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Schatten der Vergangenheit

von

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Nur ein Wochenende

Fast hatte Lucy es geschafft, das Wochenende überstanden und ihre Vorsätze sogar eingehalten. Keinen der Männer hatte sie an sich gelassen, sich für Sex verkauft oder auch nur einen Moment daran gedacht. Ihr Wille war stark, hatte Stand gehalten, wie ein Fels in der Brandung.
 

Lucy konnte nicht glücklicher sein. Mit einem Lächeln verschwand sie ein letztes Mal hinter die Theke, füllte Getränke auf, wischte hier und da und achtete auf Sauberkeit. Kaffee war bereits für die Mädchen gemacht, die Zeitung lag ebenso für Harry bereit, der kaum später hereinkam.
 

„Und, wie sieht es aus?“, wollte er wie jeden Abend wissen, setzte sich und schlug die erste Seite der Hersfelder Nachrichten auf.
 

„Bisher ist alles ruhig“, erwiderte Lucy, stellte Harry seinen Kaffee bereit und ebenso den Aschenbecher.
 

„Wird gleich voller. Sonntags kommen immer mehr Gäste, da viele von ihnen danach auf die Arbeit fahren.“
 

Verstehend nickte sie. „Also Kraftfahrer?“
 

„Richtig, sind aber nette Kerle“, kam es von Harry, bevor er zu seiner Tasse griff und diese fast leerte. „Machst du mir noch einen?“
 

„Sicher.“ Lucy nahm die Tasse an sich, befüllte sie mit frischem Kaffee und stellte sie ihrem Chef wieder hin.
 

Rechtzeitig. Genau zum selben Zeitpunkt betraten gleich drei Männer den Raum, steuerten direkt auf die Theke zu und nahmen Platz auf den Hockern.
 

„Wir hätten gern Bier und ein paar hübsche Mädchen.“
 

Lucy öffnete drei Flaschen und stellte sie auf den Tresen. „Die Mädchen sitzen da hinten.“
 

„Nur die drei? Was ist denn mit dir?“, fragte ein Herr mit dicker Hornbrille auf der Nase.
 

Lucy seufzte und sah den Mann an. „Ich stehe hinter und nicht vor der Theke.“
 

„Und weiter? Ich würde dich gern den Abend rammeln.“ Ein Grinsen legte sich auf sein Gesicht, welches jedoch schnell wich, als Harry sich zu Wort meldete.
 

„Mein Thekenmädchen ist tabu.“
 

„Die Kleine ist aber rattenscharf.“
 

„Und ich bleibe dabei, dass sie nicht zu haben ist.“
 

„Schade, so kann man sich sein Geschäft auch kaputtmachen, wenn man seine Nutten nicht im Griff hat.“
 

Harry drehte sich nach diesen Worten langsam zu dem Mann und sah diesen abschätzend an. „Ich wiederhole mich ungern. Denisa ist keine meiner Nutten, sie ist Thekenmädchen, verstanden? Und wenn es dir nicht passt, da vorn hat der Mauer das Loch gelassen!“ Um dem ganzen Nachdruck zu verleihen, deutete er dezent auf die Tür und wartete geduldig ab, wie sich der nette Herr weiter verhielt.
 

Schnaubend warf er das Geld für sein Bier auf den Tresen, kam der Harrys freundlicher Bitte nach und verließ die Räumlichkeiten. Lucy atmete erleichtert aus, während Harry sich wieder entspannte und schweigend seine Zeitung las. Die beiden anderen Männer hingegen unterhielten sich mit Lucy, wartete geduldig auf die anderen Frauen, von denen eine bereits zurückkam.
 

Wenige Minuten später folgte Regina, die jedoch wenig bis gar nicht beachtet, wurde und deutlich machte, dass die beiden Männer jüngere Frauen vorzogen. Für sie war das mehr als in Ordnung. Lucy wusste aus Gesprächen heraus, dass sie einige Stammkunden hatte und diese die Vorzüge einer reiferen Frau durchaus zu schätzen wussten. Es gab also für jeden Mann die passende Dame, für jeden Topf den perfekten Deckel. Man musste nur Geduld im Job oder im wahren Leben haben.
 

Während die beiden jungen Frauen nun mit den Gästen in den Zimmern verschwanden, setzte sich Regina zu Lucy und nahm sich zuvor einen Kaffee.
 

„Machen wir Kassensturz?“, fragte die Ältere mit einem Lächeln im Gesicht.
 

„Jetzt schon?“ Lucy sah auf die Uhr und stellte erstaunt fest, dass bereits zwei Stunden verstrichen waren.
 

„Ist doch gerade nichts los und du willst doch sicher wissen, was du an nur einem Wochenende verdient hast.“
 

Neugierig war sie schon, rechnete sich aber nicht viel mit den wenigen Gästen aus, die mit ihr etwas getrunken hatten oder sie mit auf ein Zimmer nahmen. Wohlgemerkt nur zum Reden.
 

„Gut, machen wir Kassensturz.“ Lucy versuchte zu lächeln, während sie Regina zusah, wie sie in Windeseile zusammenrechnete.
 

Am Ende staunte sie nicht schlecht, sah immer wieder auf die Summe, mit der sie nicht gerechnet hatte. „So viel?“
 

Regina nickte, erklärte ihr, wie sich die Zahlen am Ende zusammensetzten. „Und damit hast du genug Geld, bis der Monat herum ist.“
 

„Da bleibt sogar noch etwas übrig.“ Lucy freute sich über die 520 Euro, war den Tränen nahe und konnte kaum glauben, dass es so viel sein würde.
 

Harry, der am Rande mehr als nur zwei Worte verstanden hatte, räusperte sich dezent. „Du hast die Gäste gut einfangen können und bist jederzeit herzlich willkommen, wenn du wieder einmal in Not geraten solltest.“ Er lächelte ehrlich, trat auf Lucy zu und nahm sie kurzzeitig in den Arm. „Und ich mein es ernst. Wenn etwas ist, dann komm her.“
 

„Das mache ich“, erwiderte Lucy.
 

Sie kam nach diesem Wochenende jedoch nie wieder. Nur wenige Monate später hatte sie die Stadt verlassen, wurde in Bayern sesshaft und fand einen richtigen Job. Dankbar war sie bis heute und rückblickend hatte sie nichts Falsches getan. Sie war ein in Not geratenes Mädchen, was schnell Geld brauchte, heute aber jedem davon abraten würde, sich auf diese Reise zu begeben und in verbotene Gewässer zu tauchen.



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