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Step Into My World

von

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Step Thirty-nine... Fault

Wir sind nicht schuldlos. Deshalb werfen wir den ersten Stein
 

Anke Maggauer-Kirsche
 

Massanorie Lenjier
 

Noch wie war mir eine Fahrstuhlfahrt so lange vorgekommen. Ich konnte kaum glauben, dass Mamoru hier war. Innerlich schwankte ich zwischen Erleichterung und unglaublicher Wut - was ich davon Mamoru präsentieren würde, wusste ich noch nicht.

Das warme Licht der Eingangshalle war das genaue Gegenteil vom Wetter was draußen herrschte. Herr Yuge wies mit einem Kopfnicken zu den elektronischen Glastüren.

„Danke.“ Kam es nur leise und matt lächelnd von mir, bevor ich langsam zur Tür ging, welche sich selbstständig öffnete. Sofort wehte mir ein eisiger Wind ins Gesicht, doch die Kälte merkte ich kaum. Ich sah Mamoru, der links neben einem Pflanzenkübel stand. Die ganze Wut, die ich vorher hatte, fiel einfach von mir ab und ich merkte nur, wie mir die Tränen über die Wangen liefen. Erleichtert lächelte ich nur und wusste nicht was ich jetzt machen sollte, doch dann bemerkte Mamoru mich. Ich rechnete damit, dass er weg laufen würde, aber er sah mich nur an. Schnell ging ich auf ihn zu und zog ihn ohne etwas zu sagen in eine enge Umarmung. Er war wieder da und es ging ihm gut. Alles andere war egal.

„Es tut mir leid…“ wispere ich nur und zog ihn noch enger an mich.

Mamoru aber erwiderte meine Umarmung nicht. „Ich hab meinen Schlüssel verloren.“ Kam es nur sehr leise von ihm. „Was?“ Ich schob ihn etwas von mir weg, wischte mir durch die Augen und versuchte nichts Dummes zu sagen. Erst jetzt merkte ich, wie kalt Mamoru war. Seine Jacke, sein Schal – einfach alles an ihm war klamm und eiskalt, seine Hände und seine Lippen zitterten. Er war leichenblass und wirkte mitgenommen und abwesend.

„Mamoru? Du zitterst ja…“ „Ich hab meinen Schlüssel verloren, kannst du mir den von dir geben.“

„Komm mit hoch, du bist eiskalt und frierst…“ „Ich will nicht zu dir. Ich möchte meinen Schlüssel.“ Kam es erneut von ihm.

Schweigend sah ich ihn an und nickte schließlich. „Na gut, ich hab ihn oben, ich hol ihn und fahr dich dann.“ „Ich geh allein… ich brauch deine Hilfe nicht.“ Seine Stimme zitterte genauso wie sein Körper.

„Ok. Ich hol ihn eben, aber du musst warten… ok?“ Mamoru nickte nur. Dass ich den Schlüssel an meinem Schlüsselbund hatte, welchen ich in der Hand hielt, sagte ich ihm nicht. Denn ich hatte Angst, dass er einfach abhauen würde, wenn ich ihm den Schlüssel gab.
 

Oben angekommen, betrat ich meine Wohnung, lehnte ich mich gegen meine Tür und ließ meiner Erleichterung kurz freien Lauf. Sparky winselte und leckte mir über die Hand, während ich weinend an die Decke starrte.

„Gut Sparky, hol die Leine. Hol die Leine Sparky.“ Mein Hund bellte kurz und verschwand dann. „Ok, reiß dich zusammen Massanorie. Tief ein und aus atmen!“ Ich löste mich von der Wand und strich mir übers Gesicht und durch die Haare. Ich durfte jetzt nicht die Nerven verlieren, mein Vater hatte Recht – einer von uns musste die Nerven behalten und das war ich!

Ich hatte ganze Firmen übernommen, hatte Vorstände kommen und gehen sehen und hatte gestandene Geschäftsmänner in den Wahnsinn getrieben – ich würde es ja wohl schaffen jetzt nicht einzuknicken. Schließlich war ich selbst Schuld an dieser Situation, also musste ich alles tun um es wieder gut zu machen.
 

Seufzend und nach Fassung ringend suchte ich mein Handy und wählte die Nummer meines Vaters.

„Massanorie?“

Anscheinend hatte er meine Nummer sofort erkannt. „Ja ich bin‘s. Er ist wieder da, also könntest du diese Sache mit deinem Bekannten sein lassen?“

Ich klang lange nicht so selbstsicher wie ich es wollte. „Wie geht es ihm?“

„Ich weiß nicht. Er wirkt durchgefroren und irgendwie abwesend.“

„Ist er jetzt bei dir?“

„Nein, er will nicht rauf kommen, sondern in seine Wohnung. Er hat seinen Schlüssel verloren. Ich wird versuchen ihn zu fahren und dann bei ihm zu bleiben…“

„Das ist eine gute Idee. Und melde dich bitte morgen früh -“ es entstand eine Pause die ich nicht einsortieren konnte. „- ich mach mir Sorgen um dich. Also melde dich bitte morgen früh bei mir, auch wenn du Hilfe brauchst.“

Still stand ich in meinem Flur und ließ die Worte sacken. So etwas hatte er noch nie zu mir gesagt und ich musste zugeben, dass ich gerade zu nahe am Wasser gebaut hatte um nicht Tränen in den Augen zu haben.

„Ja klar…" kam es nur leise von mir und ich schniefte etwas, weil mir diese väterliche Fürsorge doch gerade etwas viel war. „...danke.“ Dann legte ich auf und wieder atmete ich tief ein und aus.
 

Für einen kurzen Moment stand ich noch da und freute mich insgeheim über diese sehr gefühlvolle Unterhaltung. Aber dafür hatte ich wohl später mehr Zeit, ich dachte wieder an Mamoru und ohrfeigte mich gerade selber, dass ich ihn zitternd und frierend draußen stehen gelassen hatte. Wie dumm konnte man denn sein, ich hätte ihn wenigstens ins Foyer schicken sollen – Massanorie du Trottel!

Schnell packte ich einige Sachen von mir und Sparky zusammen und machte mich auf zu Mamoru, welcher immer noch vor dem Haus stand und wartete.

„Ich fahr dich…“ „Ich will nur den Schlüssel.“ kam es monoton von ihm, er streckte seine Hand aus und wartete darauf, dass ich ihm die Schlüssel gab.

Der Wind wurde immer eisiger, wenn das überhaupt noch ging. Das fahle kalte Licht der Laternen leuchtete die Straßen nur notdürftig aus. Aber das Mamoru schlecht aussah wusste ich auch so.
 

„Ich fahr dich nach Hause und dann geb ich dir den Schlüssel!“

„Nein.“

„Eine andere Option hast du nicht.“ Kam es etwas schroff von mir. „Du warst drei Tage fort, ich hab mir Sorgen gemacht, hab die ganze Stadt abgeklappert. Wenn du denkst ich lass dich jetzt einfach wieder aus den Augen, dann irrst du dich. Du kannst mir doch nicht einfach so eine Nachricht hinterlassen…“ Ich wollte ihm keine Vorwürfe machen, aber es musste raus und ich konnte gerade nicht klar denken.

„Bitte – steig ein!“ ich drückte auf den Zündschlüssel um die Zentralverriegelung zu öffnen. Mein schwarzer Wagen blinkte auf und ich deutete auf das Auto hinter Mamoru. „Bitte.“

Er wollte etwas sagen, aber dann stieg er ohne etwas zu erwidern doch ein.

Erleichtert sah ich zu Sparky, den ich mit einem Hundesicherheitsgurt auf der Rückbank anschnallte.
 

Die Straßen waren nicht stark befahren, was am ungemütlichen Wetter lag und keiner wollte bei einem solchen Wetter draußen sein – keiner außer Mamoru!

Im Auto herrschte Stille, wir redeten nicht, aber ich konnte sehen, dass Mamoru fror egal wie hoch ich die Heizung im Auto auch stellte.
 

Auf der Straße lag teilweise eine dünne Schicht Eis, was das fahren nur bei Schrittgeschwindigkeit erlaubte und so kamen wir nur Mühsam voran. Die ständig auf Rot wechselnden Ampeln machten die ganze Fahrt noch zäher.

„Es wäre niemanden aufgefallen…“ ich zuckte zusammen und sah kurz zu Mamoru. Seine Stimme war leise und er starrte auf seine Finger, die immer noch zitterten. „…es wäre keinem aufgefallen, wenn ich gesprungen wäre!“

Die Räder drehten durch und ich musste mich zusammen reißen um die Kontrolle zu behalten, als ich erschrocken das Bremspedal durchdrückte. Hinter mir wurde lautstark gehupt und es glich einem Wunder, dass mir mein Hintermann nicht aufgefahren war. Die Autos hinter mir überholten mich, hupten und ich drückte vollkommen verstört die Taste der Warnblinkanlage.
 

Wir saßen schweigend im Wagen und ich musste diesen Satz meines Freundes verdauen.

„Ich hätte es gemerkt.“ Kam es nach einer mir unendlich vorkommenden Zeit des Schweigens wispernd von mir.

„Lügner!“ kam es nur ebenso leise von ihm und ich sah wie er leise anfing zu weinen.

Ich starrte ihn an und wusste nicht was ich sagen sollte.

Eine Weile lang stand ich einfach auf der Straße mit eingeschalteter Warnblinkanlage und versuchte das gehörte zu verarbeiten. Der Zettel den er mir hinterlassen hatte, war also doch genau das gewesen, was ich befürchtet hatte. In meinem Hals bildete sich ein Kloß den ich nur schwer hinunterschlucken konnte.
 

Nach einer Weile startete ich den Wagen wieder und fuhr weiter in Richtung Mamorus Wohnung. Während der Fahrt schoss mir seine Aussage immer wieder durch den Kopf und mit jeder Minute wurde mir mehr bewusst, dass er vielleicht nicht unrecht hatte.

Yosuke und May waren es gewöhnt, dass sich Mamoru Wochen lang nicht meldete, Bunny war gerade mit ihrer eigenen kleinen Liebesgeschichte beschäftigt und ich – ich war sonst immer im Büro und hatte sonst ja auch nicht immer Zeit um mich bei ihm zu melden. Wie lange hätte es wohl gedauert, bis einem aufgefallen wäre, dass er weg war, wenn ich nicht Urlaub hätte und dieser Eklat vorrangegangen wäre?!

Dieser Gedanke schockierte mich und machte mir bewusst, dass Mamoru vielleicht genau aus diesem Grund Menschen auf Abstand hielt – weil er immer im Kopf hatte, dass ihn keiner suchen würde.

Doch dann siegte meine Sturheit. "Ich hätte es gemerkt, ich hätte gemerkt wenn der Mann - wenn der Mann in den ich verliebt bin sich nicht mehr meldet, wenn er einfach aus meinem Bett verschwindet und mich abends nicht erwartet um mir zu sagen wie Doof ich manchmal bin!"
 

Trotz meiner Aussage sprach er ab diesem Moment kein Wort mehr mit mir. Er sagte nichts, als ich mit nach oben zu seiner Wohnung fuhr, er sagte nichts als ich ihm seinen Wohnungsschlüssel aus den zitternden Händen nahm um aufzuschließen und er sagte nichts als ich ihm ein Bad entließ.

Nun lag er in seinem Bett, hatte sich zusammen gerollt und schlief. Das Essen hatte er stehen gelassen, aber ich war froh, dass er etwas Tee getrunken hatte.

Mamoru war völlig in sich gekehrt und ich hatte das Gefühl, dass er gerade einen eigenen Kampf in sich selbst austrug und ganz allein der Ausgang dieses inneren Zwiespalts entschied über unsere Zukunft. Also ertrug ich sein Schweigen und war dankbar, dass er noch hier war – bei mir.

Ich war so dumm, ich hatte es geahnt, es war ein schleichender Prozess aber die Anzeichen waren da und sein Verhalten mir gegenüber hätten mir ein Signal sein müssen, um zu verstehen, dass in Mamorus Gedanken etwas so schrecklich Destruktives hauste, dass er sich selbst davor fürchtete.

Aber nun wollte ich es wieder gut machen, also blieb ich, auch wenn ich vielleicht nicht willkommen war. Es war spät und ich wälzte mich auf der Couch hin und her, ich fand einfach keinen Schlaf und schaute alle paar Minuten nach Mamoru. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus und schloss die Wohnungstür von innen ab und versteckte den Schlüssel unter meinem Kopfkissen. Die Angst, dass er weder weglaufen könnte, war so groß, dass ich ihn in seiner eigenen Wohnung einsperrte, weil ich mir anders nicht zu helfen wusste.
 

Die nächsten Tage, sowie Silvester, gingen einfach an mir vorüber, waren anstrengend und forderten all meine Kraft. Mamoru redete nicht ein einziges Wort, ich musste May, Yosuke und Shogo immer wieder erklären, dass Mamoru Ruhe brauchte und ein Besuch nicht sinnig war. Er wollte nicht essen und trank nur wenig, er wurde immer blasser und stand nur selten aus dem Bett auf. Meine Sorge wuchs immer mehr und langsam gingen mir die Argumente aus.

Mein Vater jedoch war mir eine Hilfe, er rief mich mehrmals täglich an und wir trafen uns immer, wenn ich mit Sparky spazieren ging. Ich musste mich bei jemandem ausweinen, sonst würde ich auch daran zerbrechen. Aber er hörte mir zu, gab mir Ratschläge und fast musste ich kurz lachen, als mir bewusst wurde, dass Mamorus Zusammenbruch mir und ihm geholfen hatte uns wieder anzunähern.
 

Silvester war an uns vorüber gezogen und ich hatte das Feuerwerk nur teilnahmslos beobachtet. Das neue Jahr hatte schrecklich angefangen und das hieß doch, dass es nur besser werden konnte, oder?
 

Ich klopfte leise an Mamorus Schlafzimmertür und schob sie auf. „Hey. Ich hab dir ne Suppe und etwas Reis gemacht. Ich dachte, du willst heute vielleicht etwas essen.“ Aber ich hatte keine Hoffnung mehr, dass Mamoru es sich anders überlegte. Ich wusste nicht ob er in den drei Tagen, wo er verschwunden war, etwas gegessen hatte, aber wenn nicht, dann war es heute schon der achte Tag an dem er nichts zu sich nahm. Das Tablett stellte ich auf den kleinen Nachttisch und setzte mich auf seine Bettkante.

„Mamoru… ich war heute bei meinem Vater, er und Mum bestellen dir Grüße, May, Yosuke und Shogo lassen auch grüßen. Sie wollen dich unbedingt besuchen. Aber ich wimmel sie immer wieder ab.“

Seufzend sah ich auf den schwarzen Haarschopf. Er drehte mir wie immer den Rücken zu, aber ich wusste, dass er wach war, es war die Art wie er atmete und sich zusammen rollte die mir das zeigten.
 

Eine Weile saß ich nur schweigend da, bevor ich mich auf den Boden setzte und mich ans Bett anlehnte.

"Es tut mir leid... dass ich dir das angetan habe, es tut mir leid. Ich war so neugierig und ungeduldig - und nur deswegen geht es dir jetzt schlecht! Ich wollte dir nicht weh tun oder dich so weit treiben, ich wollte nur verstehen, warum du manchmal so unnahbar bist. Warum du mir nicht vertrauen kannst. Warum - warum du manchmal einfach nicht du selbst bist, sondern anderen etwas vorspielst. Warum du dieses falsche Lächeln mit dir herum trägst und es selbst mir schenkst und denkst, ich würde es nicht merken." Ich drehte mich um und legte meinen Kopf auf die Matratze. "Ich wollte nur wissen, ob der Mann, in den ich mich verliebt habe, derselbe ist, der hinter dieser Maske steckt. Manchmal da hab ich ihn gesehen, da hast du ihn mir gezeigt. Und ich - ich hab diesen Mamoru wirklich gern. Diesen sturen, frechen, nachdenklichen und doch sarkastischen Mann, der mich in meine Schranken weißt, der mich zum Lachen bringt, der morgens neben mir aufwacht und so schrecklich romantisch sein kann." Ich lächelte leicht und schloss kurz die Augen in welchen sich Tränen sammelten. "Ich weiß, ich müsste für uns beide stark sein, aber du verlangst gerade sehr viel von mir. Die letzten Tage, die Tage in denen du einfach verschwunden warst - noch nie hatte ich eine solche Angst. Das letzte Mal war als mein Vater im Krankenhaus lag und da warst du da und hast mir geholfen. Ich will dir helfen, will dich auffangen, aber egal was ich tue, du schiebst mich immer weiter von dir weg und zwingst mich zuzusehen, wie du dich selbst zerstörst. Du hungerst dich zu Tode - denkst du, ich merke das nicht? Aber was soll ich tun? Soll ich einfach zu sehen und hoffen, dass du deine Meinung änderst?" Seufzend und mir die Tränen weg wischend stand ich auf. "Zwing mich nicht eine Wahl zu treffen. Denn wenn ich mich entscheiden muss, ob ich dir zu sehe wie du verhungerst oder dich in ein Krankenhaus einliefern lasse, dann würde ich, selbst auf die Gefahr hin, dass du mich hasst, immer dafür entscheiden, dass du Leben solltest. Ich sehe nicht zu - aber ich bitte zwing mich nicht dazu. In den letzten acht Tagen ist mir etwas bewusst geworden, so absurd es klingt, aber ich will mein Leben nicht ohne dich leben. Ich liebe dich und ich werde alles tun was in meiner Macht liegt, damit du das glaubst, damit es dir besser geht. Ja es ist egoistisch, aber wenn du nicht für dich leben willst, dann tu es für May und Yosuke, für meine Eltern, die dich lieben, für Katrin, meine Schwester, für die Menschen die dich gern haben, denen dein Leben wichtig ist! Für mich - für uns!"
 

Mamoru Chiba
 

Ich hatte gute Gründe zu Lügen - oder?

Es ging doch um mich.

Was andere von mir gehalten hätten.

Weil mir niemand geglaubt hätte.
 

In mir herrschte eine tiefe Leere und ich schaffte es einfach nicht ihr zu entkommen. An dem Abend war alles über mir zusammen gebrochen und ich konnte nicht mehr. Also war ich gegangen, ich hatte meine Schuhe angezogen, meine Jacke genommen und hatte Sparkys gewinsel einfach ignoriert. Für mich war nur wichtig, dass ich nicht mehr wollte. Diese Lügen, mich im Spiegel ansehen - ich hielt es nicht mehr aus.
 

Aber am Ende war ich wie immer zu feige und war zurück gegangen, aber Massanorie war einfach geblieben und ich wusste nicht, ob ich das gut fand oder nicht. Und wenn ich schon nicht mutig genug war, dem selbst ein Ende zu bereiten, dann wollte ich doch wenigstens versuchen es auf diese Weise zu tun.

Mein Magen schmerzte und ich fand kaum noch Schlaf, alles in mir krümmte sich vor Schmerzen und wenn ich die Augen schloss, dann waren da diese Bilder, die ich nicht sehen wollte. Die mich nachts aufweckten und mich in den Wahnsinn trieben. Diese verdrängte und versteckte Angst, die nun aus allen Ecken kroch und mich festhielt.

Für Massanorie hatte ich kein Wort über, er sollte gehen, aber ich traute mich nicht es ihm zu sagen, weil ich dann wirklich allein war und Angst hatte das die Stimme in meinem Kopf die Oberhand gewinnen würde. Diese Stimme, die immer destruktiver wurde, die mir sagte, dass ich nichts wert war, dass mich keiner vermissen würde, dass diese Welt mich nicht brauchte, dass niemand jemanden wie mich lieben konnte.

Ich war verwirrt und konnte nicht mehr denken oder fühlen, da war nur diese Leere die mich verschlang. All dieser Widerspruch in mir machte es mir schwer zu erkennen was nun wirklich war und was nicht.

Was Wahrheit oder Lüge war.
 

Aber dann saß er hier neben mir und redete von Dingen, die ich nur schwer einsortieren konnte. Acht Tage? Ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren, ich wusste nicht wie spät es war oder wie lange ich schon hier lag. Alles in mir fühlte sich taub an, so als wäre ich nicht mehr hier. Die Stimme in meinem Kopf redete immer und immer weiter, doch ich hatte mich an sie gewöhnt, sie war halt da.

Ich stand in einer Menschenmenge und niemand hörte mich, so als gäbe es mich nicht.
 

Aber Massanories Stimme hörte ich immer und nun lag ich hier; mit offenen Augen starrte ich in die Dunkelheit und ich merkte, wie mir bei seiner Ansprache die Tränen kamen und langsam auf das Kissen tropften. Die Tür schloss sich hinter ihm und ich spürte wie sich alles in mir verkrampfte, wie mir seine Worte nah gingen, auch wenn ich es nicht zulassen wollte.
 

<Du glaubst doch nicht wirklich, dass er dich liebt. Dieser Mann kann jeden haben, der braucht dich auch nicht. Dem ist nur langweilig und er fühlt sich schuldig, das ist keine Liebe, das ist nichts. Sieh dich an, du bist ein Versager und niemand will dich...> ich presste mein Gesicht ins Kissen und wollte das die Stimme aufhörte, ich wollte ihm glauben. Wollte ihm wirklich glauben, aber die Stimme hörte nicht auf und mit jedem Wort hörte sich die Stimme an, wie die von Fr. Hiromi und ich konnte sie nicht abstellen.

<Als wenn dich jemals jemand lieben könnte. Sieh dich an, du kleiner Bengel wirst doch immer nur mitgeschleift, du würdest allen einen Gefallen tun, wenn es dich nicht geben würde. Niemand will jemanden wie dich, keiner will einen Jungen der ist wie du. Niemals wirst du jemanden finden, der dich lieben kann. Du bist einfach nutzlos und wertlos. Aber du bist zu feige, nicht einmal verschwinden kannst du.>

Schluchzend vergrub ich mich im Kissen und auch wenn es in mir einen winzigen Teil gab, der ihr nicht glaubte, so verschwand dieser immer mehr.

Ich konnte nicht mehr, verstand das denn niemand?! Ich ertrug diese Stimme nicht mehr, die sich in mir eingenistet hatte und auch wenn ich sie Jahrelang unterdrücken konnte, so war sie wie ein Wispern in meinem Kopf das nicht aufhören wollte.
 

"Mamoru?!" ich zuckte zusammen, als ich eine Hand spürte, die mir über den Kopf strich. "Hast du Schmerzen?" er klang besorgt.

<Er ist nicht besorgt, er will nur das du endlich aufhörst zu heulen. Weil es ihn nervt, weil es jeden nervt und zeigt wie schwach und nutzlos du bist...> "Sie soll aufhören..." schluchzte ich nur leise.

"Wer?"

"Fr. Hiromi, sie soll aufhören in meinem Kopf zu sein..." <Du bist nichts weiter als ein kleiner Versager, nichts kannst du, brichst dein Studium ab und dann denkst du wirklich ein Mann wie dieser würde dich lieben. Nicht mal fähig zu einer normalen Beziehung bist du, eine Schande für die Gesellschaft, für alle...>

Massanorie sagte nichts mehr und das zeigte mir, dass die Stimme recht hatte, ich war verrückt, sie war nicht in meinem Kopf, dass war nur ich selber oder etwas was ich war, oder bin - ich verlor den Verstand und das würde er merken und gehen und dann wäre es egal, ob ich da war oder nicht...

"Dann hör auf meine Stimme." Ruckartig hörte ich auf zu weinen, drehte den Kopf und sah in das Licht der Nachtischlampe, welches mich blendete. Ich kniff die Augen zusammen und öffnete die Augen erneut um Massanorie anzusehen. Er kniete vor dem Bett und hielt meine Hand fest. "Mamoru? Sieh mich an. Die einzige Stimme in deinem Kopf sollte meine sein, die dir immer wieder sagt, dass ich dich liebe!"



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  MangaMaus85
2015-03-09T06:17:34+00:00 09.03.2015 07:17
T.T

Die letzte Szene ist noch immer der Oberhammer :)

Mamorus Lethargie ist wahrlich nicht leicht für Massanorie. Immerhin kennt er so was ja auch gar nicht. War er doch bisher immer der unnahbare :)
Von:  Teru_Mikami
2015-03-08T19:21:11+00:00 08.03.2015 20:21
Oh mein Gott einfach nur Hammer *.* Diese Verzweiflung und Emotionen hast du super toll rübergebracht ....Auch wie sich die Charakere immer mehr verändern....Ich bin wirklich süchtig nach dieser Geschichte und extrem neugierig, wie es weitergeht *.* Gruß
Von:  niki28
2015-03-08T10:28:16+00:00 08.03.2015 11:28
Huhu

oh du hast schon ein neuen kapitel geschrieben das ging ja schnell!
Einfach super geschrieben und ich finde es gut das Massanorie auch ein herz hat wie er weint und zugibt das er sich um Mamuro sorgen macht und diese kleine rede in dem er ihm sagt das er ihm liebt so wie er ist ist einfach klasse!
Hoffe das Mamuro Massanorie irgendwie glauben kann oder es versucht das er wichtig ist und gelibt wird egal was er früher mal tun musste um zu überleben oder wieso er so verschlossen und angstlich ist oftmals!
Bin gespannt wie du die zwei wieder zusammenbrinngst!

Gruß


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