sind feuerrot." Cat holte ein schwarzes Taschentuch hervor. Bestickt mit ihrem Otter und ihren Namen. Schwesterlich putzte sie ihr die Tränen ab, danach half sie ihr, die Nase zu schnäuzen. "Aufzugeben passt nicht zu dir. Wo ist dein Stolz? Immerhin bist du ne Fee!" Möchte ich … wirklich eine Fee werden? Ich würde mich schon freuen, im Internat zu bleiben. Ich will nicht nochmals die Kontrolle über mich verliere. “TONI!” Erschrocken zuckte sie zusammen. Sie blickte in das Gesicht ihrer Freundin. Der Otter sprang ihr auf die Schulter. Seine Nase berührte ihre Wange. Er pfiff und stupste sie an. "Du hast mir nicht zugehört. Wie nett." Cat erhob sich hektisch. Nicht weil sie böse auf ihre Freundin war, sondern weil die Direktorin und ihre Stellvertreterin das Zimmer betrat. Die beiden Frauen blickten streng zu zwei. Die Krankenschwester, eine stämmige Zwergin, watschelt in den Raum. Ihre grauen Augen sahen zu den Schülerinnen. Sie nickte kaum merklich. "Die Freundin soll bleiben. Das ist gut für die Gesundheit." "Egal was passiert. Ich werde an deiner Seite bleiben", flüsterte Cat. Sie zwinkerte Antoinette verschwörerisch zu. Antoinette atmete tief ein und aus. Sie würde dieses Mal nicht davon laufen und die Schuld jemand anderem geben. Und falls sie herausgeworfen wurde, würde sie zuerst die Schuld begleichen. Auch wenn er ein dummer Steintroll war, konnte er nicht so herumlaufen. Walhberht brauchte eine neue Schürze und Hut. Blumen würden ihm sicher schmeicheln. Rosen wären perfekt für ihn.      Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)