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Tausend Gründe

- Ja und Nein zu sagen -
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Weil es nur ein Traum sein kann

„Hey Nathan“, grüßt mein Vater, setzt sich ungefragt auf mein Bett, streicht mir zärtlich durch die Haare und drückt liebevoll meine Schulter. „Soll ich Lukas sagen, dass es dir nicht gut geht?“
 

Ich rucke hoch.
 

„Nein. Schon okay. Wir wollten Mathe lernen.“
 

Mein Vater nickt kurz, zieht sich beim aufstehen die schwere Jacke aus und ruft etwas die Treppen hinunter, ehe ich ihn ins Schlafzimmer verschwinden höre. Nur kurz darauf geht meine Tür ein zweites Mal auf und Lukas steht im Rahmen.
 

„Hi“, grüße ich, erhebe mich rasch und biete ihm einen Sitz auf meinem Sessel an. „Willst du was trinken? Oder was essen?“
 

„Nein, danke.“
 

„Okay.“
 

Ich weiß nicht was ich machen soll. Ich bin nervös und aufgedreht. Am liebsten würde ich einfach raus rennen und abhauen. Vor allem, nachdem ich die ganze Zeit dran denken musste wie Melanie aussah als sie mir sagte, dass sie ihn liebt.
 

Ihn. Lukas. Den Lukas.
 

Mit diesen Worten hat sich mein Leben in eine brennende Hölle verwandelt.
 

„Alles okay?“, spüre ich seine Hand auf meiner Wange und diese ungewohnt intime Berührung lässt mich zurückweichen. Es erinnert mich an den Abend vor drei Wochen. So lange ist das schon her. Es kommt mir vor, als sei es erst gestern geschehen.
 

„Nate?“
 

„Nicht“, widerspreche ich, sehe ihn fest an. „Nenn mich nicht so.“
 

Keiner außer ihm tut das. Melanie und meine Freunde nennen mich Jonny, mein Vater ruft mich Nathan, weil er mich eigentlich auch so nennen wollte. Und meine Mutter sagt immer Jonathan zu mir. Das war ihr Namenswunsch.
 

Nur Lukas nennt mit Nate.
 

„Warum?“
 

Ich beiße mir auf die Lippe.
 

„Weil… du der Einzige bist… der mich so nennt“, spreche ich zögernd die Wahrheit aus und sehe wie erwartet das Funkeln in seinen Augen. War ja klar, dass ihm das gefällt. Jetzt hat er einen Grund mehr mich so zu nennen und auf Wolke Sieben zu schweben.
 

Er kommt auf mich zu.
 

„Melanie liebt dich“, stoße ich hervor, nehme seinen Blick gefangen, sehe ernst zu ihm.
 

„Wer sagt das?“
 

„Sie selbst.“
 

Niemand rührt sich. Er steht reglos vor mir, mustert mich mit einem undefinierbaren Ausdruck in den Augen, während ich die Arme verschränkt vor der Brust halte und auf eine Reaktion seinerseits warte.
 

Das muss doch etwas zwischen uns ändern.
 

Melanie liebt ihn! Das kann er nicht ignorieren. Mit diesem Wissen kann er sich nicht ohne Gewissensbisse an mich ranmache, oder? Dann wären doch alle Probleme gelöst.
 

„Mir egal“, sagt er schließlich. Ich möchte sterben.
 

„Dir egal?“, keife ich, trete auf ihn zu und funkle ihn wütend an. „Das darf dir aber nicht egal sein. Du tust ihr damit weh. Hör auf mich anzubaggern, wenn du weißt, was sie für dich empfindet!“
 

„Ach so ist das“, spricht er leise, bedrohlich. „Also ist das dein Vorwand dich vor der Entscheidung zu drücken.“
 

„Was? Nein!“
 

Er macht sich das mal wieder verdammt einfach. Schließlich bleibt ja so alles an mir hängen und die beiden können mir am Ende genüsslich die Augen aushaken. Aber so läuft das nicht. Ich will nicht, dass es so läuft, weil ich mich dann zwischen meiner besten Freundin und dem Jungen, den ich eventuell liebe, entscheiden müsste.
 

„Ich kann nichts dafür, dass sie dich liebt und das du meinst mich anmachen zu müssen. Ich habe mir das nicht ausgesucht, verdammte Scheiße! Macht doch was ihr wollt! Aber lasst mich da raus!“, schreie ich wütend, will mich von ihm abwenden, ihn ignorieren, doch seine Arme hindern mich daran, als er sie um mich schlingt.
 

„Sag das nicht, Nate, bitte“, fleht er leise und abrupt bleibt mir jedes weitere Wort im Hals stecken. „Mir wäre es auch lieber, wenn sie sich nicht diese Flause in den Kopf gesetzt hätte. Und wenn du mich wirklich ablehnen würdest, würde ich mich zurückziehen, aber…“
 

Ja. Aber. Ein Aber, das drei Wochen zurück liegt und nur wenige Stunden gedauert hat, Ein Moment, in dem ich schwach geworden bin. Nicht weil ich betrunken oder sonst wie benebelt war, sonder aus dem simplen Grund das ich es wollte.
 

Ich wollte mit Lukas schlafen. Ich habe es auch getan. Zwar wusste ich zu dem Zeitpunkt nicht, dass es sich bei Melanies neuster großen Liebe gerade um ihn handelt, aber vielleicht gab es Anzeichen, die ich nicht gesehen habe.
 

Wenn mir diese Nacht wenigstens egal gewesen wäre. Ich spüre Lukas. In seiner Gegenwart werde ich nervös und bin befangen. Seine Stimme verfolgt mich bis in meine Träume und unter der Dusche erlebe ich unsere Nacht jedes Mal aufs Neue.
 

Ein Tagtraum, ein Alptraum.
 

„…Ich weiß, dass dich das nicht kalt gelassen hat. Und für dieses vielleicht bin ich bereit um dich zu kämpfen“, raunt er mir ins Ohr, treibt mir Tränen in die Augen.
 

„Ich will Melanie nicht verlieren“, antworte ich leise, sehe ihn flehend an. „Sie ist mir wichtig. Und wenn sie herausfindet, dass wir zwei was miteinander haben, redet sie nie wieder ein Wort mit mir.“
 

„Willst du dein Glück von anderen abhängig machen?“
 

Missmutig ziehe ich die Augenbrauen zusammen. Wütend ramme ich ihm meinen Zeigefinger in die Brust.
 

„Komm mir nicht mit diesen klugscheißer Sachen!“, drohe ich ihm. „Du willst doch, dass ich mein Glück von dir abhängig mache! Ich soll mich schließlich auf dich einlassen! Und dann machst gerade du mir einen Vorwurf, wenn ich Melanie bevorzuge. Meine beste Freundin, seit immerhin sieben Jahren! Wo warst du in der Zeit? Hä?“
 

„Schön, dann kenne ich dich eben nur zwei Jahre anstatt sieben, na und? Jeder Mensch hat ein Recht für sein Glück zu kämpfen, dass müsstest du doch am besten wissen. Schon mal was von the pursuit of happiness gehört?“, keift er zurück, packt meine Handgelenke und drückt mich näher an ihn.
 

Sein Griff ist stark und selbst wenn ich gewollt hätte, wäre ich ihm nicht entkommen. Dafür ist er einfach zu trainiert. Viel mehr als ich.
 

„Aber ich zwinge dich zu nichts. Du hast mir einen Monat zugesagt. Und in dieser Zeit versuche ich natürlich dich von meinen Qualitäten zu überzeugen, weil ich weiß, dass ich Erfolg haben könnte. Wenn du dich nach diesen vier Wochen gegen mich entscheidest, dann kannst du gerne bei deiner Melanie bleiben, dann gibt es mich nicht mehr für dich.“
 

„Und wenn ich das nicht will?“, frage ich aufgewühlt von seinen Worten, ich sehe das Funkeln in seinen Augen, als sie mich beinahe misstrauisch fixieren.
 

„Was willst du dann?“
 

„Euch!“, schreie ich wütend, gehe noch einen Schritt auf ihn zu. „Euch beide verstehst du? Ich will nicht wählen. Ich will euch beide. Melanie als meine Freundin und dich… dich… wer weiß“, ende ich unentschlossen.
 

Es geht ein gewaltiger Ruck durch seinen Körper, als er drei Schritte nach vorne macht, mich dabei nach hinten und gegen meine Zimmerwand schiebt. Sein Blick wird ausgehungert. In freudiger Erwartung auf das Kommende schaudere ich leicht.
 

„Oh, Nate“, haucht er, senkt seine Lippen herab, wartet allerdings so lange, bis ich ihm ergeben zunicke. Ein Grund mehr, warum es mir so schwer fällt mich einfach gegen ihn zu entscheiden. Er ist so liebevoll und zärtlich wie ich es mir immer erträumt habe.
 

Das alles ist ein Traum, denke ich, als er mich auf meine Fensterbank hebt und ich meinen Kopf gegen die kühle Scheibe sinken lasse. Es kann nur ein Traum sein. Seine Lippen suchen die meinen, während seine stets rauen Hände unter mein Hemd gleiten, meine Seiten streicheln.
 

Sind Träume nicht immer so? Schön, bizarr, gefährlich, aufregend und so absurd, dass man einfach nur den Kopf drüber schütteln muss? Auf jeden Fall fühle ich mich gerade so.
 

Lukas’ Finger ziehen geheime Linien auf meinem Körper, die nur er kennt, die mich allerdings keuchen und stöhnen lassen. Ich kralle mich in seine Schultern, weiß nicht genau ob ich die Berührung suchen oder ihr entfliehen soll.
 

Alles was er mit mir macht ist neu für mich, aufregend und gefährlich. Auch wenn ich weiß, dass ich schwul bin, habe ich mich nie um einen Partner bemüht. Ich hatte Angst davor. Das Lukas so forsch vorgegangen ist, ist auf der einen Seite ein Glück, weil er dadurch meine Neugier auf diese Dinge geweckt hat. Auf der anderen Seite ist gerade er natürlich der falsche Partner.
 

„Nate“, raunt er in mein Ohr und ich erschaudere. „Nate.“
 

„Nicht. Lass das“, wehre ich ab, doch sein tiefes Lachen ist das einzige das er darauf erwidert. Ich wusste es ja. Es macht ihm Spaß, dass er der Einzige ist, der mich so ruft. Damit fühlt er sich mir wahrscheinlich noch näher.
 

Aber näher als so geht es gar nicht mehr.
 

Ruckartig schlage ich mit der Hand gegen den Rahmen meines Fensters, als er sich langsam, aber bestimmt in mich schiebt. Es tut noch immer weh. Sehr sogar. Und ich brauche eine ganze Weile bis ich ihm das Zeichen zum weitermachen geben kann.
 

Er ist so liebevoll und zärtlich. Und das obwohl ich in seinen Augen den Ausdruck reinster Gier lesen kann. Ich bin die Beute. Und er der Jäger, der mich gestellt hat.
 

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2009-10-15T13:06:01+00:00 15.10.2009 15:06
Eine schöne Geschichte...wenn auch irgendwie traurig.
Ich weiß noch nicht genau wie ich mich jetzt am besten ausdrücken soll um all meine Eindrücke zu beschreiben.
Zuallererst sollte ich mich wohl mal dafür entschuldigen das ich erst beim letzten Kapi ein Kommi hinterlasse, aber ich habe die Geschichte in einem Rutsch gelesen und so könnte ich für die Beiden vorhergehenden Kapis leider kein gescheites Kommi mehr machen können, da ich ja weiß wie es weiter geht.
Es ist eine schwierige Situation, in der Nate da steckt. Aber... naja wenn er das mit Melanie vorher einfach nicht wusste, dann braucht er sich keinen Vorwurf machen. Zumindest nicht bis zum letzten Kapi, oder wenigstens bis zu dem Moment wo sie es ihm sagt, in wen sie verliebt ist. Spätestens da wäre es wohl der richtige Zeitpunkt gewesen ihr zu sagen das ihn und Lukas mehr verbindet. Und das da schon was gelaufen ist. Sie kann ihm schließlich keinen Vorwurf machen, die Menschen haben keinen eingebauten Hellseherblick, mit dem sie alle Gedanken um sich herum aufschnappen können. Auch wenn man denken könnte er hätte vorher vielleicht was von Melanies Gefühlen merken müssen, da sie ja schließlich beste Freunde sind und sich schon so lange kennen. Das heisst aber nichts, sie kann es ja auch gut verorgen haben und ich denke mal es war für Nate schon ein ziemlicher Schock.
Jetzt steckt er in einer Zwickmühle zwischen Gefühlen und Loyalität. Ich bin wirklich gespannt für wen/was er sich entscheidet. Ich hoffe ja, das er beide unter einen Hut bekommt, es wäre doch zu schade wenn dem nicht so ist, aber der Fall ist wirklich schwierig und ich kann mir nicht vorstellen das Melanie es einfach so hinnehmen wird wenn sie das mit ihm und Lukas erfährt.
Lukas ist wirklich eine Klasse für sich. Und es ist gut das er Nate gesagt hat das er um ihn kämpfen wird, das zeigt ja nur das er sich seiner Sache wirklich sicher ist. Und mal im Ernst, selbst wenn Melanie in Lukas verliebt ist, welche Chancen hat sie denn? Er scheint ja nicht auf Mädels zu stehen. Da hätte sie so oder so nicht den Hauch eine Chance das es mit ihr und Lukas jemals was wird.
Natürlich hat dieser Aspekt nichts damit zutun das ihr bester Freund was mit dem Kerl hat, in den sie verliebt ist, aber ich betone es nochmal, er wusste ja nichts davon.

Ich bin gespannt, wie es weiter geht. Ich bin ja ehrlich gesagt dafür das Nate ehrlich zu seiner besten Freundin ist. Ich denke wenn er es nicht ist und sie es anders rausbekommt, dann wars das mit der Freundschaft. Verletzt wird sie in jedem Fall sein,...

LG Rhiska

Von: abgemeldet
2009-10-13T21:38:56+00:00 13.10.2009 23:38
"„Melanie liebt dich“, stoße ich hervor, nehme seinen Blick gefangen, sehe ernst zu ihm."
Nein nein nein nein nein! Das kann er doch nicht tun! Das darf er doch nicht tun! Und oh nein! Ich hab Recht gehabt, dass sie in ihn verliebt ist! Oh mein Gott!

"„Mir egal“, sagt er schließlich. Ich möchte sterben."
Sehr schöner Gedankengang! So passend! Sehr sehr lustig!!!!

"Ich will nicht wählen. Ich will euch beide. Melanie als meine Freundin und dich… dich… wer weiß“, ende ich unentschlossen."
Das ist so...hach^^ Da fehlen mir die Worte, aber ich fand es toll!

Ein tolles Kapitel und Nate/Jonathan/Jonny/Nathan^^ tut mir sooo leid! So zerissene Gefühle zu ahben muss schrecklich sein udn doch finde ich die beiden zusammen einfach toll! Wie Lukas ihn nciht in Ruhe lässt, sonder ihn von seinen "Qualitäten" überzeugen möchte, sehr gut^^

Das ist echt eine tolle Geschichte udn ich bin gespannt, wie es denn nur weiter eght, ob er Melanie die Wahrheit sagt, oder sich doch eggen Lukas entscheidet! Hach, das ist so aufregend^^
Ich freue mich aufs nächste Kapitel!!!

LG Loona



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