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Red Eyes

~Nr.1- the night of moonset
von

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Sternensucher

Ein eisig kalter Wind flog über den Schnee bedeckten Pfad hinweg. Dunkelheit und die Stille der Natur erfüllten die Gegend und die Zeit schien zu verharren um diesen sinnlichen Moment fest zu halten zu können. Der Horizont war von einem tiefem, klarem Schwarz erfüllt, in dessen ganzer Weite sich eine Ebene aus funkelnden und strahlenden Punkten ausbreitete. Nirgendwo anders als hier nahm die Natur und ihre Bewohner, schon so früh Kenntnis von dem bevorstehendem Winter. Überall ruhten die Tiere bereits in ihren Unterschlüpfen , während draußen eine kalte Brise vom nächstem Schneefall sang. Niemand vermochte zu diesem Zeitpunkt zu sagen,wie viele Geister des Waldes schon schliefen und wie viele erst noch erwachen würden.

Der Mond war bereits aufgegangen, als Inajá ihren Weg nach hause antrat und mit knirschenden Geräuschen durch den knöchelhohen Schnee stapfte. Dicht hinter ihr sprangen noch vier Pfoten im Schnee herum, während kleine Füße versuchten Halt auf Steinen und Anhöhen zu finden.

„Inajá-miajmi?“ Etwas zupfte ungeduldig an Inajás langem Gewand, dessen Saum kurz vor ihrem Knöchel endete und die junge Frau in einen sanften Braunton kleidete.

Inajá wand den Blick nach unten,wo ihr zwei große braune Augen entgegen schauten. Nyuún war Inajás kleine Schwester, unmittelbar nach ihrem, nur zwei Winter jüngerem Bruder, Karator.

„Was möchtest du, Nyuún? Komm, Mutter wartet bereits. Und du willst doch nicht, dass es Vater wieder schlechter geht, nur weil wir mit dem Feuerholz getrödelt haben oder?“ Nyuún schüttelte heftig den Kopf, ließ das Gewand jedoch keine Sekunde aus den Händen.

„Nur eine Frage! Bitte,bitte! Beantworte sie mir! Die ist wichtig!“ Nyuún wippte ungeduldig auf ihren Füßen herum und zupfte auffordernd an den Kleidern ihrer Schwester herum.

Inajá seufzte kaum hörbar, nahm ihre Schwester an der Hand und zog sie auffordernd weiter.

„In Ordnung, aber nebenbei laufen wir weiter.“

Nyuún weigerte sich zunächst weiter zu gehen und warf ihrer Schwester einen schmollenden Blick zu.

„Na komm schon. Oder willst du, dass dir deine kleinen Lippen zufrieren und ich dir deine Frage niemals beantworten werden kann?“ Nyuún dachte kurz nach wobei sie, wie ein kleines Kind eben so ist, das Kinn auf den Brustkorb legte und abfällig zur Seite sah.

„Hmmm...Na gut.“

„Na also. Dann komm, ich kann auch im laufen reden, dass weist du doch.“

„Oh ja und wie ich dass weiß.“ Nyuún grinste höhnisch und sprang in kleinen Schritten neben ihrer Schwester her.

Es vergingen einige Augenblicke bis sie wieder normal lief und nachdenklich das Fell ihres Chiobos streichelte.

„Bekommen alle Wesen einen Stern?“

„Hm? Wie meinst du das?“

„Bekommt jedes Wesen einen Stern, der auf seine Liebsten aufpasst, wenn es stirbt?“ Inajá zog leise die Luft zwischen den Zähnen hindurch und sah zum Himmel hinauf.

Die Sterne leuchteten heute wieder von in ihrer ganzen Pracht.

In ihrem Lichte war sogar der Mond nur noch ein beiläufiges Objekt am Horizont.

„Ich weiß es nicht genau. Aber ich denke schon.“

„Die Götter sind da oben oder?“

„Die Götter? Na ja, nicht alle. Nur die Götter, die der Welt geholfen haben. Die anderen sind ganz, ganz tief unter uns. Wieso fragst du?“ Nyuún ignorierte die Frage und wuschelte dem Chiobo durch das dunkelbraune Fell.

„Passen die Götter auf die Sterne auf?“

„Vielleicht, ich weiß es nicht genau. Aber warum fragst du denn so viel? Du hast dich doch noch nie für Sterne interessiert.“

„Bekommt Vater auch einen Stern?“

Nyuún ließ ihre Hand vom Fell ihres Haustieres sinken und sah

Inajá traurig an.

„Bekommt Vater auch einen Stern?“ Sie wiederholte ihre Frage, doch Inajá schwieg noch einen Augenblick bevor sie den Kopf in den Nacken legte und zum Sternenzelt hinauf sah.

„Ja. Ja, ich denke schon. Wahrscheinlich bekommt er sogar den Größten. Den neben Yúun, siehst du?“ Sie deutete mit der Hand hinauf,zu einem Stern, welcher in seinem Licht alles zu übertreffen schien. Sein Funkeln war dem eines Kristalls ebenbürtig.
 

„Yúun? Yúun ist doch die große Göttin?, oder?“

„Richtig. Yúun ist die Göttin des Krieges. Sie beschützt die Krieger im Kampf,gib ihnen Mut und Hoffnung und geleitet die Seelen der Verstorbenen sicher vom Schlachtfeld damit sie nicht umherirren oder dem Bösen in die Hände fallen. Außerdem steht sie auch für die Kameradschaft und Treue, für Loyalität und Ehre und für die Freundschaft unter Feind und Freund. Früher war sie ein kleines Mädchen, genau wie du.

Sie hatte ein ruhiges Leben, hatte Haustiere und Geschwister.

Doch als eines Nachts eine Schar Dämonen ihr Dorf überfielen und ihre Familie töten, änderte sie ihr Leben. Sie gab das Landleben auf, nahm nur die Sache die sie noch brauchte und verschwand von Heidrént nach Tastaba und von dort überquerte sie mit einem Schiff das Kristallmeer um im Tempel der Sherati, auf der Insel Lebuna ihre Ausbildung zur Kriegerin zu machen. Den Rest erzähl ich dir später, wir müssen uns beeilen bevor uns noch jemand vermisst.“

„Nein! Erzähl weiter, bitte!“

„Nein, nein. Ich will dir doch nicht den Spaß am Unterricht nehmen.“ Inajá grinste ihre kleine Schwester an, doch diese erwiderte nur mit dem typischem Kleinkindblick,welcher soviel heißen sollte wie „Darauf kommen wir nochmal zurück, keine Sorge.“ , bevor sie dann ebenfalls fast lachen musste und frohen Gemüts ein paar Schritte neben ihrer Schwester her sprang.

„Du?“

„Ja?“ Inajá wirkte leicht angenervt, ließ es aber ihre kleine Schwester nicht merken. Was konnte die denn dafür, das ihr solche Themen immer dann einfielen, wenn sie entweder schon längst im Bett seien sollte, oder es gerade einfach kein passender Moment war. Vor einiger Zeit hatte sie ihren Vater damit fast jeden Abend am Essenstisch verrückt gemacht – was jedoch wirkte! Ihr Vater war ein alter Krieger des Dorfes und wusste über die Götter und ihren Segen, über ihre Priester,die Dämonen und die Tempel gut Bescheid. Auch was den Schiffbau und die Armeeaufstellungen anging, so war er auf diesen Wegen gut bewandert. Eines Abends hatte sie ihn sogar solange angefleht, bis er ihr ,mittels ihrer Figuren, zeigte wie man eine Kesselschlucht aus allen Himmelsrichtungen einnehmen konnte.

„Werde ich später auch so eine große Kriegerin?“
 

Inajá zog sich die Lunge im Leibe zusammen. Die selbe Frage hatte sie ihr Bruder gefragt, bevor er drei Jahre später spurlos verschwand um zum Heer zu gehen. Damals gab es eine Menge Ärger mit Vater. Er schimpfte und schrie, das Karator zu Hause bleiben solle, dass das Soldatenleben viel zu gefährlich sei und das er es sich niemals verzeihen würde, wenn er ihn jetzt gehen lassen würde. Doch Karator war stark und er hatte seinen eigenen Willen. In der Nacht des großen Mondfestes war er dann aufgebrochen, ohne sich von seinen Eltern zu verabschieden. Nur Inajá hatte er noch einmal verabschiedet und für Nyuún etwas hinterlassen. Sein letztes Erinnerungsstück baumelte nun seid vier Wintern um Nyuúns Hals. Es war Amulett mit einem goldenem Mond und dem Wappen Kavadons dahinter, gehalten durch vier silberne Krallen, welche das Amulett mit der Kette verbanden.

„Ich weiß nicht. Aber willst du denn wirklich dein Leben hier aufgeben? Ich meine, denk doch mal an Mutter und Vater.

Sie würden bestimmt traurig seien, wenn sie erfahren würden, dass auch du uns verlassen willst.“

„Ja, ich will. Ich will auch so eine große Kriegerin werden.

Und ich will Karator finden!“

„Karator ist tot Kleine. Und das weißt du auch.“

„Nein, ist er nicht! Er lebt, ich weiß es! Und ich werde ihn finden.“ Nyuún riss sich los und rannte ein paar Schritte voraus. Inajá seufzte, hob Sefahs Leine auf und rannte hinter Nyuún her. Als sie, sie eingeholt hatte, packte sie ihre kleine Schwester, etwas fester als nötig, an der Schulter, drehte sie zu sich und setzte sich in die Hocke um ihr in die Augen sehen zu können.
 

„Hör zu Nyuún. Ich weiß dass dich das zur Zeit sehr beschäftigt, besonders weil ihr jetzt auch in den Lehrstunden viel über die Kriege erfahrt, aber überdenke deine Meinung nochmal! Und wenn Karator wirklich noch leben sollte,warum hat er sich dann nie gemeldet? Warum hat er dir nie was zum Alljahrestag geschickt? Oder wenigstens eine Nachricht gesendet? Oh, entschuldige. Ich wollte dich nicht zum weinen bringen.“ Sie schloss ihre Schwester fest an sich, welche nun wie ein Wasserfall ihren Gefühlen freien lauf ließ.

Als es wieder einiger maßen ging, ließ Inajá sie los und beide schritten den restlichen Heimweg an. Fortan herrschte für lange Zeit eine bedrückende Stille. Nyuúns lief nun ,wieder mit Sefah an der Hand,still neben Inajá her, während diese in ihre Gedanken versunken auf den Boden starrte. Jetzt wo in ihr all die Gefühle der letzten Jahre wieder aufgestiegen waren, war sogar ihre unermüdliche gute Laune verschwunden, mit welcher sie sonst alle Menschen in ihrem Umfeld ihre Sorgen nehmen konnte. Jetzt jedoch,so schien es, kamen ihre eigenen Nöte ans Oberlicht, welche sie sonst immer zurück halten konnte. Jedenfalls so lang und sorgfältig bis sie alleine war.

Erst als sie ein Rascheln im Unterholz hörte, gelang es ihr sich aus ihren trübseligen Gedankenströmen zu reißen. Sie blieb kurz stehen,lauschte in die Dunkelheit, ging dann aber weiter. Ihrer Schwester nickte sie nur lachend zu. Nach einigen hundert Metern war da jedoch wieder dieses Kratzen und scharren, als ob sich etwas massives seinen Weg durch das Unterholz bahnte. Und auch Sefah wurde diesmal unruhig.

Wie ein Jäger spitze er die Ohren, ließ den wachsamen Blick durch das Geäst streifen,welches in der Dunkelheit bizarr und erschreckend wirkte. Und doch fühlte sich Inajá beobachtet.

Irgendetwas passte nicht in das Sinnbild, ihrer natürlichen Umgebung. Sefah begann zu knurren. Seine Federn, welche ihm vom Genick bis zum Becken bedeckten, stellten sich leicht auf. Er schien zu wissen was da war.

Inajá raste das Herz, sie wandte sich um, holte mit raschen Schritten zu Nyuún auf und nahm sie an die Hand.
 

O Hálendriás! Bitte nicht! Nicht jetzt!
 

Inajá hetzte mit Nyuún den Pfad entlang, sich selbst zuflüsternd das es da nichts gäbe, was sie bedrohen könne.

Doch innerlich erreichte ihre Stimme das genaue Gegenteil.

Ihr Herz raste, als wolle es ihr gleich aus der Brust herrausspringen und davon rennen.
 

Das darf nicht sein! Es gibt sie doch gar nicht mehr! Es...es darf sie nicht mehr geben!!!
 

Das Kratzen und Scharren hörte auf, als ein mächtiger Schatten aus dem Gebüsch auf den Weg übersetze. Dafür setzte jedoch ein rhythmisches, dumpfes Klopfen ein, welches dem einheitlichem Klang Vier mächtiger Pranken auf dem Waldboden glich. Inajá warf, trotz all ihrer inneren Sinne, welche es ihr verboten sich um zu drehen, einen Blick nach hinten. Und sie erstarrte. Ein riesiger Körper, über und über besetzt mit Dornen und Schuppen bewegte sich auf sie zu. Langsam und bedrohlich kam es näher. Gerade so als ob es sich Zeit lassen würde. Zeit? Die hatte Inajá jetzt nicht mehr. Mit einem Ruck warf sie sich herum, packte Nyuún unter den Armen und setzte sie auf Sefahs Rücken.

Dieser schien zu ahnen was sie damit bezwecken wollte.
 

„Inajá, was ist das?“

„Ich weiß es nicht. Aber egal was passiert. Rennt! Rennt nach hause! Ich werde nachkommen.“

Ein mächtiges Gebrüll erschütterte den Boden und das Trommeln wurde lauter.

„Lauft!“ Mit einem kräftigen Schlag auf Sefahs Hinterläufe trieb sie den jungen Chiobo an, bevor sie schließlich ihre eigenen Beine in die Hand nahm und wie vom Tod selbst verfolgt, davon hetzte.

Ihre Schritte rasselten im Unterholz, durch welches sie sich nun durcharbeiten musste. Sie arbeitete sich mitten durch die Bäume hindurch, um dem Biest keine Chance zu lassen ihre Schwester zu verfolgen. Sie konnte nur hoffen dass, das Vieh blöd genug war um ihr nach zu setzen.

Und tatsächlich,es folgte ihr.

Inajá setzte über umgefallene Bäume hinweg, rannte durch Sträucher und Blätterhaufen hindurch. Als sich ein brennendes Stechen in ihrer Linken Seite breit zu machen begann suchte sie Schutz hinter einem riesigem Baum und lauschte in die Ferne. Mit angehaltenem Atem stand sie da und wartete.

Doch nichts geschah. Das Wesen schien ihre Fährte verloren zu haben und hetzte nun hinter ihrer Schwester hinterher.

In Inajá stieg Verzweiflung auf. Sie hatte sich zu weit von diesem Scheusal entfernt und nun schien es verschwunden. Inajá drehte sich mit halben Oberkörper herum, um hinter den Baum spähen zu können. Doch da war nichts. Der Wald lag in völliger Stille, so als ob nichts gewesen wäre.

Inajá stieß einen gequetschten Fluch aus und empfing ihre Antwort aus der anderen Richtung. Blitzartig drehte sie sich wieder herum, drückte sich mit dem Rücken an den Baum und erstarrte. Sie blickte in zwei schwarze, Hass erfüllte Augen und sah gerade noch den Kiefer herumschnappen. Dies war das Letzte was die junge Frau jemals sehen würde.
 

Nicht einmal ein Schrei hatte sich aus ihrer zugeschnürten und schlussendlich durchtrennten Kehle lösen können.

Dafür jedoch löste sich ihr Gegner nun lautstark kratzend und das Holz zersplitternd, aus der Baumrinde heraus und setzte auf den Boden auf. Seine Aura flammte wie ein wild gewordener schwarzer Schatten und umhüllte es schaurig.

Der Wald schwieg...



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  sunshishi
2008-06-02T18:49:16+00:00 02.06.2008 20:49
Wow,

geiles Kapitel. Bin ganz erschlagen von der Fülle an Informationen, die du hier reingesteckt hast.
Erst einmal mag ich die beiden Mädchen. Du hast sie anschaulich anhand ihrer Taten beschrieben ohne ihnen eine genaue Gestalt (Größe, Form, Haarfarbe usw.) zu geben. So kann sie sich jeder selbst vorstellen wie er will (oder das kommt später noch^^).
Und die Beschreibung von Yúun mochte ich. Ich finde deine ganze Mythologie ja schon so lange toll. Und endlich erfahre ich ein bisschen mehr über den Götterpantheon dieser Welt *froi*
Und ich mag das Haustier. Ich fand es toll, dass man die ganze Zeit miträtseln konnte, was das für ein Tier sein soll. Irgendwie habe ich lange Zeit etwas Hundeartiges in Verdacht gehabt, aber letzten Endes ist es ja eher ein Reittier - mit Federn. Hat es auch Flügel und einen Schnabel?
Irgendwie schade, dass Inajá so einen unrühmlichen Tod sterben musste *schnüff* Ich hoffe, dass es wenigstens nyúun schafft. Und ich bin gespannt, was das für ein Untier ist.
Freu mich aufs nächste Kapitel^^

SuShi


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