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Kirika

Ein Schicksal zweier Lebewesen
von

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Erwachen

Dritte Chronik: Einheit
 

Sie liebte ihn, und im selben Atemzug sagte sie, dass es ihr leid tat. Der Menschenjunge Kirika wunderte sich über diese Worte, doch wich dieser Gedanken bereits im nächsten Moment dem Gefühl des Glücks und des Friedens, als das Mädchen ihn liebevoll küsste. Aber als sie den Kuss wieder lösten, der Junge seine Augen wieder öffnete, stand das Mädchen auf, entfernte sich einige Schritte von ihm, fast als hätte sie Angst vor etwas, vor ihm, bis sie aufgrund der Höhlenwand nicht mehr weiter zurückweichen konnte. Ihr Blick war voller Trauer, voller Schmerz, aber noch bevor Kirika die Frage, welche ihm bei diesem Anblick durch den Kopf schoss, aussprechen konnte, ertönte vom Höhleneingang her bereits eine tiefe männliche Stimme. Diese Stimme, stammend von einem Menschen, welcher nur wenig älter als Kirika selbst zu sein schien, belobigte das Mädchen für ihre gute Arbeit – woraufhin sie endgültig schuldbeladen ihren Blick zum Boden wandte, nicht mehr fähig Kirika anzusehen, seinem fragenden Blick stand zu halten. Ehe der Junge noch dazu in der Lage war Sinn in die derzeitige Situation hinein zu bekommen, war der Fremde auch bereits bei ihm, kniete sich neben ihm nieder. Er würde ihm gute Dienste leisten, sprach der fremde junge Mann, während er mit unmenschlichen Geschwindigkeit seine flache Hand zu Kirika´s nackter Brust führte. Augenblicklich verspürrte der Junge eine unbeschreibliche Müdigkeit, alles wurde erst dämmrig und wenige Momente später Schwarz. Die letzten Worte, welche er vor seinem einsetzenden Schlaf vernahm, waren, dass nun nur noch ein kleines Detail fehlte, um Kirika endlich ein für alle Male besiegen zu können, diesem ein Ende zu bereiten wie er es verdient hatte für all seine Taten, all seine Worte.

Die beiden Drachen lebten eine Weile in Lucretia´s Land, doch nach einigen Jahren und vielen Geschichten über Lemuria, welche Kirika der Silberdrachin erzählte, beschlossen sie gemeinsam zur Insel der Drachen zu reisen. Sie war genauso wie Kirika sie in Erinnerung hatte, unverändert wie sie es wohl immer sein würde. Der Drache zeigte seiner Partnerin die ganze Insel, all die besonderen Plätze, welche er über die Jahrhunderte hinweg entdeckt hatte, und natürlich auch seinen gewaltigen, zu einem guten Teil aus unzähligen Büchern bestehenden, Schatz. Abermals stellte die Silberdrachin die Frage, ob Kirika denn niemals genug vom lesen bekommen würde, eine Frage, welche sie bereits lange schon nur noch rethorisch um ihn zu necken stellte. Aber die unbekümmerten fröhlichen Tage waren bald vorbei, denn schon kurz nach ihrer Ankunft auf Lemuria verschwand Lucretia von einem Abend auf den nächsten Morgen. Nicht spurlos, keineswegs, denn ein dem Bronzedrachen nur allzugut bekanntes Zeichen war in seinem Hort hinterlassen worden, das Zeichen seines ewigen Rivalen, des grünen Drachen dessen Namen er immer noch nicht kannte. Wider dem Rat aller anderen alten Metalldrachen machte sich Kirika alleine auf den Weg in das Territorium der Farbdrachen, zum Hort des Entführers der ihm wichtigsten Person in seinem Leben. Er versuchte nicht sein Kommen geheim zu halten, verschwendete keine Zeit damit eine Planung aufzustellen – er hatte ein Ziel, und er würde es erreichen. Er würde Lucretia aus den Fängen dieses Drachen retten, wie auch immer er sie überhaupt unbemerkt entführen hatte können. Dieser grüne Drache hatte bereits viel getan, doch dies war eindeutig über jeder Grenze des tollerierbarem. An diesem Tag würde Blut fließen, und zwar in strömen, dies hatte Kirika beschlossen.

Der Flug zum Hort des Entführers war erstaunlich einfach, kein Farbdrache, keine magische Barriere, nichts versuchte den Bronzedrachen von seinem Vorhaben abzuhalten. Zum ersten Mal in seinem Leben betrat er den Hort seines Rivalen – er war verwinkelt, bestand aus einem unterirdischen Gangsystem, welches es ihm nicht erlaubte sich in seiner wahren Form zu bewegen. Aber daran störte sich Kirika nicht, er war seine menschliche Gestalt fast so sehr gewöhnt wie die seiner Geburt. Die Gänge gingen tief, ein seltsames Gefühl breitete sich in dem Bronzedrachen aus, welches er jedoch ignorierte. Er war nicht gekommen um am Ende wieder ohne Lucretia umzukehren. Und so kam es, dass er schlussendlich in einen gewaltigen Raum kam, einen Raum wie Kirika weder jemals zuvor gesehen noch davon gelesen hatte. Er schien wie ein gewaltiges Labor, doch wäre wohl kein Mensch je dazu in der Lage etwas solches zu errichten. Aber es spielte keinerlei Rolle was alles in dieser unterirdischen Kammer war, nichts konnte den Bronzedrachen so sehr aus der Fassung bringen wie der gewaltige zylindrische Glascontainer in der Mitte. Ein Glaskontainer, gefüllt mit einer seltsamen klaren Flüssigkeit, in welcher er sich selbst befand – oder zumindest etwas, dass genauso aussah wie der Bronzedrache in seiner menschlichen Gestalt. Ungläubig machte Kirika einige Schritte auf den Behälter zu, wie um sich zu versichern, dass dieser auch wirklich dort war. Mit jedem Schritt, dem er sich selbst näher kam, fiel es ihm schwerer einen weiteren zu machen. Doch als er endlich bis auf wenige Meter herangekommen war, vernahm er plötzlich hinter sich eine nur zu vertraute Stimme. Es war sein ewiger Rivale, der grüne Drache, wie er selbstsicher wie noch nie zuvor in seiner menschlichen Gestalt am Eingang des Labors stand. Doch war dieser nicht alleine, denn hinter ihm waren die schwachen Konturen einer weiteren Person auszumachen. Kirika versuchte zu erkennen wer es war, doch beanspruchte der grüne Drache seine ganze Aufmerksamkeit – und nachdem der Bronzedrache ohnehin einige Fragen an diesen hatte bevor er ihn umbrachte, beschloss er die Person hinter dessen Rücken erst einmal bei Seite zu lassen. Es war allerdings nicht wirklich ein Gespräch zwischen den beiden Drachen, sondern vielmehr das Gerede von jemanden, der seinem Gegner haushoch überlegen war und bereits gewonnen hatte. Der grüne Drache erklärte, dass er Kirika hier und jetzt ein für alle Mal besiegen würde, seiner lästigen Existenz endlich ein Ende setzen würde. Er hätte hunderte Jahre auf diesen Moment gewartet, der nun endlich gekommen war – und das nur, weil er so berechnebar war. Dies war Kirika´s Ende, so sprach der grüne Drache, während er seine offene rechte Hand erhob und bei seinem letzten Wort schlagartig zu einer Faust ballte. Mit einem Mal schlug der zuvor reglose Körper in dem Glasbehälter, welcher im nächsten Moment zerbarst, seine Augen auf.

Ein Kreis aus unzähligen magischen Symbolen bildete sich auf dem Boden ab, umschloss den Bronzedrachen und den sich bis eben noch im Glasbehälter befindlichen Jungen. Blitze aus magischer Energie bildeten sich, schlossen die beiden ein ein Kraftfeld ein, ein Feld in dem die Gesetze der Schwerkraft nicht mehr zu gelten schienen. Mit einem Mal fand sich Kirika vor einer seltsamen Oberfläche, wie ein Spiegel bestehend aus Wasser, zu welcher er von einer unsichtbaren Kraft hingezogen, hineingezogen, wurde. Du bist du, doch auch er ist du und du bist er, dies waren die Worte, welche der grüne Drache sprach, die letzten Worte die er sprach bevor er einen Schritt zur Seite machte und Kirika somit den Blick auf die Person hinter sich ermöglichte. Kirika verstand nicht, konnte den Sinn hinter den Worten des Drachen nicht begreifen – erst als sein Körper den Spiegel aus Wasser berührte, erst als er das unendlich traurige Gesicht der Person hinter dem Drachen sah, begriff er schlagartig. Kirika, er war Kirika, er und er. Sie beide waren Kirika. Der eine ein Bronzedrache, der andere ein Menschenjunge, doch sie beide waren Kirika, waren sich gleich, hatten den selben Körper, den selben Namen, die selbe Person, die sie liebten – für den einen Lucretia, für den anderen das Mädchen ohne Namen. Es war alles das Selbe, er war er, in jedem Punkt bis auf einen – er war ein Drache, er ein Mensch. Der grüne Drache bemerkte mit zunehmender Zufriedenheit die Erkenntniss in den Augen von Kirika, beider Kirika, und so beendete er mit seinen Worten den Gedankengang der beiden. Deine Kraft, du selbst, wirst in deinem anderen selbst gebunden, versiegelt, auf das du nichts weiter als ein gewöhnlicher Mensch sein wirst, nichts weiter als zwei Seelen in einem Körper, welche sich selbst gegenseitig vernichten werden, dies waren die befriedigten Worte des grünen Drachen. Mit all seiner Macht versuchte Kirika sich vor dieser Bindung zu wehren, doch waren alle Versuche bereits zum scheitern verurteilt. Vollständig verschwand er, beide Kirika´s, in seinem, ihrem, eigenen Spiegelbild, von dem seltsamen Spiegel auf-gesogen. Nachdem dies geschehen war begann sich der zuvor flache Spiegel zu verformen, die Gestalt eines Menschen-jungen, Kirika´s Gestalt, anzunehmen. Er glich sich selbst absolut, glich sich bis auf zwei Details. Sein neuer Körper war wie sein alter, doch hatte er zahlreiche rotglühende Tätowierungen über sich verteilt, und das linke Auge des Jungen war das eines Bronzedrachen.

Der grüne Drache war zufrieden, die Fusion war abgeschlossen. Sein ewiger Rivale war nun nichts weiter als ein einfacher schwacher Mensch, oder teilte zumindest mit einem solchen einen Körper, ein Schicksal. Ihn nun einfach zu töten wäre keinerlei Schwierigkeit mehr für ihn gewesen, doch wollte er seinen Triumpf in vollen Zügen genießen – schließlich hatte er über zwei Jahrhunderte darauf gewartet, hatte den Körper des Menschenjungen über all diese Zeit hier in diesem Behälter in Stase befindlich konserviert, hatte Lucretia dazu benutzt beide Kirika´s emotional aneinander zu binden, an die selbe Person, das selbe Lebewesen. Nein, Kirika würde sich selbst zerstören, denn die zwei Seelen in dem einen Körper würden nicht miteinander koexistieren können – und dies würde es ihm ermöglichen, den langsamen aber beständigen Fall des verhassten Bronzedrachen in aller Seelenruhe mitbeobachten zu können. Und sollte sich irgendetwas doch nicht so entwickeln wie er es vorgesehen hatte, so konnte er immer noch eingreifen und seinem Leben schnell und einfach ein Ende bereiten. Doch war es nicht nur der Drache, sondern auch Kirika, dem dies bewusst war. Es stimmte, seine Kraft war kaum noch vorhanden, das drakonische Erbe fast bis zur Unkenntlichkeit versiegelt, und statt dessen zwei Seelen in einem Körper konkurierend. Aber noch war es nicht vorbei, noch hatte er nicht verloren, denn solange er nur einen Finger rühren konnte, solange würde er sich nicht geschlagen geben. Auf diese Weise kam es, dass Kirika im Moment des größten Triumpfes des grünen Drachen seine linke Hand ausstreckte und mit letzter Kraft drei Zaubersprüche aussprach, simultan, denn anders wäre es sinnlos. Der Farbdrache war unvorsichtig gewesen all die Bannzauber in seinem Hort zu entfernen um den Bronzedrachen hinein zu locken, und genau dies nutzte Kirika nun bei seinem ersten Zauber aus – ein Zauber zur Teleportation an einen weit entfernten Ort, eine Ort von dem er bisher nur gelesen hatte, ein Ort an dem es keine Drachen gab. Der zweite Zauber beruhte auf der Tatsache, dass er zwar nun zwei Seelen in seinem Körper trug, doch diese Seelen nicht miteinander konkurieren konnten, wenn sie nichts voneinander wussten – und so löschte er seine Erinnerungen, all seine Gedanken, mit dem zweiten Zauber, als dass die beiden Seelen nicht mehr einander bekriegen und sich gegenseitig zerstören konnten. Der dritte und letzte Zauber war der einfachste, doch trotzdem mindestens ebenso notwendig, sollte die Barriere zwischen den Seelen, die Unwissenheit der Existenz der anderen, aufrecht bleiben – er erschuf eine Augenbinde für sein linkes Drachenauge, und den unbewussten Schutzimpuls diese Augenbinde niemals abzunehmen.

All diese Zauber wurde als ein Einziger gesprochen, all diese Zauber zeigten ihre Wirkung wie sie es sollten, und brachten den neugeborenen Jungen ohne Erinnerungen an einen vollkommen neuen Ort, fern von dem Zerstörer seines Lebens. Und auch wenn Kirika vor dem sprechen der Zauber wusste, dass dies keine permanente Lösung war, so würde sie ihm doch hoffentlich zumindest genügend Zeit zu finden, um einen Weg zu finden diese Fusion wieder aufzuheben ...



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