Erstens
Die hochherrschaftliche Gesellschaft amüsierte sich, wie so oft.
Sie tauschten sich über ihre makellosen Kinder, über ihre grandiosen Berufe und über ihre kleinen perfekten Welten aus.
Sie tranken den teuersten Wein und den berühmtesten und neuesten Champagner aus Frankreich.
Sie tanzten mit ihren wunderschönen Frauen, in wunderschönen, atemberaubend teuren Kleidern.
Die Herren rauchten die teuersten Zigarren, während sie über die Wirtschaft debattierten.
Die Damen, aßen einmalige Schokolade, während sie sich über die neusten Mode informierten.
Eine beinah akkurate nahtlose Realität.
Eine Realität die so hauchfein und fragil war, wie das dünnste Eis, das zu schmelzen drohte.
Denn nichts war so wie es schien.
Die makellosen Kinder, waren lebensmüde von dem beinah perfekten Leben.
Die grandiosen Berufe, nahmen den Menschen die letzte Luft zum Atmen, da sie für nichts anderes Zeit fanden.
Und die kleine perfekte Welt, bestand aus einem Weg von blutigen, zerstückelten Leichen.
Rose Weasley nahm einen damenhaften Schluck aus ihrem wunderschönem Cocktail Glas und blickte sich nach ihrer Mutter um.
Sie stellte wieder einmal fest, dass Hermine Weasley so gar nicht in diese Gesellschaft passte.
Mit ihrer herzhaften, ehrlichen Ausstrahlung, wirkte sie zwischen den anderen Damen, in dem großzügigen Ballsaal wie eine Verrückte.
Sie würde niemals über Leichen gehen, sie würde nicht einmal so einen Denkinhalt in ihren überaus intelligenten Kopf lassen.
Rose verehrte ihre Mutter, mehr als alles andere auf der Welt, doch sie wusste bereits mit ihren vierzehn Jahren, dass ihre Mutter unglaublich gutgläubig und überaus vertrauensselig für die Welt war.
„Hey.“
Das Mädchen spürte eine Hand an ihrer Hüfte, die sie zärtlich umfasste.
Langsam wandte sie ihren Kopf, um vorwurfsvoll in zwei graue Augen zu Blicken.
„Wo warst du so lange?“
Ihre Stimme klang ruhig, doch er kannte ihren gereizten Ton.
Der junge Mann schenkte ihr ein liebvolles Lächeln.
„Meine Mutter wusste nicht was sie anziehen sollte.“
Rose nickte ahnend, denn jedes Mal wenn Astoria Malfoy, nichts zum Anziehen fand, hieß es in Wirklichkeit sie hatte sich mit ihren Mann gestritten.
„Wieso so genervt Rose, hast du dich nicht ohne mich amüsiert?“
Scorpius Malfoy schmunzelte leicht und zog sie Gentlemanlike mit sich.
„Als ob man sich hier amüsieren kann. Du wirst von allen Seiten nur angestiert.“
Scorpius Blick glitt kurz über ihren Körper, während er sie zu ihrer Mutter beförderte.
„Rose, wenn du nicht angestiert werden willst, zieh dir das nächste Mal etwas anderes an.“
Das Mädchen war bereits für ihre vierzehn Jahre mehr als attraktiv und ließ die Herzen und Fantasien der älteren Gentleman mehr als in die Höhe springen.
Rose verdrehte ihre blauen Augen, die von einem dichten Wimperkranz umrandet wurden.
„Guten Abend Mrs. Weasley.“
Scorpius reichte Rose´ Mutter seine Hand, die gerade dabei war mit einigen Damen zu plauschen.
„Hallo Scorpius, freut mich dich zu sehen. Dein Besuch bei uns ist längs überfällig“, sagte Hermine eine Spur anklagend und strich dem jungen Mann mütterliche über die Schulter.
„Ich hab da hinten einige Alraunen Schnittchen entdeckt, die müsst ihr probieren.“
Hermine hatte sich vorgelehnt und flüsterte leise, so dass nur noch ihre Tochter und ihr Freund sie verstanden.
Selbstverständlich nur ihr bester Freund.
„Ach Hermine, deine Tochter ist so jung und lieblich. Ich wünschte ich wäre noch einmal in ihrem Alter.“
Eine alte Dame, namens Evelyn Abott lächelte Rose liebreizend zu, bevor sie sich plötzlich hektisch umsah.
„Darf euch meinen Enkel vorstellen?“, fragte sie, nachdem sie einen jungen Mann zu sich gewunken hatte.
Natürlich Damenhaft und gleichzeitig mit so viel Dominanz, dass der junge Mann nicht anders konnte als sofort ihrem Wunsch nachzugehen.
Er lächelte nett in die Runde der gnädigen Frauen.
„Henry Thomas Abott.“
Der braunhaarige, reichte jedem die Hand, so wie es einem anständigen jungen Mann beigebracht wurde.
Sein Blick blieb etwas länger auf Rose ruhen, als es sich gehörte.
„Rose Weasley“, stellte sie sich schließlich vor, nachdem seine Augen sie nicht allzu sehr musterten.
„Henry ging im Ausland zu Schule und brachte es dort zu viel Ruhm.“
Seine Großmutter schien sichtlich stolz zu sein.
„Darf ich sie fragen, was sie denn wieder in London wollen, wenn sie bereits die Welt bereist haben.“
Hermine Weasley ebenfalls.
„Ich vermisste meine Familie und das schlechte Wetter. Das waren die einzigen Gründe.“
Die Damen lachten herzlich über den Charme des Abott Erben, während Rose sich am liebsten übergeben hätte.
„Entschuldigt ihr uns?“, Rose hatte sich bei Scorpius untergehackt und marschierte davon, ohne eine Antwort zu erwarten.
„Ich muss was trinken“, erklärte sie dem Blonden außer Reichweite, der alles hörenden Ohren der Gesellschaft.
„Es ist noch etwas früh um sich zu betrinken.“
„Scorpius. Es ist nie zu früh sich zu betrinken und schon gar nicht in mitten solcher Menschen.“
Er lachte über ihren wunderbaren Rose- Charme.
„Dann fang schon mal an, ich bin binnen Sekunden bei dir.“
Sie folgte mit den Augen wie er seine Eltern ansteuerte und mit ihnen sprach und wieder einmal eine Auseinandersetzung über sich ergehen ließ.
Rose nahm sich ein Glas, welches auf einem Tisch mit goldener spitzen Decke stand und setzte sich an einen kleinen runden Tisch.
Nichts war schrecklicher und gleichzeitig mit so viel Suchtpotenzial verborgen, wie solche Abende.
Sie betrachtete die Männer um sich, die ihr anzügliche Blicke zu warfen.
Es waren Männer, die ihre Frauen liebten und glückliche Ehen führten und gleichzeitig Männer, die verruchte Sachen mit ihr anstellen würden, wenn sie ihnen die Possibilität bieten würde.
Männer die ohne mit der Wimper zu zucken, sich mit einer minderjährigen einlassen würden, die ihre Tochter hätte sein können.
Rose Weasley, wusste zu dieser Zeit ihre Gaben nicht zu nutzen, das würde sie erst später lernen, und so versuchte sie nicht an die notgeilen Herren zu denken.
Das Mädchen warf das rote Haar zurück, das ihr über die Schultern gefallen war und ihr noch einen weiteren Hauch Erotik verlieh.
Einen Hauch, den sie in diesen jungen Jahren nicht beabsichtigte.
„Ist es nicht mit Langeweile verbunden, hier an diesem Tisch alleine zu thronen?“
Rose blickte desinteressiert hoch.
Es war der junge Mann von vorher.
Henry Thomas Abott.
Rose hatte bereits viel von ihm gehört, denn seine Eltern und Verwandten prahlten mit seiner Existenz wo sie nur konnten.
Dadurch, dass er nie auf einem der vielen Bankette anwesend war, hatte das Mädchen insgeheim vermutete, er existiere nicht oder er sei geistig behindert und würde von seinen Eltern deshalb versteckt werden.
Doch Rose musste zugeben, dass er beides nicht war.
Er war ein äußerst attraktiver junger Mann.
Doch das waren viele in diese Gesellschaft, denn Schönheit war käuflich.
„Darf ich?“, fragte er und zeigte auf den Stuhl gegenüber der gelangweilten Weasley.
Sie nickte leicht woraufhin er flott Platz nahm.
„Miss Weasley ich wusste nicht, dass ihre Mutter eine Tochter hat.“
„Jetzt wissen sie es.“
Der junge Mann schien überrascht von Rose´ leidenschaftslosen Reaktion.
„Sie hat auch einen Sohn", sagte die Weasley und begutachtete provozierend ihre Fingernägel. „Ich möchte doch nicht, dass sie sich das nächste Mal wundern, wenn sie meinem hoch geschätzten Bruder begegnen.“
Rose schmunzelte unsentimental.
„Sie sind gereizt?“, es war eine Feststellung, doch es gehörte sich nicht einer Dame etwas an den Kopf zu werfen, was möglicherweise nicht stimmte, deshalb formulierte er es als Frage.
Die Rothaarige zog eine Augenbraue in die Höhe.
„Und ich vermute, sie sind überaus gescheit, wenn sie so etwas bemerken.“
Sie hatte keine Geduld für Smalltalk und schon gar nicht mit diesem… Kerl.
„Wie alt sind sie, Rose?“
„Miss Weasley, wenn ich bitten darf. Vierzehn.“
Nun war der junge Abott an der Reihe die Augenbraue hoch zu ziehen.
„Bei so einem Alter bleibe ich wohl eher bei Rose, denn ich bin um einiges älter… Zwanzig“, fügte er hinzu, nachdem sie überrascht aufschaute.
Rose konnte sich nicht erklären wie es dazu kam, doch nach unzähligen abwertenden Kommentaren und sein Hinwegsehen darüber, genoss sie seine Gesellschaft.
Er war amüsant, charmant und mehr als ansehnlich.
„Tut mir Leid, Rose mein Vater wollte mir so viele Leute vorstellen…“
Scorpius blickte sich verwunderte nach dem jungen Mann um, der Rose gegenüber saß und sie köstlich zu amüsieren schien.
Henry erhob sich.
„Es tut mir Leid, Rose ich habe ihre Zeit zu lange in Anspruch genommen.“
Er schenkte ihr einen hauchfeinen Handkuss, wobei er ihre hübschen blauen Augen fixierte, bevor er Scorpius noch einmal zunickte und elegant davon ging.
Es war spät geworden, zu spät für ein vierzehnjähriges junges Mädchen.
Sie verabschiedete sich von ihrer Mutter, die in einigen Stunden nachkommen wollte.
„Sie wollen schon gehen Rose?“, Henry hatte sich neben Scorpius und ihre Mutter gestellt.
„Ja, es wird Zeit meinen Schönheitsschlaf nach zu holen.“
„Als ob sie es nötig hätten…Kommen sie ich begleite sie zum Kamin.“
Rose winkte Scorpius noch einmal kurz zu bevor sie sich umdrehte und den jungen Abott hinter her ging.
Der Kamin lag in einem großen Wohnsaal, der wenig belichtet war, da er nicht häufig gebraucht wurde.
Jeder konnte apparieren, nur kleine vierzehnjährige Damen nicht.
Henry stützte sich mit einem Arm am Kamin ab, während er Rose beäugte.
„Ich hoffe, ich habe das Vergnügen, dich das nächste Mal wieder zu sehen.“
Rose war verwundert über das plötzliche Duzen, doch sie wusste, dass die unglaublich freundliche Höflichkeit nur Show war, der jeder nach ging um seinen Schein zu wahren.
Das Mädchen strich sich nervös über den Arm.
Ihr Herz flatterte taktlos, in ihrem Körper.
„Ja, wir sehen uns bestimmt.“
Der junge Mann zögerte, lehnte sich jedoch nach vorne und schenkte ihr einen Kuss auf die Wange.
Ihre Gesichter entfernten sich nicht von einander, verharrten eine Weile in derselben Position.
Das Mädchen, war die erste, die ihr Gesicht schließlich wegzog um nur ihre Hände auf seins zu legen und ihre Lippen miteinander zu verschmelzen.
Es war nicht ihr erster Kuss, doch dieser war so viel besser, als von den Jungs mit denen sie sich vorher eingelassen hatte.
So sehr Rose Weasley ihre Mutter liebte und verehrte, so sehr wusste sie, dass sie völlig verschieden waren.
Denn das Mädchen hatte keine Gewissenbisse über Leichen zu steigen.
Sie würde es in ihrem Leben immer und immer wieder tun, nur aus purem Egoismus.
Es hatte seinen Grund für die Wahl: Slytherin.