Regeneration - Gegenwart
Kapitel 36:
Regeneration - Gegenwart
Sanjis Sicht
Am Esstisch sitzend rieb ich mir übers Gesicht und atmete erschöpft aus. Übermorgen konnte ich nach
Mocktown fahren, die Zugfahrt beträgt fünf Stunden und es war ein Eins A Restaurant, das Beste dort
schlechthin, wo ich das Praktikum bekam. Dass die mich genommen hatten freute mich ungeheuerlich,
aber irgendwie war mir dass schon im Vornherein klar gewesen. Die waren ja schon von meinen
Kochkenntnissen an sich hin und weg. Meine Tasche war schon gepackt, ich konnte einfach weggehen,
alles mal hinter mir lassen. So war ich mal Pola los, konnte auch eine Zeit lang von Edward
wegkommen. Ich würde ja schon noch zahlen, brauchte aber Abstand. Jetzt waren Sommerferien, da
konnte ich ausspannen und meinem Hobby nachgehen. Kochen hatte immer eine erholsame Wirkung
auf mich, da war ich jedesmal mit Herz und Verstand bei der Sache. Dazu kam noch, dass ich Nami
geküsst habe. So viel Mut hätte ich mir nicht gerade zugetraut, aber es ist nun mal so gekommen. Sie
hatte mich nicht weggestoßen oder sonst was, sondern mich an sie rangelassen, was ich unglaublich
schön fand. Hatte das schon was zu heißen? Waren ihr meine ganzen Annäherungsversuche
aufgefallen? Hoffentlich... das Einzige, was ich nicht verstand, war, weshalb sie an dem einen Abend in
meiner Wohnung war. Dass sie rein gekommen ist, machte mir nichts aus, aber warum hatte sie auf
mich gewartet? Dass hatte ich gar nicht gefragt. Sie musste sich Sorgen gemacht haben, nehme ich an.
Die Süße... Ich lächelte vor mich hin, fühlte mich das erste Mal seit Längerem wieder richtig gut und
würde mich bald Schlafen legen. Morgen noch Seulgi besuchen und ihr Tschüss sagen, dann war ich in
Mocktown. Vorfreudig schlurfte ich in mein Schlafzimmer.
Namis Sicht
Ich fand es so schade, dass Sanji über die Ferien einfach weggehen wollte. Natürlich freute ich mich für
ihn, da er sich mal um seine Zukunft kümmerte und wir alle wussten ja, dass das sein Traum war, aber
schon seit April hatte ich mich auf den Sommer gefreut, unter anderem, weil er dabei sein sollte. Doch
nun fiel Sanji aus und ich konnte anders zusehen, wie mein Programm aussehen würde. Was sollte ich
jetzt die vier Wochen machen? Mich langweilen oder was? Am Liebsten wäre ich mit Sanji mitgefahren,
wobei das nur in Tagträumen möglich war. Gerade da hatten wir uns geküsst, im unpassensten Moment
überhaupt. Wenn er jetzt erstmal eine Zeit lang aussetzt, können wir uns doch nie mehr annähern,
wenn er zurück ist. Wem konnte ich es denn sagen, dass wir uns geküsst hatten? Vivi? Ob sie das
verstehen würde? Ich war mir nicht so sicher, außerdem müsste ich dann erstmal vier Wochen warten,
bis ich ihr eine Fortsetzung erzählen könnte. Und so lange nicht nur von mir selbst, sondern noch von
der besten Freundin unter Druck gesetzt zu werden, immer gelöchert oder mitgefühlt zu bekommen,
wollte ich nicht. Und wenn das mit Sanji doch nichts wurde, hätte ich es ihr umsonst anvertraut.
Zuhause war ich ganz lange im Internet, hatte mit Leuten aus der Gegend gechattet, dabei warm
gewordenen Eistee getrunken. Bei so schönem Wetter zu Hause zu versauern war auch nicht grad das
Wahre, aber Ruffy war mit Ace weggefahren und Zorro oder Lysop hätte ich ganz sicher nicht alleine
angerufen. Nur als Clique machte es Spaß, etwas gemeinsam zu unternehmen, nicht zu zweit. Nojiko
kam nach Hause und pfiff im Flur eine mir unbekannte Melodie. Sie lief an meinem Zimmer, wo die Tür
offen stand, vorbei und guckte herein, ihr Pfeifen verstummte. „Hallöchen, Schwesterherz.“ grüßte sie,
aber ich war nicht auf Reden eingestellt. Sie lehnte ihren Ellenbogen an den Türrahmen und blieb
stehen. „Hallo?“ Ich brummte ihr zu und tippte auf der Tastatur rum. „Liebeskummer?“ fragte sie in
theatralischer Stimme und tat ein paar Schritte herein, bis sie neben mir stand. Sie guckte auf mich
runter, das spürte ich, und ihre Stimme war wieder zu hören. „Du, sorry, dass ich letztens nicht gerade
sehr einfühlsam war.“ Ich schenkte ihr einen neutralen Blick, zuckte mit den Schultern und widmete
mich wieder dem Computerbildschirm. Nojiko stützte sich an meine Stuhllehne ab und sprach weiter.
„Bist du mir böse? Hm?“ Nicht böse, aber sie nervte manchmal. Ich wollte mich hier mit Leuten
unterhalten. „Nein.“ fasste ich mich kurz angebunden zusammen. „Dann ist ja gut. Und ich wollte dir
noch eine Lebensweisheit mitgeben.“ Ich schickte noch etwas mit der Enter-Taste in den Chatroom, ließ
vom PC ab und sah zu ihr. Das konnte nämlich etwas länger dauern, und meiner einzigen großen
Schwester manchmal Aufmerksamkeit zu schenken war ja nicht so verkehrt. Sie ließ den Stuhl los und
lief in die Zimmermitte. „Also, ich wollte dir sagen, dass du dir nicht immer Sorgen um deinen Freund
zu machen brauchst.“ Wie meinte sie denn das schon wieder? Etwa, weil ich an dem einen Abend nicht
angerufen hatte? Sie fing meinen Blick auf, lächelte und redete weiter. „Weißt du, Jungs sind gar nicht
so verschieden wie wir Frauen. Also, untereinander reden sie manchmal ganz schön krass über
Mädchen, aber im Grunde ähneln sie uns doch ganz schön.“ Ich glotzte mit meinen Knopfaugen und
wusste nicht, warum sie mir das jetzt offenbart hat. Das brachte mich mit Sanji nicht viel weiter, aber na
gut. Nojiko lächelte und wollte einen Abgang machen. „Also dann, schreib mal schön weiter.“ Sie lief
aus dem Zimmer raus, manchmal war sie als Schwester doch ganz lieb zu mir.
erstellt am 08.05.2007
4Kolibris,
Elena