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No Bravery

Final Fantasy IX
von

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Titellos

Er ist noch nie in Burmecia gewesen. Umso mehr überrascht ihn der Regen, der alles um ihn herum in einen grauen Vorhang zu hüllen scheint.
 

Hier in der Stadt des Ewigen Regens, wie die Hauptstadt auch genannt wird, gibt es keinen blauen Himmel, er ist immer mit Wolken überzogen. Umgeben von Bergen liegt Burmecia eingebettet da, fast wie ein kleines Kind in einer Wiege, bewacht und behütet von den stummen Riesen um es herum.
 

Zidane mag Regen nicht sonderlich. Die Feuchtigkeit kriecht bis in jede seiner Fasern und lässt ihn in der leichten Brise frösteln, seine Kleidung ist völlig durchnässt und klebt unangenehm an seiner Haut. Aber ein einziger Blick in Freyas Richtung genügt, um ihn sein Unwohlsein vergessen zu lassen und seinen Weg schweigend fortzusetzen.
 

Die Drachenritterin hat ihren Hut zwar so tief ins Gesicht gezogen, dass er es kaum erkennen kann, doch Zidane muss ihr nicht in die Augen sehen, um zu wissen, was in seiner Gefährtin vorgeht; die hängenden Schultern und die zu Fäusten geballten Pfoten sprechen für sich.
 

„Zidane…“ Er bleibt stehen und dreht sich zu Vivi um, der bedeutend langsamer als der Rest der Gruppe hinter ihnen herschleicht. Mitleid regt sich im Inneren des Diebes. Der Kleine muss es noch schwerer haben als alle anderen, da seine kurzen Beine verhindern, dass er mit ihnen Schritt halten kann. Aber dafür, bemerkt Zidane, wirkt der kleine Schwarzmagier bei weitem nicht so durchnässt wie er selbst.
 

„Alles okay, Vivi?“, fragt er dennoch und geht leicht in die Knie, als der Junge vor ihm zum Stehen kommt und erst einmal nach Luft schnappt.
 

„Ja… Ja, ich glaube schon“, nickt der Kleine, zieht sich dann die Hutkrempe ein wenig tiefer ins Gesicht und sieht zu Freya und Quina, die sich bereits ein gutes Stück entfernt haben, „Können wir vielleicht… ein wenig langsamer gehen?“ Zidane sieht ihn mitleidig an und schüttelt dann den Kopf:
 

„Ich glaube nicht, dass irgendetwas auf dieser Welt sie davon abhalten könnte, sich zu beeilen. Tut mir leid, Kumpel.“ Vivi seufzt und lässt kurz den Kopf hängen, dann blickt er jedoch auf und seine gelben Augen glimmen mit neuer Entschlossenheit.
 

„Dann beeile ich mich auch!“ Manchmal bewundert Zidane den Mut des Jungen. Er grinst dem kleinen Schwarzmagier zu, richtet sich dann auf und wirft dann einen Blick zurück auf Gizarmalukes Grotte, die sie vor einigen Stunden durchquert haben. Wird sie in Burmecia das gleiche Chaos erwarten…?
 

„Zidane! Warum du bleibst du zurück?!“, tönt plötzlich Quinas schrille Stimme über die Ebene und reißt ihn aus seinen Gedanken, „Ich kann riechen viele Yummies voraus!“ Der Dieb blickt zu seinen stehen gebliebenen Gefährten und sieht dann zu Vivi hinunter.
 

„Also los“, sagt er, der kleine Schwarzmagier nickt und sie schließen zu den anderen beiden auf. Freya sagt nichts, sondern nickt nur stumm, als er ihr entschuldigend zulächelt und auf Vivi deutet.
 

Den Rest des Weges legen sie langsamer zurück.
 


 

Als sie die Stadttore von Burmecia erreichen, weiß Zidane bereits, dass sie viel, viel zu spät kommen, um noch etwas auszurichten.
 

Die Stadt, die er nur aus Freyas Erzählungen kennt und die wunderschön sein müsste, liegt in Trümmern. Sogar von hier sieht er Rauchsäulen in den grauen Himmel steigen, sieht durch das nur noch zur Hälfte vorhandene Tor zerstörte Häuser, aufgerissene Straßen und leblose Gestalten.
 

„Das ist also Freyas Heimat…“, murmelt der Dieb bitter und schüttelt ungläubig den Kopf. Wer zu dieser Zerstörung in der Lage gewesen ist, kann nicht von dieser Welt sein; dazu ist all das zu grausam.
 

Ihm wird plötzlich bewusst, dass er alleine ist. Verwirrt dreht er sich um und sieht, dass Freya ein paar Meter hinter ihm stehen geblieben ist und den Kopf gesenkt hält, Vivi betrachtet sie, nur allzu deutlich mit sich ringend, ob er die Ritterin trösten soll oder nicht. Einzig Quina schließt zu ihm auf und blicke blinzelnd auf die Stadt, sagt jedoch nichts.
 

Zidane weiß, warum Freya nicht näher kommt. Warum sie nur da steht und die Erde unter ihren Füßen anstarrt. Natürlich weiß er es.
 

Aber er weiß auch genau, dass es die Drachenritterin nur noch trauriger machen würde, wenn er ihr jetzt sein Mitleid ausspricht. Also stellt er sich darauf ein, unsensibel zu sein und ruft:
 

„Was macht ihr denn noch da hinten? Kommt schon her!“ Es ist einfacher, mit Freyas Wut umzugehen als mit ihrer Trauer. Wut ist etwas, woran er gewöhnt ist.
 

Doch als die Rattendame den Kopf hebt und sich ihre Blicke treffen, sieht er keine Wut in ihren grünen Augen. Stattdessen ist da nur Traurigkeit.
 

Dennoch kommt Freya langsam näher und bleibt schließlich neben ihm stehen, den Blick auf die Zerstörung jenseits des Tores gerichtet.
 

„Es sind fünf Jahre vergangen…“, flüstert sie schließlich, „Ich war so lange fort.“ Zidane sagt nichts. Was soll er auch sagen? Er, der er nicht einmal eine Heimat hat…
 

Er beschränkt sich darauf, sie schweigend zu betrachten. Doch Freya scheint gar nicht zu bemerken, dass er sie ansieht.
 

„Nicht eine Nacht ist vergangen, in der ich nicht von Zuhause geträumt habe… Ich kann nicht glauben, dass ich hier bin.“
 

Ist das alles, was er tun kann? Stumm daneben stehen und mit ansehen, wie Freya leidet? In Momenten wie diesen verabscheut er sich selbst dafür, dass er keine Worte findet, die sie trösten könnten. Dass er keinen Witz machen kann, der sie wenigstens ein wenig zum Lächeln bringt. Kein Wort kommt ihm in den Sinn.
 

Aber er ist nicht naiv genug zu glauben, dass sein Humor Freya aufheitern könnte.
 

Die Wahrheit ist, dass der Anblick ihrer verwüsteten Heimat ihr den Mut genommen hat. Der Mut, der wie ein Feuer immer in ihren grünen Augen gebrannt hat, der sie damals, als sie sich zum ersten Mal getroffen haben, vorwärts getrieben hat, immer auf der Suche nach Sir Fratley.
 

Dieser Mut ist nun verschwunden, ist gelöscht worden durch die Traurigkeit, die wie eine Flutwelle über die Drachenritterin eingebrochen ist.
 

Zidane senkt den Kopf und blickt hinunter auf die nasse Straße unter seinen Füßen. Seine Gedanken wandern zu Gar- … nein, Dagger. Ist sie hergekommen und hat das alles auch gesehen? Oder hat Rusty ihr diesen Anblick erspart? Wo ist sie…?
 

„Aber ich bin nicht mehr das selbstsüchtige Kind, das ich vor fünf Jahren war.“ Verblüfft hebt er den Blick und sieht, dass Freyas Ausdruck sich verändert hat.
 

Da ist nun keine Traurigkeit mehr, nur eiserne Entschlossenheit. Was auch immer im Kopf der Drachenritterin vorgeht, es hat gereicht, um ihren Willen wieder zu wecken.
 

Freya ist stärker, als er angenommen hat. Und er ist froh darüber.
 

„Die Zeit ist gekommen, um meinem Königreich wieder als Drachenritter von Burmecia zu dienen!“ Ihre Stimme klingt fest, keine Zweifel kann er heraushören. Der Dieb muss gegen seinen Willen lächeln.
 

„Ich tue, was ich kann, um zu helfen“, versichert er und schöpft Kraft aus ihrer Entschlossenheit. Dankbar wendet sie sich ihm zu und nickt.
 

„Ich auch!“, ruft Vivi und die großen, gelben Augen blicken ängstlichen zu seinen älteren Gefährten auf. Doch hinter der Angst kann Zidane das Feuer sehen, das den Kleinen antreibt. Mut.
 

„Ich helfen, auch!“, mischt nun auch Quina sich ein und nickt heftig. Nun grinst der Dieb doch.
 

Hier, im regnerischen Burmecia, wird der Mut seiner Besucher auf die Probe gestellt, ihre Entschlossenheit geprüft. Wer nicht genug davon hat, scheitert im ewigen Regen, bleibt zurück, dunkel und kalt, wie eine heruntergebrannte Kerze.
 

Doch Zidane weiß, dass seine Gefährten keine Kerzen sind. Sie sind leuchtende Feuer, die bereit sind, sich allem zu stellen.
 

Und er ist eins von ihnen.
 

„Lasst uns gehen!“, ruft er also, weil er spürt, wie die Entschlossenheit nun auch ihn ergreift und mitzieht, tiefer ins Innere dieser grauen Stadt. Seine Gefährten nicken und folgen ihm durch das zerstörte Tor.
 

Er sieht Freya noch kurz verweilen, doch sie holt die anderen schnell ein. Zidane wirft ihr einen Blick zu und vergewissert sich, dass in ihren grünen Augen wieder das Feuer brennt, das er kennt.
 

Es ist dort.
 

Doch er weiß, dass er niemals vergessen darf, wie es einen Moment lang erloschen ist. Er darf es nicht vergessen, damit er sich immer daran erinnert, dass Mut etwas ist, das nicht immer vorhanden sein kann.
 

Aber er kann aus der Asche wieder auferstehen. Und das ist eine Lektion, für die er dankbar ist.
 

~ The End ~



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Skalli_Otori
2010-06-13T11:07:38+00:00 13.06.2010 13:07
Hmn das gefiel mir doch sehr gut. Kurz und knackig, aber mit einer beeindruckenden Intensität. Ich setz sie auf meine FavoListe.
Von: Kathey
2010-04-23T21:28:07+00:00 23.04.2010 23:28
Hach~
der OS hat mir wirklich gefallen. Die Charaktere waren wunderbar IC und die Beschreibungen von Burmecia machen Laune, das Spiel mal wieder zu spielen.
Auf jeden Fall sehr schön geschrieben. Zidanes nicht vorhandene Sensibilität kam auch gut heraus! Aber wir wussten ja alle, dass er nicht sonderlich feinfühlig ist.
Immerhin konnten sie Freya wieder Mut geben X3~

Einen Moment lang musste ich überlegen, wer wohl Dagger und Rusty sind, aber dann ist mir wieder eingefallen, dass du dich auf die englische Version beziehst... *lach*

Liebe Grüße,
Dat_Taiga


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