Vatariel Drucja - Ihre Vergangenheit von Razorback ================================================================================ Kapitel 1: Vergangenheit ------------------------ "Vatariel... Vatariel... öffne deine Augen... bitte, komm zu dir..." klang eine fremdartige hallende Stimme aus ihrem Unterbewußtsein, und sie öffnete ihre Augen mühseelig. Ein grelles Licht blendete sie und ließ sie ihre Augen zu engen Schlitzen zusammenkneifen. Ihr Lippen klebten leicht aufeinander als sie sie gefühlslos öffnete und stumm seufzte. Sie wollte etwas sagen, doch ihre Stimme gab keinen einzigen Klang von sich - als hätte sie nie eine bessessen. Sie konnte noch immer nichts sehen außer gleißendes Licht; und ihre Augen brannten unangenehm. Sie wollte ihre Hand erheben um sich von dem folterndem Licht zu schützen, doch auch ihre Muskeln reagierten nicht auf ihren flehenden Willen. Eine schleichende Angst drang in ihre Seele. Die Angst der Unwissenheit, wo sie war und was mit ihr geschehen war. Nichts gehorchte ihr und auch ihre Errinerungen waren blaß. "Keine Angst... du hast es bald geschafft... halte durch..." bat sie erneut eine Stimme. Die Stimme klang soviel wärmer als das hallende Echo zuvor. Das helle Licht ebbte ein wenig ab und die groben Umrisse einer Person schälten sich aus dem glühenden Weiß. Ein brennendes Gefühl stieg in ihren Magen und sie fürchtete sich noch mehr vor der Unsicherheit in ihrem Inneren. Doch sie war mit ihrer Angst gefangen. Sie wollte ihre inbrünstige Furcht verschreien, ihren wehrlosen Körper schützend mit ihren Armen umschlingen, irgendeinen Halt der Beruhigung finden... zwecklos, weder ein weinerliches Wimmern noch ein Zucken mit ihrer Hand waren ihr in ihrem jetzigen Zustand möglich; also blieb sie hilflos verunsichert bei ihrem schwachen Gehör, ihrem getrübtem Blick und ihrem ungeordneten Gedanken, die ihr keine Güte gar Beruhigung gebaren. 'Vatariel' so nannte sie die Stimme. Das musste wohl ihr Name sein; sie hatte ihn auf jeden Fall schon einmal zuvor gehört - wann und wo, waren ihr nicht mehr im Sinn. Sie genoß aber den Klang dieses vertrauten Namens, der ihr einen Funken der Unsicherheit von der Seele nahm. Aber wer war sie wirklich, um diesen Namen tragen zu dürfen? Sie musste doch irgendwo existieren, eine Form besitzen - unwirkliche Leere gab man keine Namen. Sie war sich sicher, und der brennende Kampf in ihrem Leib riss sie wieder zu Sinnen als sich ihre Schmerzen wieder fokussierten und sie plötzlich das verzweifelte Gesicht eines jungen Mannes über sich erkannte. Ein fahles Glänzen rann über seine hohen Wangen und zersplitterte wie ein Sternenregen, einer einsamen Träne gleich die auf ihre Stirn schlug. Sie spürte sie, und blinzelte ohne zu verstehen was geschah. Die Augen des Mannes weiteten sich, als er ihre kleine aber lebendige Reaktion sah und schrie. Doch ihr Gehör verlor sich bereits, während sich ein dunkler Schleier wieder über ihre schmerzenden Augen legte. "...geh nicht!" hörte sie die Stimme verblassen und lieblos in der Ferne vergehen. Auch der Schmerz wich aus ihrem ihrem Leib und sie spürte Angst und Genugtuung der Erleichterung zugleich. Vom einen Moment auf den Anderen interessierte sie nichtmehr was um sie herum geschah, nur solange die Furcht ihrer gequälten Seele fern blieb. Doch was war das? Ein grollendes Donnern erfüllte ihre Ohren. Ein Beben erschütterte sie und ein eiskaltes Stechen brannte sich in ihr kaltes Herz. Ein heiser Schrei fauchte gequält aus ihrer Kehle und eine Flut der Wahrnehmungen überkam sie als sie wieder zu leben begann. Ihre blasse Haut war feucht und kalt. Die brennende Kälte biss tief bis in ihre Knochen. Ihre Augen suchten ängstlich und orientierungslos den stahlblauen Himmel ab. Der bitter metallische Geschmack von Blut war in ihrem Mund. Tränen schossen ihr in die Augen und sie stieß verzweifelt und verloren einen weiteren Schrei aus. Sie konnte sich selber hören und schrie nur deswegen lauter und lauter. Ihre angsterfüllte Stimme war dennoch klar im Klang, und drang tief ins Gebein. Wie eine Marionette an ihren Fäden wurde sie aufgerissen und erblickte die strahlende grüne Weide auf der sie lag. Sie fror und sah entsetzt ihre bleichen Hände an. Ihre zarte Haut war von getrocknetem Blut befleckt und Dutzende Schnittwunden übersäten ihre Arme. Ihre wohlgeformte Brust hob und senkte sich mit dem Brustkorb unter ihren hektischen, gar panischen Atemzügen. Der sanfte Geruch von sommerlichen Flieder und jungem Regen tränkte ihren dumpfen Geruchsinn und ihre Finger tasteten verloren zu ihrem Gesicht, und erkundeten jeden Winkel ihrer Individualität. Es war als wüßte sie nicht in wessen Körper sie sich befand. Doch mit jedem Merkmal, jeder Unebenheit und jeder Falte die sie auf ihrem Leib entdeckte kam der Körper ihr vertrauter vor. Sie atmete wuchtig und spürte wie schwerfällig sich ihr Körper bewegte. Die geringe Kraft wich aus ihren Armen und sie glitt wieder zu Boden und sah den Himmel an. Nur an ihn konnte sie sich errinern - doch das Männergesicht fehlte ihr, dass sie davor gesehen hatte. Wer war dieser Mann der so verbissen und verzweifelt an ihrem Leben hing. "Elrohir..." flüsterte sie und spürte heiße Tränen über ihre Wangen laufen die ihre eigenen waren. Ein Wall aus neugewonnener Kraft erfüllte ihren verletzten Körper und sie erhob sich erneut. Auf den Beinen so unsicher wie ein frischgeborenes Rehkitz wankte sie und hielt sich an einem knorrigen alten Baum fest, um nicht zu stürzen. Formlose Kleiderfetzen hingen von ihrem Körper. Sie waren schmutzig und von Blut verkrustet. Sie sah sich orientierend um und ihr stockte zugleich der Atem. Sie stand an der Klippe eines gigantischen Hochplateus und blickte über ein schier endloses Meer aus blau-grünen Tannenwälder. Tanzende Lichter schwoben über den Wäldern und ein feiner Schleier aus dichtem Neben verschluckte den Boden unter ihr. Sie stolperte zurück, da der Anblick dieser atemberaubender Welt einen Schrecken einjagte und ihre Beine jederzeit zu versagen drohten und sie in die Tiefe hinabstürzen könnte. Sie kratzte haltsuchend ihre Fingernägel in die verstorbene Rinde des Baumes und sah sich weiter um. Wo war sie? Wie kam sie hierher? Soviele Fragen fluteten ihren Verstand und sie hatte nichteinmal das kleinste Licht der Errinerung, an das sie sich klammern konnte. Sie weinte bitterlich und ging über die Weide über die sie ihre Beine schwächlich trugen. Jeder Schritt schmerzte und ließ sie mehr und mehr zweifeln. Wohin ging sie? Woher kam sie? Wieso blieb sie nicht an Ort und Stelle? Mit jeder aufkommenden Frage schmerzte ihr Kopf mehr und mehr und sie nahm ihn flehentlich nach Erlösung bittend in ihre Hände. Ihre seidigen weißen Haare fielen ihr über die Schulter und glänzten traumhaft in der Sonne. "W... wer bin ich?" Sie hob den Kopf und spürte wieder die Tränen auf ihren Wangen. "Wo bin ich...?" Sie öffnete ihre Augen - ihre leeren gefühlskalten und mystischen Augen. Schneeweißes Silber färbte ihre Iris, und trieb einem die instinktive Furcht der Unterlegenheit in die Seele, doch sie sah nicht welches Äußeres ihre Augen hatten. "Was bin ich..." fragte sie sich und suchte vergebens eine Antwort. Pfeifend zeriss die Luft und wehte ihr Haar auf. Ein feiner Schnitt brannte über ihre Schulter und ließ ihr dunkles Blut auf die tautropfen behangenen Gräser spritzen. Sie spürte den Schmerz, doch konnte ihn nicht zeigen, da ihr inneres Leiden soviel stärker war. Sie hob den Blick und erkannte eine Gruppe Krieger die Armbrüste in ihren Händen hielten und ihr mit Hass in den Augen entgegen blickten. Sie hob flehentlich und von naiver Hoffnung erfüllt die Hände zu den Fremden und bittete nach Antworten. "Ihr..." hauchte sie hilfesuchend, und hörte das bösartige Bellen ihres Anführers. Glimmende Pfeilspitzen flogen surrend durch die Luft und hämmerten in ihren zerschundenen Körper. Dumpfe Schläge warfen sie auf die Knie und eine Wärme zog sich über ihre kalte Haut. Als sie zitternd an sich herabblickte sah sie das die Wärme ihr eigenes Blut war, das um die aus ihr ragenden Bolzen mündete. "Warum?" fragte sie aufrichtig und sah den Männern entgegen die ihre Waffen senkten. Warum geschah das mit ihr? Wieso? Wieso immer mehr Fragen? Wieso keine Antworten? Zwei der Männer zogen ihre Schwerter und rannten auf sie zu, um ihr klägliches Leben entgültig ein Ende zu setzen. Ihre angriffswütigen Schreie gingen von Vatariel ungehört unter. Sie kehrte wieder in die innere Stille zurück, die sie zuvor gefangen hielt, und das erweckte wieder und wieder die tiefsten Ängste in ihr. Die Beiden holten beidhändig mit ihren Langschwertern aus. Sollten sie doch zuschlagen. Aber würde es sie endlich erlösen? Oder würde sie noch unsagbarer Leiden als zuvor? Sterben. War das Erlösung? "Nein." flüsterte ihr eine innere Stimme zu und sie erkannte sie wieder. "Elrohir." rief sie und eine unsichtbare Druckwelle bließ ringförmig um sie durch das hohe Gras. Ein bodenerschüttender Knall zeriss die Luft und ein gleißender Lichtblitz vaporisierte die zwei Männer, von denen noch nichtmal die Asche übrig blieb. Die Anderen sahen panisch zu wie zwei der Ihrer spurlos aufgelöst wurden. Der Boden um Vatariel qualmte und feingliedrige Blitze tanzten durch ihr Haar. Sofort begannen die hartgesottenen Krieger zu zittern und erkannten etwas, dass ihnen offensichtlich große Angst einjagte. Sie wichen zurück und ließen ihre Waffen fallen. Vatariel erhob sich schwächlich auf die Beine. "Elrohir... ja... Elrohir, ich errinere mich!" Hoffnung erfüllte sie und sie klammerte sich um das Fragment ihrer Vergangenheit das sich urplötzlich dazu entschied sich ihr zu offenbaren. Sie sahinnerlich vor sich den jungen Mann, der sich über sie gebeugt hatte. Es war ihr Geliebter Elrohir. Er war ein Elf wie eben sie eine war. Sie strich sich sanft auflächelnd über die Wangen und ihre langen Ohren und berührte ihre spröde zerschlissenen Lippen. Noch während sie sich liebevoll das Bild ihres Geliebten in sich rief, wurde ihr schwarz vor Augen. Der Blutverlust ließ sie wieder in die Dunkelheit stürzen und reglos zusammensacken. Sie erwachte unter Schmerzen, und Tränen begleiteten ihr leidvolles Erwachen ein weiteres Mal. Doch ihre Sinne kamen schneller beisammen und sie erkannte über sich die massiven Holzbalken die eine schwere Schieferdecke trugen. Sie richtete sich etwas auf und ihr Körper bebte unter Schmerzen, Hunger und Durst. Sie war auf einer gepolsterten Liege gebettet die mit feinster parfümierter Seide bezogen war. Ein knisternder Kamin warf ein besänftigendes warmes Licht und gab dem Zimmer ein angenehmes Ambiente. Sie strich schwach ihre Haare zurück und erblickte dann neben sich einen kunstvoll geschliffenen Glastisch auf dem ein Kelch mit klarem Wasser ruhte. Ungezügelt fiel sie über das Wasser her, und klammerte ihre blassen Finger sehnsüchtig um den verzierten Becher und brachte ihn zitternd an ihre Lippen. Es war eine Wohltat das kühle Wasser ihren schmerzenden Hals hinunter laufen zu spüren. Den klaren sanften Geschmack zu vernehmen, der den metallischen Geschmack von Blut vertrieb. Sie seufzte auf und lächelte sanft, während ihre Finger neugierig über die grazilen Gravuren des Bechers wanderten, die sie dann auch gedankenlos ansah. Es war ein beruhigender Anblick, die vertraute Handwerkskunst der Elfen zu sehen. Auf dem Kelch wanden sich verworrene Dornenranken, und ein anmutiger Drache der wachsam auf die Welt unter ihm blickte. Doch ihr fiel noch etwas auf. Ein Name war versteckt in den Rand graviert. "Aahhh!... Drucja...!" erschrack sie und ein scharfes Klirren erfüllte den Raum. Sofort ergriff sie eine neue Errinerung. Drucja - der Name einer sagenumwobenen Adelsfamilie der Dunkelelfen. Die dunklen Brüder der anmutigen und gerechten Hochelfen, wie sie eine war. Man fürchtete den Namen Drucja auf der ganzen Welt, da die streng ausgebildeten und gnadenlosen Krieger dieser Kaste die mächtigsten Armbrüste trugen und ihre Treffsicherheit unübertroffen war. Ihre Taten sprachen sich ebenfalls für ihren grausamen Namen aus. Sie plünderten und ermordeten hemmungslos jedes Lebewesen das sie antrafen. Vatariel fuhr mit dem Kopf herum als sich hinter ihr eine schwere Tür öffnete. Ein groß gewachsener Elf trat ein. Eine eiskalte und ebenso erbarmungslose Aura begleitete ihn wie ein eisiger Wintersturm. Seine Haut war bleich und seine langen Haare pechschwarz. Er trug eine glänzende schwarze Plattenrüstung die in dunkelelfischer Art in goldenen Beschlägen und Stacheln gerahmt war. Ein edler Samtumhang waberte wie eine fauchende Flamme hinter seinen hallenden Schritten und ein langes Schwert hing von seinem prunkvollen Gürtel. Vatariel musterte ihn unsicher und dann... dann sah sie seine tiefgründigen grünen Augen und war regelrecht von ihnen gefangen. Seine glasklare Stimme erklang authoritär und doch gnädig. "Ihr seid endlich wach, ich freue mich..." Er ging um die Liege herum und sah Vatariel ununterbroch in die Augen, als könnte er ihre Seele dahinter sehen. "...eure Wunden sind tief, aber sie wurden durch meine Töchter gut versorgt, ihr werdet schnell zu Kräften kommen." fuhr er fort und ließ sich auf einem Sessel in der anderen Ecke des Raumes nieder. Vatariel sah ihn wortlos an und suchte vergeblich ihre Worte; zu penetrant war sein Blick und zu einschüchternd seine Art, sodass sie stumm blieb. Er wartete einen Moment und hob eine Hand. "Wollt ihr vielleicht etwas essen?..." Er legte den Kopf leicht schief und lächelte etwas. "...hm?" summte er einladend. "J... ja..." stammelte Vatariel und hielt ihren vor Hunger schmerzenden Bauch. Der Mann grinste etwas und erhob die Hände die er gelassen ineinander klatschte. Die Tür öffnete sich erneut und zwei Konkubinen trugen eine kleine Pritsche gedeckt mit erlesenen Früchten und herzhaften Speisen, die einen angenehmen Duft verströmten. Die jungen Elfinnen deckten den Tisch vor Vatariel zügig und ohne ein Wort zu sagen; dann verschwanden sie genauso schnell wie sie gekommen waren. Vatariel begann sofort zu essen, da der Hunger sie jede Angst oder Zurückhaltung von sich abwerfen ließ.Hastig schlang sie die Speisen herunter, wie ein halb-verhungerter Köter auf der Strasse in der Metzgerei. Der Mann beobachtete sie nachdenklich und lehnte seinen Kopf gelassen gegen seine Hand. "Du hast sicherlich einige Fragen..." sagte er dann überraschend und Vatariel erstarrte. Sie hob ihn den Blick entgegen und schluckte den Bissen herunter und sprach mit erwachender Hoffnung. "Ja...! Ich meine..." stammelte sie. Sie wußte nicht ob es eine gute Idee war einen Dunkelelfen nach etwas zu fragen. "Frag ruhig... du verdienst Antworten... nachdem die und deinen nahestehenden soviel Leid angetan wurde..." sagte er und erwiderte ihren erschrockenen Blick mit eiserner Ernsthaftigkeit. "Meinen... nahestehenden...?" Er setzte sich auf und lehnte sich aufgestützt auf seine gepanzerten Knie nach vorne. "Gut, ich fange von Anfang an an... du Vatariel bist die Tochter von Jilad und Dadrielle Immerschein... errinerst du dich? Hmmm... sieht nicht so aus. Aber an deinen Geliebten Elrohir errinerst du dich sicherlich..." Seine Augen verengten sich als sie sah wie sie der Name innerlich berührte. "...nun, es schmerzt mich sehr dir sagen zu müssen das deine ganze Familie und er nicht mehr leben..." "Ihr lügt..." "...ihr müsst mir nicht glauben... den Tatsachen aber schon... ich kann es euch beweisen. Tz, obwohl... ihr könntet es euch selbst beweisen." Er faltete die Hände ineinander. Ihr stand der Mund offen, und sie wußte nicht woran sie sich festhalten sollte. Nur das Gefühl der Unwissenheit ließ sie stockend atmen. Er erhob sich schwungvoll und ging auf Vatariel zu, die ihn nur matt ansah. Er betete ihre zarten Wangen in seine Hände und sie zuckte, da der kalte Stahl der ihre Haut streifte bitterlich kalt war. Er sah ihr in die Augen und sie in seine. So vielsagend und geheimnisvoll wirkten seine smaragd-grünen Augen. Seine Lippen flüsterten eine ihr unbekannte Formel in der jungen Sprache der Dunkelelfen. Auf einmal ereilte sie eine Flut an Bildern und Stimmen. Erschrocken sah sie sich um, als eine Sphäre auf bewegten Bildern sie umgab. Wohin sie auch sah, sie erkannte Szenen ihrer Vergangenheit wieder. Alles was sie sah, kam ihr sofort in das Gedächtnis zurück, und sie war von sicherheit erfüllt, dass alles was ihr hier gezeigt wurde auch geschehen war. "Du errinerst dich?" Hallte die Stimme des Dunkelelfen. Vatariel war jedoch wie gebannt, und sah ihren Errinerungen aufblühend zu. Eine schwere Hand legte sich auf ihre Schulter und sie wand sich erschrocken um. Der Dunkelelf stand hinter ihr, und sah sie ruhig an. Diese Illusion schien sein Werk zu sein, aber nichts desto trotz war sie sich sicher das alles wiederzuerkennen. Wie unwissend war sie, das nichteinmal die Hälfte die Wahrheit der Vergangenheit entsprach. Aber der mächtige Zauber spielte auch mit ihren Emotionen und Empfindungen. Er zeigte ihr, was er wollte, das sie sieht. Er hob seine Hand und wieß auf ein Bild das sich aus allen anderen hervortat. Sie sah hinzu und ihre Augen weiteten sich. Eine riesige Menschenhorde stürmte mit grellen Schreien und wüsten Flüchen durch ein elfisches Dorf und warfen lodernde Fackeln in die Häuser. Schreie erklangen und klirrender Stahl schrie sein Lied der Vernichtung durch die Szene. Vatariel's augen tanzten verloren über das Bild und ihr stand der Mund fassungslos offen. Sie sah zu wie die Menschen in barbarischer Manier zerstörten, plünderten und töteten. Das Bild fokussierte sich dann auf eine fliehende Elfenfamilie. Es war ihre Familie Immerschein. Vatariel ging näher an das Bild heran, hoffend die Gesichter ihrer Nahestehenden erblicken zu können. Der Dunkelelf senkte den Kopf, und sah sie eiskalt von hinten an. Das Bild verschwamm, und änderte sich. Als das neue Bild sich auftat, sah sie wieder ihre Familie; diesmal erkennbarer. Ein älterer Elf lief vorran und trug eine geschwungene Klinge bei sich. Ihm folgte ein jüngerer Elf, ebenfalls bewaffnet - sie war sich sicher, das das Ihr Vater und Elrohir waren. Hinter ihnen hetzten gequält ihre Mutter und ihre kleine Schwester her. Und auch Vatariel selbst war bei ihnen. In der Ferne standen die Flammen hoch in den nächtlichen Himmel. Sofort errinerte sie sich wieder an alles, und musste die Bilder nich verfolgen, um zu wissen was passiert war. Sie riss ihren gefesselten Blick von dem Bild, und schlang weinend ihre Arme um sich. Sie verfluchte die Errinerung, die sich in ihr auftat. Die Immerscheins und Elrohir flohen in die Wälder, wurden aber durch die Reiterei der Menschen verfolgt. Sie sah nur noch die Lichtung vor sich, aus der die schwergerüsteten Ritter brachen und auf sie und ihre Familie zustürmten. Bei jedem weiteren Gedanken schmerzte ihr Kopf und ihre Wunden schienen innerlich zu brennen. Sie sah wimmernd und gebrochen auf, als der Dunkelelf seine Arme um sie schlang und sie mitfühlend ansah. Er war der einzige der bei ihr war. Ein Fremder, und doch so willkommen. Sie hing an ihm und schloss die Augen. Er hatte nicht gelogen... so glaubte sie. "Sehr gut, Vatariel, sehr gut!" Artemis klatschte seine Hände applaudieren ineinander und ging mit hallenden Schritten über den Marmorboden auf sie zu. Lächelnd wandte sie sich zu ihm um und sah ihm gütig entgegen. Vier Jahre waren vergangen, seit ihrem Erwachen. Artemis, der dunkelelfische Adelige hatte sie bei sich aufgenommen, behütet, getröstet und erzogen. Sie fühlte durch seine fürsorgliche Aufmerksamkeit wieder einen lodernden Funken Freude in sich. Es hatte lange gedauert, bis er ihr ein Lächeln abringen konnte. Er behandelte sie wie eine Königin, und jeder Bedienstete des Hauses Drucja war es befohlen, alles zu ihrer Zufriedenheit und Wohlergehen zu tun. "Ja, wirklich?" Lachte sie beinahe kindlich, und verschränkte die Hände hinter dem Rücken. Sie drehte sich auf den Absatz ihrer hohen Stiefel zu ihm um. Sie hatte sich nicht nur innerlich verändert. Ihre Wunden waren längst verheilt, und nur schmale weiße Narben zeugten von ihrer einstmaligen Verwundungen. Ihr Haar war glänzend rein und fein säuberlich zusammengebunden. Es war lang und bestens gepflegt. Ihre Körper war in die teuersten und edelsten Textilien gekleidet und war auf eine eigene dezente Art sehr freizügig. Am Anfang hatte sie das etwas gestört, und sie befürchtete das Artemis sie nur als Sklave seiner Lust halten wollte. Doch er war ihr nie zu nahe gekommen, oder zwang sie zu etwas. Sie war gänzlich frei und von materieller als auch seelischer Sorge befreit. Sie sah ihrem Herrn aufrichtig entgegen, dem sie soviel schuldig war. Er lächelte gelassen. "Ja, wirklich... ich habe dir schon eine Weile zugehört, und du beherrscht unsere Sprache gänzlich perfekt! Und das 'Khaine' musst du noch etwas leidenschaftlicher aussprechen." Sie nickte verstehend, und gab dem einen Versuch. "Hmmm... Khaine!" sprach sie sanft und doch penetrant, mit einem Stoß unüberhörbarer wallender Zuneigung. Artemis durchfuhr ein kühler Schauer, der ihm ein besonnenes Grinsen abverlangte. "Perfekt... genau so." Er ging auf sie zu, und bot ihr höflich einen Arm an, den sie gerne annahm. Sie hakte sich bei ihm ein, und die Beiden gingen hinaus auf den großen Balkon. Der kalte Wind, der immer winterlichen Nordberge peitschte ihnen entgegen und ließ ihre Kleider wulstig aufwehen. Vatariel hatte sich schon an ihre neue Heimat gewöhnt. Monotones Grau regierte die Szenerie. Karge Felsen und steinerne Einöden erstreckten sich soweit das Auge reichte. Der einzige Farbkontrast waren die fernen Tannenwälder und die belebte Dunkelelfenstadt unter ihnen. Das Adelshaus, mehr eine Festung als Haus, ragte auf einem großen Felsvorsprung hoch über die Stadt hinaus, und erzählte unmissverständlich von seiner Herrschaftslage. Artemis zog die kalte Luft scharf ein, und lächelte ungeduldig. Vatariel beobachtete ihn dabei aus den Augenwinkeln. Sie schenkte ihm immerzu ihre Aufmerksamkeit, wenn er anwesend war. Für sie war er ein guter Mann von großer Güte. Artemis senkte den Blick mit einem matten Grinsen und nickte dem Hof unter ihnen hinzu. Vatariel folgte seinem Blick fragend. Unter ihnen wurde eine Schar neuer Sklaven über den Platz geführt. Dies war eine Alltäglichkeit, die Vatariel dennoch zum ersten mal sah. "Wer sind sie?" fragte sie neugierig. "Menschenkrieger, die wir in unseren Jagdgebieten aufgegriffen haben..." "Menschen?" fauchte sie leise und biss ihre Zähne aufeinander. Ein tief in ihrem Inneren brennender Hass auf die Menschen wurde subtil und geheimnisvoll in ihrer Seele geschürt, und sie kannte schon gar nicht mehr das Wort Toleranz. Artemis hatte sie mit erschreckender Allwissenheit und Unnachgiebigkeit regelrecht abgerichtet. Er wandte den Blick erwartungsvoll zu Vatariel. Sie fesselte ihren eiskalten Blick an die Menschen und atmete wuchtiger. Ihre Zähne knirschten wütend, und in ihrem Unterbewußtsein blühten die Trugbilder ihrer Vergangenheit wieder auf. Sie zitterte wütend, und bemerkte nicht zu welchem Hochofen des Hasses sie geworden war. "Na los..." forderte Artemis sie mit einem liebevollen Lächeln auf, und sah sie durchdringend an. Schon gar nicht mehr klar bei Sinnen stemmte Vatariel ihren rechten Fuß auf die Brüstung des Balkons und stieg hinauf. Der geduldige Blick ihres Herren folgte ihr. Ihre Augen waren geweitet und die primitivsten Instinkte übermannten sie. Ihre hauchenden Atemzüge warfen schleiernden Nebel von ihren Lippen und der Wind schien stärker zu werden. Ihre Haare wehten grazil auf und sie streckte ihre bleichen Hände dem verdunkelnden Himmel entgegen. "Impra legio starkatta arkash, Maensha..." Artemis hielt den Atem an. "...Khaine!" Schrie sie inbrünstig und ihre Stimme bebte schrill. Die Wolken über ihr wurden entzweigerissen und ein gleißender Blitz stürmte dem Himmel herab. In einer riesigen Explosion erbebte die Erde und die ganze Stadt verschwand einen Moment lang unter gleißendem Licht. Als Vatariel hektisch schnaufend wieder herabstieg und ihre zitterndne Hände senkte, fuhr ihr Blick hinab. Nur noch ein glühender Krater; als mehr war der Vorhof nichtmehr zu bezeichnen. Artemis war erstaunt, und sah überrascht zu seinem Schützling. Ihr wohnte eine ungeahnte Zerstörungskraft inne. Es beunruhigte ihn etwas, da er so eine Macht nicht in ihr gespürt hatte - sie übertraf seine kühnsten Erwartungen. Er grinste dann aber begeistert und dankte seinen dunklen Göttern für dieses Geschenk. Vatariel drehte sich etwas geschwächt schwankend zu ihm um, und ein bestialisches Grinsen umspielte ihre befriedigten Züge. Das war der Beginn von Vatariel's zweitem Leben. Als die Prinzessin des Leids bekannt, wurde sie zur Dunkelelfenhexe ernannt. Von nun an trug sie den gefürchteten Namen Drucja's mit sich... und Blut... war ihr liebster Geschmack... unter der immer intensiver werdenen Aufmerksamkeit ihres geliebten Herren Artemis über die nächsten 15 Jahre, verliebte sie sich in ihn und schenkte ihm ihre Seele unterwürfig dankbar... sie war ohne es in ihrem wahren Inneren zu wissen eine Marionette des Drucja-Herrschers geworden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)