Das Tor der Dimensionen von Brienne_of_Tarth ================================================================================ Kapitel 1: Die mysteriöse Wurzel -------------------------------- 1. Die mysteriöse Wurzel Krachend fiel die Tür ins Schloss und Ilona stürmte mit wutverzerrtem Gesicht in den Hof. "Jetzt sei doch nicht gleich sauer!", hörte man eine Stimme vom Balkon herabrufen. "Lasst mich gefälligst in Ruhe!" Das Mädchen, das gerade die Einfahrt verließ, versuchte die Ent-schuldigungen ihrer Freunde zu ignorieren. Warum mussten sie sie auch erst so auf die Palme brin-gen? Nie konnte man es ihnen recht machen. An allem, was Ilona tat, hatten sie etwas auszusetzen. Da sie für heute wieder einmal genug von diesen ewigen Beleidigungen hatte, war sie einfach ohne ein weiteres Wort gegangen. Sollten sie doch schreien solange sie wollten. Sie waren ja selber schuld! Zwar wohnte sie sogar in derselben Straße, doch hatte sie jetzt nicht die geringste Lust nach Hause zu gehen, um sich dort den unvermeidlichen Fragen ihrer Mutter zu stellen: ,Warum kommst du denn schon so früh? Habt ihr euch gestritten?' Darauf konnte sie getrost verzichten. Während Ilona also, einem kurzfristigen Beschluss zufolge, den Feldweg, welcher zu einem großen Wald führte, entlang wanderte, ging hinter ihr bereits die Sonne unter; der laue Ostwind trieb die dunklen Gewitterwolken immer schneller in ihre Richtung. Allerdings interessierte sie das im Mo-ment relativ wenig. Sie freute sich einfach, mal ein bisschen Ruhe zu haben, schloss kurz die Augen und genoss es, wie ihr langes, braunes Haar wehend ihr Gesicht umspielte. Äußerlich sah sie un-glaublich gelassen und entspannt aus, aber innerlich tobte sie noch immer vor Zorn über ihre soge-nannten Freunde. Weshalb waren sie nur andauernd so fies zu ihr? Was machte sie eigentlich falsch? Ilona kämpfte mit den Tränen, konnte sie schließlich auch unterdrücken und versuchte an etwas anderes zu denken. Je länger sie so durch die Dämmerung spazierte, desto mehr vergaß sie tatsächlich den vergangenen Nachmittag mit all seinen Problemen. Nach einiger Zeit fing sie an, von irgendwelchen völlig unre-alistischen Dingen zu träumen. Das war überhaupt ihre Lieblingsbeschäftigung. Sich in andere Wel-ten hineinzuversetzen um ihren, wie sie fand, überaus langweiligen Alltag ab und zu hinter sich zu lassen. Wer sie sah, musste wohl denken, sie wäre ein ganz gewöhnliches siebzehnjähriges Mädchen, das Poster von Stars in seinem Zimmer aufhängte und mit seinen Freundinnen über nichts anderes dis-kutierte, als darüber, wer nun eigentlich der süßeste Junge der Schule war... doch wer sie so ein-schätzte, täuschte sich gewaltig! Ihr Raum war nicht mit Starpostern zugepflastert - so was hielt sie für vollkommen sinn- und niveaulos - sondern ihre Wände waren übersät mit Bildern, auf denen schillernde, silberne und goldene Drachen abgebildet waren; Postkarten mit Burgen und Poster von wundervollgezeichneten Magiern mit langen Umhängen und Stäben, an denen leuchtende Kugeln befestigt waren, drängten sich dicht an dicht. Das war ihre Welt! Sie liebte das Mysteriöse, Unbe-stimmte, konnte einfach nicht genug bekommen von übernatürlichen Geschichten oder Phantasy Romanen, die nicht selten an die tausend Seiten umfassten. Egal, wo auch immer sie sich befand, überall und zu jeder Tageszeit konnte sie sich in ihre eigene kleine Welt zurückziehen, wobei sie dann alles andere um sich herum vergessen wollte, was ihr meist auch mit Leichtigkeit gelang. In ihrer Phantasie existierten all die Wesen, die sie auf ihrem armseligen Planeten vermisste - magische Wesen. Auf einmal wurde sie äußerst unsanft aus ihren Gedanken gerissen, als sie gegen einen dicken Baum stieß. Wie sie nun merkte, war sie bereits, ohne es mitbekommen zu haben, in ihrem Wald ange-kommen. In dem Wald, in dem sie schon so oft gewesen war, dass sie es gar nicht mehr zählen konnte. Hier kam sie immer her, wenn sie abschalten wollte oder eben, wenn sie ihren Träumen nachhängen wollte, für die niemand aus ihrer Umgebung so richtig Verständnis hatte. Sie trat, wie schon hunderte Male zuvor in ihrem Leben unter das Laubdickicht und suchte sich einen Pfad durch das Gebüsch. Immer tiefer drang sie in das Unterholz ein, wobei sie bald an einer Stelle angekommen war, an der sie sich bei ihren früheren Spaziergängen noch nie befunden hatte. Als dem Mädchen das bewusst wurde, war es allerdings schon zu spät. Ilona hatte vollkommen die Orientierung verloren, bekam panische Angst nicht mehr zurück zu finden. Verzweifelt lief sie in irgendeine beliebige Richtung und bemerkte dabei nicht, dass sie durch diese verrückte Handlung nur noch tiefer in den Wald hineinlief. Plötzlich stieß sie auf eine riesengroße Wurzel, die mindestens zweieinhalb Meter aus der Erde rag-te. Das Holz sah sehr alt aus, was Ilona zu dem Schluss brachte, dass der Baum wohl schon vor mehreren Jahren gefallen sein musste. Sie umkreiste das leblose Gewächs vorsichtshalber aus eini-gem Sicherheitsabstand und fand schließlich an dem Ende, an dem die Wurzel einmal in der Erde gesteckt habe musste, eine Art Eingang, der, soweit sie es erkennen konnte, in einen unterirdischen Gang mündete. Ilona war eigentlich nicht feige, aber beim Näherkommen der dunklen Wölbung hatte sie dennoch ein mulmiges Gefühl im Magen. Was mochte das wohl sein? Und vor allem, was befand sich dahinter? Mutig trat sie durch die Öffnung und fühlte dabei fast körperlich, wie sie schlagartig von der Fins-ternis umschlossen wurde. Am ganzen Körper zitternd - was zweifellos von ihrer leichten Beklei-dung verursacht wurde - tastete sie sich Schritt für Schritt im Dunklen voran. Nie konnte sie vor-hersehen, was sie hinter der nächsten Biegung möglicherweise erwarten würde, und das jagte ihr schreckliche Angst ein. Sie hasste diese Ungewissheit! Ihre unbändige Phantasie zeigte ihr natürlich wieder die irrsten Möglichkeiten, von dem was sich eventuell in der Höhle verbergen mochte... manchmal war diese Gabe ein regelrechter Fluch! Nach einiger Zeit konnte sie weit vor sich einen fahlen Lichtschimmer sehen und als sie sich noch ein paar Meter weiter bewegt hatte, stieg auch auf einmal der metallische Geruch von Blut in ihre Nase. Hatte sie sich vorher gefürchtet, so geriet ihre Angst jetzt beinahe außer Kontrolle. Was war das? Vielleicht war es nur ein totes Tier?! Aber es konnte auch genauso gut ein verletzter Mensch, die Beute eines Raubtiers, das sich noch in der Nähe aufhielt und nur darauf wartete auch sie zu zerfleischen, oder sonst irgendetwas ganz furchtbares sein. Eine Weile rang sie mit sich, einfach wieder umzukehren und alles zu vergessen, doch ihre Neugier gewann in ihrem Kopf die Oberhand. Sie wusste, würde sie jetzt gehen, würde sie das alles hier nie mehr loslassen. Ihre Gedanken wür-den so lange um diesen Ort und sein Geheimnis kreisen, bis sie es gelüftet hatte. Vorsichtig ging Ilona weiter auf das Leuchten am Ende des Tunnels zu und hoffte bei Gott, dass sie ihre Abenteuer-lust diesmal nicht in große Gefahr brachte. Kapitel 2: Der fremde Krieger ----------------------------- 2. Der fremde Krieger Zögernd verließ das Mädchen den Gang und blickte sich in der großen Halle, die sie damit betreten hatte, um. Hier drinnen befand sich ein riesiger unterirdischer See, aus dem auch die Lichtquelle zu stammen schien, welche ihr zuvor entgegengekommen war. Die glatten Steinwände der Höhle wa-ren feucht und spiegelten schimmernd die sanften Wellen des Wassers wider. Die Luft war hier nicht ganz so unangenehm wie es auf dem Weg hierher gewesen war, doch wirklich viel Sauerstoff schien es hier dennoch nicht zu geben. Fragend hielt sie nach der Ursache dieses starken Blutgeru-ches Ausschau. Langsam ging sie weiter, worauf sie bald eine Gestalt ein Stück weit entfernt am Ufer, wo sehr wenig von dem seltsamen Licht hinfiel, liegen sah. Ihr Herz begann heftig zu schla-gen, denn sie konnte nicht im Mindesten erkennen, was das für eine Gestalt war. Als sie näher kam, bemerkte sie, dass der felsige Boden mit Blut buchstäblich überschwemmt war, was sie zu dem Schluss brachte, nur dieses "Wesen" könne die Quelle des ekelerregenden Gestanks sein. Wenn das da hinten ein Mensch war, so bezweifelte Ilona, dass er nach den Verletzungen, die er offensichtlich erlitten haben musste, noch lebte. Aber wenn es ein Tier war? Oder vielleicht etwas ganz anderes? Etwas, dass sie sich nicht einmal vorstellen konnte... Sie schritt ängstlich auf die dunkle Ecke zu und erkannte tatsächlich einen Mann. Der Rest seiner Kleider, den er noch am Körper trug, war durchtränkt von der roten Flüssigkeit, die aus einer klaf-fenden Wunde in seiner rechten Brust ausströmte. Sie kniete neben dem leblos wirkenden Jungen nieder, wobei ihr ein Schauer über den Rücken lief, als sie das kalte Blut an ihren nackten Beinen spürte. Sie nahm sein Handgelenk zwischen ihre zitternden Finger um seinen Puls zu fühlen. Zwar schlug er nur sehr schwach, doch es befand sich immerhin noch Leben in dem Menschen. Ilona, einem plötzlichen Impuls folgend, der ihr sagte, sie müsse diesem Mann helfen, nahm ihr Halstuch ab und tauchte es in den See. Dann riss sie vorsichtig die restlichen Stofffetzen von seinem Ober-körper, um so mit ihrem nassen Tuch die fürchterliche Wunde auszuwaschen. Sie wunderte sich, wieso sie das eigentlich tat, zumal sie einen gewissen Ekel vor Blut hatte und das, was sie hier vor sich hatte, alles andere als appetitlich fand. Nachdem sie damit fertig war, lehnte sie sich neben ihm gegen die Wand der Höhle. Der Schweiß rann ihr über die Stirn, ihr Körper bebte. Sie kämpfte gegen die schreckliche Übelkeit an und zwang sich, ruhig und gleichmäßig zu atmen. Nach einer Weile beruhigte sich ihr Magen wieder, doch sie war erschöpft. Die Arme um die Beine geschlungen legte sie den Kopf auf ihre Knie und schloss die Augen. Auf einmal wurde ihr bewusst, wie lange sie schon hier war. Es musste mittlerweile Nacht gewor-den sein, was ihren Eltern bestimmt große Sorgen bereitete. Kurz überlegte sie, ob sie nach Hause gehen sollte, entschloss sich jedoch dagegen. Sie musste abwarten, was aus dem Verletzten werden würde. Wenn sie jetzt ging, wusste sie nicht, was mit ihm geschehen würde. Es konnte sein, dass er einfach aufgrund seiner schlimmen Wunden starb, obwohl Ilona das nicht hoffte. Sie hätte gehen können, um Hilfe zu holen, doch hatte sie Angst, ihm könnte in der Zwischenzeit etwas zustoßen, möglicherweise ein Angriff durch irgendwelche Tiere... Außerdem hielt sie noch der Gedanke zurück, unbedingt herausfinden zu müssen, wer dieser Kerl war. Sein gesamtes Erscheinungsbild war doch äußerst eigenartig. Er trug eine Art Kampfanzug, wie von einem Sportler, sein muskulöser Körperbau verriet ihr, dass er trotz seines jugendlichen Aussehens schon mindestens zwanzig Jahre alt sein musste - wobei auch ein gewöhnlicher zwan-zigjähriger normalerweise nicht derart muskulös sein konnte, überlegte sie lächelnd. Seine Frisur war jedoch das bei weitem Eignartigste. Wenngleich sein Haar klatschnass war, stand es ihm - so-weit das in seiner liegenden Pose festzustellen war - höchst seltsam zu Berge. Ein stöhnendes Geräusch riss Ilona aus ihren Gedanken. Sie blickte zu dem jungen Mann hinüber und sah wie er verzweifelt versuchte, sich aufzusetzen. Als sie ihm hoch half, bemerkte sie, dass er krampfhaft die Hand auf seine Brust presste - er musste große Schmerzen haben. "Alles in Ordnung?", fragte sie zögernd. "Ja.", entgegnete er mit schmerzverzerrtem Gesicht. Bei dem Versuch aufzustehen taumelte er und fiel zurück, wobei sie ihn gerade noch auffangen konnte. "Du solltest lieber sitzen bleiben." Sie hatte einen Arm um seine Schulter gelegt, um ihn zu stützen. "Wie heißt du? Und wo kommst du her?" "Mein Name ist Vegeta. Wo ich herkomme ist schwer zu erklären... Wer bist du eigentlich?", wollte er wissen, während er ihren Arm nicht unsanft, aber bestimmt zur Seite schob. "Ich heiße Ilona." Sie hielt kurz inne und sah ihm in seine dunkel glitzernden Augen. "Ach bitte, versuche doch mir zu erklären, wo du herkommst! So jemanden wie dich habe ich hier noch nie gesehen.", bat sie den Fremden. Er blickte zu ihr hinüber, schien abzuwägen, ob er ihr vertrauen konnte oder nicht. Schließlich ent-schloss er sich anscheinend dafür. "Na gut...", begann er langsam. "Immerhin hast du mir das Leben gerettet. Aber ich bezweifle, dass du mir glauben wirst." Ilona saß ihm im Schneidersitz gegenüber und lauschte interessiert seinen Worten. Er fuhr fort: "Ich stamme aus einer anderen Dimension. Ich bin dort in meiner Welt ein großer Krieger." Die Augen des Mädchens weiteten sich bei seinen Worten, doch sie schwieg. Vegeta deutete mit zitternder Hand auf das Wasser neben ihnen. "Dieser See ist das Tor zu der Welt, aus der ich komme. In einem Kampf wurde ich von meinem Gegner schwer verwundet, wor-aufhin er mich von unseren Planeten aus ins Wasser geworfen hat. Nachdem ich lange Zeit gefallen war, kam ich schließlich irgendwann hier in dieser Höhle an der Oberfläche an und konnte mich mit letzter Kraft an Land retten." Er holte tief Luft, die Zähne vor Schmerz zusammenbeißend. "Wenn es dich zu sehr anstrengt, hör lieber auf zu erzählen...", sagte Ilona besorgt. Er überging diesen Satz und erklärte weiter: "Um von dem See in unserer Dimension in diesen un-terirdischen hier zu gelangen, muss man einen tiefen Graben, weit unten am Grund des Gewässers durchqueren. Dort unten gibt es ein ,magisches Tor', welches einen von der einen in die andere Welt bringen kann. Wenn dieses Tor verschlossen ist, ist der Wechsel zwischen den Dimensionen ausgeschlossen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den Spalt mit Magie zu verschließen - mein Gegner beherrschte wohl eine davon. Ich könnte einfach alles dort unten in die Luft jagen, doch auch dann säße ich hier fest. Wie du also siehst kann ich nicht zurück..." Sobald er seine Geschich-te beendet hatte, sank er erschöpft zurück und schlief ein. Ilona starrte auf den Boden. Sie wusste nicht recht, was sie von alledem halten sollte, entschloss sich aber, ihm zu glauben. Was sollte er für einen Grund haben sie zu belügen? Sie stand auf, zog Vegeta ein Stückchen weiter zurück, wo der Boden noch trocken war und verließ dann die Höhle. Es war schön, wieder im Freien zu sein, die frische Luft zu atmen, nach so langer Zeit in diesem stickigen unterirdischen Gebilde. Allerdings hatte sie nicht bemerkt wie viel Zeit vergangen war. Gerade in diesem Moment ging die Sonne über den Dächern ihres Dorfes auf. Sie schlug den stei-nigen Feldweg ein und schleppte sich müde nach Hause. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)