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Heute

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Es gibt keinen besseren Zeitpunkt als Heute.
 

Die Worte wollten einfach nicht aus meinem Kopf, warum nur musste der Typ einen auch immer so aus dem Konzept bringen? Manch einer würde sich nun natürlich fragen, was an diesen Worten so erschütternd sein könnte, das ich total neben mir stand. Die Antwort war banal und niederschmetternd zugleich: Nichts.
 

Aber trotzdem brachte es mich aus dem Konzept, trotzdem wurde ich aus meinem täglichen Trott gerissen und verbrachte nun schon mehrere Stunden grübelnd und in den Himmel starrend auf meiner Hängematte. Bis gestern war alles noch einfach gewesen – einfach zu ignorieren. Dann hatte jedoch jemand aus meinem Kurs angefangen herum zu jammern, dass sie nicht wüsste, wann sie mit ihrem großen Projekt starten sollte. Eigentlich auch nichts wirklich weltbewegendes, aber für meine Situation ganz entscheidendes. Denn die Antwort konnte für mich genauso gewertet werden wie für besagte Schülerin.

Schon seit einiger Zeit schwirrte mir jemand im Kopf herum – wobei nur im Kopf etwas untertrieben war. Der Typ schien sich selbst in meinem Bauch breit gemacht zu haben, da es jedes Mal anfing zu kribbeln wenn ich nur an ihn dachte. Es kam mir so unglaublich Klischeehaft vor sich ausgerechnet als Mädchenschwarm der Oberstufe in den schüchternen Streber vom Dienst zu verlieben. Dabei hatte ich ihm nur einmal geholfen seine Verstreuten Unterlagen wieder aufzusammeln, denn leider Gottes war er ich nicht nur etwas zu Strebsam für unsere Mitschüler sondern auch noch der größte Tollpatsch im Umkreis von 15 Kilometern.
 

Aus irgendeinem Grund hatte diese Situation dazu geführt, dass ich begonnen hab ihn näher zu beobachten und die Mädchen um mich herum zu vergessen. Janosch, dass musste ich überraschenderweise zugeben, war ein ziemlich interessantes Beobachtungsobjekt. Er war zu jenen die ihn wahrnahmen ausgesprochen höflich und half sofern es in seiner Macht stand, wenn er danach gefragt wurde. Es war unterhaltsam im Sport zuzusehen, wie er manchmal über seine eigenen Füße stolperte, wenn er den Ball erwischen oder einfach eine Runde zum aufwärmen laufen wollte. Außerdem hatte Janosch diese kleinen Angewohnheiten welchen jeden Menschen zu etwas besonderen machten. Zum Beispiel kaute er beim nachdenken auf seiner Unterlippe oder pfriemelte aus Nervosität bei Vorträgen an seinem T-Shirt Saum. Eigentlich sollten mir diese Sachen gar nicht auffallen – schließlich war ich ein Kerl und als solcher bekanntermaßen nicht sehr aufmerksam. Zumindest wurde das gerne von meiner Schwester behauptet, wenn ich mal wieder nicht mitbekam, dass sie eine neue Frisur hatte. Aber mal ehrlich, wer bemerkte schon eine neue Frisur bei seiner Schwester, wenn er ein viel interessanteres Objekt zu beobachten hatte?
 

Zurück zum eigentlichen Grund meiner Grübelei. Seit ein paar Tagen überlegte ich nun schon, ob ich ihn einfach mal ansprechen und eventuell zu einem Drink einladen sollte. Jedoch war ich mir nicht sicher, ob er überhaupt darauf eingehen würde, noch was ich damit bezweckte. Aber wie hatte Janosch so schön auf Lisa’s Theater geantwortet? „Es gibt keinen besseren Zeitpunkt als Heute.“

Entschlossen nickte ich mir selbst zu und schwang mich aus meiner Hängematte. Mit einem Blick auf die Uhr stellte ich fest, dass Janosch jetzt vermutlich im Park mit seinem Hund anzutreffen war. Es sei jedoch gleich gesagt, dass ich dies aus reinem Zufall wusste, ich würde schließlich nicht jeden Tag im Park lungern nur um Janosch zu sehen…. Okay, wem machte ich hier was vor? Ich war einfach so tief in meine Beobachtungen versunken, dass ich jedes noch so kleine Detail über ihn herausfinden wollte und bin wohl etwas weit gegangen. Im Moment kam mir dieser Fakt jedoch sehr gelegen, da ich nicht wusste ob meine Entschlossenheit bis morgen anhalten würde.
 

Im Park angekommen, verließ mich meine neu gefundene Entschlossenheit jedoch wieder. Was, wenn er mich total blöd finden würde? Oder er einfach kein Interesse hätte? Oder ich ihm mittlerweile doch zu Mädchenhaft geworden war? (Ich kam mir ja selbst schon etwas blöd vor mit diesen Gedanken, was sollte da erst jemand außenstehendes zusagen?) Zum Glück wurde mir diese innere Diskussion erspart als, wohl eher nicht ganz so glücklicher Weise, ein Hund auf mich zugerannt kam und voller Elan umriss. Ich war nicht ganz auf den Aufprall vorbeireitet gewesen und hatte somit auch keine Chance mich irgendwie abzufangen. Trotzdem lachend versuchte ich nun eine große feuchte Zunge und einen noch größeren Hund von mir herunter zu bekommen, oder zumindest von meinem Gesicht fernzuhalten. Wie kam es eigentlich, dass ein so zierlicher Mensch einen so großen Hund haben durfte? Konnte Janosch dieses Tier eigentlich an der Leine halten?
 

Wieder einmal so in Gedanken versunken bekam ich nicht, dass besagter Typ mittlerweile bei mir angelangt war und mich vom dem Monster Namens Tobi zu befreite. „Eigentlich müsstest du doch mittlerweile auf Tobi’s Angriffe vorbereitet sein, oder?“, meinte Janosch belustigt. Schulterzuckend setzte ich mich auf und starrte ihn von unten her an. Fragend wurde daraufhin eine Augenbraue hochgezogen und ich schüttelte kurz gedanklich meinen Kopf um mich anschließend wieder in eine stehende Position zu begeben. Wie kam es eigentlich, dass Janosch so viel selbstbewusster war, wenn ich ihn im Park traf? Leider ist ihm irgendwann aufgefallen, dass ich auch regelmäßig im Park unterwegs war und wir sind, zu meiner hellen Freude, ins Gespräch gekommen. Janosch grinste nur breit, während Tobi sich ein neues Opfer ausgesucht hatte und freudig bellend einer Katze hinterher lief.
 

Mein Blick fokussierte sich wieder auf Janosch, als diese niesen musste. „Gesundheit.“, grinste ich, wurde dann aber wieder ernst, als ich mich an den eigentlichen Grund für mein Hiersein erinnerte. „Du Janosch, hättest du zufällig Lust, mal was mit mir trinken zu gehen?“ Okay, das ging einfacher als erwartet. Gespannt schaute ich ihn an und versuchte irgendetwas in seinen Augen zu erkennen, was auf seine Antwort hindeuten könnte. Ich konnte nur so etwas wie erstaunen ausmachen, da wir uns vorher nie außerhalb des Parks getroffen, geschweige denn in der Schule miteinander geredet haben. Immerhin trafen wir uns jetzt schon seit ca. 4 Monaten „zufällig“ im Park und unterhielten uns.
 

„Klar, warum nicht? Wann hast du dir denn so vorgestellt?“ ich musste kurz überlegen. Darüber hatte ich mir noch keinen Kopf gemacht, doch dann vielen mir seine Worte ein. Grinsend antwortete ich: „Warum nicht heute Abend? Schließlich gibt es keinen besseren Zeitpunkt als Heute.“
 

Und auch wenn diese Worte nun schon zwei Tage her sind, so treffen sie immer noch zu. Was sollte schon besser sein, als sich heute mit dem interessantesten Menschen den man kennt zu treffen?



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