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Nur an jedem verdammten Regentag

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Nur an jedem verdammten Regentag
 

Es regnete in Strömen und der Wind pfiff böig um die Hausecken, nutzte jede Angriffsfläche, die sich ihm bot. Er rüttelte an losen Dachschindeln und warf einzelne Mülltonnen um. Die Straßen waren wie leergefegt, nur wenige Autos fuhren auf der sonst so belebten Hauptstraße. Einzelne Fußgänger hasteten, in Regenkleidung gehüllt, die Fußwege entlang, nicht nach rechts und links sehend. Sie waren alle bestrebt, so schnell wie möglich in die behagliche Wärme ihres Zuhauses zu gelangen.

Das alles nahm der blonde Highlander nur am Rande war.

Er stand, eine Kaffeetasse in der Hand, im Wohnzimmer seiner gemütlich eingerichteten Wohnung und beobachtete durch eines der großen Terrassenfenster den Regen, der in kleinen Rinnsalen die Scheibe herab lief.

Eigentlich sollte er froh sein, bei diesem nasskalten Herbstwetter in seinen vier Wänden sein zu können, aber nichts hasste er mehr als das. Er hasste diese Wohnung, aber er brachte es auch nicht über sich, sie zu verkaufen. Sie sollte ihn immer an den schrecklichsten Tag seines Lebens erinnern. Beinahe abwesend setzte er die Tasse an die Lippen und trank einen Schluck. Der heiße, schwarze Kaffee verbrannte ihm Mund und Rachen, er merkte es nicht.

Seine ganze Aufmerksamkeit galt dem Regen, der in kleinen Rinnsalen die Scheibe herab lief, in seiner Erinnerung vermischten die Wasserlinien sich mit ihrem Blut.
 

In Gedanken war er bei einem genauso regnerischen Herbsttag vor über einem Jahr.

Er hatte sich so sehr auf den freien Nachmittag mit ihr gefreut. Sie wollte ihn vom Kavallerie- Oberkommando abholen. Gemeinsam wollten sie den Nachmittag nutzen, um ihre Trauringe auszusuchen.

Er erinnerte sich, wie wenig er sich an jenem Morgen auf die Berichte konzentrieren konnte, die er als Kommandant des Ramrod- Teams regelmäßig schreiben musste. Heute wusste er nicht mehr wie er es geschafft hatte, den endlos erscheinenden Vormittag zu überstehen. Aber er erinnerte sich an das Glücksgefühl, als die Uhr endlich seinen Feierabend und ihre Ankunft verkündete.

Er war in die Eingangshalle des Oberkommandos gehastet und hatte sie schon von weitem draußen vor der Glastür stehen sehen.

Der zarte Körper war in einen, zu ihren dunklen Haaren passenden, gelben Regenmantel gehüllt, ein Rock hatte die wohlgeformten Beine mehr gezeigt als verhüllt und die Füße steckten in hochhackigen Pumps. Die langen Haare, deren Duft und Weichheit er so geliebt hatte, wehten im Herbstwind spielerisch um ihr Gesicht, wurden aber vom Regenschirm in ihrer Hand vor dem kalten Nass geschützt. Sie wirkte wie ein bunter Farbtupfer in dem sonst so trüben Grau des regnerischen Herbsttages.
 

Wieso erinnerte er sich an jede Kleinigkeit? Er schloss die Augen und stöhnte gequält auf. Wieso konnte er sich an jede Sekunde erinnern? Er wollte alles vergessen, ihr Aussehen und die Gefühle, die ihr Anblick in ihm wach gerufen hatten. Es gelang ihm nur an einsamen Abenden, die er mit einer Flasche Whisky in seiner Wohnung verbrachte.

Er war so voller Liebe für sie gewesen. Ihr Anblick hatte etwas so rührendes, etwas, dass in ihm immer nur den Wunsch geweckt hatte, sie zu beschützen und den Rest ihres Lebens für ihr immerwährendes Glück sorgen zu wollen.
 

Er erinnerte sich, wie sie ihn entdeckt hatte, als er auf die Ausgangstüren des Oberkommandos zugeeilt war.

Wieso war sie nicht hereingekommen? Wieso hatte sie draußen gewartet, dem ungemütlichen Wetter ausgesetzt?

Aber der Wind und der Regen hatten ihr scheinbar nichts anhaben können. Bei seinem Anblick hatte ein unglaubliches Lächeln ihr Gesicht erhellt, ihre Augen zum Strahlen gebracht. Sie hatte die Hand gehoben, um ihm zur Begrüßung winken zu wollen. Dann war draußen die Hölle losgebrochen. Die Outrider hatten ohne jede Vorwarnung angegriffen.

Er konnte noch sehen, wie sich der glückliche Ausdruck in ihrem Gesicht in namenloses Entsetzen gewandelt hatte und er erinnerte sich, wie er losgerannt war.

Wieso nur war sie nicht hereingekommen?

Dann fiel der Schuss. Ihr Blut spritzte gegen die Scheibe. Sie hielt sich fassungslos den Bauch, wo sich in Bruchteilen von Sekunden ein riesiger Blutfleck bildete.

So viel Blut. Er hatte in seinem Leben schon viel Blut gesehen, aber nie war es ihm so viel erschienen wie in diesem Moment.

Sie sah ihn an, als sie fiel, ihre Augen ließen nicht einmal von ihm.

Als er sie endlich erreicht hatte, war es zu spät gewesen. Er hatte ihr noch so vieles zu sagen gehabt, aber ihr braunen Augen hatten ihm nur einen letzten, liebevollen Blick zuwerfen können, ehe sie sich für immer schlossen. Um sie herum tobte die Verteidigungsschlacht um Yuma, aber das alles war wie im Nebel an ihm vorbei gegangen.

Er erinnerte sich nur überdeutlich an den Regen, der in kleinen Rinnsalen die Glastüren herunter lief, nun vermischt mit ihrem Blut.
 

Er hatte seine Gefühle mit Sincia begraben. Seit diesem Tag war er zum gnadenlosen Outriderjäger geworden, der hart und erbarmungslos gegen die Invasoren aus der anderen Dimension vorging. Er scheute keine noch so gefährliche Mission, seine Alleingänge, wenn er sein Team keiner unnötigen Gefahr hatte aussetzen wollen, waren legendär geworden. Seit jenem Tag forderte er sich selbst das Vielfache dessen ab, was er auch vorher schon geleistet hatte. Auch die Anforderungen an seine Freunde, sein Team waren höher als jemals zuvor, aber sie verstanden ihn und unterstützten seinen Kampf.

Saber Rider rächte sich gnadenlos an den Outridern dafür, dass sie ihm das Liebste auf der Welt genommen hatten.

Nur an jedem Regentag lebten die Erinnerungen in ihm auf, überfielen ihn mit aller Kraft und er war machtlos dagegen.

Nur an jedem verdammten Regentag...



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von:  LinaW
2010-01-12T21:49:15+00:00 12.01.2010 22:49
Och *heul* Eine sehr traurige FF, aber auch eine sehr realistische, wenn man bedenkt, dass sich das Neue Grenzland im Krieg befindet. Der arme Saber :-( Hab richtig mitgelitten.
Von:  shaunie83
2007-05-12T23:09:00+00:00 13.05.2007 01:09
hi bin grad durch Zufall auf deine FF gestossen und hab sie auch direkt gelesen. Ich find sie schoen aber auch sehr traurig.
gruss shaunie83
Von: abgemeldet
2007-03-14T15:20:22+00:00 14.03.2007 16:20
Hi!

Ich habe die Story gerade gelesen.
Ich finde es wirklich sehr traurig, aber auch schön. Man bekommt irgendwie einen Einblick in Sabers Gefühlleben. Schön.
Von: abgemeldet
2007-03-13T11:25:08+00:00 13.03.2007 12:25
Tja, Mausi, was ich hiervon halte, habe ich Dir ja auch schon gesagt. Ich habe regelrecht das Gefühl, direkt neben dem guten Säbelschwinger zu stehen und den Regen ans Fenster prasseln zu hören. Ich bekomme jedes Mal eine Gänsehaut, wenn ich mir diese FF zu Gemüte führe und könnte weinen, weil Saber mir so leid tut.

Aber der kann einem ja sowieso immer nur leid tun, oder ;-)
Von:  She-Ra
2007-03-11T16:39:32+00:00 11.03.2007 17:39
Hi Drachi

endlich hast du es on gestellt ^^ *freu*
Also wunderschön geschrieben *schnief*
*tränchen wegwisch*
Bitte schreib schön weiter.
*Lieb guck*
Dein Engelchen
Von: abgemeldet
2007-03-10T18:42:39+00:00 10.03.2007 19:42
Mensch Sunnylein, das ist genial.
Da stecken so viele Emotionen drin. Es war sehr kurz, hat mich aber auch sehr berührt. :-)

Deine carry


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