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Bilder unserer Zeit

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Ablenkung und Abschreckung (2001 / 09)

17. Kapitel – 2001 (September)
 

Überall um mich herum ist nur klares, kaltes Wasser. Ich spiegle mich darin, doch verwehre ich mir den Blick nach unten. Ich fürchte, dass ich lächerlich aussehe.
 

Man hat mir in zwei Stunden Arbeit die Haare geschnitten, gekämmt und gegeelt, mir währenddessen, die Augenbrauen gezupft, die Fingernägel manikürt und mich überall mit irgendwelchen Cremes eingerieben. Danach folgte die Tortur des Ankleidens.
 

Eine weitere Stunde hat man damit zugebracht sich für ein Outfit zu entscheiden. Es ging über rote Lederhosen bis hin zum Cowboyhut und eines sah beschissener als das andere aus. Wenn ich gewusst hätte was Models alles übers ich ergehen lassen müssen, dann hätte ich niemals so schlecht über Heidi Klum und Konsorten geredet.
 

Ich streiche mir mit einer Hand die nervende Haarsträhne aus dem Gesicht, die die Mädels aus der Maske als so chic empfunden haben und bin nur noch minimal darüber überrascht, dass ein ganzes Blitzlichtgewitter über mir losgeht.
 

Missmutig runzle ich die Stirn, starre verdrossen auf die halbnackte Frau vor mir, die beinahe regungslos vor mir kniet, einen Arm um meine Hüfte geschlungen hat und mich mit einem verträumten Blick mustert. Ihre langen weichen Locken fließen ihr regelrecht um die Schultern und das Gesicht, fühlen sich nachgiebig in meiner freien Hand an und betonen ihre haselnussbraunen Augen.
 

Ehrlich, so intensiv wie heute habe ich mir noch nie eine Frau angesehen. Vielleicht wäre ich dann nicht schwul geworden. Obwohl ich mich unter ihrem Blick wie ein kleiner sabbernder Vollidiot vorkomme. Ich ziehe meine frisch gezupften Augenbrauen noch mehr in Falten, ignoriere die Zwischenrufe von irgendwelchen Assistenten die mir schon seit Stunden auf den Sack gehen und drücke meinen schmerzenden Rücken durch.
 

Fast zeitgleich erhebt sich auch die Schönheit vor mir, kommt in Windeseile hinter mich, legt mir ihre schlanken Finger auf Brust und Hals, bringt ihre Lippen ganz nah an mein Gesicht und zieht mich etwas mehr nach hinten, auf ihren Oberkörper.
 

Ich bin noch nie in den Genuss von Brüsten gekommen. Von vorne sind sie bestimmt ein weiches Kissen, von hinten allerdings empfinde ich sie als sehr störend.
 

Ihr warmer Atem schlägt gegen meine Wange, ich rieche einen leichten Hauch von Pfefferminz, drehe meinen Kopf etwas schräg zur Seite, damit ich den Geruch nicht vollständig abbekomme. Ich kann Pfefferminz nicht leiden.
 

Die roten Lippen direkt vor meiner Nase verziehen sich zu einem sündigen, eigentlich süffisanten Lächeln. In dem neuerlichen Blitzlicht geht allerdings jeder weitere Gedanke verloren.
 

„Kannst du dich unter ihn legen, Maria?“, fragt die tiefe Stimme Hans-Wilhelms unvermittelt, ich bemerke ihr nicken und spüre die flüchtige Berührung an meinem Körper. Als sie um mich herum rutscht, verliert sie den Halt an einem flachen, glatten Stein, fällt nach vorne und instinktiv strecke ich den Arm nach ihr aus, während ich gleichzeitig ihre Nägel über meine Haut kratzen fühle.
 

„Alles okay?“, frage ich nach, erhalte ein erstauntes Nicken. Vermutlich der Schock.
 

Vorsichtig bringt sie sich in Position, wirft mir einen fast scheuen Blick zu, als sie zwischen meine Beine rutscht, doch ich mache keinerlei Anstalten sie anzufallen. Stattdessen biete ich ihr mehr Platz, stütze sie ein wenig, als sie sich vorsichtig nach hinten ins Wasserbassin legt.
 

Immer wieder schießt Hans-Wilhelm Fotos. Er achtet nicht darauf ob wir in Position sind oder nicht. Vielmehr scheint er jeden Moment einfangen zu wollen.
 

Als er und ich ins Studio gekommen sind, war Marias Shooting bereits vorbei. Allerdings blieb sie auf Hans-Wilhelms Bitte hin länger und ich wurde ihr als Laiendarsteller vorgestellt. Ohne auf meinen Protest zu reagieren hat mich Chris’ Großvater in die Obhut seiner Designerinnen gegeben und nur wenig später hockte ich in diesem Becken, zusammen mit dem bildhübschen Profimodel.
 

Hier sieht man auch den Unterschied. Maria weiß genau was Hans-Wilhelm will, sie ist fügsam, flexibel und sich auch offenbar nicht zu schade dafür in eine eher kompromittierende Position zu gehen. Dabei strahlt sie jedoch sehr viel Selbstsicherheit aus und reagiert ganz automatisch auf meine Bewegungen.
 

Ich bin der Mittelpunkt, hat Hans-Wilhelm gesagt, sie nur das Beiwerk. Ich persönlich fand diese Bemerkung äußerst hart und gemein, Maria jedoch hat es gelassen genommen und so immer wieder in verschiedenster Weise die Frau an meiner Seite gemimt.
 

„Tut mir leid“, flüstere ich ihr zu, als ich mich ein wenig bequemer über sie hocke.
 

Laut Hans-Wilhelm soll ich kein Model, sondern ich selbst sein. Ich habe das als Aufforderung verstanden einfach nur möglichst bequem die Zeit rumzubringen. Scheinbar lag ich nicht ganz verkehrt damit, denn es kam keine einzige Beschwerde. Außer von den Assistenten, aber auf die hört eh keiner.
 

„Schon okay“, lächelt sie mir zu. „Ich bin Profi“, folgt ein keckes Augenzwinkern.
 

Irgendwie ist sie mir sympathisch.
 

Ich greife nach ihrer Hand, ziehe sie an meine Lippen und hauche ihr einen sanften Kuss darauf, der sie ein wenig überrascht die Augen aufreißen lässt. Trotzdem finde ich sie noch immer sehr schön.
 

Langsam stehe ich auf, ziehe sie ebenfalls in eine aufrechte Position, klettere dann jedoch aus dem Bassin heraus und genieße den Luxus, dass sofort jemand da ist, der mir ein Handtuch bringt.
 

„Vielen Dank, Maria!“, beendet Hans-Wilhelm das Shooting, hilft seinem Model eigenhändig aus der aufwendigen Kulisse, die immerhin aus dem Becken, einigen großen Steinen, einem kleinen Wasserfall, mehreren tropisch wirkenden Pflanzen und etlichen Lichtern besteht.
 

Dschungelfieber mitten der in Großstadt.
 

Auch Maria wird sofort in mehrere warme Handtücher gesteckt und abgerieben, während ihre langen Haare von mehreren Spangen gebändigt werden. Schade, vorher gefiel es mir besser.
 

Als sie meinen Blick bemerkt, lächelt sie und kommt gelassen auf mich zu.
 

„Wie hat es dir gefallen?“, fragt sie mit ungewohnt leiser Stimme.
 

„Weiß nicht“, gebe ich zu. „War mal was anderes.“
 

„Das glaube ich“, lacht sie verhalten. „Jemand wie du ist wohl nur harte Arbeit gewöhnt.“
 

„Leicht fand ich das hier auch nicht gerade.“
 

„Willst du Model werden?“
 

„Nein. Das ist nichts für mich, außerdem bin ich zu alt.“
 

„So?“
 

„Fünfundzwanzig“, beantworte ich die offensichtliche Frage.
 

„Ich bin auch nicht jünger, nur ein Jahr“, kommt es von ihr zurück und ich hebe überrascht eine Augenbraue. Ich hätte sie sehr viel jünger geschätzt. Gerade mal auf Anfang zwanzig.
 

„Raphael, nicht wahr?“
 

Ich nicke.
 

„Kommst du öfter hierher?“
 

„Eigentlich nicht. Bin nur zufällig hier gelandet, weil ich seinen Enkel kenne.“
 

„Oh!“, ist sie erstaunt. „Du kennst den kleinen Chris?“
 

„Du offensichtlich auch“, gebe ich zurück, doch sie winkt ab.
 

„Ein ganz süßer Junge, ehrlich, aber verdammt schüchtern. Er macht sehr schöne Bilder, hat scheinbar das Talent seines Großvaters geerbt, aber im Umgang mit Mitarbeitern und Models ist er noch sehr unsicher.“
 

„Tatsächlich? Ich hatte ihn eher als souverän eingeschätzt“, runzle ich die Stirn.
 

„Hier auf der Arbeit ist er sehr zurückhaltend“, bleibt sie bei ihrer Version von Chris, lächelt mir dann aufmunternd zu und lädt mich ein, doch öfters vorbeizuschauen und mit ihr zu arbeiten.
 

Ich mag Maria. Sie ist nicht so verdreht wie andere Mädchen die ich kenne und das obwohl sie als Model arbeitet und sich sonst was auf ihren Körper einbilden könnte.
 

„Maria hat derzeit einen Auftrag für einen große Modekonzern, die mit einem Fotografen arbeiten, den ich unter Vertrag habe.“
 

„Wie funktioniert denn die Bezahlung?“
 

„Wie bei einem Sänger. Die Firma zahlt dem Fotografen ein gemeinsam vereinbartes Honorar, von dem wiederum ich einen gewissen Prozentsatz erhalte. Dafür dürfen aber meine Kulissen verwendet werden, ebenso die Outfits und einige der Damen stehen ebenfalls zur Verfügung“, erklärt Hans-Wilhelm, verstaut dabei ein Teil des Equipment.
 

Schweigend sehe ich mich ein wenig in dem Studioraum um, doch nichts fesselt wirklich meinen Blick. Ich frage mich gerade, ob Chris wohl hier ist und ob ich ihn nicht vielleicht doch sehen möchte. Immerhin ist er der Einzige, der mir bisher ohne jeden Vorbehalt zur Seite gestanden hat. Thomas… ich sollte wirklich nicht darüber nachdenken.
 

„Möchtest du nach Hause gehen?“, fragt Hans-Wilhelm gerade und ich bin darüber irritiert, dass er mir einen Schlüssel vor die Nase hält. Scheinbar meint er damit seine Wohnung.
 

„Weiß nicht“, meine ich unentschlossen, nehme das Metallstück trotzdem in die Hand.
 

„Ich habe jetzt noch einiges zu tun, es steht dir also frei ob du hier bleiben oder gehen möchtest“, erklärt er, schultert einen schweren Tragekoffer, in dem ich so ziemlich alles vermute.
 

„Ich werde mich schon beschäftigen“, meine ich ironisch.
 

„Gut“, zwinkert er mir zu, wendet sich an seine Assistentin.
 

„Warum…“, beginne ich, breche jedoch ab, als er mich mit einem fragenden Blick mustert. „Warum haben Sie das Shooting mit mir gemacht?“, bringe ich dann schließlich heraus, darüber verwirrt, dass er wieder so einen undurchdringlichen Blick an den Tag legt.
 

„Nur so“, lautet seine schlichte Antwort, ehe er sich abwendet und geht. Einfach so.
 

„Tz“, mache ich abfällig, verlasse den Raum durch die Tür auf der gegenüberliegenden Seite und weiß tatsächlich nicht, was ich jetzt tun soll. Mein Leben befindet sich derzeit in der Schwebe. Dauernd passiert was, aber nichts bringt mich auf den Boden zurück. Alles ist einfach nur abgedreht.
 

Ich spiele mit dem Handy in meiner Jackentasche, frage mich immer öfter, ob ich Thomas nicht anrufen soll. Ein klärendes Gespräch wäre ein Anfang, aber ich glaube, dass ich dafür noch nicht bereit bin. Irgendwie fühlt es sich falsch an, bei Thomas den Anfang zu machen.
 

Gerade als ich mich entschlossen habe, niemanden anzurufen, klingelt das kleine Teil auch schon. Das Display verrät mir, dass es Chris ist. Als ob ich nicht schon damit gerechnet hätte.
 

„Hey“, hebe ich ab, lasse mich in einen der schwarzen Sessel fallen, die in der Eingangshalle herumstehen.
 

„Hi. Wie geht’s dir?“
 

„Geht so“, gebe ich zu. „Mir ist langweilig.“
 

„Mir auch“, lacht er. „Sitze gerade vor meinen Hausaufgaben.“
 

„Wahnsinn“, bin ich ziemlich überrascht. „Woher der plötzliche Eifer?“
 

„Meine Mum zwingt mich“, seufzt Chris auf. „Sie hat sich zwei Wochen frei genommen und kontrolliert mich wie ein Schießhund. Selbst ins Studio darf ich nicht gehen.“
 

Da ich glaube, dass Sprüche à la ‚Sie will ja nur das Beste für dich’ bei Chris eher auf taube Ohren stoßen, schweige ich mich darüber lieber aus. In dieser Situation kann ich einfach nur das Falsche sagen.
 

„Wo bist du gerade?“, fragt er mich nach einer Weile.
 

„Im Studio“, antworte ich und wundere mich gar nicht über die plötzliche Stille am anderen Ende der Leitung. Ja, ich hätte auch nicht gedacht, dass ich hier mal freiwillig und alleine – zumindest fast – aufkreuzen würde.
 

„Warum?“, kommt es nach einiger Zeit ungläubig zurück.
 

„Lange Geschichte. Du musst Hausaufgaben machen“, versuche ich abzulenken.
 

„Lass das, Raphael“, schnappt er angesäuert zurück. „Erzähl schon!“
 

„Sehen wir uns heute?“, will ich lieber wissen, werfe ihn damit erneut aus der Bahn. Sowas ist er von mir definitiv nicht gewöhnt, aber jetzt, nachdem ich eine Stimme gehört habe, will ich ihn einfach nur noch bei mir haben. Ich bin verwirrt, überfordert, gereizt und genervt – ich brauche einfach jemanden, der für mich da ist.
 

„Ähm…“
 

„Komm schon!“, rede ich auf ihn ein. „Wenn deine Mum schlafen geht, klingelst du mich an, dann steh ich unter deinem Fenster schmiere und du kletterst aus dem Fenster.“
 

„Aus dem ersten Stock?“
 

„Klar. Ich fang dich auf“, verspreche ich ihm, nicht so sicher, ob ich das auch wirklich schaffe. Schließlich ist Chris nicht gerade eine Feder.
 

„Na gut. Meinetwegen.“
 

„Nicht so enthusiastisch bitte!“, gebe ich ein wenig eingeschnappt zurück.
 

„Übertreib’s nicht“, warnt er mich durchaus ernsthaft.
 

„Okay. Dann bis heute abend“, lege ich nach seinem kurz eingeworfenen ‚Hmhm’ auf und habe ein seltsames Gefühl im Magen. Nicht unbedingt diese Schmetterlinge, die man sonst im Bauch hat. Eher ziemlich viel Galle und das Frühstück von heute morgen, das sich bemerkbar macht.
 

Ich fühle mich schlecht und elend, gleichzeitig aber brauche ich Chris einfach. Ich wusste ja, dass ich ihm wehtun würde, wenn ich mich auf ihn einlasse und er selbst wusste es auch, aber… irgendwie ist es ein krasses Gefühl, wenn man weiß was man tun wird und was man damit anrichtet – und wenn es etwas Schlechtes ist.
 

Um mich von mir selbst und meinem grummelnden Magen abzulenken verschwinde ich aus dem Studio, wo mich alles an Chris erinnert und schlendere ziellos durch die Straßen, dann durch die Innenstadt. Unterwegs treffe ich einige Bekannte, quatsche mit ihnen, begleite sie ein Stück, ehe ich wieder völlig allein durch die gegen streife.
 

Mein Freundeskreis ist klein. Thomas, Erich, Chris. Jamie und Familie Vogel sind keine Freunde, aber eben Familie. Vielleicht sollte ich mal wieder öfters weg gehen und Leute kennen lernen. Allerdings wollen die meisten Kerle die auf mich zukommen immer nur das Eine. Aber darauf ist mir der Appetit vergangen. Zumindest bei Wildfremden.
 

Man muss es ja nicht mit jedem treiben.
 

Das führt mich irgendwie zu Zack. Außer einiger One-Night-Stands, hatte ich immer nur mit ihm Verkehr. Er war der Einzige, der mich jemals intim berühren durfte. Sonst hatte ich immer die Hosen an und ich habe bei anderen Männern kaum etwas anderes geduldet, als dass sie ihren Arsch hinhalten und sich mit ihren Händen an meinem Bett oder der Wand abstützen. Mehr Körperkontakt war nicht drin.
 

Ich bin zu nostalgisch.
 

Immer hänge ich in anderen Zeiten fest. Meistens in einer, die hinter mir liegt. Aber ich weiß auch ehrlich gesagt nicht, wie andere Menschen so schnell Dinge vergessen können, die ihnen wichtig waren und die sie geprägt haben.
 

Der Nachmittag zieht ereignislos an mir vorbei und am frühen Abend entschließe ich mich dazu mir bei der Pommes Bude etwas zu essen und zu trinken zu kaufen. Von dort aus schlendere ich gemütlichen Schrittes zurück. Auch wenn Chris mich noch nicht angeklingelt hat und es dafür noch etwas dauern wird. Aber obwohl ich weiß wo er wohnt, habe ich mir nie die Gegend angesehen.
 

Auf der Suche nach einem Spielplatz oder Park streife ich durch die ordentlichen Straßen, mit den weißen, hübschen Häusern, hinter deren Türen sicherlich nur Familien wohnen. Zumindest wirkt es so auf mich. Einige Querstraßen weiter finde ich tatsächlich einen kleinen Spielplatz.
 

Zwei Schaukeln, ein kleiner Turm mit Rutsche und Hängebrücke und alles eingelassen in viel Sand. Ich setze mich auf die einsame Bank, verspeise die letzten Reste meiner Pommes und spüle mit einem Schluck Sprite nach. Wenn ich rauchen würde, wäre das jetzt ein guter Moment dafür.
 

Ich werfe einen prüfenden Blick auf mein Handy, doch es ist erst kurz nach sieben. Vermutlich würde es sich sogar lohnen vorher noch einmal nach Hause zu gehen, zu duschen und umzuziehen. Während ich dieser Überlegung noch nachhänge klingelt mein Handy.
 

„Hm?“, mache ich einfach nur, ohne aufs Display geschaut zu haben.
 

„Meine Mum ist weggefahren. Du könntest vorbeikommen.“, meldet sich Chris.
 

„Ist gut.“
 

Damit lege ich schon wieder auf. Allein diesen einen Satz von ihm zu hören hat mich in Rage versetzt. Ich weiß nicht woran es liegt, sicherlich jedoch an all den Dingen die mich beschäftigen und die ich versuche zu ignorieren.
 

Versucht langsam gehe ich zurück, finde einen wartenden Chris im Türrahmen vor. Er trägt eine leichte Sporthose, darüber ein normales weißes Shirt. Seine Haare sind entweder hochgegeelt oder er hat zwischendurch ein Nickerchen gemacht, denn sie stehen zu allen Seiten ab, was ihn in meinen Augen unheimlich niedlich macht.
 

„Hey“, grüßt er mich schon von weitem, streckt eine Hand nach mir aus und macht damit einen entscheidenden Fehler.
 

Entschlossen trete ich auf ihn zu, packe ihn, dränge ihn ins Haus zurück, werfe die Tür hinter mir ins Schloss und drücke ihm einen ersten harten Kuss auf, den er zunächst nicht erwidert. Total überfahren hängt er in meinen Armen, schmiegt sich dann jedoch an mich und legt mir seine Hände in den Nacken.
 

„Wohin?“, frage ich rau nach, schiebe mein Bein, zwischen seine, reibe damit über seinen Schritt, was ihn überrascht aufkeuchen lässt.
 

„Mein Zimmer ist oben“, haucht er verwirrt und atemlos.
 

„Zu weit“, bestimme ich, packe Chris an den Handgelenken, ziehe ihn durch die Tür zu meiner Linken, von der ich weiß, dass sie ins Wohnzimmer führt, dort dränge ich ihn bis an die gegenüberliegende Wand. Wir kommen neben einer Kommode zum stehen, auf der viele Fotorahmen stehen.
 

Vollkommen ausgehungert küsse ich diese verführerischen Lippen, streichle über zarte Seiten, während ich nach wie vor mein Knie sanft an seinem Schritt reibe. Chris kommt gegen mich nicht an, er seufzt und stöhnt, windet sich und versucht ein ums andere Mal seinen Mund frei zu bekommen um etwas zu sagen, doch ich lasse ihn nicht.
 

Seine Hände krallen sich in meine Jacke, die ich noch immer trage, reißen an ihr, seine Lippen hören auf sich mit den meinen zu bewegen, sein Kopf sackt nach hinten, offenbart mir seinen Hals, an dem ich zu saugen beginne, sobald ein überwältigtes Stöhnen seine Kehle verlässt.
 

Während ich ihm sicherlich einige Dutzend Knutschflecke am Hals hinterlasse, tausche ich mein Knie gegen meine rechte Hand, massiere seinen Schritt eingehend, stehle mich unter die Hose, die ich bis zu seinen Waden hinunter rutschen lasse.

Meine Linke schiebe ich von unten unter sein Shirt, fahre seinen Rücken hinauf und packe ihn im Nacken. So halte ich ihn unnachgiebig fest, während seine Knie zu zittern anfangen und fast unter ihm nachgeben.
 

„Rapha…“, kommt es atemlos aus seinem Mund und er versucht sich von mir wegzudrehen, obwohl sich sein Becken auffordernd meiner Hand entgegenstreckt. Ich reiße am Bund seiner Boxershorts, schiebe sie gerade soweit hinunter, dass ich an alles Wichtige dran komme und fasse schlussendlich sein Glied, reibe es hart und lasse es sich vollkommen aufrichten.
 

Ein spitzer Laut verlässt seine Kehle, er legt eine Hand auf meine, gräbt seine Finger in meine Haut, doch reißen die Gefühle ihn zu sehr mit, als das er genug Kraft gegen mich aufbringen könnte.
 

„Lass… hör auf…“, stöhnt er verzweifelt, in seinen Augenwinkeln funkeln die ersten Tränen. Ich weiß, dass mehr folgen werden. Ich weiß, was ich ihm gerade antue, aber ich kann nicht anders. Ich bin gestört genug um mich nicht von seinen Protesten beeindrucken zu lassen.
 

„Tut mir leid“, flüstere ich ihm ins Ohr, beiße danach in seinen Hals, während ich mit meiner Hand immer wildere Bewegungen vollführe, die ihn gänzlich lahm legen. Nach allem was ich von Chris weiß, ist das hier vielleicht seine dritte oder vierte sexuelle Erfahrung. Und es tut mir aufrichtig leid, dass es nicht das ist, was er sicht erhofft hat, aber ich bin so verkommen in meinem Inneren, dass ich im Moment keinen anderen Weg für mich sehe.
 

„Tut mir leid“, flüstere ich erneut, gleite küssend und streichelnd an ihm herab, lasse ihn mit mir an der Wand entlang nach unten rutschen, lege meine freie Hand auf sein Gesicht, beuge mich über seinen Schritt und nehme nun auch meinen Mund dazu.
 

Chris entfährt ein spitzer Schrei und als ich ihm die Hand über die Lippen lege, beißt er unnachgiebig in meinen Finger. Ich zucke zusammen, unterbreche jedoch nicht meine Arbeit, treibe ihn weiter vorwärts. Auch wenn das hier alles nicht ideal ist, kann Chris sich gegen seine eigene Erregung nicht wehren.
 

Sein Unterleib beginnt unkontrolliert zu zittern. Ich folge den Bewegungen so gut ich kann, lecke immer wieder der Länge nach über den Schaft, sauge an der Eichel, lasse den gesamten Penis ein und aus gleiten.
 

Chris’ Laute sind eine Mischung aus unterdrücktem Stöhnen, schweren Atemzügen und Schluchzen. Ihm gefällt es ganz und gar nicht, aber ich kann nicht aufhören. Ich brauche ihn. Ich will nicht reden, nicht denken. Ich will einfach nur sein.
 

Ob das einen Sinn ergibt oder nicht, danach frage ich nicht. Mir ist einzig und allein wichtig, dass ich genau weiß, dass ich das hier jetzt brauche und machen muss.
 

Mit einem letzten Stöhnen kommt Chris in meiner Hand. Ich ziehe meinen Finger weg und betrachte den Abdruck seiner Zähne darauf. Es tut ganz schön weh. Verschwitzt und schnell atmend sitzt er vor mir, Tränen strömen über seine Wangen.
 

Zögernd strecke ich meine Hand nach ihm aus, fürchtend, dass er vor mir zurück zucken wird. Doch als meine Finger seine warme Haut berühren, öffnet er nur flatternd seine Lider.
 

„Es tut mir leid“, flüstere ich.
 

„Mir auch“, lautet seine raue Antwort, ehe er den Kopf gegen den Schrank sinken lässt.
 

Chris weiß, dass er benutzt wurde. Ich weiß es auch.
 

Zwischen uns gibt es nichts mehr zusagen.
 

Mit einem letzten Blick auf ihn zurück, schließe ich die Tür hinter mir, verlasse sein Haus, seine Gegenwart, und trolle mich zu meiner Wohnung zurück. Heiße Tränen, die ich nicht aufhalten kann, laufen unaufhaltsam und bezeugen, dass ich mich schuldiger fühle, als jemals zuvor.
 

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  chaos-kao
2010-08-26T00:43:08+00:00 26.08.2010 02:43
Armer Chris! Ist es mit den beiden jetzt endgültig vorbei? Wäre nach dieser Aktion wirklich verständlich ... Der Protagonist quält sich selbst am meisten ...
v.v
Schreib schnell weiter, auch wenn dieses Kapitel wirklich traurig und bedrückend geendet hat ...

Lg
KaNi


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