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Stirb langsam

... und qualvoll [KaixHil]
von

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01 - Alltag

Stirb langsam... aber qualvoll
 


 

01 - Alltag
 

Er schreit. Ich kenne ihn nicht, ich weiß nicht, wie er ist, was er macht. Aber ich weiß, was er fühlt.

Aber das vergesse ich. Mal vergessen können.

Er schreit lauter. Er legt die Arme um den Kopf, versucht sich zu schützen. Er ist hilflos, so hilflos.

Ich haue weiter drauf. Alle treten und quälen ihn, und er schreit, schreit, schreit.
 

Man könnte mich eine Schlägerin nennen. Man könnte mich als grausam bezeichnen.

Skrupellos, abstoßend. Kriminell würde es wohl treffen. Ich allerdings bevorzuge "Abschaum der Menschheit".

Das passt wohl am Besten.
 

Es gibt nicht viel, was man über mich wissen muss. Noch nicht mal viel, was man über mich wissen kann.
 

Ich habe keine Freunde.
 

Ich bin in einer Gang. Eine Gang, die erpresst, stiehlt, schlägt und anderen Angst macht. Die anderen aus dem Clan finden das cool. Sie denken, man hat vor ihnen Respekt, man schaut zu ihnen auf, weil ihnen niemand wehtun kann. Das ist gelogen. Man kann ihnen physisch nichts. Aber das ist so gut wie egal. In Wirklichkeit haben sie Angst, Angst vor allem und jedem. Man könnte denken, dass könnten meine Freunde sein. Aber ich habe keine.
 

Was wäre das auch für eine Freundschaft? Was soll man mit Leuten anfangen, die zuhauen, egal, ob jemand sie nur nach dem Weg fragen will?
 

Ich bin genauso. Das ist wohl der Grund, warum ich keinen habe. Keinen, mit dem ich reden kann, keinen, der mich versteht.
 

Sicher stellt man sich jetzt die Frage, warum ich nicht aus dem Clan aussteige. Ich habe keine Angst vor den anderen, keine Angst vor Schmerzen, blauen Flecken, gebrochenen Knochen.

Ich habe nur nichts Besseres zu tun, als kriminell zu sein.

Möchte irgendjemand meine Polizeiakte sehen?

Ich weiß, so etwas nennt man wohl schwarzen Humor.

Ha, ha.
 

Was meine Eltern dazu sagen?

Nicht viel. Meine Mutter heult. Das tut sie immer.

Ich habe schon seit zwei Jahren keinen einzigen Satz von ihr ohne Schluchzen gehört. Sie macht Tag für Tag nichts anderes.
 

Jeder tut wohl das, was er am Besten kann.

Mein Vater ist ein Schläger. Genau wie ich. Er schlägt meine Mutter, meinen Bruder und er schlägt mich.

Er säuft. Den ganzen Tag. Wenn er so weiter macht, muss er bald sterben.
 

Ich könnte jetzt "Gott sei Dank" sagen.

Warum tue ich es nicht? Ich weiß es nicht. Er ist mein Vater.

Meinen großen Bruder Kevin habe ich schon erwähnt. Er ist ein Junkie.

Heroin.

Seine Schuldner stehen jeden Tag bei uns vor der Tür. Okay, jeden Tag ist übertrieben.

Jeden zweiten.

Er hätte lieber zur Bank als zu Kredithaien gehen sollen. Und das Geld für eine Entzugstherapie anlegen sollen. Wäre für meinen Vater auch eine sehr gute Sache.

Vielleicht als Geschenk, zum nächsten Geburtstag.
 

Ich komme nach Hause. Die Wohnung ist voller Dreck. Das ist sie immer.

Es stinkt. Nach Alkohol, nach Schweiß. Es ist ekelig. Aber das ist es immer.

Ich mache die Tür zu, schmeiß den Schlüssel auf den Boden.

"Ah, da kommt die kleine Schlampe ja!"

Mein Vater. Er schreit laut, stürzt in den Flur. Er hat getrunken. Meine Mutter heult.
 

Wütend schaut er mich an. Sein Fettbeflecktes Unterhemd schaut noch ein Stück aus der heruntergekommenen Jeans, seine braunen Haare hängen strähnig vom Kopf. Sein Hosenstall ist noch offen.
 

Er hatte Sex mit meiner Mutter. An sich sollte so etwas bei Eltern öfter geschehen.

Aber ich weiß, meine Mutter wollte nicht mit ihm schlafen. Er vergewaltigt sie.

Das tut er immer.
 

In seine Augen flackert es. Die Wut. Vielleicht auch der blanke Wahnsinn.

"Warum war die Polizei gerade bei uns?"

Ich sehe ihn an. Ich halte seinem Blick stand. In meinem Innern schüttelt es mich. Es ist ekelhaft. Er ist ekelhaft.

"Sag du es mir."

Er holt mit der Hand aus.

Bam.

Meine Wange brennt ein bisschen. Sonst tut es nicht weh.

Reine Gewohnheit.
 

Ich gehe in die Küche. Hunger. Das dreckige Geschirr stapelt sich in der Spüle. Es ist dunkel. In unserer Wohnung ist es immer dunkel. Die Jalousien sind unten.

Säufer sind wie Vampire. Die vertragen kein Licht.

Sie saugen ihren Mitmenschen auch das Leben aus.

Ich lebe nicht mehr.

Nicht mehr richtig.
 

Ich bin jetzt fünfzehn, fast sechszehn. Ich sollte in die neunte Klasse einer Realschule gehen. Ich war mal auf dem Gymnasium.
 

Bis der Säufer seinen Job verlor.

Da war er noch nicht der Säufer. Da war er noch mein Vater.

Da war die Welt noch bunt und schön.

Da war das Leben noch ein Leben.

Da war alles noch in Ordnung.

Da gab es noch Gefühle wie Geborgenheit, Schutz, Zuversicht.

Freundschaft.

Liebe.

Ich weiß nicht mehr, wie sich das anfühlt.
 

Im Moment weiß ich nur, wie sich die knatsch-gelben Gummihandschuhe anfühlen und wie das Geschirr stinkt.

Eine halbe Stunde dauert das Waschen. Der Säufer stinkt. Ich höre sein Gegröle aus dem Wohnzimmer.
 

Meine Mutter heult immer noch. Was sonst.

Es macht ihm nichts mehr aus.

Reine Gewohnheit.

Anfangs ging es ihm noch auf den Sack.

Anfangs hat er sie noch geschlagen.

Aber da hat sie nur noch mehr geheult.

Irgendwann ist dem Säufer dann aufgefallen, dass eine flennende Ehefrau, die man vögeln kann, auch ganz unterhaltsam ist.
 

Jetzt haut er höchstens noch zu, damit sie lauter schluchzt.

Ich bin fertig. Meine Mutter kommt in die Küche.

Die Augen sind rot und verquollen. Das sind sie immer.

Sie wirkt so klein, so schmächtig. Dünn und abgemagert und trotzdem irgendwie schön.

Meine Mutter war einmal eine sehr hübsche Frau. Für mich war sie die Schönste von allen. Die Männer haben ihr hinterher gepfiffen. Jetzt pfeift keiner mehr.

Durch die vielen blauen Flecken kann man ihr Gesicht gar nicht mehr erkennen. Sie kann sich nicht wehren. Ich habe eine Mutter, die sich nicht wehren kann.

Das ist peinlich.
 

"Danke, mein Schatz. Lieb von dir, dass du mir hilfst."

Sie will mir über die Wange streicheln. Ich drehe mich weg.

Sie weiß ganz genau, dass sie sich nur selbst helfen kann. Sie könnte mir helfen, sie könnte Kevin helfen. Aber sie tut es nicht. Sie ist zu schwach, um einfach mit uns abzuhauen. Sie könnte diesem Wahnsinn ein Ende setzen.

Aber sie tut es nicht.
 

Ich habe immer noch nichts gegessen. Mir ist der Appetit vergangen.

Ich gehe in mein Zimmer. Es ist das Zimmer eines kleinen Mädchens. Ich habe es bekommen, als ich sieben war. Da hat sich mein Vater noch die Mühe gemacht, etwas für mich zu tun. Da waren wir noch eine glückliche Familie.

Ich hasse Alkohol.

Ich höre, wie die Wohnungstür aufgemacht wird. Schlurfende Schritte. Kevin.

Ich hasse Heroin.

Kevin kommt unbemerkt in sein Zimmer.
 

Der Säufer muss schon schlafen.

Warum höre ich ihn nicht? Er müsste schnarchen wie ein Bär.
 

Ich liege in meinem Bett. Es ist spät, ich sollte auch schlafen. Aber ich tue es nicht.

Ich schlafe in letzter Zeit nicht mehr viel. Ich habe in den letzten zwei Jahren nur sehr wenig geschlafen.

Es klingelt. Jemand geht und macht die Tür auf. Die Schritte sind klein und zaghaft, wie die eines Kaninchens.

Meine Mutter.
 

Der Säufer kann es nicht sein, er bewegt sich wie ein Walross.

"Überraschungsbesuch!" Eine harte Männerstimme peitscht durch den Flur. Bedrohlich und furcht erregend. Einer von den Kredithaien, Kevins Gläubiger.
 

Und es klingt nach allem anderem als nach einer freudigen Überraschung.

"Wo ist dein Sohn?"

Meine Mutter schreit auf. Sie fängt an zu heulen. Die Typen müssen ihr wehgetan haben.

"Sag schon, wo ist der kleine Pisser?"

"Er...e-r ist....i...we-w...eg." Sie stößt zwischen den Worten die Luft immer und immer wieder hoch, wie ein Kleinkind, dass hingefallen ist und nun schluchzt.

"Bitte... Sie tun mir weh!"

Ich höre ihre Angst.

Angst und Schmerz.
 

"Schnauze!"

Ein dumpfer Knall. Mama. Sie müssen sie gegen die Wand geschleudert haben.

Sie wimmert.

Ich habe das Gefühl, ihre Verzweiflung zu spüren... ich fühle es ganz deutlich.



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von: abgemeldet
2008-04-27T20:44:55+00:00 27.04.2008 22:44
boah geil!
endlich mal eine geschichte bei der nich alles friede freude eierkuchen isT
das gefällt mir!!!
mach nur weiter so ^^
lg beton ^^
Von:  Kitten92
2008-03-18T13:02:11+00:00 18.03.2008 14:02
also ich find die story total gut
ich mag vor allem dein schreibstiel gern
mach ja weiter so

Von: abgemeldet
2008-03-17T16:28:27+00:00 17.03.2008 17:28
ein hartes leben,

mal schauen was sie so erleben wird...

die story klingt nicht schlecht

bin schon gespannt wie es weiter geht
Von: abgemeldet
2008-03-14T16:42:46+00:00 14.03.2008 17:42
die arme....

bin schon gespannt wie es weiter geht!
Von:  Fairytale_x3
2008-02-24T19:06:03+00:00 24.02.2008 20:06
hey du!
der anfang gefällt mir, bin mal gespannt wies
weitergeht!*g*
sagst du mir dann bescheit?*lieb schau*
cucu
mfg
talachen!^^
Von:  Yamadera
2008-02-24T15:07:10+00:00 24.02.2008 16:07
der anfang klingt echt nicht schlecht
wenn du weiter so machst dann wird das ne richtig gute story werden
mach weiter so

LG
Giga-Freak


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