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Close the Door

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Kapitel 15

Close the Door
 

Kapitel 15
 


 

Geschockt sah ich ihm nach.

Mit schnellen Schritten war er aus dem Bad und somit aus meinem Blickfeld verschwunden. Ich hörte die Zimmertür auf gehen und wenige Sekunden später zuschlagen.
 

Nur langsam realisierte ich die Situation. Er hatte mich geküsst.

Und war dann fluchtartig verschwunden. Hatte er sein Tun bereut?

Warum…hatte er es dann überhaupt getan?
 

Unruhig stand ich auf und wandte mich zu meinem Zimmer, sah auf die verschlossene Tür und fühlte mich mit einem mal einsamer den je.
 

Vielleicht war es eine Kurzschlussreaktion gewesen?

Ich hatte geschrieen, ihn angefleht mir zu sagen, warum mich niemand mochte…hatte ich ihn damit bedrängt? Hatte er es deshalb getan?

Und jetzt war es ihm unangenehm, weil er es nicht beabsichtigt hatte. Er es nicht wollte. Weil es ein Fehler war. Er kein Interesse an mir hatte…
 

Verwirrt setzte ich mich auf den Rand meines Himmelbettes und versuchte die letzten Geschehnisse einfach zu vergessen. Ich wollte es verdrängen. Schnell in die hinterste Ecke meines Gedächtnisses verbannen. Bereits wenige Minuten später merkte ich, dass ich keine Chance hatte. Es funktionierte nicht. Ich konnte es nicht ignorieren.

Meine Hände zitterten, mein Puls raste und es lief mir eiskalt den Rücken runter. Ich verstand es nicht. Was war plötzlich los?
 

Was sollte ich denn jetzt tun? Ich hatte ihm alles erzählt, ihm mein Herz geöffnet. Ihm mein Vertrauen geschenkt. Er hatte mich geküsst und war dann verschwunden. Ich dachte an seinen Gesichtsausdruck als er aufstand um den Raum zu verlassen…

Nannte man das Vertrauen? Was sollte das sein? Eine Freundschaft?

Sicher nicht.
 

Unruhig stand ich auf. Egal von welcher Seite ich es betrachtete im Moment konnte ich nur eins tun. Mir blieb nur eine Möglichkeit. Hier konnte ich nicht bleiben. Keine Minute länger würde ich es hier aushalten…zumindest nicht unter diesen Umständen.
 

Ich griff nach der Jeans, die ich schon am Nachmittag getragen hatte und schlüpfte schnell hinein. Suchend sah ich mich im Zimmer um, entdeckte meine Rucksäcke neben der Tür und durchsuchte beide nach meiner Sommerjacke. Schnell zog ich sie mir an, griff nach den Rucksäcken und horchte mit klopfendem Herzen an der Zimmertür.
 

Als ich nichts vernahm öffnete ich leise die Tür und schlich mich raus. Aus dem Büro Setos hörte ich eine Tastatur klappern. Er schien zu arbeiten.

Ich schluckte, biss die Zähne zusammen und atmete einmal tief durch. Egal was wird und egal was war, ich musste hier weg. Also keine Gefühlsausbrüche oder emotionale Tiefflüge, Joey, warnte ich mich selbst in Gedanken und wandte mich zur Treppe.
 

Vorsichtig nahm ich eine Stufe nach der anderen und war Seto in diesem Moment unheimlich dankbar dafür, dass keine von ihnen knarrte.

Unten angekommen suchte ich nach meinen Schuhen, fand sie schließlich im Wandschrank und schlüpfte schnell hinein. Gerade als ich die Tür aufstoßen wollte, packte mich jemand hart an der Schulter.

„Nicht so schnell, Kleiner!“, ertönte Rolands Stimme hinter mir und ich zuckte erschrocken zusammen. Meine Rucksäcke rutschten von meiner Schulter und landeten mit einem dumpfen Laut auf dem hellen Steinboden.

Schnell wandte ich mich um und riss mich los.

„Kannst du mir erklären, was das hier soll?“ fragte er lautstark.

Er wirkte wütend. Roland trug nur ein T-Shirt und Boxershorts und sah eindeutig übernächtigt aus. Die Ringe unter seinen Augen ließen nicht gerade auf die beste Laune schließen.

„Ich verschwinde.“, erklärte ich leise und wollte mich erneut zur Tür wenden, doch er packte mich am Arm und hielt mich eisern fest.

„Nicht bevor ich weiß warum und wohin!“, erwiderte er zornig.

„Roland lassen sie mich los!“, entgegnete ich ebenso wütend und zerrte an meinem Arm. Verdammt musste der Kerl so stark sein?

„Ich warte.“

„Ich verschwinde eben! Warum kann Ihnen egal sein. Und wohin ebenfalls!“

„Es ist mir aber nicht egal! Also antworte mir.“

„Einen Scheiß werde ich tun!“, zischte ich und stieß ihn zurück.

Überrascht stolperte er einen Schritt zurück und ließ meinen Arm reflexartig los.

Ich nutzte den Augenblick, riss die Tür auf und verschwand.
 

Roland fluchte laut, doch ich ignorierte ihn geflissentlich.

Ich joggte zum Ende der Auffahrt, beschleunigte kurz vor dem Tor meine Schritte und stieß mich mit dem linken Bein vom Kiesboden ab.

Mit beiden Händen erreichte ich das obere Ende des massiven, eisernen Metalls und zog mich mit zusammengebissenen Zähnen nach oben.

Meine geprellten Rippen schmerzten und die Kraft in meinen Gliedern war noch nicht vollständig wiederhergestellt.

Die Erkältung hatte mich ziemlich geschlaucht.

Ich kletterte über die Metallvorrichtung und sprang.

Ein stechender Schmerz durchfuhr mein rechtes Fußgelenk, sobald ich den Boden erreichte.

„Fuck!“, fluchte ich leise, biss die Zähne zusammen und kam wieder auf die Beine.

Humpelnd überquerte ich die Straße und versuchte trotz der Schmerzen mein Tempo zu erhöhen. Schnell ging ich im Kopf mögliche Fluchtwege durch und erinnerte mich dann an das versteckte U-Bahnschild nur wenige hundert Meter von hier.

Kurz nach der ersten Kreuzung vernahm ich hinter mir das Rattern und Quietschen des Tores, das sich langsam öffnete.

Ein Motor heulte auf.

Verdammt!

Verzweifelt beschleunigte ich meine Schritte so gut es ging und bog nach rechts ab. Erleichtert erkannte ich am Ende der Straße das blaue U-Bahnschild.
 

Genau in dem Moment, in dem mich die Scheinwerfer der schwarzen Limousine erfassten, wankte ich die Treppen zur U-Bahnstation hinab.

Der Schmerz in meinem Fußgelenk verschlimmerte sich mit jedem weiteren Schritt.

Ich hoffte sehr, dass es nicht gebrochen war.

Das konnte ich mir jetzt erst recht nicht leisten.

„Joseph, verdammt noch mal bleib stehen!“, schrie Roland hinter mir aus dem schwarzen Wagen der mit quietschenden Reifen vor der Treppe zum halten kam.

Ich ignorierte ihn geflissentlich, kletterte über die Absperrung und humpelte die Rolltreppe runter.
 

Ausnahmsweise hatte ich an diesem Abend einmal Glück.

Die U-Bahn schloss gerade die Türen, als ich bei ihr ankam. Schnell schlüpfte ich ins Innere und drehte mich zu meinem Verfolger um. Roland war nur wenige Meter hinter mir gewesen.

Die Bahn fuhr langsam an, als er die Türen erreichte.

Fluchend schlug er mit der flachen Hand gegen die Verglasung und sah dem Zug verärgert nach.
 

Ich ließ mich erleichtert auf einen der leeren Sitze fallen und versuchte erstmal wieder zu Atem zu kommen.

So ein kurzer Spurt war anstrengender als man dachte.

Vor allem mit zwei geprellten Rippen und einem vermutlich verstauchten Fuß.

Sobald sich mein Puls etwas beruhigt hatte, zog ich das rechte Bein an und schlüpfte aus dem Schuh.
 

Der Fuß war noch nicht geschwollen und beim Abtasten verspürte ich keinen wesentlichen Schmerz.

Es schien nicht gebrochen.

Das ließ sich zwar mit Sicherheit erst morgen sagen, doch ich war zuversichtlich.

Bisher hatte es sich immer anders angefühlt, wenn ich mir etwas gebrochen hatte.

Und der Schmerz war auch anders gewesen…
 

Seufzend schlüpfte ich wieder in den Turnschuh und lehnte mich nach hinten. Ich ließ meinen Kopf gegen die Scheibe sinken und beobachtete die vorbeirauschenden Lichter des Tunnels, den wir durchfuhren.
 

Und jetzt?

Wo sollte ich jetzt hin?

Welche Möglichkeiten blieben mir überhaupt?
 

Als ich die Situation in der ich mich befand nun analysierte, lief es mir eiskalt den Rücken runter.

Ich hatte kein Geld.

Meine wenigen Habseligkeiten lagen wahrscheinlich immer noch in Kaibas Flur. Alles was ich jetzt noch besaß trug ich am Körper.

Verzweifelt kramte ich in den Taschen der Jeans, die ich trug. Das einzige was ich zu Tage beförderte waren eine angebrochene Packung Tempos und ein Haustürschlüssel.

Es war der meines Vaters…
 

**
 

Hatte ich überhaupt eine Wahl?
 

Diese Frage stellte ich mir zirka Eintausend Mal, während ich langsam den Weg zur Wohnung meines Vaters einschlug.

Ich hatte die U-Bahn bis zur Stadtmitte genommen und war jetzt seit zirka zehn Minuten zu Fuß unterwegs. Mein Fuß bereitete mir immer noch Probleme, doch der Schmerz war nichts im Vergleich zu dem Gefühlschaos das in mir herrschte.

Die Temperaturen waren diese Nacht wieder gefallen und der Wind war eisig. Ich trug lediglich meine dünne Sommerjacke. Wenn ich die Nacht draußen verbringe, hole ich mir mit Sicherheit den Tod, dachte ich verbissen.

Zu einem meiner so genannten Freunde konnte ich nicht gehen. Zu viele Fragen würden im Raum stehen und ich war nicht gewillt auf diese eine zufrieden stellende Antwort zu geben.

Und zurück zu Kaiba? Nein…sicher nicht!
 

Auch wenn allein die Vorstellung in wenigen Minuten meinem Vater gegenüber zu stehen mir Übelkeit bereitete…ich hatte keine andere Wahl.

Dies war der einzige Ort, der mir jetzt noch blieb.
 

Erneut hatte ich Glück.

Mein Vater war an diesem Abend so nüchtern wie seit seinem letzten Entzug nicht mehr.

Als er die Tür hörte, trat er in den Flur und lehnte sich mit verschränkten Armen vor der Brust gegen die Wand.

Ich trat ein und schloss die Tür hinter mir.

Er sah mich abwartend an.

Ich schlüpfte aus meinen Schuhen und trat einen Schritt auf ihn zu. Dann blieb ich stehen und erwiderte den Blick. Wappnete mich innerlich auf alles was nun kommen würde.

„Du bist also wieder da.“, stellte er fest.

Sein Ton war gelassen. Er wirkte nicht einmal verärgert.

Auf seiner Linken Wange prangerte ein großer, bläulicher Bluterguss.

Ich schluckte.

„Ja…“, erwiderte ich und schloss für einen kurzen Moment die Augen.

„Wo warst du?“

„Bei einem Freund.“

„Hast du morgen Schule?“

Ich nickte.

„Dann geh ins Bett. Ich will nicht, dass du sie wieder versäumst.“

Mit diesen Worten drehte er sich um und ging zurück ins Wohnzimmer.

Ich sah ihm verwirrt nach.

Keine Prügel? Kein: „was fällt dir ein?“

Sondern lediglich ein: „Geh ins Bett damit du die Schule nicht versäumst“?

Leicht schüttelte ich den Kopf, wandte mich zu meiner Zimmertür und trat durch den Raum.

Was ich dort sah verwirrte und überraschte mich noch mehr.

Weder zerrissene Kleidung, noch kaputte persönliche Gegenstände lagen auf dem Boden.

Alles war schön säuberlich in zwei große Mülltüten verpackt, die links neben dem Schreibtisch standen.

Der Geruch, der mir noch am Morgen entgegen geschlagen war, war verschwunden. Stattdessen fand ich mein Bett frisch bezogen und mit einem Stapel frisch gewaschener Kleidung versehen.

Kurz sah ich die Kleidung durch. Meine zweite Schuluniform befand sich darunter, ebenso wie zwei T-Shirts, einer Jeans und einem dunkelblauen Kapuzenpulli.

Verunsichert griff ich nach dem Pullover und roch daran. Tatsächlich. Er roch nach Waschmittel.

Langsam wandte ich mich um, den Pullover immer noch in den Händen. Ich humpelte ins Wohnzimmer und sah meinen Vater der auf der Couch saß und Fern sah.

„Danke…“, sagte ich leise und deutete auf den Pullover.

Er sah auf, erwiderte kurz den Blick und nickte dann.

Ich drehte mich um, ging zurück in mein Zimmer und verstaute die Kleidung in dem, was von meinem Kleiderschrank noch übrig war.

Dann schloss ich die Tür, zog mich bis auf T-Shirt und Boxershorts aus und legte mich ins Bett.

Nachdem ich mir den Wecker auf meinem Nachtkästchen gestellt hatte, drehte ich mich auf die Seite und schlief trotz der ereignisreichen Nacht fast augenblicklich ein.
 

Am Morgen erwachte ich noch vor dem Weckerklingeln.

Müde rieb ich mir über die Augen und setzte mich dann auf. Kurz untersuchte ich meinen Fuß. Dieser war nur leicht geschwollen. Es gab keine Anzeichen für eine ernste Verletzung.

Ich stand auf und versuchte aufzutreten.

Es ging. Schmerzte nur wenig.

Erleichtert ging ich zum Schrank, holte eines der T-Shirts, Boxershorts und die Schuluniform heraus und trat dann aus meinem Zimmer um im Bad schnell zu duschen.
 

Nach zehn Minuten war ich fertig. Ich ging in die Küche und suchte nach etwas Essbarem. Ich fand ein Stück Brot im Brotkasten und biss hinein. Schien noch gut zu sein. War nur etwas trocken.

Die Tür zum Schlafzimmer meines Vaters öffnete sich. Er kam heraus, rieb sich müde über die Augen und trat auf mich zu. Meine Muskeln spannten sich automatisch und ich wich einen Schritt zurück.

Doch er griff lediglich nach seinem Geldbeutel, der neben mir auf der Theke lag und holte ein paar Scheine heraus.

„Geh nach der Schule noch einkaufen. Wir haben nichts mehr zu essen.“

Ich nickte und nahm das Geld an.

Er drehte sich schweigend um und ging wieder zurück in sein Zimmer.

Verwirrt sah ich auf das Geld in meinen Händen.

Ich wusste nicht, was mit meinem Vater los war, doch ich war mir Sicher, dieser Zustand würde nicht ewig anhalten.

Doch ich sollte die Zeit wohl so lange wie möglich genießen, in der mein Vater kein brutales, versoffenes Arschloch war, der seinem Ärger freien lauf ließ, sobald er mich entdeckte.
 

Ich trat in den Flur, zog mir meine Schuhe an und schlüpfte in meine Schwarze Jacke. Dann steckte ich das Geld ein, griff nach meinem Schlüssel und trat aus der Wohnung.

Ich zog die Tür hinter mir zu und ging langsam die Treppe runter.
 

Gemütlich machte ich mich auf den Weg zur Schule.

Ich hatte Zeit und wollte nicht unbedingt früher als notwendig in der Schule auftauchen, wusste ich doch, das Seto Kaiba grundsätzlich als erster vor Ort war.

Ich vergrub die Hände in den Hosentaschen und seufzte leise.

Wie sollte ich ihm heute gegenüber treten? Sollte ich ihn um eine Erklärung bitten? Wollte ich diese überhaupt hören?

Nein…nicht wirklich…

Im Moment schien mir alles egal zu sein…
 

Als ich an der Schule ankam, ließ ich mich wie immer in den letzten Monaten von dem Strom ins Innere mitziehen und wandte mich dann zu unserem Klassenzimmer. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es in zirka zwei Minuten zum Unterrichtsbeginn klingeln würde.

Das war in Ordnung.
 

Nachdem die meisten das Klassenzimmer betreten hatten, wagte ich mich auch endlich hinein. Ich steuerte ohne mich umzusehen meinen Platz in der vorletzten Reihe an.

Als ich meinen Rucksack auf dem Tisch erkannte, ließ ich mir nichts von meiner Überraschung anmerken.

Ohne mit der Wimper zu zucken setzte ich mich auf meinen Stuhl und nahm den Rucksack auf meine Beine.

Ich öffnete ihn und entdeckte einen Block, zwei Kugelschreiber mit dem KC-Logo und meine Schulbücher darin.

Ich griff nach dem Mathematikbuch, das wir gleich benötigen würden und holte den Block und einen der Kugelschreiber aus dem Rucksack.

Dann stellte ich diesen neben meinen Stuhl und lehnte mich zurück.

Kurz schielte ich auf den Platz, in der letzten Reihe, zwei Plätze weiter rechts, von meinem aus betrachtet.

Kaiba schloss gerade sein Notebook und griff nach der Tasche um ihn darin zu verstauen.

Als er sich nach unten beugte, sah er kurz zu mir nach vorn. Schnell wandte ich den Blick ab und fixierte die Tafel am anderen Ende des Klassenzimmers.

Ich wollte Blickkontakt unbedingt vermeiden.

Schließlich hatte ich mich dazu entschlossen, ihm so lange wie möglich aus dem Weg zu gehen.



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