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Die Jäger

für Yuri, Chitsuna und Shayo
von

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Bei Dalya

Bei Dalya
 

Es war ruhig und still im Wald. Kein Vogel zwitscherte, kein Reh ließ sich blicken. Ich wanderte umher, ohne mich zu sorgen.
 

Im nächsten Moment rannte ich um mein Leben. Es waren Jäger, da war ich mir sicher, doch was wollten sie von mir?
 

Auf der Nymphenlichtung stellten sie mich, umwarben mich mit ihrer schwarzen Magie und setzten mich außer Gefecht.
 

Drei Tage harrte ich aus, ohne Essen, ohne Trinken, ganz allein.
 

Dann kam sie.
 

Dunkelheit.
 

Ich erwachte mit einem seltsamen Geschmack im Mund. Vorsichtig tastete ich mit meiner Zunge über meine trockene Lippe und versuchte die Augen zu öffnen. Meine Augenlider waren noch immer schwer wie Blei und es schmerzte, wenn ich den Versuch vernahm, sie zu öffnen. Dennoch gelang es mir, sie einen Spalt breit zu öffnen und meine Umgebung zu betrachten.
 

Im Wald befand ich mich nicht mehr, sondern in einem warmen und weichen Bett, welches in einem Zimmer mit dunklen Holzwänden in einer Ecke stand. Weißes Licht fiel durch ein Fenster, mir schräg gegenüber und ich konnte die Baumwipfel sehen, die sich dunkel vor dem Himmel abzeichneten. Langsam drehte ich den Kopf und sah, dass neben mir eine Frau mit schwarzem Haar saß, welches sie elegant hochgesteckt hatte. Ihre braunen Augen sahen freundlich auf mich herab und ich fühlte mich sofort sicher. In der Hand hielt sie eine Tasse, aus der Dampf hochstieg und die sie mir im nächsten Augenblick an den Mund gesetzt hatte. Ich schluckte und trank. Die Flüssigkeit hinterließ ein stärkendes Wärmegefühl und einen Geschmack, den ich nicht kannte. Die Frau erhob sich und ging in einen anderen Teil des Zimmers, welcher außerhalb meines Blickfeldes lag. Ich döste also noch eine Weile vor mich hin, bis die Frau wieder erschien und mir weiteren Tee einflößte. Sie lächelte mich freundlich an und nahm wieder neben mir Platz.
 

„Wie heißt du?“, fragte sie mit leiser, beruhigender Stimme. Ich versuchte zu antworten, doch meine Stimme war wie eingerostet – ich brachte kaum einen Ton heraus. Die Frau gab mir wieder zu trinken und wartete einen weiteren Moment. Ich testete meine Stimme indem ich seufzte. Es schien wieder zu funktionieren.
 

„Nao.“, sagte ich langsam und versuchte zu lächeln, doch meine Mundwinkel wollten nicht recht gehorchen.
 

„Ich bin Dalya und ich werde dich vor den Jägern beschützen.“, erwiderte die Frau. „Du weißt doch, dass es Jäger waren, die dich gefangen haben, oder?“ Plötzlich kamen alle Erinnerungen wieder. Der helle Herbstmorgen, an dem ich mich in den Wald begeben hatte, die Ruhe. Dann das Knacken im Unterholz, die Pfeile. Wie ein Tier hatten sie mich gejagt, bis zu der Lichtung mitten im Wald, dort wo es selbst am Tage dunkel und feucht war, weil die Blätter der Bäume nie herunterfielen und so eng beieinander wuchsen. Ich erinnerte mich, wie sie mich mit magischen Bannen belegt und mir meine Sachen weggenommen hatten. Dann die drei schrecklichen Tage, ohne Licht, ohne etwas zu essen und zu trinken. Zuletzt, als ich die Hoffnung schon fast aufgegeben hatte, die Frau. War es diese Frau, die mich gerettet hatte? Hatte sie die Männer besiegt und mich hierher gebracht? Ich sah Dalya fragend an.
 

„Habt Ihr…?“, begann ich, wurde jedoch sofort unterbrochen.
 

„Ja. Ich habe dich gerettet und die Jäger vorerst besiegt.“
 

„Wie…?“
 

„Oh, du fragst dich, wie ich, eine schmächtige Frau, diese Männer besiegen konnte? Nun ja, nicht jede Frau ist, so wie ihr Männer denkt, schwach.“, begann Dalya und sah ein wenig schmunzelnd auf mich herab. Das Bild eines hilflosen jungen Mannes, um den sich eine Frau kümmerte, schien sie zu amüsieren. „Ich bin eine Magierin. Ich habe mir die Magie zum Untertan gemacht und verwende sie für meine Zwecke – im Gegenzug zerrt sie an meinen Kräften. Aber dafür, kann ich kämpfen, mich zur Wehr setzen und siegen. Wenn man als Frau allein lebt, muss man sich verteidigen können.“ Ich beobachtete sie, während sie sprach und plötzlich erschien sie mir wieder so unheimlich, wie auf der Lichtung. Doch als sie lächelte, verblasste dieses Bild wieder und ich beruhigte mich.
 

„Dann könnt Ihr mir sicher auch sagen, was die Jäger von mir wollten?“, fragte ich zögernd.
 

„Natürlich. Es kann nur bedeuten, dass du ein Leyu bist, ein Gejagter.“, meinte Dalya und ich zuckte zusammen. Was sollte das bedeuten, ich war ein ganz normaler Mensch, sowie jeder andere auch. „Du scheinst ja sehr überrascht zu sein. Hast du dich noch nie im Spiegel betrachtet? Du hast goldene Augen und schlohweißes Haar. Deine Haut ist ungewöhnlich bräunlich… sie wirkt fast, als läge ein Goldener Glanz auf ihr. Deine Ohren… sie laufen spitz zu. Denkst du, so sehen gewöhnliche Menschen aus?“ Ich war erschüttert. Wie konnte es sein, dass ich von so etwas nie erfahren hatte? Denk nach Nao, die Frage kannst du dir selbst beantworten. Meine Eltern hatte ich nie gekannt, aus dem Waisenhaus war ich vor drei Jahren geflüchtet und hatte mich in einer alten Hütte mitten im Wald niedergelassen. Seit dieser Zeit war ich einmal in der Woche in das nahe gelegene Dorf Luona gegangen um mich mit lebensnotwendigen Dingen zu versorgen, doch nie hatte mich jemand schief angesehen, weil ich anders aussah. Ich hatte nicht immer weiße Haare gehabt – ja, sie waren schon immer ziemlich hell gewesen… aber weiß? Nein. Ich schüttelte den Kopf und fuhr mir durch die Haare, während Dalya mir wieder etwas von der dampfenden Flüssigkeit einzuflößen versuchte. Sie hielt inne, als sie meinen verwirrten Blick bemerkte.
 

„Hast du tatsächlich noch nie in einen Spiegel geschaut?“, fragte sie ungläubig und sank auf ihren Schemel zurück, ohne mich dabei aus den Augen zu lassen. Ich überhörte ihre Frage und versuchte mich halb aufzurichten, sank jedoch wieder in die weichen Kissen zurück.
 

„Könnt Ihr mir sagen, was die Jäger von mir wollten?“, fragte ich, „Warum jagen sie die Leyu?“ Dalya schien dieses Thema nicht zu gefallen. Sie sah verunsichert aus und ihre Augen wanderten unruhig über mich hinweg.
 

„Ich denke, das ist kein Gesprächstoff für einen Kranken.“, meinte sie und drückte mich mit sanfter Gewalt noch tiefer in die Kissen. „Du solltest jetzt noch ein wenig schlafen. Wenn du wieder bei Kräften bist, werde ich dir alles erzählen. Ruh dich aus. Morgen kommt meine Tochter wieder, sie wird mir helfen und dann werde ich auch Zeit finden, dir deine Fragen zu beantworten. Schlafe jetzt und ruhe, lasse dich nicht stören von den Geräuschen der Nacht.“
 

Ich schloss die Augen und spürte, wie ich müde wurde, als würden Dalyas Worte mich in den Schlaf singen. Bald befand ich mich im hellen und strahlenden Reich der Träume.
 

Liviel
 

Sie war groß gewachsen und hatte kurze, dunkelblonde Haare die ihr in Strähnen über das hübsche Gesicht fielen. Einen Augenblick bewunderte ich ihre Schönheit, dann schreckte ich hoch, als mir klar wurde, dass es nicht Dalya war, die an meinem Bett saß, sondern eine junge Frau in meinen Alter. Sie lächelte verschmitzt und reichte mir eine Tasse, während ich die Decke bis zum Kinn zog.
 

„Habe ich dich erschrocken?“, fragte sie, ihre Stimme klang kräftig und klar.
 

„Tut mir Leid, das wollte ich nicht. Hast du gut geschlafen?“ Ich nickte nur und nahm die Tasse, die sie mir immer noch entgegenhielt. „Ich bin Liviel, Dalyas Tochter und ich komme aus Fulya, wo ich als Kriegerin in der Akademie der Kampfkünste ausgebildet werde. Und wer bist du?“
 

„Nao.“, sagte ich und bewunderte sie, dass sie als Frau eine Kriegerin werden wollte. Ich selbst hatte noch nie eine Waffe in der Hand gehalten, allein daran gedacht es zu tun, hatte ich noch nie. „Ich komme aus Luona und… nun ja… ich habe vor kurzem eine Ausbildung zum Goldschmied angefangen.“ Ich wollte ihr auch sagen, dass ich etwas tat und nicht, dass ich ein einfacher Bauerntölpel war, der den ganzen Tag Beeren und Pilze sammelte. Liviel nickte, erhob sich und schritt zu einer Kommode, die schräg gegenüber an der Wand stand. Ein wenig verträumt musterte ich sie von hinten. Sie trug ein langärmliges rotes Oberteil und eine kurze Hose, sie ihr nicht einmal über die Knie ging. An ihren Armen waren metallische Schützer befestigt und ihre Füße steckten in abgetragenen schwarzen Stulpenstiefeln. Was mich jedoch am meisten beeindruckte war der lange Bogen aus dunklem Holz, der über ihrer Schulter hing.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Yuri-Li-Tsai
2008-12-20T12:09:10+00:00 20.12.2008 13:09
:D
gefällt mir ^^
freu mich auf die nächsten Kapitel ^^


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