Picnic - Gegenwart
Kapitel 10:
Picnic - Gegenwart
Namis Sicht
Frau Neil zeichnete eine Tabelle an die Tafel, mit zwei Zeilen und sechs Spalten. In der oberen Zeile trug
sie die Zahlen von eins bis sechs ein, darunter die Anzahl der dazugehörigen Noten. „Ich bin recht
zufrieden mit euch, der Durchschnitt beträgt 3,2.“ sagte sie dabei laut. „Aber ein paar von euch würde
ich raten, dass sie sich noch mal mit dem Stoff auseinander setzen.“ ermahnte sie, drehte sich zu der
Klasse um und fing an um die Tische herumzulaufen, um uns die Tests auszuteilen. Ich machte mir
keine Sorgen, da ich alles perfekt beherrschte. Erdkunde war schon immer mein Lieblingsfach und lag
mir einfach, nur hoffte ich, dass die Jungs, insbesondere Sanji, eine gute Note bekamen. Frau Neil hatte
den Test geschrieben, damit wir sahen, wo unsere Probleme lagen und dortiges noch mal wiederholten.
Damit hatte auch keiner gerechnet, da wir am Freitag, also morgen in einer Woche, einen
Zehnstundentest schreiben sollten. Ich fand es eigentlich gut, dass sie uns so testete, denn so sah sie,
wer sich wirklich zu Hause hinhockte und büffelte und wer sich erst einen Tag vor der Arbeit
reinhängte. Zudem war es ja auch für die Schüler zu Gunsten, da man sich anhand des Tests verbessern
konnte.
„Oh nein!“ stöhnte Sanji, der zwei Reihen hinter mir saß. Er schien eine schlechte Note zu haben und
das stimmte mich auch unzufrieden. Er sollte doch gute Noten haben, damit wir zusammen die Schule
beendeten! Ich kippelte mit meinem Stuhl nach hinten und fragte Zorro und Ruffy, was sie hatten.
Danach auch Sanji. „Eine Fünf Minus.“ sagte er in von sich selbst enttäuschten, geschlauchten Ton. Dass
ich eine Eins bekam war mir relativ egal, ich wollte am Liebsten mit Sanji die Note tauschen. Nach dem
Klingeln war die Schule aus und alle wollten aus dem Klassenzimmer. Ich bekam noch mit, dass Frau
Neil mit Sanji sprechen wollte. „Hör mal Sanji, ich weiß, dass Du mehr drauf hast als das.“ Sie meinte
ganz klar den Test. „Die Fünf war das Äußerste, was ich dir geben konnte. Wenn du dich nicht
aufrappelst wird die kommende Arbeit eine Katastrophe. Ich rate dir wirklich, dass Du Dir den ganzen
Stoff noch mal zu Gemüte führst. Und... ich würde Dir diese Note sogar nicht zählen, wenn ich sehe,
dass Du was geschafft hast.“ Sanji war dieses Gespräch sichtlich unangenehm und mit einem „Mhm.“
ging er zur Klassenzimmertür, gefolgt von mir.
Im Schulflur warteten die Jungs auf uns. An Sanji gewandt sagte ich: „Sanji, wenn du wirklich nichts tust
bekommst du womöglich noch ne Fünf ins Zeugnis! Du solltest wirklich noch mal alles nachholen.“ Er
sah mich an. „Das lässt sich so leicht sagen, dir fliegt doch sowieso immer alles zu.“ Er meinte es nicht
böse, sondern mir kam es so vor, als wäre es ihm peinlich, vor mir Supergenie eine so schlechte Note
zu haben. Ich wusste auch nicht, wie ich ihn ermutigen sollte. Entweder er hatte einen Lernansporn
oder nicht. „Weißt du,“, fuhr er fort, „dafür müsste ich jetzt alles nachholen, was wir in dem viertel Jahr
gemacht haben.“ Ich gab zu, dass es viel Lernstoff war, wenn man nichts beherrschte. Aber es war doch
machbar. Es musste sich nur einer bereit erklären, ihm zu helfen. „Und hast du schon mal an Nachhilfe
gedacht?“ Er sah mich wieder an. „Wie kommst du denn auf Nachhilfe?“ Ich sah nach vorne, wo Ruffy
das Treppengelände runterrutschte und einen Heidenspaß hatte. Wir liefen die Treppe nach unten.
„Wenn du magst, können wir mal zusammen lernen.“ schlug ich vor, darauf bedacht, es so lässig und
spontan wie möglich klingen zu lassen. Zu meiner Freude freute er sich total über den Vorschlag und
konnte es gar nicht glauben. Wir machten also aus, dass wir am Dienstag oder Mittwoch etwas
Erdkunde zusammeln lernten.
///
Wir wollten an dem Tag noch das Picknick machen, also musste ich noch in den Supermarkt. Jeder
sollte ein oder zwei Lebensmittel mitbringen, damit Sanji dort leckere Sandwichs machen konnte. Auf
dem Heimweh besorgte ich Brötchenbelag, also Käse und Wurst. Ich wusste nur noch, dass Ruffy für die
Getränke zuständig war, da er als einziger eine Kühlbox besaß, die noch funktionierte. Was die anderen
als Aufgabe hatten, wusste ich nicht mehr. Mit dem Einkauf kam ich nach Hause und erwischte gerade
noch Nojiko, die auf dem Sprung war. „Wo gehst du hin?“ fragte ich sie im Vorbeigehen. Doch ohne ein
Wort zu verlieren zwinkerte sie mir zu und die Haustür fiel ins Schloss. Das hieß für mich, dass sie sich
mit Ace traf. Ich zog mich um, wobei ich fast die Krise bekommen hätte. Ich konnte mich zu keinem
Look entscheiden: sollte ich herausgeputzt, unschuldig, natürlich, verführerisch, fröhlich, elegant oder
langweilig normal aussehen? Ein Mischmasch war irgendwie nicht drin, also schnappte ich mir letzten
Endes doch bloß ein Top und einen kurzen Rock, da ich nicht zu spät kommen wollte.
Wir trafen uns im Stadtpark, vor mir waren schon Sanji, Zorro und Ruffy da. „Hey!“ begrüßte ich alle
zusammen. „Lange nicht gesehen.“ lachte Ruffy mich an und ich ließ meine Tasche mitsamt mir auf der
Decke Platz nehmen. Kurz darauf kamen auch Lysop und Vivi hinzu. Ich war schon richtig gespannt, wie
sie sich Ruffy gegenüber verhalten würde. Sie hatte ja irgendwie bis dato noch nie um einen Jungen
gekämpft, sondern bloß immer von verschiedenen geschwärmt. Ich wollte mich da bei ihr überraschen
lassen. Wie ich mit Sanji wieder ins Gespräch kommen sollte, wusste ich jedoch nicht. Ich hätte
höchstens so anfangen können wie ’Ich fand die Mathestunde heute echt blöd.’ und dann würde ich
bloß ein bisschen Zustimmung bekommen, mehr nicht. Ich sah zu der Springbrunnenanlage, die etwas
weiter weg war. Bei dem schönen Wetter waren dort auch Mütter spazieren, deren Kinder im Wasser
barfuss liefen. Lysop hatte angefangen, eine Abenteuergeschichte zu erfinden und ich hörte sogar ein
wenig zu. Dabei behielt ich Sanji im Blickfeld, der sich dran gemacht hatte, die Brote zu belegen.
Stimmt ja, er war für Butter und Kräuter und Brötchen zuständig gewesen. Die Decke war dann wohl
von Zorro und das Besteck von Lysop. Vivi hatte Früchte mitgebracht und Crême Frech, den Tipp hatten
wir mal von Sanji bekommen, dass man beispielsweise Bananen in Schmand tunken konnte, dass
schmeckt echt superlecker. Man kann sogar Zimt oder Zucker draufstreuen, das ist echt ein leckerer
Nachtisch.
Später spielten wir alle Karten, Mau-Mau oder so was. Der Nachmittag war total angenehm und Vivi
beziehungsweise ich konnten auf eine schöne Bräune hoffen, da das Wetter, oder besser gesagt die
Sonne, so viel versprechend stand. Auf einmal klingelte ein Handy und beim zweiten Ertönen wussten
wir alle, dass es das von Sanji war. Ich mochte die Musik, die er sich rausgesucht hatte, und verfolgte
seine Bewegungen, als er nach dem Mobiltelefon suchte. Ich erinnere mich nicht mehr genau daran,
was er sagte, da ich ja nicht wusste, dass es von großer Bedeutung war. Nach dem Anruf legte Sanji, in
Gedanken versunken, auf. Ich glaube, dass außer mir keiner so richtig darauf achtete, als er aufstand
und seine Sachen zusammensammelte. „Willst du schon gehen?“ fragte ich verwundert. Seine Leitung
brauchte kurz, bis er mir antwortete. „Ja, ich muss noch wohin.“ Das konnte ich nicht glauben, dass er
mitten in unsrem reservierten Nachmittag abhauen wollte, aber na gut. Wenn der Anruf eben wichtig
war, und vielleicht ein Freund von ihm Hilfe brauchte, ging es eben nicht anders. Wir verabschiedeten
ihn und er lief eilig weg, seinen Rucksack aufgesetzt. Jetzt war mir auch egal, wie das Picknick weiterhin
verlief, ich begnügte mich mit den Gesprächen der anderen und war müde. Ich überlegte, wo Sanji
hingegangen sein könnte und wer der Anrufer gewesen war. Dass er am Tag darauf, am Freitag, nicht
in die Schule kam, hatte mich dann schon gewundert. Krank geworden war er sicher nicht, sondern es
musste etwas passiert sein. Ob ich mir jetzt zu große Sorgen machte wusste ich nicht, aber als er
montags in die Schule kam, konnte man eine gewisse Ahnung bekommen, was passiert war.
erstellt am 11.04.2007
4Kolibris,
Elena