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Weg zur Hölle - Zum Licht

von

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Ohne dich

Langsam lehnte sich Katja zurück und betrachtete ihre Gruppe.

Ihre Freunde.

"Ohne dich wären wir nicht hier.", hallten Romans Worte in ihrem Kopf nach.

Gemächlich schloss sie ihre Augen und spürte langsam, wie die Anstrengung des Parcours-Laufes sie einholte.

Ihre Gedanken glitten in die Vergangenheit.

Zurück zu dem Punkt, der alles entschieden hatte.
 

„Warum warst du denn heute nicht da?“, fragte sie und setzte sich in den gemütlichen Sessel.

Ihr Klassenkamerad saß ihr Gegenüber.

Er war schon immer schmächtig, fast unterernährt, zurückhaltend und ruhig.

„Weil ich euch nicht in Gefahr bringen wollte.“, sagte er, obwohl es fast ein Flüstern war.

„Was meinst du?“, hakte sie neugierig nach, „Hast du es dir mit jemandem verscherzt?“

Leise lachte ihr Gegenüber.

„So ähnlich.“, sagte er schließlich, „Du würdest es aber nicht verstehen.“

„Was würde ich nicht verstehen?“, fragte sie nach.

„Das ich anders bin.“, erwiderte er.

Verwirrt betrachtete sie den Jungen. Er lehnte sich in den Sessel zurück und schien fast darin zu versinken.

„Warum anders?“, erkundigte sie sich neugierig.

„Du willst unbedingt den Schock deines Lebens bekommen, oder?“

Doch sie schwieg und nickte entschlossen.

Plötzlich begann er zu Lachen.

Am Anfang klang es Kehlig, beinahe Rau, doch es wurde mit jedem Ton dünner.

Aber nicht nur seine Stimme veränderte sich. Seine Ganze Haut wurde dunkler, bis sie gänzlich Schwarz war. Seine Augen verloren jede Kontur und Tiefe, bis sie gänzlich weiß waren, ohne die Spur einer Pupille oder Iris.

„So anders.“, hauchte er schließlich.

Katja sah ihn an und wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie hätte mit einem Outting gerechnet, mit der Tatsache, dass er sich an ein vergebenes Mädchen herangemacht hatte.

Aber keinesfalls damit, dass er so anders war.

„Was bist du?“, hauchte sie verwirrt.

„Kein Mensch.“, erwiderte das Wesen sanft, „Friedlich, sehr zum Leidwesen anderer.“

„Und diese anderen sind jetzt hinter dir her?“

„Ja.“, seufzte er und seine Weißen Augen starrten sie an, „Und sie haben keine Skrupel.“

Schwer schluckte das Mädchen.

Von einem Augenblick auf den anderen war die Sicherheit ihrer Welt nicht mehr als ein Märchen.

„Und deswegen war ich nicht da.“, begann das Wesen, „Ich will nicht, dass jemand wegen mir verletzt wird.“

„Aber wie kannst du so sicher sein, dass sie hinter dir her sind?“, erkundigte sich Katja vorsichtig.

„Weil du ihre Spuren nicht sehen kannst, so wie ich.“, erklärte er, „Sie wollen mich im Ungewissen lassen, wollen sich an meinem Leiden laben.“

Die Ruhe mit der er das gesagt hatte, lies sie Schaudern.

„Ich will, dass du gehst.“, sagte es schließlich, „Geh, und komm nicht zurück.“

Gerade wollte sie widersprechen, als das Wesen die Hand hob.

„Wenn du nicht gehst, wirst du sterben. Und das könnte ich mir nicht verzeihen. Also gestatte einem Todgeweihten seinen Letzten Wunsch.“

Sie fühlte sich wie eine Marionette, als sie Aufstand. Ihr ganzer Körper schien ihr nicht mehr zu gehorchen. Sie wollte sich zwingen stehen zu bleiben, ihn anzusehen, aber nichts klappte.

Sie hatte die Tür erreicht und die Hand auf die Klinke gelegt, als sie zwei kalte Hände auf ihren Schultern spürte.

„Trauer nicht um mich und bewahre die Erinnerung.“, hörte sie die dünne Stimme.

Sie spürte, wie eine Träne ihre Wange herunter lief, als sie die Tür öffnete und einen Schritt heraus trat.

Leise fast unmerklich schloss sich die Tür hinter ihr. Und als das Schloss einrastete, fielen auch die Fäden von ihr ab.

Langsam drehte sie sich um und sah auf die steril wirkende Tür, bevor sie mit wackligen Schritten den Flur entlang ging.
 

Tag für Tag nahm sie sich vor, ihn zu besuchen, Ihren Abschied nicht so stehen zu lassen und ihm beizustehen.

Doch jedes Mal, wenn sie die vor dem Haus stand, schien jemand anders ihre Bewegungen zu lenken.

Wie gerne wollte sie die Hand heben, und die Tür öffnen.

Doch immer wieder drehte sie sich um und ging zurück.

Aber sie wollte einfach nicht aufgeben.

Es dauerte fast eine Woche, bis sie es endlich schaffte, die Tür zu berühren.

Kaum das sie die Klinke umfasst hatte, überkam sie eine Mischung aus Freude und Trauer.

Hektisch öffnete sie die Tür und stürmte die Treppen hinauf.

Aber als sie seine Wohnungstür erreicht hatte, stockte ihr der Atem.

Sie stand einen Spalt offen.

Normalerweise schloss er jede Tür hinter sich.

Vorsichtig öffnete sie die Tür und blickte auf ein Schlachtfeld.

Möbel waren umgeworfen oder zertrümmert worden.

Spuren, wie von Krallen, zogen sich über die Wand.

Und über allem lag ein beißender Geruch.

Vorsichtig tastete sie sich vor.

Alle Sinne waren zum Zerreißen gespannt und ihr ganzer Körper Schrie nach Flucht.

Hektisch sah sie in jede Ecke und öfter als gewollt über ihre Schulter.

Plötzlich hörte sie ein Keuchen.

Noch im selben Augenblick sprang sie zur Seite.

Aber anders als geplant blieb sie mit dem Fuß hängen und schlug der Länge nach auf.

Panisch sah sie zurück, nur um erleichtert festzustellen, dass sie am Rest des Schreibtisches Hängen geblieben war.

Auf einmal war da wieder das Keuchen.

Und ihr stockte der Atem.

„Oh mein Gott.“, flüsterte sie, als sie sich wieder aufrappelte und langsam vorwärts kroch.

„Du solltest doch nicht herkommen.“, hörte sie ihn plötzlich flüstern.

Ihre Kehle war wie zugeschnürt, als sie ihn sah.

Über seinen ganzen Körper zogen sich tiefe Spuren.

Vorsichtig berührte sie das schwarze Gesicht.

„Keine Angst?“, fragte er und sah sie langsam an.

„Doch.“, flüsterte sie, „Aber um dich.“

Rau begann er zu Lachen, aber es waren nur Sekunden.

„Dummes Mädchen. Aber du hast Glück.“, begann er, „Sie sind eben weg.“

Zitternd hob er den Arm und deutete auf ein zerbrochenes Fenster.

„Du darfst dich nicht bewegen.“, mahnte sie ihn sanft und nahm seinen Arm.

Er war Eiskalt.

„Dafür ist es zu spät.“, flüsterte er, „Aber ich werde dich immer bei dir sein.“

„Kann ich gar nichts tun?“, fragte Katja mit erstickter Stimme.

„Mich in guten Erinnerungen behalten.“, flüsterte das Wesen und entspannte sich.

Sie spürte, wusste, dass er keines ihrer Worte mehr hören würde, dass er niemals mehr antworten würde.

Und langsam schlich sich eine ungekannte, kalte Leere in ihr Herz.

Langsam sah sie das Wesen an. Und vor ihren Augen nahm er wieder seine menschliche Gestalt an.

Aber die Wunden blieben.

Dann sah sie seine Hand, die noch immer etwas umklammerte.

Vorsichtig nahm sie es an sich.

„Ich werde dich nicht vergessen.“, flüsterte sie erstickt und verließ die Wohnung.

Auch wenn sie wollte, konnte sie nicht mehr denken. Es war, als würde erneut etwas Fremdes sie lenken.

Und wieder fielen die Stricke erst von ihr ab, als sie die Haustür hinter sich gelassen hat.

Und die Trauer brach aus ihr heraus.
 

Es dauerte Wochen, bis ihr Leben wieder einigermaßen normal verlief.

Auch wenn ihre Eltern ihr alle Hilfe anboten, so konnten sie doch nichts tun.

Egal wie oft sie mit Beratern und Betreuern sprach, keiner wollte ihr glauben.

Glauben, dass ihr Freund kein Mensch war und dass er nicht von Menschen getötet wurde.

Wieder und wieder musste sie zu diesen Gesprächen.

Also entschloss sie sich mitzuspielen.

Nach und nach wurden es immer weniger Termine, bis diese nervenaufreibenden Gespräche vorbei waren.

Offiziell galt sie als geheilt.

Aber der Schmerz und der Verlust würden immer bleiben.

Und das Wissen um das, was sie gesehen hatte.

Ein Stilles, düsteres Geheimnis.

Bis zu jenem Abend.
 

Es war schon dunkel, als Katja auf dem Heimweg. Sie hatte sich mit Freunden getroffen und die Zeit vergessen.

Auch wenn sie den Weg kannte und die Straßen hell erleuchtet waren, so spürte sie doch, dass heute etwas anders war.

Mit jedem Meter wurde das mulmige Gefühl bedrängender und sie sah sich öfter als gewollt um.

Aber die Straße war leer, bis auf einen Mann, der auf sie zu torkelte. Nichts ungewöhnliches, da es Wochenende war und der nächste Feiertag vor der Tür stand.

Doch als sie nur noch ein paar Schritte voneinander entfernt waren, blieb er plötzlich stehen und sah sie an.

Sofort fiel ihr auf, dass seine Augen leer wirkten.

„Du riechst gut.“, zischte er plötzlich.

Nur einen Wimpernschlag später war er in Bewegung, wenn es auch nur Zentimeter waren.

Plötzlich dröhnten Schüsse durch die Straße.

Vor Schreck taumelte sie einen Schritt zurück, der allerdings unsanft auf dem Hosenboden endete.

Aber auch die Waffe schwieg.

Und plötzlich trat jemand mit einer Maschinenpistole im Anschlag in ihr Sichtfeld. Aber er beachtete das Mädchen gar nicht, sondern trat langsam zu dem Toten am Boden.

„Endlich hab ich dich.“, meinte er zufrieden, bevor er die Waffe senkte und sich Katja zu wand.

„Keine Sorge, ich tu dir nichts.“, sagte er sofort und hob die Hände.

Doch sie konnte ihn nur verständnislos ansehen. Er hatte auf offener Straße einen Menschen in ein Sieb verwandelt.

„Du hast ihn getötet.“, flüsterte sie unschlüssig.

„Und dir vor diesem Monster das Leben gerettet.“, entgegnete er Lächelnd und bot seine Hand an.

„Monster?“, fragte sie verwirrt.

„Ein Hautwanderer.“, entgegnete der Mann nickend, „Normalerweise sind sie harmlos. Ihnen reichen Haare oder Hautreste, um die Gestalt anderer anzunehmen, aber der hier war einfach nur ein Monster.“

„Warum?“, fragte sie ungläubig.

„Er hat seinen Opfern die Haut abgezogen, den Rest gefressen und trug den Rest.“

So kalt wie er es gesagt hatte, schlug es ihr auf den Magen. Sie hatte mit vielem Gerechnet, aber nicht damit.

Doch plötzlich bewegte sich etwas hinter dem Mann. Schon im Nächsten Moment ging er zu Boden, und das Monster stand hinter ihm.

„Das tat weh. Aber um dich kümmere ich mich später.“, sagte er mit schriller Stimme, „Zuerst wird gegessen.“

Mit einem Satz stürzte sich das Wesen auf Katja und drückte sie zu Boden.

Blitzschnell hatten Seine Hände ihre Kehle umklammert und drückten sanft zu.

Schlagartig wurde ihr Bewusst, dass diese Wesen sich mit ihr Zeit lassen würde.

„Du wirst mir gut stehen.“, drangen die geflüsterten Worte an ihr Ohr.

Allmählich spürte sie, wie die Kraft aus ihr wich, wie ihre Lungen nach Luft schrien und ihr ganzer Körper immer schwerer wurde.

„Gibst du so einfach auf?“, hörte sie plötzlich eine Bekannte Stimme in ihrem Kopf, „Hab ich dir so wenig beigebracht?“

Und mit einmal war ihre ganze Kraft wieder da.

„Willst du nicht einfach aufgeben?“, fragte das Wesen über ihr neugierig.

Doch ohne ein Wort ballte sie die Faust und schlug zu.

Der Angriff brachte das Wesen aus dem Konzept und so lockerte es seinen Griff.

Katja nutzte ihre Chance, zog das Wesen näher zu sich und rollte herum, so das es unter ihr lag.

„Ja, du wirst mir schmecken.“, hauchte es.

„Dann lass dir das schmecken!“, sagte sie Hart und griff nach ihrem Erinnerungsstück.

Sie riss es hoch, umfasste es mit beiden Händen und rammte es dem Monster mitten in die Brust.

Ein Ruck ging durch das Wesen hindurch, bevor es sich verkrampfte und schlussendlich ruhig liegen blieb.

Erschöpft und geschafft stand sie auf. Ihre Beine Zitterten, als sie einen Schritt zurück tat, weg von dem leblosen Körper des Wesens.

„Erinnern mich bitte dran, dich niemals sauer zu machen.“, sagte der Mann sanft neben ihr.

Langsam sah sie ihn an.

Eine dünne Spur Blut war an seiner Seite und auch an seinem Mundwinkel zu sehen.

„Hab schon schlimmeres durch.“, lächelte er und trat auf das Wesen zu.

„Ist es tot?“, fragte sie ängstlich.

Langsam kniete sich der Mann neben den reglosen Körper.

„Jetzt ja.“, sagte er nach einer gefühlten Ewigkeit.

Mit einem Ruck befreite er ihr Erinnerungsstück aus dem Leib und stand auf.

„Nett.“, sagte er, und betrachtete das Objekt, „Wo hast du das her?“

Vorsichtig reichte er ihr es.

„Es ist von einem Freund.“, sagte sie leise.

Schweigend sah er sie an und nickte leicht.

„Verstehe.“, meinte er schließlich, „Wenn du mal was brauchst, sag Bescheid.“

Mit einem breiten Lächeln gab er ihr eine kleine Karte.
 

Neugierig sah sie sich in dem Laden um.

Ein Antiquitätenhändler, wie der Mann ihr gesagt hat.

Jemand, der ihr vielleicht helfen könnte.

„Guten Abend, meine Dame.“, tönte die volle, wohlige Stimme zu ihr.

Festen Schrittes ging sie auf ihn zu, und erinnerte sich an die Worte, des Jägers.

„Ein Sturm zieht auf.“, sagte sie entschlossen.

Das freundliche Gesicht des Mannes verschwand fast Augenblicklich.

„Um was geht es?“, fragte er ernst.

„Er schickt mich.“, sagte sie ruhig und holte ihr Erinnerungsstück hervor, „Sie sollen sich das einmal ansehen.“

Wortlos nahm er es an sich.

„Es kann ein wenig dauern, du kannst es dir bequem machen.“, sagte er und ging langsam ins Hinterzimmer ohne den Blick von dem Objekt zu nehmen.

Sie sah ihm nach, bis die Tür hinter ihm zufiel.

Erst dann nahm sie ihre Erkundungstour wieder auf.

Aber die Preisschilder auf den einzelnen Stücken beendete ihre Tour schnell. Alles was sie her sah war unbezahlbar.

Jedenfalls für sie.

Mit einem schweren Seufzen lies sie sich auf die Couch nieder.

Aber in ihr wollte sich keine Ruhe einstellen.

Das Ticken der großen Wanduhr machte es bei weitem nicht besser. So entschied sie sich, noch ein wenig im Laden herum zu stöbern.

Aber ihre Aufmerksamkeit wurde von etwas außerhalb des Ladens geweckt.

Aufmerksam sah sie in die Gasse, gegenüber dem Laden.

Schemenhaft glaubte sie Schatten zu sehen, die sich in der Dunkelheit bewegten.

Und instinktiv wanderte ihre Hand zu der Pistole, die sie mitgenommen hatte.

Dann schienen die Gestalten sich aus der Gasse heraus zu bewegen.

Bis sie endlich ins Licht der nahen Straße kamen.

Zwei Personen Kämpften dort.

Eine komplett in schwarz gehüllt und einem großen Schwert. Die andere sah Normal aus, bis auf die Hellebarde die sie trug.

Aber beide hatten eines Gemein: Eine übermenschliche Eleganz und Beweglichkeit.

Unbewusste war Katja zur Ladentür gegangen und war herausgetreten.

Erst hier hörte sie die Waffen, wie sie bei jedem Angriff aufeinander trafen.

Plötzlich riss die schwarze Gestalt sein Schwert nach oben, und brach durch die Verteidigung des anderen. Noch in derselben Bewegung glitt die Waffe nach unten.

Der Angriff teilte die Hellebarde in zwei und verletzte auch den anderen.

Es war der Instinkt, der Katja dazu bewegte ihre Waffe zu ziehen und auf die schwarze Gestalt zu zielen.

Aber es blieb nicht unbemerkt.

Mit einem Ruck sah das Wesen sie an und blutrote Augen starrten sie an.

Ein Ruck ging durch ihren Körper, als sie den Abzug betätigte.

Und ungläubig betrachtete sie das Wesen, was ungerührt auf sie zu kam.

Sie hatte getroffen, dass wusste sie. Ihr Vater hatte oft genug mit zum Training genommen und ihr beigebracht, wie man eine Waffe bediente, zielte und schoss.

Doch weit kam der Schwarze nicht.

Binnen eines Wimpernschlages hatte sich der andere erhoben.

Der Stiel der Hellebarde krachte plötzlich in die Seite des schwarzen Wesens.

Es taumelte und ging in die Knie. Doch schon im nächsten Augenblick sauste die Klinge der Hellebarde herab und biss tief in die Schulter.

Das Schwert fiel dem Schwarzen aus der Hand, bevor der andere mit einem Ruck seine Waffe befreite.

Leblos sackte der Schwarze zusammen, bevor es sich langsam aufzulösen schien.

Dann ertönte erneut ein klirren.

Katjas Augen richteten sich auf den Anderen.

Seine Waffen lagen am Boden, während er sich an die Wand lehnte. Erst jetzt realisierte sie die Schnittwunde, die sich quer über den Oberkörper zog.

Nach einem schnellen Blick nach rechts und links rannte sie über die Straße, auf den Fremden zu.
 

„Und ich soll dich wirklich nicht ins Krankenhaus bringen?“, fragte sie erneut, während sie ihn stützte.

„Nein.“, keuchte er, „Es wird schon werden.“

Unsicher sah sie über ihre Schulter und in das bleiche Gesicht des Mannes.

Was ihr am meisten Auffiel, waren seine Augen.

Ein dunkles rot umspielte seine Iris.

„Interessant?“, fragte er matt.

Ärgerlich richtete sie ihren Blick wieder auf die Straße.

„Wo müssen wir hin?“

„Wir sind gleich da.“, antwortete er schwächer werdend.

Vorsichtig sah sie ihn noch einmal an.

Aber anstatt in das Gesicht eines Halb Toten zu sehen, sah sie wache Augen und ein schwaches Lächeln auf seinen Lippen.

„Mach das nicht noch mal.“, meinte Katja verärgert.

„Ich hätte es schon geschafft.“, sagte er wieder.

Sie hatte sich wirklich aufgedrängt.

Anfangs wollte sie einen Krankenwagen rufen, oder den Notarzt.

Aber er hatte darauf bestanden, dass es halb so schlimm war, dass er einfach nur nach Hause wollte.

Auch wenn Katja nicht wusste warum, sie wollte ihm helfen.

„Wir sind da.“, sagte er schließlich.

Langsam führte Katja ihn die Treppen hinauf.

„Welche Etage?“, erkundigte sie sich.

„Keller.“, erwiderte er ruhig.

Vorsichtig bugsierte sie ihn die Treppen hinunter.

Mit sicheren, ruhigen Händen holt er seinen Schlüssel hervor und öffnete die Tür.

„Lass mich zur Couch.“, sagte er und löste sich vorsichtig aus dem Griff.

Seine Schritte waren sicher, obwohl eine schmale Blutspur seinem Weg folgte.

„Kann ich dir noch helfen?“, erkundigte sich Katja nervös.

Auch wenn die Wunde nicht schlimm aussah, so konnte das Wesen doch Gift oder etwas anderes benutzt haben, oder sie entzündete sich.

„Schau mal im Kühlschrank.“, meinte er mit einem Grinsen und deutete ins Nebenzimmer.

Fragend sah sie ihn an, doch das Grinsen blieb.

Unsicher machte sie sich auf den Weg ins Nebenzimmer.

Erstaunt stellte sie fest, dass das Zimmer fast leer war. Ein Kühlschrank, sowie eine Mikrowelle und zwei flache Schränke waren dort.

Fragend ging sie auf das Monstrum von Gefrierschrank zu.

„Was willst du denn haben?“, rief sie zurück.

„Ist nicht viel Auswahl.“, rief er zurück.

Die ganze Zeit über hatte sie das Gefühl, dass er nicht normal war.

Und die ganze Zeit über wurde das Gefühl stärker.

Dennoch spürte sie keine Angst oder Sorge, ins einer Nähe, sondern eher Sicherheit.

Mit einem sanften Ruck öffnete sie den Kühlschrank.

Und starrte in gähnende Leere.

„Willst du dich über mich lustig machen?“, fragte sie und schlug den Kühlschrank zu.

„Warum?“, fragte er verwirrt.

„Weil nichts drin ist.“, entgegnete sie ebenso verwirrt.

Sekunde herrschte Stille.

„Verschwinde!“, schrie er plötzlich.

Doch da war es schon zu spät.
 

Es kam Katja wie ein Hammerschlag vor, der sie im Rücken traf und in die Stube schleuderte. Unsanft schlug sie der Länge nach hin, der Kopf nur Zentimeter von dem Tischbein entfernt.

„Sie mal einer an.“, hörte sie plötzlich eine Frauenstimme, „Hat er doch mal Beute gemacht.“

„Lasst sie in Ruhe.“, hörte sie den Wohnungseigentümer ruhig sagen.

„Roman, mein Kleiner.“, säuselte eine andere Frauenstimme, „Du weist was sie will. Nimm ihr Geschenk doch an.“

Langsam drehte sich Katja um, und versuchte sich von der neuen Lage ein Bild zu machen.

Zwei Frauen, beide schwarzhaarig und von derselben Blässe wie Roman standen im Zimmer. Aus der Küche kommend konnte sie einen Schrank von Mann kommen sehen. Entweder hatte er lange dafür trainiert, oder seine Ernährung auf Steroide umgestellt.

„Ich werde es nicht tun, eher blute ich aus.“, erwiderte Roman entschlossen.

„So mutig bist du nicht.“, entgegnete die Erste.

„Sicher?“

Im nächsten Moment hatte er sein Handgelenk zum Mund geführt und das deutliche Reißen von Fleisch war zu hören.

„Idiot!“, schrie die Zweite fast panisch und machte einen Satz auf ihn zu, „Los, schließ die Wunde!“

„Ich denke nicht dran.“, grinste er und sein Arm kam auf der Couchlehne zum liegen.

Katja schluckte schwer. Sie hatte schon schlimmes gesehen, meist aus dem Fernsehen, aber das hier toppte alles.

Er hatte sich mit den Zähnen das Handgelenk aufgerissen.

„Lass ihn, wenn er sterben will.“, sagte der Mann gelangweilt, „Sie wird sich schon einen anderen aussuchen.“

Wütend starrten die beiden Frauen den Mann an, bevor sich die erste wieder Roman zu wand.

„Du bist ein Narr!“, fuhr sie ihn an, „Du hättest alles haben können, was du wolltest.“

„Bis auf meine Freiheit.“, erwiderte er und versuchte zu Lächeln.

Dann drehte sie sich zu Katja.

„Viel Spaß mit diesem Blutleeren Sack.“

Und im nächsten Moment waren sie verschwunden, als wären sie nie dagewesen.

Es dauerte nur Sekunden, bis Katja auf den Beinen und bei Roman war.

Hektisch riss sie die Decke vom Tisch und drückte sie auf das Handgelenk.

„Nimm den Fetzen da weg.“, sagte er bestimmend.

Verwirrt sah sie ihn an. Sein Blick war fest und entschlossen.

Vorsichtig entfernte sie das Tuch.

Mit fahrigen Bewegungen führte er sein Handgelenk zum Mund. Sachte und sanft glitt die Zunge über die aufgerissene Stelle.

Ungläubig betrachtete sie, wie die für einen Menschen tödliche Wunde sich schloss.

„Was sollte das denn?“, fragte sie verwirrt.

„Das mit dem Handgelenk?“, fragte er matt.

„Das und die beiden Dominas.“

Verdutzt sah Roman sie an, bevor er leise Lachte.

„Sie sind die Laufburschen, die mich jetzt nicht mehr behelligen werden.“, erwiderte er und lies den Kopf in den Nacken fallen, „Auch wenn die Wunde geheilt ist, ist es zu spät.“

„Was brauchst du?“, fragte sie entschlossen.

„Blut.“, erwiderte er und lächelte sie an, offen und ehrlich, „Und nein, ich werde dich nicht beißen.“

Kurz arbeitete es in ihrem Kopf, bevor sie aufsprang und in die Küche hetzte.

Es dauerte nur wenige Sekunden, um den Großteil der Schränke in dem Raum zu verteilen. Doch letztendlich fand sie, was sie gesucht hatte.

„Warum willst du mich nicht beißen?“, fragte sie, als sie langsam zurückkam.

„Habe ich mir selbst geschworen.“, entgegnete er mit geschlossenen Augen, „Niemals jemanden zu beißen.“

„Und wenn sie es dir Freiwillig geben?“, hakte sie nach.

„Dann ja, aber warum fragst du?“

„Dann mach den Mund auf.“
 

„Ich dachte nicht, dass es so weh tut.“, sagte sie leise und rieb sich über ihr Handgelenk.

Nur eine kleine, blasse Narbe war von dem Schnitt übrig.

„Das hättest du nicht tun müssen.“, meinte Roman müde.

Mit einem Grinsen betrachtete sie ihn, wie er ausgestreckt auf der Couch lag, mit einem Eisbeutel auf der Stirn.

„Hat es gereicht?“, fragte sie neugierig.

„Wenn ich nein sage, schneidest du dir dann auch die andere Pulsader auf?“, erwiderte vorsichtig.

„Nein.“, erwiderte Katja lachend.

Langsam lies sie den Kopf in den Nacken gleiten.

Übel war ihr nicht mehr und auch der Schwindel hatte nachgelassen. Aber sie würde so etwas nie wieder machen. Jedenfalls vorerst.

„Warum hast du das gemacht?“, fragte er plötzlich.

„Eine Hand wäscht die andere.“, erwiderte sie ruhig, „Vor dem schwarzen Typen hast du mich gerettet, und ich jetzt dich.“

Mit einem Brummen nahm er es zur Kenntnis.

„Warum hast du gegen das Ding gekämpft?“

„Weil es ein Monster war, ich das Richtige getan habe und das Geld gebraucht hab um die Blutbank zu bestechen.“, entgegnete er als würde er die Frage Jeden Tag beantworten.

„Machst du das immer alleine?“, hakte sie nach.

„Immer.“
 

„Bist du sicher, dass wir hier richtig sind?“, erkundige sich Katja.

„Ja, bin ich.“, erwiderte Roman gelassen.

Fast eine halbe Stunde waren sie schon durch die Hügel geirrt. Und dass Katjas Taschenlampe den Geist aufgegeben hatte, machte es für sie nicht einfacher.

Aber sie konnte sich auf Roman verlassen. Er hatte solche Hilfsmittel zum Glück nicht nötig.

„Hörst du das?“, fragte er und wurde langsamer.

Katja spitzte die Ohren. Aber da waren nur die normales Nachtgeräusche.

Hier ein Vogel, da mal eine Grille oder ein Kauz.

Gerade als sie ihn fragen wollte, hörte sie das Donnern.

„Was ist das?“, fragte sie erwartungsvoll.

„Unser Job.“, erwiderte Roman.

Mit schnellen Schritten erklommen sie die Spitze des Hügels.

„Da unten.“, meinte Roman.

Entgegen Katjas Erwartungen hätte sie keine Lampe oder Nachtsicht gebraucht.

In der Senke vor ihnen brannten mehrere Leuchtfackeln, angeordnet in einem Oval. Und in der Mitte stand ihr jemand, eine langläufige Schrotflinte im Anschlag.

Hastig drehte er sich, versuchte alles im Blick zu behalten.

Plötzlich erschien ein Skelett im Licht der Fackeln. Aber es dauerte nur Sekunden, bis dessen Einzelteile von einer Ladung Schrot wieder ins Dunkel befördert wurde.

„Ich kann die ganze Nacht so Weitermachen!“, rief die Person vor ihnen in die Nacht.

„Ich auch.“, kam die Antwort aus der Dunkelheit.

„Da hinten.“, sagte Roman und deutete in die Ferne.

Wie auf Befehl schien der Mond durch eine Lücke in der Wolkendecke.

Zwei Hügelspitzen entfernt stand eine hagere Gestalt und gestikulierte.

„Der Nekromant.“, stellte Roman zufrieden fest.

„Haben wir gleich.“, meinte Katja und schwang ihr Jagdgewehr von der Schulter.

Mit ruhiger Hand legte sie an und zielte, nahm das Gewehr aber plötzlich wieder in den Anschlag.

„Zu weit weg?“, erkundigte sich der Vampir.

„Bei dem Wind kriege ich auf die Distanz keinen sauberen Schuss hin.“, meinte sie enttäuscht, „Ich bräuchte eine Auflage.“

Doch schon im nächsten Moment machte sich ein Grinsen auf ihrem Gesicht breit.

„Roman?“, fragte sie grinsend, „Machst du mir die Stütze?“

Mit einem Seufzer ging der Vampir in Position, das eine Knie auf dem Boden, das andere Angewinkelt und den Oberkörper aufrecht haltend.

Sachte legte sie das Gewehr auf seine Schulter und begann zu zielen.

„So wird das nichts.“, meinte Katja frustriert, „Dreh sich mal um.“

Kaum hatte sie das Gewehr von deiner Schulter genommen, drehte er sich um hundertachtzig Grad. Binnen eines Wimpernschlages.

Erneut legte sie das Gewehr auf seine Schulter und stützte ein Bein auf seinen Oberschenkel.

Doch in regelmäßigen Abständen spürte sie seinen Atem an ihrem Hals.

„Nicht Atmen.“, befahl sie ruhig.

Sofort stellte der Vampir die Atmung ein und wirkte wie eine Statue.

Nach einer, für Katja viel zu langen Zeit, brach erneut der Mond durch die Wolkendecke und beleuchtete ihr Ziel.

Wortlos zog sie den Abzug durch.

Der Schuss, war verglichen mit dem Schrotgewehr unter ihnen, leise. Und durch ihr Zielfernrohr konnte sie den Nekromanten fallen sehen.

„Sauberer Blattschuss.“, lächelte sie und sah an ihrem Visier zum Unten liegenden Platz.

Etliche Skelette lagen verstreut im Licht der Fackeln. Aber dem Kämpfer unter ihnen schien nichts passiert zu sein.

„Ist das nicht unbequem?“, richtete Katja die Frage an Roman.

„Bei der Aussicht nein.“, erwiderte er und sie konnte das Grinsen fast hören.

Verdutzt sah sie an ihrem Gewehr vorbei, in das Gesicht des Vampirs.

Und es dauerte eine Gefühlte Ewigkeit, bis sie verstand was er meinte.

„Dann zieh ich nächstes Mal einen Rollkragenpullover an.“, meinte sie und nahm ihren Fuß von seinem Bein.

„Mich stört das doch nicht.“, erwiderte er Schulterzuckend, „Ich bin doch eh tot.“

Ungläubig betrachtete sie das Ausdruckslose Gesicht des Vampirs, bevor sie sich Kopfschüttelnd auf den Weg den Hügel herab machte.

Während sie den Hügel herab gingen, warf sie immer wieder verstohlene Blick zu Roman, ob er sich vielleicht doch etwas anmerken lies. Aber wenn er eines perfekt konnte, war es über Tage hinweg keinen Gesichtsmuskel zu bewegen.

„Guten Abend.“, rief Roman plötzlich und hob die Hand.

Noch ein letztes Mal sah Katja über ihre Schulter. Doch wie immer zeigte sich in seinem Gesicht keine Regung.

Erst jetzt richtete sie ihre Aufmerksamkeit nach vorn.

„Abend.“, rief sie nun auch und folgte Romans Geste.

„Wohl eher morgen.“, grinste sie der Gewehrträger sie an.

Hastig sah Roman auf seine Uhr, bevor er erleichtert seufzte.

„Lichtscheu, was?“, fragte der Mann grinsend.

„Vampir halt.“, erwiderte Roman ruhig.

Verdutzt sah er Roman an, dann Katja und wieder zurück zu Roman, bevor er mit den Schultern zuckte.

„Dein Schuss?“, fragte er Katja und deutete auf den Hügel.

„Ja.“, erwiderte sie mit einem schwachen Lächeln, „Hab gedacht, ich greif die ein bisschen unter die Arme.“

„Immer wieder gern.“, lächelte er offen, „Bastian der Name.“
 

„Ich glaube, ich brauch einen größeren Keller.“, meinte Roman und warf eine Jacke in die Ecke.

„Hab dich nicht so.“, erwiderte Katja und bot Basti einen Sitzplatz an, „Je mehr desto lustiger.“

Wortlos ging der Vampir in die sporadisch eingerichtete Küche.

„Und ihr seid nur zu zweit?“, fragte Basti neugierig.

„Bis heute Abend ja.“, lächelte Katja und lies sich auf die Couch fallen.

„Sucht ihr noch Leute?“, hakte Basti weiter nach.

„Warum?“

„Ich kann da noch jemanden.“, meinte Basti ruhig.

„Aber er muss sich seinen Stuhl selber mitbringen.“, murrte Roman, während er mit einem Blutbeutel samt Strohhalm ins Wohnzimmer kam, „Ihren musste ich auch schon bezahlen.“
 

„Hey, Boss!“, hörte Katja Alex au einem Rufen.

Hektisch riss sie die Augen auf.

Verwirrt sah sie sich um und stellte fest, dass sie wieder im Gemeindehaus war.

„Na schön geträumt?“, grinste Basti.

„Ging so.“, erwiderte sie und rieb sich den steifen Nacken.

Plötzlich hörte sie ein tiefes Brummen.

Verwirrt sah sie sich im Zimmer um.

„Bist wichtig.“, meinte Roman und deutete auf den Tisch.

Langsam aber sicher bewegte sich ihr Handy auf die Tischkante zu.

Hastig griff sie danach und nahm den Anruf an.

„Nero?“, fragte sie verwirrt, „Was ist denn los?“

Ihre Augen weiteten sich, als sie Neros Stimme hörte.

„Sind auf dem Weg.“, sagte sie hastig und beendete den Anruf.

Mit einem Mal war Bewegung in sie gekommen und sie sprang von der Couch auf.

„Was ist denn los?“, fragte Alex verwirrt.

„Tanja wurde entführt.“, sagte sie ruhig.

„Was machen wir jetzt?“, fragte Roman neugierig.

Sie sah den Vampir an, wie er die leere Blutkonserve in den Mülleimer warf und sie breit angrinste.

Ein Blick in die Gesichter der anderen zeigte ihr genau das gleiche Bild. Bis Auf Yassie, die sich verwirrt umsah.

„Ausrüsten und Abmarsch.“, grinste Katja.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
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Von:  Akira_Magnus
2011-12-22T15:47:19+00:00 22.12.2011 16:47
OO
-nochmal lesen geh-
*__*
WOW!!
EINFACH NUR DER HAMMER!!!!
Ach Bigger, du bist echt der Beste.
-umknuddel-
-bussi auf die Wange geb-
Hach ich könn dich den ganzen Tag weiter knuddeln.
Das Kapi war einfach super, wenn auch an manchen stellen etwas verwirrend da mir doch die Namen gefehlt haben und ich bei den Unbekannten Personen immer ein wenig durcheinander gekommen bin.
Aber das liegt wohl eher an mir. ^^°
Aber wie gesagt, mach weiter so.
DANKE!!!! das du weiter schreibst und für alles was du für mich machst.
-knuddel-
Freu mich aufs Nächte Kapi. HDGDL
Deine Kleene Sis.


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