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Die letzten Jahre

von

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Einblicke

Ihr Leser von 'Die letzten Jahre' hattet Glück, dass sich mein Urlaub nicht mit dem Updaten dieser FF überschnitten hat ^^°
 

Dieses Kapitel ist übrigens sehr wichtig für die weitere Handlung - für die Haupthandlung! Ich hoffe, ich vergraule niemanden damit, dass es immer noch keine Kampfszenen zwischen Alexis und den Todessern gab, doch das wird natürlich alles noch kommen ^.~
 

@ devillady: Oh, ein neues Gesicht! Herzlich willkommen! -^.^-
 

@ Lady-Guitar: Danke, dafür geb ich mir immer besonders viel Mühe <___<°
 

Kapitel IV: Einblicke
 

Alexis riss seine Augen auf, dann wich er zurück. Jakob sah auf einmal sehr bedrohlich aus.
 

“Na ja …” fing er zögernd an. “M-Meine Mutter hatte immer schon so … einen seltsamen Geschma-” Er wurde dadurch unterbrochen, dass der Werwolf auf einmal den kurzen Abstand zwischen ihnen unterdrückte, ihn mit einer Hand am Kragen packte und gegen die Wand drückte, dass der ohnehin schon lose Putz herunterbröckelte.
 

“Denkst du, ich bin dumm?” Er schrie nicht, im Gegenteil, er hatte seine Stimme auf ein Minimum an Lautstärke gepresst.
 

Alexis versuchte verzweifelt, den starken Arm, der ihm langsam die Luft abschnürte, von sich weg zu schieben, aber er erreichte nur das Gegenteil. Allmählich staute sich das Blut in seinen Adern.
 

Er war nahe einer Ohnmacht, als Jakob endlich losließ, sodass er zu Boden sank. Röchelnd fasste er sich an den Hals und schluckte einige Male.
 

“Alexis … jetzt sag doch endli- scheiße, was ist das?” Er unterbrach sich selbst und starrte ihn mit geweiteten Augen an. Alexis wusste nicht, wieso er das tat, aber ihm wurde von Sekunde zu Sekunde mehr klar, was gerade passierte.
 

Das bekannte Kribbeln war wieder da. Fassungslos sah er auf seine Hände hinab, dessen Hautfarbe sich mit jedem weiteren Moment zu verdunkeln schien.
 

Er verwandelte sich wieder zurück.
 

Aber wieso?
 

“Ich hab die Formel doch gar nicht gesagt …” entfuhr es ihm.
 

“Was für eine Formel?” Verdammt, er hatte verdrängt, dass er nicht allein im Raum war. Und Jakob war nicht dumm. Ihm musste klar sein, dass er nur eine Illusion über sich gelegt hatte. Obwohl das ja nicht ganz zutraf, immerhin hatte er sich dann wirklich so verändert. Aber das spielte keine Rolle.
 

Wichtig war, dass Jakob ihn mit Argusaugen beobachtete, als wolle er ihm dadurch sein Geheimnis entreißen.
 

Vollkommen fertig mit den Nerven fuhr sich Alexis - oder vielmehr Harry, denn dessen Erscheinungsbild hatte er nun - durch die Haare. Was er dabei nicht bedacht hatte, war, dass er dadurch seine berühmt-berüchtigte Narbe freilegte, die auch dem Werwolf nicht entging.
 

“Das … Das ist ja … Du bist Harry Potter!” schoss es aus ihm heraus. “Bei Merlin, ich kann verstehen, wieso du mir nichts sagen wolltest!” Harry schaute betreten zur Seite, immer noch auf dem Boden sitzend, angelegt an der Wand.
 

“Schön für dich. Das hilft mir jetzt auch nicht weiter.” sagte er deprimiert. Eine Fluchtmöglichkeit würde sich jetzt wohl kaum ergeben. Jakob hätte ihn getötet, noch ehe er ‘Quidditch’ schreien konnte.
 

Der Werwolf stieß geräuschvoll die Luft durch die Nase aus. Sonst tat er nichts.
 

“Du glaubst doch nicht etwa, dass ich dich verraten werde, oder?” fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen, auch wenn Harry dies nicht sehen konnte, da er seinen Kopf auf seine angewinkelten Knie gelegt hatte. “Harry, ich rede mit dir!” flüsterte er.
 

“Ich … Ich versteh das nicht! Wieso bin ich auf einmal wieder ich? Ich hab doch gar nichts gemacht!” jammerte Harry. Jakob winkte ab.
 

“Hör mal, so was hält doch nicht ewig.” Harry hob ein wenig den Kopf, sodass er ihn ansehen konnte. Jakob lächelte ein wenig. “Gut möglich, dass die Illusion - denn das hat dir doch dieses andere Aussehen verpasst, nicht wahr? - an die Zeit gebunden ist. Das heißt, nach einer Weile kann dein Körper die nicht mehr aufrecht erhalten und muss sich erst wieder erholen, klaro?”
 

Harry nickte, als befände er sich noch in Hogwarts.
 

“Das heißt, später kann ich wieder … Alexis’ Gestalt annehmen?” fragte er dennoch zögerlich. Jakob nickte ihm zu.
 

“Ich nehme es an. - Wenn nicht, ich habe auch so einige Tränke in meinem Repertoire, die die sicher helfen können.” Jetzt grinste er breit. Dieses Grinsen verfehlte allerdings seine Wirkung; Harry wich erschrocken zurück, oder hätte dies getan, wäre da nicht die Wand in seinem Rücken gewesen, sodass er sich nur gegen sie pressen konnte. Er machte den Eindruck, als sei er ein Hund, der sich vor weiteren Schlägen seines Besitzers fürchtete und deshalb den Schwanz einzog.
 

“Hey, ist doch alles in Ordnung!” rief Jakob aus, als er sah, wie Harry reagierte. “Ich will dir doch nichts tun!” Harry betastete seinen Hals, auf dem schon die ersten Anzeichen roter Flecken zu erkennen waren.
 

“Ach ja? Das hat sich eben aber noch ganz anders angefühlt!” Jakob kratzte sich verlegen am Hinterkopf.
 

“Sorry, wenn ich eben etwas grob war, das ist eben meine Art. Ich vergesse manchmal, dass du noch etwas jung bist.”
 

“Ich bin nicht-”
 

“Jung, ich weiß. Tut mir Leid, okay?” Harry wollte erst wieder etwas darauf erwidern, unterließ es dann aber, da er die Sinnlosigkeit dieses Streits erkannte.
 

“Okay” krächzte er mühsam. Jakob streckte ihm eine Hand entgegen.
 

“Komm, steh auf.” Mit einem Ruck wurde Harry hochgezogen. Ganz wohl war ihm dennoch nicht, auch wenn der Werwolf ihn offensichtlich nicht auffliegen ließ.
 

“Was ist mit den anderen? Ich kann doch jetzt nicht so rumlaufen!” meinte er immer noch leicht weinerlich. “Als ich die Illusion noch nicht hatte, hätten mich beinahe zwei Auroren aufgegabelt!” Bei diesen Worten zuckte Jakobs Blick sofort zu ihm herüber.
 

“Auroren? Du hast Auroren hierher gebracht?” Harry wich das Blut aus dem Gesicht.
 

“Na ja … also nicht absichtlich … ich … also, ich bin geflohen und da-”
 

“Hör zu, Har- Alexis.” verbesserte er sich schnell und stemmte die Hände in die Hüften. “Egal, was du tust und egal, wer hinter dir her ist, was auch immer passiert - lauf nie, nie, nie in die Nockturngasse, verstanden?” Er seufzte und fuhr sich in einer genervten Geste durch die angegrauten Haare. “Wir wollen keine Aufmerksamkeit auf uns ziehen. Der Moment ist noch nicht gekommen.”
 

Jetzt grinste er. Harry war klar, was er meinte.
 

Noch lebten sie alle im Untergrund, unauffällig. Doch wenn es Zeit war, würden sie aus ihren Verstecken kommen, kriechen, laufen und allen zeigen, was ihre Ansichten waren und die Welt nach ihren Vorstellungen formen.
 

“Zu deiner Frage …” fügte Jakob hinzu. “Du wartest einfach hier. Ich - und du sicher auch - halte es für besser, wenn du deine wahre Identität niemanden sonst zeigst. - Ich nehme an, das hattest du auch eigentlich vor … deinem kleinem Missgeschick vor?” Er lachte und klopfte ihm so fest auf die Schulter, dass Harry nach Luft schnappte. Jakob quittierte das mit einer hochgezogenen Augenbraue. “Du bist aber schwach.” stellte er fachmännisch fest. “Auf dich kommen wohl noch harte Zeiten zu.”
 

Einen Moment lang schien er abzuschweifen und wandte den Blick von ihm ab, ehe er ihn wieder ansah. “Hör zu.” sagte er zum wiederholten Male. “Du weißt ja, dass Vol … Voldemort!” spuckte er den Namen aus. Es war wohl das erste Mal, dass er diesen in den Mund nahm. “Also, dass er nur Magie benutzt und zwar schwarze Magie.” Harry nickte, er hatte jedoch keine Ahnung, worauf der andere hinaus wollte. “Das ist zwar eine Stärke, gleichzeitig aber auch eine fatale Schwäche. - Und genau da wollen wir ansetzen.” schloss Jakob mit flüsternder Stimme, als wolle er diese Worte noch gewichtiger klingen lassen, als sie ohnehin schon waren. Harry sagte nichts; er hatte seine Ohren gespitzt und sog jedes einzelne Wort wie ein Schwamm in sich hinein. “Was ich dir damit sagen will …” Jetzt sah er ihn direkt mit seinen unterschiedlichen Augen an. “Du sollst auch andere Künste lernen. Du wirst staunen, womit du dich die nächsten Monate beschäftigen wirst!”
 

Bei diesen Worten schnappte Harry nach Luft.
 

“Monate? Jakob, vielleicht lebe ich dann gar nicht mehr!” wandte er ein. Jakob ließ sich jedoch nicht erweichen.
 

“Das glaub ich nicht. Mein Bruder lebte noch drei Jahre. Die wirst du wohl auch noch schaffen.” meinte er.
 

“Sei still!” Harry war bei diesen Worten aufgesprungen. Die nüchterne Gleichgültigkeit Jakobs machte ihn wütend. Wie konnte er nur so daherreden, wenn doch auch schon sein Bruder an diesem Gift gestorben war?
 

Am liebsten wäre er jetzt hinausgerannt, doch sein momentanes Aussehen hinderte ihn daran. Stattdessen fuhr er sich mehrmals verzweifelt durch die Haare, setzte sich dann, um nur einen Moment später wieder aufzuspringen und im Raum umherzugehen.
 

Irgendwann wurde es auch dem Werwolf zuviel.
 

“Zappel hier gefälligst nicht so rum, sondern setz dich!” fuhr er ihn an. Harry, etwas eingeschüchtert durch seinen plötzlichen Ausbruch, folgte seiner Aufforderung. “Also” fing Jakob an und zog etwas aus seinem Umhang hervor.

Harry wich erschrocken zurück, als er erkannte, was es war. Etwa zwanzig Zentimeter langes, rußgeschwärztes Metall, ein ebenso dunkler Griff - es war ein Messer.
 

“W-Was soll ich damit?” fragte er unsicher. Er wusste, wie dumm die Frage klingen musste, aber er konnte sich nicht vorstellen, dass er damit das eigentlich Offensichtliche - das Messer als Waffe zu benutzen - erlernen sollte. Was brachte so was schon im Kampf gegen den größten Schwarzmagier aller Zeiten?
 

“Na was schon? Kämpfen - hier, nimm!” forderte der Werwolf ihn auf und Harry tat es. Das Metall wog schwer in seiner Hand. Jakob stand auf, ging kurz hinaus und kam mit einem weiteren Dolch in seiner Hand wieder, der ebenso schwarz war wie der in Harrys Hand. “Dann zeig mal, was du kannst.”
 

Ohne weitere Worte schnellte der Werwolf einen Schritt vor, stieß dabei mit dem Messer in Harrys Richtung, welcher erschrocken zur Seite sprang und dabei fiel. Das Messer verlor er.
 

“Du solltest nicht so schreckhaft sein.” Jakob wartete, bis Harry wieder bewaffnet war, dann begann das Spiel von vorne. Wieder und wieder fiel Harry bei seinen gewagten Ausweichmanövern, verlor den Dolch, rappelte sich wieder auf. Doch Jakob war unnachgiebig; immer wieder und wieder wartete er, dass es weiter gehen konnte.
 

Harry wurde des Spieles bald müde. Er war schwer deprimiert, dass sich offensichtlich keine Besserung einstellte, außerdem hatte er es satt, immer nur vor Jakob zu fliehen.
 

Dieser sah ihm gerade in die Augen, als könne er in ihnen lesen. Mit weit ausgreifenden Schritten umkreiste er ihn. Diesmal tat Harry es ihm gleich. Jakob quittierte dies mit einem kaum deutbaren Lächeln.
 

Unvorhersehbar stieß er auf einmal wieder vor. Harry wich wieder aus, aber nur, um im nächsten Moment selbst anzugreifen. Das schwarze Messer verfehlte Jakob um Haaresbreite.
 

Lachend erhob der Werwolf die Arme, um sich zu ergeben.
 

Doch Alexis nahm diese Geste gar nicht wahr. Was er tat, gefiel ihm. Das Messer passte sich perfekt in seine Hand ein; es war ein Teil von ihm geworden. Wie durch ein Raster nahm er den Werwolf wahr, seine Bewegungen, jedoch ohne die Geräusche, die ihn eben noch gestört hatten. Er wusste, wenn er wollte, könnte er ihn töten. Und er wollte es. Er hatte die Macht dazu.
 

Alexis erhob die Hand, erhob den Dolch, sprang einen halben Schritt nach vorne, zum Feind, und ließ sie niedersausen.
 

Wie von einer unsichtbaren Welle zurückgedrängt wurde er gegen die Wand hinter ihm geschleudert, das Messer flog ihm abermals aus der Hand.
 

“Spinnst du?” Die einzelnen Worte tropften nur einzeln durch seinen Gehörgang. “Wolltest du mich umbringen?” Bei diesem Wort sprang sein Bewusstsein wieder an.
 

“Scheiße …” wisperte er ehrfurchtsvoll. Er hatte sich gehen lassen. Verdammt, er hatte es genossen! Und er wusste, er hätte es auch genossen, ihn zu töten.
 

~~~~~*~~~~~
 

Alexis schaffte es, sich nach etwa einer Stunde wieder zurückzuverwandeln. Während er seine längeren Haare zurückband, ging er endlich aus dem stickigen Zimmer hinaus. Die Luft darin war schon nach kurzer Zeit verbraucht gewesen, doch hinaus hatte er aufgrund seines Aussehens noch nicht gekonnt.
 

Jetzt ließ er sich den kühlen Wind ins Gesicht wehen und breitete seine Arme aus, damit sein von den Kämpfen, die er trotz seines Ausrutschers weitergeführt hatte, verschwitztes Hemd wenigstens etwas trocknete.
 

Er hörte, wie jemand hinter ihn trat.
 

“Alles klar?” Natürlich war es Jakob.
 

“Hm” brummte Alexis. “Tut mir Leid.” sagte er dann leise, ohne ihn anzusehen. “Ich weiß nicht, was mich da geritten-”
 

“Du brauchst dich nicht zu entschuldigen.” unterbrach ihn der Werwolf. “Ich kenne dieses Gefühl.” Alexis runzelte die Stirn. Verwirrt drehte er sich zu ihm um, die Arme schlang er um seinen Körper. Jakob sprach weiter. “Es ist … als könntest du auf einmal alles - und damit meine ich wirklich absolut alles - beherrschen und dir unterwerfen, als … könntest du über Leben und Tod entscheiden, nicht wahr?” Ohne eine Antwort abzuwarten, redete er weiter. “Früher war ich auch so. Ich habe gemordet, wo sich die Gelegenheit bot. Weil mich niemand aufgehalten hat.” Er seufzte. “Alexis, begeh nicht den gleichen Fehler wie ich … oder wie Voldemort. Er hat das Böse dieser Macht noch nicht begriffen … und es gibt niemanden, der ihn jetzt noch davon überzeugen könnte.”
 

~~~~~*~~~~~
 

Jakobs Worte hatten Alexis zum Nachdenken gebracht. Anfangs hatte er ihn einfach nur für irgendjemanden gehalten, jemanden, dessen Leben einfach nur normal verlaufen war. Doch wie hatte er ausgerechnet so was bei einem Werwolf annehmen können? Jakob hatte alles andere, aber sicher kein normales Leben gehabt. Dennoch war er - wie er schon zu einem früheren Zeitpunkt gemerkt hatte - durchaus gebildet. Er fragte sich, ob er auch auf Hogwarts gegangen war und nahm sich vor, ihn danach zu fragen.
 

Wochen zogen ins Land, während Jakob sich als unermüdlich herausstellte, Alexis das Kämpfen mit dem geschwärzten Dolch beizubringen. Und tatsächlich machte er auch Fortschritte. Gut, er war nicht unbedingt das Talent, doch eine gewisse Veranlagung war vorhanden, wie Jakob immer zu sagen pflegte, wenn Alexis nach einer Niederlage ein weiteres Mal das Handtuch werfen wollte.
 

Alexis saß gerade an einem klapprigen Tisch an einem noch klapprigeren Stuhl und schrieb in sein Tagebuch, welches er kurz nach seiner Vergiftung angefangen hatte. Es half ihm, seine oftmals verworrenen Gedanken zu ordnen.
 

Deshalb hörte er auch nicht, wie jemand an ihn herantrat. Erst, als sich dieser Jemand durch ein Räuspern bemerkbar machte, zuckte er erschrocken zusammen und drehte sich auf seinem Stuhl um. Ein Knacksen ertönte, als dieser sich entschloss, auseinander zu brechen und seinen Benutzer einen Augenblick später zu Boden zu befördern.
 

“Fuck!” Früher hatte er solche Worte nie benutzt, egal wie gereizt er gewesen war, selbst wenn Malfoy oder Snape ihn malträtiert hatte, er hatte bei diesen Konfrontationen stets ein gewisses Niveau behalten, das er jetzt nach und nach zu verlieren schien.
 

Verärgert stand er aus und klopft sich den Staub aus den Kleidern.
 

“Was willst du?” fragte er aggressiv.
 

Jakob stand lässig vor ihm, die Hände in den Hosentaschen. Alexis empfand diese Körperhaltung immer als sehr seltsam, da er genau wusste, dass alle Hosen Jakobs von innen Löcher in den Taschen hatten.
 

“Ich hab gehört, Harry Potter könnte gut fliegen.” meinte er, als erkläre dies sein plötzliches Auftreten.
 

“Äh … Ich verstehe nicht, was du meinst.”
 

Jakob versenkte die Hände noch tiefer in den Hosentaschen.
 

“Weißt du nicht mehr, was ich dir vor ein paar Wochen gesagt habe? Wir wollten Voldemorts Schwäche ausnutzen. Und jetzt stell dir mal vor, du kommst da auf einmal mit ‘neu Besen an … ich glaube kaum, dass er auf solch einen Angriff ausreichend vorbereitet ist.” Er grinste hinterlistig und zwinkerte mit dem Auge.
 

~~~~~*~~~~~
 

“Irgendwo muss er doch sein …” murmelte Alexis, als er sein Zimmer durchsuchte. Er hatte vergessen, sich abzumelden und hatte beim Wirt wohl oder übel über einhundert Galleonen bezahlen müssen. Jakob staunte, als er sah, wie viel Geld sein Schüler einfach so mit sich herumtrug.
 

“Pass gut drauf auf.” hatte er ihm zugeflüstert und den finsteren Gestalten in der Kneipe ebenso finstere Blicke zugeworfen.
 

“Hab ihn!” Erleichtert kroch Alexis wieder unter dem Bett hervor, wo er seinen Besen vor Wochen wohl versteckt haben musste. Jakob riss die Augen auf.
 

“Auch das noch! Du hast einen Feuerblitz?” rief er überflüssigerweise aus. Dann trat ein Glitzern in seine Augen, das Alexis bisher nur bei kleinen Kindern gesehen hatte. “Komm, ich will dich fliegen sehen!”
 

Alexis wunderte sich über seine plötzliche Freude.
 

“Sag, Jakob, bist du auch schon mal geflogen?”
 

Der sah ihn mit einem seltsamen Blick an. Eine Weile lang schien er auf keinen bestimmten Punkt zu starren, dann hob er den Blick und sah ihm in die Augen.
 

“Ob ich schon mal geflogen bin?” Er lachte trocken auf. “Was für eine Frage. - Ja, früher mal. Bevor …” Er brach ab, doch Alexis wusste, worauf er hinaus wollte.
 

“Wann … passierte es?” fragte er vorsichtig. Er wollte nicht, dass Jakob wütend wurde.
 

“Ich war sechzehn.” antwortete der Werwolf, dann wandte er sich um, doch auf dem Weg zur Tür stockte er. “Diese Antwort befriedigt dich nicht, stimmt’s?” Alexis nickte betreten. War er so leicht durchschaubar, oder lag es daran, dass Jakob nur über so gute Menschenkenntnisse verfügte? Vielleicht war er dies auch schon öfter gefragt worden.
 

“Sechzehn” wiederholte der Anführer. “Jünger als du. Ich … Ich war ein Freak, könnte man sagen. Die anderen mieden mich, wo sie konnten. Dachten, ich würde sie sonst vergiften.” Er setzte sich auf die Bettkante und verschränkte die Arme auf seinem Schoß. “Weißt du, es gibt gewisse Kräuter, die kann man nur bei Vollmond pflücken, oder muss sie mit irgendetwas düngen, damit sie die gewünschte Wirkung entfalten. Um Letzteres zu tun, hab ich mich nachts in den Verbotenen Wald aufgemacht.” Er schluckte schwer. “An … An einem Baum habe ich Spuren gefunden. Kratzspuren … ich hab sie sofort erkannt. Nur ein Werwolf hat so große Krallen. - Gut, es war klar, dass es im Verbotenen Wald Werwölfe gab - ich glaube, die gibt es dort immer noch - aber ich hätte nie gedacht, dass sie sich so nah am Waldrand aufhalten würden. Trotzdem ging ich weiter.”
 

“Hattest du keine Angst?” fragte Alexis dazwischen. Jakob sah ihn von der Seite her an.
 

“Natürlich hatte ich Angst!” Jakob lächelte melancholisch. “Aber wie gesagt: Ich war ein Freak und ich bin es immer noch. Ich brauchte die Kräuter dringend für einen Trank. Ich setzte mein Leben dafür aufs Spiel.” Seine Hände verkrampften sich leicht. “Hätte ich gewusst, was passieren würde, hätte ich mich nie darauf eingelassen. Nun ja, du kannst dir denken, was passiert ist. Auf einmal stand dieser Werwolf auf der Lichtung, wo die Kräuter waren, und schaute mich an. Er hat mich … einfach nur angeschaut. Und im nächsten Moment lag ich schon am Boden mit einer riesigen Wunde in der Seite.” Er zog sein Hemd hoch und zeigte ihm die hässliche Narbe, die Alexis schon vor Wochen gesehen hatte.
 

“Nicht sehr anziehend, was?” witzelte Jakob, vergeblich, denn Alexis fand das ganz und gar nicht zum Lachen. Als Jakob das bemerkte, stand er auf. “Komm, lass und fliegen gehen. Ich müsste auch noch irgendwo meinen Silberpfeil haben.”
 

Doch die entspannte Stimmung war verflogen.
 

~~~~~*~~~~~
 

Jakob apparierte sie auf ein weitläufiges Feld. Alexis sah sich um und erblickte in der Ferne ein paar Häuser, aus denen Rauch aufstieg.
 

“Was ist, wenn sie uns sehen?” fragte er unsicher.
 

Der Werwolf winkte ab, als wäre dies unwichtig.
 

“Na und? Glaubst du, dass die nichts vom Krieg mitbekommen werden, wenn der erst mal richtig losgeht?” Natürlich hatte Jakob Recht, wie immer. Trotzdem fühlte Alexis sich unwohl, als er seinen Besen bestieg.
 

“Und das Ministerium?” fragte er. Jakob verdrehte die Augen.
 

“Wir zaubern ja nicht, dann kriegen die auch nichts mit. Es gibt hier in was weiß ich wie viel Kilometer Entfernung auch keinen einzigen Zauberer, also sorg dich nicht so viel.” Er ließ seinen Besen auf die richtige Höhe schnellen. “Machst du das absichtlich? Du sorgst dich nämlich immer an den falschen Orten.” Er lachte, dann stieß er sich kräftig vom Boden ab.
 

Alexis tat es ihm gleich.
 

Es war ein wunderschönes Gefühl, endlich wieder fliegen zu dürfen. Der Wind zerzauste ihm die Haare, die zu kurz gewesen waren, um sie mit in seinen Zopf aufzunehmen, ließ seine Augen tränen. Und ließ ihn sich frei fühlen.
 

Er flog so hoch, dass die Häuser unter ihm immer kleiner wurden und schließlich nur noch als kleine, bunte Punkte zu sehen waren. Dann beugte er sich vor und wagte einen Sturzflug. Die Geschwindigkeit nahm zu, er raste dem Boden entgegen.

Kurz bevor er auf dem vom Eis gehärteten Boden aufschlagen konnte, riss er den Besen wieder hoch. Jakob, der etwa hundert Meter von ihm entfernt seine Runden gedreht hatte, war mitten in der Luft stehen geblieben, dann kam er auf ihn zugeflogen.
 

“Wow” sagte er. “Ich wusste, dass Harry Potter talentiert ist, aber so was habe ich noch nie im Leben gesehen!” meinte er und klopfte ihm auf die Schulter. “So ein Sturzflug ist nicht unpraktisch.” fing er dann an zu überlegen. “Stell dir vor, du fliegst so hoch, dass man dich nicht mehr von einem gewöhnlichen Vogel unterscheiden kann. Und dann stürzt du dich runter!” Er klatschte seine Faust in seine andere, offene Hand, um seine Pläne zu demonstrieren. “Das ist richtig gut! - Nein, das ist perfekt!” jubelte er.
 

Alexis grinste. Es war schön, ein Lob von jemanden zu erhalten, welches ihn gleichzeitig auch von seinen Sorgen ablenkte.
 

“Komm, es ist schon spät.” meinte der Werwolf dann. Mit dem Seit-an-Seit-Apparieren kamen sie in der ‘Nische’ an, wo sie von fünf weiteren Werwölfen erwartet wurden.
 

“Wird immer mehr mit den Auroren hier.” meldete John missmutig. Er war den Tag über durch die gesamte Nockturngasse gegangen und hatte sich umgeschaut, ob irgendetwas ungewöhnlich war.
 

Und das war es durchaus gewesen, wie John zu berichten hatte:
 

“Stellt euch vor, ich hab Moody gesehen! Ihr wisst schon, dieser verrückte Auror.” Die anderen lachten kurz auf, wurden jedoch von Jakob zum Schweigen gebracht, damit John fortfahren konnte. “Der ist mit so ‘ner anderen Frau durch die Straßen gelaufen … na ja, natürlich nicht richtig gelaufen, er hat sich versteckt und so, aber ich hab ihn trotzdem bemerkt!” meinte er mit einem Hauch in der Stimme.
 

Immerhin war er der jüngste in der Truppe und musste sich mit irgendwas beweisen. Auch, wenn dies nicht mehr wirklich nötig war; sie alle waren sich seines unfehlbaren Gespürs bewusst.
 

“Ich glaube, er hat etwas - oder vielleicht auch irgendwen - gesucht.”, sagte er nachdenklich. “Ich weiß nur nicht was. Jedenfalls hat er’s nicht gefunden.”

Alexis aber wusste, dass man nach ihm suchte. Jakob schien seinen leicht abwesenden Blick bemerkt zu haben, denn auf einmal wandte er sich ihm zu und stupste ihn leicht von der Seite her an.
 

“Alexis? Was ist? Weißt du etwa etwas?”, fragte er. Dieser sah ernst zurück.

“Ich nehme an, sie suchen nach mir.” gestand er.
 

Diese Neuigkeit schien bei den restlichen Werwölfen auf Unverständnis zu stoßen. Fragend sahen sie erst in Alexis’ Richtung, dann in die ihres Anführers. Richard war es schließlich, der die Stille mit seiner rauen Stimme durchbrach.
 

“Was soll das heißen?”, fragte er mit solch einer unterdrückten Aggressivität, dass Alexis erschrocken zurückzuckte. Bisher war er mit ihm eigentlich immer gut ausgekommen, obwohl ein Rest Misstrauen immer noch geblieben war.
 

Zu seiner Überraschung trat jedoch Jakob auf einmal einen Schritt vor und hob beschwichtigend die Hand.
 

“Lasst und jetzt nicht streiten, Leute.”
 

Doch Richard schien sich nicht einfach so beruhigen zu wollen.
 

“Aber er verbirgt doch irgendwas vor uns!” klagte er ihn an, nicht wissend, wie nah er der Wahrheit damit kam. Jakob hoch eine Augenbraue.
 

“Haben wir nicht alle ein kleines oder auch großes”, er sah Alexis kurz an, “Geheimnis?”
 

Richard schien erst noch etwas darauf erwidern zu wollen; man konnte sehen, wie es hinter seinen Stirn arbeitete, dann gab er jedoch resignierend auf und senkte den Kopf als Zeichen seiner Untergebung.
 

Alexis sprach endlich weiter.
 

“Kurz … bevor ich zu euch kam, waren die zwei schon hinter mir her. Die andere Frau heißt Nymphadora Tonks.” Er stockte kurz und sah John an. “Sie hatte doch pinke Haare, nicht wahr?” fragte er, weil er wusste, dass sie meistens diese Frisur trug. John nickte bestätigend.
 

“Ja, es sah ganz komisch aus. Sie hatte gar keinen Haaransatz, der zeigen würde, dass sie die Haare nur gefärbt hat.”
 

“Sie ist ein Metamorphmagus.”
 

Als er dies aussprach, hing die Stille förmlich greifbar in der Luft. Metamorphmagi waren extrem selten, besonders, da man sich die definierende Eigenschaft, sein Aussehen jederzeit und in allen Varianten zu ändern, nicht antrainieren konnte, sondern mit ihr geboren werden musste. Vererbbar war es auch nicht; es konnte also jeden treffen.
 

Wenn Alexis jetzt so darüber nachdachte, wünschte er sich, er wäre als solcher geboren geworden. Dann hätte er sein Aussehen soweit verändert, dass er seinem Vater nicht mehr so gravierend geähnelt und Snape ihn deswegen nicht gehasst hätte. Dass ihm keiner gesagt hätte, dass er die Augen seiner Mutter hatte. Er hätte seine verräterische Narbe verdecken können und niemand hätte ihn erkannt und angesprochen, ihn, den großen Harry Potter, obwohl er doch gar nichts dafür gekonnt hatte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  devillady
2007-08-15T17:55:08+00:00 15.08.2007 19:55
Danke für den Gästebucheintrag ^^

Das war wieder ein gutes Kapi...
ich hoffe nur Harry passiert jetzt nichts all zu schlimmes o.O

lg devi


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