Flucht
Langsam kam ich wieder zu mich. Nach und nach begannen meine Sinne ihre Arbeit wieder aufzunehmen.
Zunächst verspürte ich den kalten Boden unter mir.
Dann vernahm ich diesen Duft nach Vermoderung, welcher oft in Kellern zu finden war.
Keller …
Ich erinnerte mich. Ich war eingesperrt und hatte das Gift zu mir genommen.
Stöhnend begriff ich, dass ich noch lebte und das Gift seine Wirkung verfehlt hatte.
Mühsam öffnete ich die Augen, konnte zunächst nur verschwommen sehen.
Mit den Händen drückte ich mich vom Boden ab, um mich aufzurichten.
Das Gift hatte eine seltsame Wirkung auf meine Wahrnehmung. Alles erschien mir so riesig …
Mit der Hand wollte ich mir die verschwitzten Haare aus dem Gesicht streichen. Erstaunt bemerkte ich, dass mein Arm vollständig im Ärmel des Kittels verschwunden war.
Ich sah an mir herunter und meine Knie gaben nach.
Ich war ein kleines Kind!!
Wie die Labormaus war ich geschrumpft.
Doch es blieb keine Zeit, mir darüber Gedanken zu machen.
Denn ein enger Müllschluckerschacht war in mein Blickfeld geraten.
Ich robbte mich bis zur Wand, kletterte in den Schacht und landete unsanft in einem Müllcontainer. Ächzend richtete ich mich auf. Es war verrückt, doch ich war frei!
Meine Schuhe verbuddelte ich tief im Müll und hoffte, dass man meine Spuren so nicht zurückverfolgen konnte.
Mit bloßen Füßen stand ich auf der nassen Straße, raffte den Kittel fest um mich und rannte los. Ich wusste erst nicht wohin. Nur weg von dieser Fabrik, von Gin und von meinem alten Leben.
So rannte ich immer weiter, bis ich im Beika Viertel landete.
Noch immer wusste ich nicht, wohin. Zu meiner Wohnung konnte ich schlecht zurückkehren, dort würde man mich als Erstes vermuten. Doch ich musste weg, untertauchen. Wahrscheinlich waren sie schon auf der Suche nach mir.
Und plötzlich kam mir Shinichi Kudo in den Sinn. Er befand sich doch in der selben Lage wie ich. Nur seinen Aufenthaltsort musste ich finden. Der einzige Anhaltspunkt war sein Haus.
Orientierungslos irrte ich durch die verlassenen Straßen. Nach gefühlten Stunden erreichte ich die Villa. Doch, was nun? Wenn dieser Kudo schlau war, hatte er schon längst die Stadt verlassen. Da konnte ich ihn lange suchen …
Erschöpft brach ich ein weiteres Mal zusammen.
Ganz unverhofft wurde ich von Professor Agasa gefunden und aufgenommen. Eine gewisse Ähnlichkeit bestand natürlich zu Shinichis Lage, als er geschrumpft wurde. Allein die große Kleidung reichte als Beweismittel. Er sprach mich darauf an und ich konnte kaum fassen, dass dieser Professor Shinichi Kudo kannte und wusste, wo er sich derzeit aufhielt.
Ich erzählte ihm meine Geschichte, natürlich lange nicht alles. Doch ich berichtete von meiner Arbeit. Er war ganz aufgeregt und schlug mir vor, für eine Weile bei ihm zu wohnen. Ich sollte Shinichi in seiner Gestalt als Conan kennen lernen und zur Schule gehen.
Ich stand dem Vorschlag skeptisch gegenüber, da ich große Angst hatte, man könnte mich finden und nicht nur mich, sondern auch den Professor töten. Doch letztendlich nahm ich sein Angebot an und ab sofort war ich eine kleine Grundschülerin namens Ai Haibara.
Das Ende des Epilog mag vielleicht etwas hastig zu wirken, doch ich fand es besser, die Situation mit Professor Agasa nicht weiter auszuführen, weil es sonst vielleicht keinen richtigen Schluss gegeben hätte …