Easier to run away von Rachelle_Jade ================================================================================ Kapitel 1: ----------- "Ich hoffe, ihr versteht mich wenigstens ein bisschen. Ich wünsch euch alles Gute." Mit zitternder Stimme beendete das rothaarige Mädchen diesen Satz. Langsam, ganz langsam ließ sie ihre Hand mit dem schnell dahingeschriebenen Brief nach unten sinken. Sie fühlte sich, als wäre ihre jegliche Kraft so eben genommen worden. Ihre Finger fühlten sich wie betäubt an und langsam entglitt der Zettel aus ihrer Hand und schwebte sanft zu Boden. Das konnte sie nicht glauben, es musste ein schlechter Scherz sein. Sie erhob ihren Blick und sah ihre beiden besten Freunde fassungslos an. Eben noch waren sie so fröhlich am Lachen gewesen. Keiner hatte mit so etwas gerechnet. Die zwei Jungen und das Mädchen waren gekommen, um ihrer gemeinsamen Freundin einen Überraschungsbesuch abzustatten. "Das.. kann nicht wahr sein..", der Junge mit den langen verwuschelten braunen Haaren, war der Erste, der wieder etwas sagen konnte. Dabei schüttelte er seinen Kopf energisch. "Das ist vollkommen untypisch vor sie!" Die junge Frau setzte sich langsam auf das Bett ihrer besten Freundin. Sie hatte das Gefühl, als würden ihre Beine gleich unter ihr nachgeben. Das Bett war schön kuschelig weich und mit einer rosanen Tagesdecke versehen, doch das bemerkte sie gar nicht. Auch diesen süßlichen Duft im Raum nahm sie nicht wahr. Es sah alles so aus wie immer, ganz normal. "Verdammt Leute, jetzt sagt was dazu!!" Der Dunkelhaarige schrie seine Freunde fast an. "Tut mir Leid, ich wollte nicht so laut sein..", entschuldigte er sich sofort. Seine rechte Hand zitterte. Er war nicht der Typ von Mensch, der lange rumüberlegte, diese Stille und dieses Nichtstun machten ihn wahnsinnig. "Was sollen wir denn deiner Meinung nach tun?" Der Blonde sah ihn fragend an. Die ganze Zeit über hatte er nur vor sich hin auf den Boden gestarrt. "Na irgendwas!! Sie suchen, die Polizei verständigen... was weiß ich!" Das Mädchen auf dem Bett schüttelte den Kopf. "Vergiss es.. die Polizei wird uns überhaupt nicht helfen, und wo sollen wir sie schon suchen? Wir können doch nicht ganz Tokio auf den Kopf stellen.." Mit der Hand wischte sie sich über die Augen, damit keiner bemerkte, dass sie kurz davor war zu weinen. Der Blonde lehnte sich gegen die Wand und legte den Kopf in seinen Nacken. Er atmete tief durch. Was tat man in seiner solchen Situation? Leise prasselten einige Regentropfen gegen das Fenster. Auf dem Fensterbrett standen einige Fotos. Eins davon zeigte sie alle vier gemeinsam bei einem Picknick im Park. Es war wunderschönes Wetter gewesen und sie hatten viel Spaß zusammen gehabt. Sie waren bis zum Sonnenuntergang dort geblieben und hatten sich nachts noch eine Wasserschlacht im See dort geliefert. Ein anderes Foto zeigte den Dunkelhaarigen bei seinem liebsten Hobby, dem Fußballspielen. Er setzte darauf gerade zum entscheidenden Torschuss an. Seine braunen Haare glänzten in der Sonne und seine braunen Augen blickten aufgeregt nach vorne. Auf seiner Stirn waren einige Schweißtropen zu erkennen, kein Wunder das Spiel war ziemlich anstrengend gewesen. Sein grünschwarzes Trikot klebte ihm am Rücken, man konnte unter seiner Kleidung seinen durchtrainierten Körper erahnen. Dies war eins ihrer Lieblingsfotos gewesen. Das dritte Bild in der Reihe zeigte den Blonden Arm in Arm mit der Rothaarigen. Sie lächelten in die Kamera und im Hintergrund machte der Dunkelhaarige irgendwelche Faxen. Zwischen den Bilderrahmen standen einige Blumen. "Ihr habt alle Hobbies, die euch Spaß machen, die euch irgendwie weiterbringen. Ob es nun Fußball, Tennis oder die eigene Band ist. Was gibt es in meinem Leben denn schon besonderes, außer dass ich mich für Mode interessiere und rosa meine Lieblingsfarbe ist? Ich bin ein lebendes Klischee von einem verwöhnten Mädchen. Dazu kommt noch, dass ich euch oft nerve. Erst gestern ist mir das mal wieder klargeworden. Ich fühlte mich einsam. Mein Vater war wieder auf der Arbeit, er machte Überstunden (obwohl ich ihm das schon lange nicht mehr glaube..), und meine Mutter traf sich mit ihren Freundinnen. Nacheinander besuchte ich euch alle, aber keiner hatte Zeit für mich. Jeder war beschäftigt. [....] Diese Stelle war dem Dunkelhaarige am stärksten im Gedächtnis hängen geblieben. Er wünschte sich jetzt gerade in diesem Augenblick nichts mehr, als dass er sie gestern nicht so angefahren hätte. Aber sie stand gestern so plötzlich bei ihm vor der Haustür mit ihrem pinken Regenschirm und einem strahlenden Lächeln auf den Lippen. Er hatte davor Fußballtraining im strömenden Regen gehabt und als er dann erschöpft nach Hause gekommen war, hatte seine Mutter mal wieder irgendwelches sonderbares Zeug zusammengekocht. Es waren so belanglose Dinge gewesen, aber sie hatten gereicht, um ihm seine gute Laune zu verderben und er hatte wirklich keine Lust gehabt ihrem sinnlosen Geschwätz über Mode und irgendwelchen süßen Kerlen zu lauschen. Jetzt tat ihm das so Leid. Er sah ein, dass er mit Schuld an ihrer "Flucht" war. Kurz blickte er zu den anderen, auch sie schienen ähnliche Gedanken wir er zu haben. Er war wütend auf sich selbst und ballte seine Hand zu einer Faust. Verdammt, er konnte nicht länger hier so rumstehen. "Ich geh sie jetzt suchen!", rief er, verließ beinahe rennend das Haus und verschwand schon bald im kalten, nassen Regen... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)