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Abenteuer einer Avariel

Oder: Aeries Pfad der immer wiederkehrenden Überzeugung, dass sie die rechtmäßige Anführerin dieses Helden-Haufens sein sollte
von

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Adalons Gunst

„Ist das wirklich nötig?“ Skeptisch beäugte Aerie den Farbtopf, vor dem eine missmutige Kaya kniete, die mit beiden Händen das Heft ihres Schwertes umklammerte und übellaunig in der grau-bläulichen Brühe rührte (beziehungsweise stocherte, aber Aerie wollte die Mühen ihrer Freundin nicht so offensichtlich geringschätzen).
 

„Frag Minsk,“ knurrte die Angesprochene. Jener trat unruhig von einem Fuß auf den anderen (Aerie hatte den Eindruck, als scharrte er mit Hufen im Sand ähnlich eines Pferds, aber auch diesmal überwiegte ihre nette Seite, und so schwieg die Elfe beharrlich;), als sich eine Gruppe von acht Augen kollektiv seiner Person zuwandten; doch anstatt auf die starren Blicke zu reagieren, tätschelte er unbeholfen Boos Kopf, der es sich auf seiner Schulter gemütlich gemacht hatte. Wenigstens war der kleine Hamster nicht böse – ganz im Gegensatz zum Rest der Truppe, mit der er sich nun auf nach Ust Natha machte. Nun ja, machen sollte, wäre da nicht dieses kleine Missgeschick passiert.
 

Aerie kicherte. Sie war ein nettes, liebenswertes Elfchen, und Minsks Naivität (Das Wort Dummheit hatte sie gleich an dem Tag aus ihrem Wortschatz gestrichen, als sie dem Waldläufer das erste Mal begegnet war) war auch irgendwo, nun, niedlich, aber die meiste Zeit amüsierte sie sich höchstens köstlich darüber.

Wie jetzt.
 

Edwin war der erste der Truppe, der sich mit einem leisen „Pah!“ von Minsk abwandte und sich stattdessen damit begnügte, Kayas mühselige Versuche mit dem Farbmischen hämisch zu kommentieren. Anschließend sahen auch Keldorn und Imoen betreten weg; auch wenn Minsk – mal wieder – absoluten Mist gebaut hatte, wussten sie den tapferen Recken zu schätzen.
 

„Adalon würde dich hierfür bei lebendigem Leibe braten,“ bemerkte Edwin trocken nach einer Weile der vollkommenen Stille, in der auch Kaya endlich den Versuch beendete, die interessant aussehende Masse weiter zu zermatschen.

Bläuliche Schleimfäden rannen an dem kleinen Bottich herunter und sammelten sich in einer ähnlich ekligen Pfütze auf dem Boden vor Aeries Füßen; sie unterdrückte ein weiteres Kichern und dachte spöttisch lächelnd an die Begegnung mit Adalon, dem Silberdrachenweibchen, zurück.
 

Eigentlich sollten sie – das heißt sie, Aerie, und der Rest der Truppe unter der Anführung Kayas – den Weg in die Stadt der Dunkelelfen, Ust Natha, mithilfe jener Drachendame bestreiten; sie würden ihre Eier zurückerobern, die von ein paar streitwütigen Dunkelelfen gekidnappt wurden, und im Gegenzug dazu brachte der Drache sie sicher zurück an die Erdoberfläche, raus aus dem Unterreich.
 

Das klang soweit einfach. Adalon versprach ihnen, ihnen für diesen Zeitraum das Äußere der Dunkelelfen zu geben; anders würden sie wohl nicht mal zu den Toren Ust Nathas gelangen, da das Volk der Drow den Oberweltlern nur mäßig gut gesinnt war (um es euphemistisch auszudrücken, wie Aerie dachte).
 

Soweit hätte es keine Probleme geben sollen. Wäre da nicht, nun, Minsk, und die nun nahezu legendär dämliche Unterhaltung, die er mit dem Drachenweibchen geführt hätte, als sie sich zu ihr begeben hatten.
 

***
 

„Wisst ihr, Drachen waren noch nie Freunde von Minsk. Boo mag keine Drachen,“ murmelte der Waldläufer in Kayas Richtung, als sie vor dem Eingang der dunklen Höhle standen. Sie wussten, was sie darin erwartete, und sie waren sich ebenso sicher, dass besagter Drache ihre einzige Möglichkeit war, dem verdammten Unterreich zu entfliehen; aber Minsk hatte beharrlich darauf plädiert, einfach das Weite zu suchen und einen anderen Ausweg zu finden.
 

„Wie genau dann, du Held?“, murrte Edwin genervt. „Sollen wir uns durch das Gestein graben? Mithilfe deines kleinen Freunds?“
 

Minsk sah zögernd auf Boos winzige Pfoten. „Naja, nicht ganz. Aber graben kann Boo! ... zumindest ein paar Zentimeter,“ räumte er ein.
 

Edwin schoss eine Mischung aus resigniertem und mordlüsternem Blick in Minsks Richtung und drängte sich schließlich an Kaya vorbei, die ebenso zögernd am Höhleneingang stand. „Auf, ihr Feiglinge!“, warf er ihnen verächtlich zurück, als er entschlossen und keineswegs ängstlich (Edwin war nie ängstlich, dessen war sich Aerie sicher; entweder war er todesmutig und dabei vollkommen größenwahnsinnig, oder aber voll Todesangst und dabei ohne jegliches Rückgrat, schlimmer noch, als er es den anderen gerade vorwarf; aber „ein bisschen ängstlich“ war er eigentlich nie, schloss Aerie ihren Gedankengang ab) in die Höhle stapfte.
 

Zögerlich tapsten die verbleibenden Helden und Heldinnen hinterher, vergewisserten sich dabei jedoch immer wieder, dass hinter der nächsten Ecke kein durchgedrehter Drache lauerte, der ihren Leib verkohlen wollte.
 

Aerie bildete den Schluss der Gruppe, die mit langsamen Schritten das fremde Gebiet erkundete. Sie hatte ihre Schleuder in der Hand und zupfte unruhig an deren Enden; auch sie war nervös, aber sie durfte es sich schließlich anmerken lassen. Immerhin war sie eine zarte Elfe, kein finsterer Magier oder intellektuell benachteiligter Waldläufer. Sie wirkte dadurch zumindest nicht annähernd so lächerlich, das bestärkte sie.
 

Und dann – war es soweit, sie standen Adalon gegenüber (wenn auch mit gebührendem Abstand, wie Aerie bemerkte). Minsk drückte fest den kleinen Hamster in seiner linken Hand, die andere an seinem Schwertknauf; Edwin sah düster zu den Augen des Drachens hinauf (seine Stirn war jedoch von Sorgenfalten durchzogen; Aerie kicherte ob des Stolzes des Magiers, auf keinen Fall irgendein Zeichen von Angst zu zeigen); Keldorn und Imoen standen dicht nebeneinander (immer den Gedanken im Hinterkopf, dass sie die Einzigen waren, denen ein letzter Rest Vernunft im Schädel verblieben war; Aerie wusste, was sie dachten, aber sie wusste es auch besser), und Aerie stand neben Kaya, die den Griff ihres Ausgleichers umklammerte, die andere Hand schützend vor ihrem Oberkörper (Aerie war sich ziemlich sicher, dass auch dies nichts nutzte, wenn der Drache sich entschloss, Kayas Eingeweide zu zerrupfen).
 

Schließlich bewegte sich das Truppen-Oberhaupt langsam auf den Drachen zu und fixierte ihren Blick mit dem eigenen; Adalon lächelte nur (sofern Drachen lächeln konnten; Aerie war sich da nicht ganz sicher, deutete die Bewegung ihrer Lefzen jedoch so, da die anderen Optionen nicht allzu verlockend erschienen). Sie wusste, dass die Winzlinge sich fürchteten, aber sie war ein netter Drache, auch, wenn sie gerne ihre Witzchen über gebratene Menschlinge machte, vorzugsweise in Gegenwart vor Angst erstarrter „Helden“, die auszogen, ihrem Drachenleben ein Ende zu bereiten. Nicht, dass sich oft Helden in das Unterreich oder gar in ihre Höhle verirrten, aber auch dies geschah dann und wann. Diese Leute hier waren allerdings anders; sie kannte ihren Namen. Sie konnten ihr helfen.
 

„Ich weiß, wer du bist,“ wandte Adalon nun das Wort an Kaya. Jene bemühte sich, furchtlos zu wirken, der Rest der Truppe zuckte jedoch angesichts ihrer tiefen Stimme ungeniert zusammen.
 

„Ach ja?“, antwortete Kaya (Aerie schüttelte den Kopf in Anbetracht dieser mehr als unklugen – und auch weniger wortwitzigen oder gar schlagfertigen – Antwort, und auch Kaya schien aufzufallen, dass sie sich im Moment nicht sonderlich klug verhielt, als sie Aerie einen verzweifelten Blick zuwarf). Kaya räusperte sich. „Ich meine, ja, ich weiß, und uns wurde zugetragen... dass du weißt, wie wir aus dem Unterreich verschwinden können.“

Aerie seufzte. Das lief gar nicht gut. Aber nun – abwarten und Tee trinken, wie sie immer sagte.
 

Adalon schien das ebenso zu sehen; sie widerstand dem Drang, die Abenteurer hier und jetzt bei lebendigem Leibe zu rösten und versuchte, das Gespräch in andere Bahnen zu lenken. Sie war ein guter Drache. Ein netter noch dazu.

„Irenicus hat dir etwas gestohlen, Kind des Bhaal. Er und seine blutrünstige Schwester Bodhi haben ihren Weg auch hierher gefunden; mir wurde ebenso etwas Wichtiges gestohlen, und ich möchte es wieder zurück. Meine Eier sind mir entwendet worden. Sie befinden sich im Besitz der Dunkelelfen Ust Nathas, ihr kennt wohl jene Stadt; doch ich bin gezwungen, hier zu verharren, ich kann sie mir nicht wiederholen. Ich weiß, ihr wollt weiter den Spuren Irenicus’ folgen; und ich biete euch meine Hilfe für einen kleinen Teil eures Weges an. Doch im Gegenzug müsst ihr meine Eier retten. Die Dunkelelfen mögen Menschen ebenso wenig wie Drachen, aber meine Macht unterschätzen sie auch weiterhin; die Sache ist einfach. Ich gebe euch das Aussehen der Dunkelelfen und ihr erledigt den Rest.“
 

Die gesamte Truppe hatte der Rede der anmutigen Drachendame (Aerie hatte den Begriff „Wortschwall“ im Kopf, aber der ließ sich nicht so ganz mit der „anmutigen Drachendame“ verbinden) gelauscht; Kaya hatte noch einen nachdenklichen Ausdruck im Gesicht, schien jedoch schon eine Entscheidung getroffen zu haben, als...
 

„Waaas? Wir sollen die höllische Brut eines Drachens retten, auf dass noch MEHR Drachen entstehen? Minsk mag keine Drachen! Und Eier auch nicht!“
 

Fünf kleine und ein schuppiger Kopf wandten sich Richtung Minsk, der am nächsten zum Ausgang stand.

Fünf kleine Köpfe waren gezeichnet von Verblüfftheit, Unglauben und Entsetzen, doch ein großer, schuppiger Kopf schien weniger angetan zu sein; genau genommen schienen seine Schnurrhaare wütend zu zucken (Aerie war sich auch nicht sicher, ob Drachen Schnurrhaare hatten, aber es sah hierbei fast so aus – oder die Dame hatte Bartwuchs, aber Aerie wusste nicht mal, ob Drachen Bärte hatten. Zwerge hatten Bärte. Die Svirfnebli auch. Aber Drachen?). Ein Zischen entrang sich ihrer Kehle; Adalon wusste, dass die Gruppe um Kaya ihre Eier wiederbeschaffen konnte, und ja, sie wollte sie wieder. Aber das stand nicht ausschießlich in Kayas Macht, und jetzt war Adalon wütend. Sie war ein guter Drache, ein nettes und liebenswertes (zwar silbernes, aber dennoch nicht sonderlich hübsches, wie Aerie dachte) Geschöpf; sie war von klugem und besonnenem Wesen, letzendlich war jedoch auch sie nur ein Drache.
 

Sie musste eine verdammte Höhle bewachen. Sie konnte kaum fressen. Sie konnte keine niveauvollen Konversationen führen, schließlich war niemand außer ihr hier. Und man hatte ihre Eier gestohlen.

Ja, sie hatte ein Recht darauf, auch mal weniger nett zu sein. „Ihr wagt es...“
 

Allerdings hatte Adalon in all ihren zornigen Gedanken vergessen, sich gleich daran zu machen, die vorlauten Winzlinge zu bestrafen; und diese wiederum hatten die Chance genutzt, aus der Höhle zu fliehen. Adalon spie ihnen eine Flamme hinterher, aber außer einem „AAAAAH!“, das in den Windungen der Höhle widerhallte, blieb von den Menschen nichts zurück.
 

***
 

Und nun waren sie hier. Aerie seufzte; sie hatten sich gezwungenermaßen einen anderen Plan ausdenken müssen. Sie alle waren der Ansicht, dass nur Adalon sie hier rausbringen konnte; also mussten sie einen Weg finden, die Drachendame zu besänftigen, schließlich stand sie ihnen im Moment nicht gerade wohlwollend gegenüber.
 

Minsk hatte schließlich – nachdem er sich ob der wütenden Blicke seiner Mitstreiter wieder traute, ein paar Worte von sich zu geben – den Vorschlag gemacht, die Eier des Drachen in ihre Gewalt zu bringen; das wäre zwar riskant, aber weniger riskant, als ohne jegliches Bestechungsmittel in die Höhle des Löwen – Drachen – zu marschieren und sie erneut um Hilfe zu bitten. Vermutlich würden sie als Schaschlikspieße enden, versuchten sie dies. Oder als Röstzwiebeln, das war noch naheliegender, vermutete Aerie, wenn sie an den Feuerodem des Drachen dachte.
 

Ja, das würden sie auch tun, hatten sie sich entschieden, das „Wie?“ bildete jedoch eine weitere Hürde, die es zu überwinden galt. Und da kam wieder Minsk ins Spiel.
 

Letztendlich rührten sie hier also einen Farbtopf an; Edwin und Kaya hatten die hauptsächliche Arbeit übernommen (Edwin allerdings nur, nachdem Kaya gedroht hatte, ihn ohne jegliche Tarnung in die Elfenstadt zu schicken); und nun waren sie dabei, die dämlichste, wahnwitzigste und bescheuertste Idee, die je irgendeinem Menschen einfallen konnte, in die Tat umzusetzen (so dachte zumindest Aerie, sie vermied jedoch tunlichst, einen derartigen Kommentar abzugeben).
 

Minsk war noch immer damit beschäftigt, möglichst still in einer Ecke zu sitzen, nachdem er seine Ideen kundgetan hatte (Aerie dachte daran, dass seine Ideen gewissermaßen seinem Intellekt entsprachen, aber sofern sie funktionieren würden... Sie hatten ohnehin keine Wahl!), doch er konnte sich eine gewisse Vorfreude nicht verkneifen. Vermutlich begriff er nicht, in welche Gefahr sie sich hier eigentlich begaben, aber das war, soweit es Minsk betraf, Aerie relativ egal; sie wollte nicht darauf hoffen, dass Minsk in Ust Natha aufflog und einigen wütenden Drow-Weibchen zum Opfer fiel, das wäre nicht nett, aber sie konnte auch nicht umhin, zumindest einen winzigen Funken Hoffnung an diesen Gedanken zu klammern.
 

Tja, und jetzt standen sie hier mit einem Eimer blaugrauer Farbe, mit Edwin, der weitere magische Vorbereitungen traf, um den Rest anzupassen, und waren dabei, sich zu verkleiden – als gingen sie zu einem verdammten Maskenball.
 

Aerie schüttelte schicksalsergeben den Kopf. Wenn das gut ging, würde sie Minsk irgendeinem der Götter zum Fraß vorwerfen. Nur zur Sicherheit.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2007-11-22T16:13:21+00:00 22.11.2007 17:13
mein gott wie stumpf Minsk sein kann.
hab mich fast schrottig gelacht.
bleibt nu noch eins zu dsagen BALDURS GATE ROCKZ!



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