Augenblicke

Tatoo

Tatoo
 

„Na, was gibt´s neues?“

„Nichts, wie immer, also frag nicht ständig.“

„Manno…“

Der Blauhaarige stellte seine Schultasche in die Ecke und sah zu der Blondine die gerade wieder in das Wohnzimmer gehen wollte.

„Wer hat Essen gemacht?“

„Ren ist dran. Frag ihn wie lange es noch dauert.“

Und schon war sie außer Sichtweite. Typisch launische Frau.

Seufzend befolgte der Blauhaarige den Rat aber und machte sich auf in die Küche.
 

Heute war mal wieder ein elend langer Schultag gewesen, sie hatten es aber nun Samstag und endlich konnte er morgen ausschlafen. Seit geraumer Zeit eigentlich erst. Normalerweise weckte der Chinese ihn auch sonntags, neuerdings aber ließ er ihn ausschlafen. Wobei es so aussah als würde der Kleinere auch eine Mütze voll Schlaf gebrauchen.
 

//Ich bin ein Tao, ich brauche keinen Schlaf und kein Essen!//

Horo konnte nicht anders und musste die Stimme des Chinesen einfach gedanklich mal nachmachen. Er konnte sich nur zu gut denken mit welchem Egoismus er das mal wieder von sich geben würde, und musste kichern.

Die gute Laune verging aber schlagartig, als er in der Küche stand und den Chinesen dort an den Herdplatten sah.

Nicht das das so ein fremdes Bild war, mit nichten, aber der Chinese trug eine kurze Hose, was einen durchsichtigen Folienartigen Verband erkennen ließ.

Fast auf seinem gesamten rechten Unterbein.

Horo blinzelte und sah mehrmals hin.

Was war das?
 

„Ren, was hast du mit deinem Bein gemacht?“

Der Chinese drehte sich um und warf Horo einen dämlichen Blick zu.

„Wenn ich wüsste was du meinst würde ich es dir vielleicht erklären.“

Stellte der sich dumm?

„Ich meine was du da drum hast und warum!“

Er zeigte darauf, Ren sah seinem Blick nach und gab nur ein Wort von sich.

„Tatoo.“

„Was?“

„Soll ich es wiederholen?“

„Wieso hast du dir noch ein Tatoo machen lassen…?“

Und wieso wusste er nichts davon?

„Hatte ne Laune.“

„Und ich bin der Weihnachtsmann. Das bleibt dein ganzes Leben lang da! Überleg mal!“

Und dabei besaß er doch schon ein großes Tatoo auf dem Rücken.

„Ach, ne. Das hab ich nicht gewusst. Wenn du was essen willst pflanz dich hin.“

Damit dreht er sich ab und für ihn war das Thema gegessen.

Nichts da.

„Ich rede immer noch mit dir!“
 

Oje, jetzt erntete er einen bösen Blick.

„Hör mal du Klugscheißer, ich trage diesen Verband seit 2 Tagen, jeder weis das ich da ein Tatoo habe, dir ist es erst heute aufgefallen, also wage nicht daran zu kritisieren!“
 

Seit wie viel Tagen?

Sein Herz machte einen schmerzhaften Sprung. Wieso hatte er es nicht bemerkt? Er sah Ren doch jeden Tag eigentlich.

Vielleicht, weil er ihn derzeit einfach nicht ansehen konnte…

„OK…“

Und danach setzte er sich. Still blieb er und musste sich das ganze auch durch den Kopf gehen lassen.

Er musste sich zusammen reißen. Keiner dürfte merken, dass er das nur nicht mitbekam, weil er den Kleineren nicht ansehen konnte. Sonst würde man sicher bemerken warum er das nicht tat.
 

Aber wer konnte schon seine Augen von dem Chinesen wenden?

Wer hätte gedacht, dass er nicht nur einen ziemlichen Wachstumsschub bekommen würde und zudem nun fast so attraktiv war wie kein zweiter?

Das es ihm jedes Mal den Atem raubte wenn er in die goldenen Seelenspiegel sah?
 

„Hier.“

Er nahm sein Essen und fing auch damit an. Normal wirken.

„Wellen.“

„Mhh?“

„Das habe ich mir tätowieren lassen. Schwarz-weiße Wellen.“

Hatte das eine bestimmte Bedeutung?

Der Schwarzhaarige lehnte sich leicht in den Stuhl zurück und zeigte Horo somit sein Profil, da er den Größeren nicht ansah. Und wieder hatte dieser einen besonders guten Blick darauf, wie das feine Haar des Chinesen sein Gesicht umspielte, ohne das dieser etwas dafür tat das sie waren wie sie waren.

Horo musste schlucken.

„Aber warum?“

„Muss ich jetzt ne Stellungnahme machen?“, fauchte er als Antwort.

Horo schüttelte stumm den Kopf.

Wenigstens redeten sie wieder miteinander…
 

Bis Ren plötzlich aufstand.

„Wo willst du hin?“

„Zu Karate. Bis später.“

Und schon war er auch verschwunden.

Weg.

Geträumt hatte er das aber nicht nur.

Oder?
 

„Horo! Du bist mit abwaschen dran!“

„Jawohl!“

Salutierend und aus seinen Gedanken gerissen, machte er sich auch sofort daran.

In so einem Haus konnte man ja nicht nachdenken.
 

+*+*+