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Er sieht dich.

Ein trauriges Märchen
von

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Eingeständnis

„Na, los! Mach schon!“, zischte Aiko genervt. Doch Mario gelang es nicht, mit so wenig Anlauf über den schier endlos wirkenden Graben zu springen, so lange sie es auch versuchte. Aber wie hätte er denn auch Anlauf nehmen können, wenn direkt hinter ihm ein unbesiegbares, mit Stacheln besetztes Schildkrötentier war, das sich Bowser nannte und nicht weichen wollte. Frustriert gab sie auf und packte ihren Nintendo in die Tasche. Eigentlich hatte Sasori sie hier am Krankenhaus abholen wollen, aber er kam einfach nicht. Es enttäuschte sie, dass er es vergessen hatte. Diese Tatsache verstärkte ihre ohnehin schon schlechte Laune. Zuletzt hatte ein Arzt ihr noch lang und breit die Risiken des Drogenkonsums herunter gebetet, ganz als hätte sie diese nicht bereits am eigenen Leib erlebt. Er hatte sie hartnäckig dazu überreden wollen, einen Entzug zu machen, doch das wollte sie sich auf keinen Fall antun. Nicht noch einmal.

Sie verstand auch nicht, was die Angestellten im Krankenhaus überhaupt von ihr wollten. Schon der Krankenschwester hatte sie versprechen müssen, es sei das letzte Mal und sie würde auf alle Fälle mit den Drogen aufhören. Das war auch das, was sie tatsächlich vorhatte. Aber sie hatte ihr nicht recht glauben wollen.

Aiko ärgerte sich auch maßlos über ihren Rückfall. Sie wusste, dass sie Sasori enttäuscht hatte. Und sie wusste ebenfalls, dass sie sich das nicht noch einmal erlauben dürfte. Jedes Mal könnte das letzte Mal sein. Es könnte wieder alles schief gehen und das wollte sie, ganz egal wie, verhindern.

Langsam begann sie sich um ihren Freund zu sorgen. Wenn ihm nun etwas zugestoßen war und er deshalb nicht kommen konnte? Es wäre eine plausible Erklärung für sein ungewöhnlich unzuverlässiges Verhalten. Das Warten beunruhigte sie. Nach einer Stunde, in der sie zahllose Male versucht hatte, Sasori auf irgendeine Art und Weise zu kontaktieren, gab sie es auf und lief nach Hause. Ein Weg von sieben Kilometern, den sie nur ungern zu Fuß ging, doch es blieb ihr nichts anderes übrig. Als sie nicht mehr weiter wusste und gerade einen Passanten fragen wollte, in welche Richtung sie denn weitergehen müsse, ging ihr Handy los. Bereits der unruhig flimmernde Display teilte ihr in blauer Schrift mit, dass ihr Exfreund versuchte, sie zu erreichen. Nach einigen Sekunden des Überlegens ging sie dann doch dran.

„Was gibt’s?“, fragte sie forsch.

„Wow. Komm mal runter. Ich dachte, du hättest mich angerufen. Aber vielleicht habe ich mich auch getäuscht. Hab's die ganze letzte Woche versucht. Wo warst du?!“, gab er mit vorwurfsvollem Unterton zurück. Ihr fiel auf, dass sie seine Stimme ein klein wenig vermisst hatte. Aber diese Erkenntnis drängte sie zurück.

„Ich war im Krankenhaus“, antwortete sie knapp.

„Du auch? Du glaubst nicht, was mir passiert ist...“

„Du hast deinen Arm in die Luft gesprengt.“ Sie wusste genau, wie sie ihm die Freude an etwas nehmen konnte.

Er gab einen undefinierbaren Laut von sich.

„Wie bitte?“, hakte sie nach.

„Wer hat dir das erzählt?“

„Itachi. Er hat mich gleich angerufen, nachdem es passiert ist.“ Ein wenig Besorgnis mischte sich in ihre unterkühlte Stimme.

„Wie geht es dir denn … damit?“, fragte sie vorsichtig.

„Ich bin entstellt.“ Er klang traurig.

„Ach komm. Es gibt bestimmt Prothesen für sowas.“

Er lachte bitter.

„Hast du einen Plan, wie teuer so etwas ist? Dafür müsste ich vier Jahre durcharbeiten, und das ohne Verpflegung und Miete.“

„Also entschuldige mal, aber da bist du auch selbst Schuld. Ich habe dir immer gesagt, dass Feuerwerkskörper gefährlich sind!“, sagte sie etwas lauter.

„Ist ja echt süß, wie authentisch du Interesse heuchelst.“

„Ich heuchle nicht.“

„Du gibst es also zu!“

„Warst du nicht eben noch todunglücklich wegen deinem Arm?“

„Du lenkst a-hab!“, flötete er in die Leitung. Aiko zeigte sich genervt.

„Kauf dir einen Keks. Nur weil du mich ausgenutzt, hintergangen und auf grausame Art und Weise verletzt hast, heißt das nicht, dass du mir total egal bist. Immerhin habe ich vor langer Zeit mal irgendetwas für dich empfunden.“

Sie konnte vor ihrem inneren Auge sehen, wie er in sich zusammenfiel.

„Und Klospülung“, nuschelte er.

„War nicht so gemeint, Deidei. Das mit dem Streit tut mir übrigens leid.“

„Welcher Streit?“

„Ist ja schon eine Zeit her, aber wir haben und seitdem nicht mehr gesehen, also... Entschuldigung angenommen?“

Er wirkte verwirrt.

„Öhm... wenn du meinst?“ Seine Überraschung über ihren plötzlichen Sinneswandel war offensichtlich. Nach einer kurzen Denkpause fragte er dann:

„Weshalb warst du eigentlich im Krankenhaus?“

Aiko räusperte sich auffällig.

„Nur so eine Magenverstimmung. Nichts Ernstes“, antwortete sie schnell. Nicht einmal Deidara, der in punkto Einfühlsamkeit in der Regel nicht besonders gut abschnitt, kaufte ihr diese Lüge ab.

„Warum willst du mir nicht sagen, warum du dort warst?“

„Weil ich keine Lust habe, mir auch noch von dir Vorwürfe anhören zu müssen.“

„Wieso sollte ich dir irgendwelche Vorwürfe machen? Ich bin ja nur dein Exfreund.“

„Weil ich unter Drogen zusammengebrochen bin.“

Statt eines Vorwurfs ertönte jedoch ein schallendes Lachen.

„Du hast … was? Oh Gott, bist du blöd!“ Deidara konnte sich kaum halten. Sie fand es jedoch überhaupt nicht witzig.

„Warum lachst du jetzt so dämlich?“

„Weil … ich habe ja gewusst, dass du nicht sooo schnell dazulernst, aber ich dachte mir, das mit deinem wunderbaren perfekten Super-Freund hätte dir mal ein bisschen auf die Sprünge geholfen, dass Drogen eventuell gefährlich sind. Du bist also wieder im Geschäft?“

„War wirklich schön, dich mal wieder zu sprechen.“ Sie legte auf. Wie schaffte er das nur immer? So viel Unsensibilität war sie sonst nur von sich gewohnt.

Die Trauer hatte sie erneut überfallen. Sie hatten ja recht mit ihren Anschuldigungen. Es war nicht das erste Mal, dass Aiko einen Fehler mit furchtbaren Folgen wiederholte. Bilder, die sie längst verdrängt hatte, tauchten in ihrem Kopf auf. Bilder von enttäuschten Gesichtern, denn das war wohl das, was sie am besten konnte. Enttäuschen.

Es wunderte sie, dass Deidara überhaupt noch etwas mit ihr zu tun haben wollte, nach allem, was sie ihm angetan hatte. Sicher, er hatte auch viele Fehler begangen, die sie verletzt hatten, doch das lag eben in seiner Natur. Eine Frau reichte ihm einfach nicht.

Sie hatte sich längst mit dieser Tatsache abgefunden gehabt, und es war auch nicht so, dass sie ihm nachtrauerte. Sasori war die bessere Wahl gewesen. Ihr Herz hatte sich ohnehin bereits für den charmanten Rothaarigen entschieden gehabt, bevor sie von dem schamlosen Betrug ihres Exfreundes Wind bekam. Doch das war ohnehin alles Geschichte. Es interessierte keinen mehr, was früher war. Das Jetzt zählte, und das Jetzt war unerträglich. Darum wartete sie auf das Morgen.

Ziemlich müde kam sie zu Hause an. Das Erste, was ihr auffiel, war, dass Sasori nicht da war. Das Zweite war, dass der Ring, den er ihr geschenkt hatte, auf dem Boden lag. Sie musste ihn ausgezogen haben, während sie auf Drogen gewesen war. Unter anderen Umständen hätte sie ihn nicht abgelegt. Seufzend hob sie ihn auf und warf einen Blick auf den Kalender. Es war Mittwoch. Eigentlich hatte sie jetzt immer Capoeira-Training gehabt, doch seit sie umgezogen war, war sie nicht mehr hingegangen. Eine andere Stadt, ein anderes Leben, das hatte sie sich erhofft. Doch sie konnte ihre Erinnerungen an die Gräueltaten nicht dort zurücklassen, wo sie passiert waren. Sie würde sie wohl ewig mit sich herumtragen müssen.
 

Als sie auf die Gang zukam, erhellte sich Luxurys Miene schlagartig.

„Gott sei Dank, du lebst!“, rief er und umarmte sie. Wenig überrascht drückte sie ihn wieder weg.

„Ist doch klar gewesen. So schnell haut mich nichts um!“, erwiderte sie. Es war logisch, dass Luxury sich über ihre Genesung freute. Nicht auszudenken, was er und T-Pain hätten über sich ergehen lassen müssen, wenn ein schlimmerer Unfall unter Drogeneinfluss geschehen wäre. Schließlich ging das Ganze aus Sicht der Drogenbosse auf deren Kappe.

Tyke grinste blöd vor sich hin, ganz so, als hätte er mal wieder nichts mitbekommen.

„Wieso? War irgendwas?“, fragte er mit dümmlichem Gesichtsausdruck. Wie sich herausstellte, hatte er tatsächlich nichts mitbekommen.

Sorrow gab ihm einen Klaps auf den Hinterkopf und erwiderte: „Sag bloß, dir ist echt nicht aufgefallen, dass sie die letzten Tage nicht da war.“

Tyke zuckte unbedarft mit den Schultern.

T-Pain meldete sich zu Wort, nachdem er sich etwas im Hintergrund gehalten hatte.

„Mir ist es jedenfalls deutlich aufgefallen. Es war so schön ruhig hier.“ Doch er lächelte, als er das sagte. Sie strahlte ihn an, froh, wieder hier zu sein, wo niemand sie nach ihren Problemen fragte und nichts von all den Dingen zählten, die sie erlebt hatte. Ihr Lachen gefror, als sie die Schwellung an seinem linken Auge sah. Er hatte zwar versucht, seine Haare darüber zu kämmen, aber sie waren nicht ansatzweise lang genug, um sein blaues Auge zu verdecken.

Er bemerkte ihren Blick und drehte sich etwas zur Seite.

„Ein paar Streitigkeiten mit nem Kumpel“, murmelte er beinahe entschuldigend. Sie wusste nicht genau, warum, aber sie glaubte ihm nicht. Es war zwar üblich, das sich Typen wie er prügelten, aber er verhielt sich seltsam, so als sei es ihm peinlich.

„Ach so“, quittierte sie seine Worte. Er schien beruhigt zu sein. Luxury warf seine Haarpracht nach hinten und fragte beiläufig: „Was steht denn so an? Haben wir heute irgendwas bestimmtes vor?“

„Wir ziehen ein wenig um die Häuser. Ich habe neulich ein paar Ratten in unserem Gebiet gesehen. Wenn die sich hier nochmal blicken lassen, werden wir sie wohl vertreiben müssen“, antwortete Big Key ruhig.

„Yeah. Gangbanging“, warf Sorrow mit einem schiefen Grinsen ein. „Wie wär's, wir ziehen Aiko aus und stellen sie zur Ablenkung der Gegner vor uns. Dann haben wir gute Chancen gegen diese Flachwichser.“

Sein silberhaariger Rivale gab ein affektiertes Lachen von sich. „Siehst du?“, sagte er abfällig, „Solche Aussprüche unterscheiden einen peinlichen niveaulosen Loser wie dich von einem stilvollen Ladykiller wie mir.“

Aiko hüstelte. Er sah sie vorwurfsvoll an. „Auch du wirst meinem Charme über kurz oder lang erliegen. Es ist keine Schande, Süße. Du bist nicht allein.“

„Du hast doch keine Ahnung, was eine Frau wie ich wirklich will“, gab sie zurück. Luxury wollte antworten, doch Sorrow kam ihm in seiner unbedachten Art zuvor.

„Schnellen, hemmungslosen, harten, dreckigen Sex“, mutmaßte er und machte dabei ein ernstes Gesicht. Vier missbilligende Blicke trafen ihn. Er sank etwas zusammen.

Nachdem sie noch ein paar Sprüche abgelassen hatten, zogen sie los, um ihr Revier zu markieren. Aiko war kaum noch in der Schule. Sie machte sich etwas Sorgen um den nachzuholenden Stoff, denn im Gegensatz zu den anderen hatte sie schon vorgehabt, einen guten Abschluss zu machen. Außer ihr schien sich kein Gangmitglied für die Schule zu interessieren. Sie war sich nicht einmal sicher, ob Big Key überhaupt zur Schule ging. Sein Alter ließ sich nur schwer einschätzen, doch seine Ernsthaftigkeit und Gewissenhaftigkeit in den Dingen, die er tat, ließen auf ein Alter von 25 und aufwärts schließen. Soweit sie es mitbekommen hatte, wussten die anderen auch nicht viel mehr über ihn als sie.

Es war ein gutes Gefühl, umgeben von den streitsüchtig wirkenden Typen durch die breite Straße zu laufen und alle Blicke auf sich zu ziehen. Die meisten Mädchen in ihrem Alter, die sie sahen, schenkten ihr einige verachtende Blicke, doch sie wusste, dass sie einfach nur neidisch waren. Zufrieden beobachtete sie die vorbeifahrenden Autos. Auf einmal schlug sie die Kapuze ihrer Lederjacke hoch und wandte sich ab. Ein Polizeiwagen, hinter dessen Steuer Sam saß, hielt am Straßenrand.

„Zeit, abzuhauen!“, rief Big Key und lief fort. Auch die anderen zerstreuten sich in alle Richtungen aus Angst, erwischt zu werden. Aiko stürzte in die nächste Seitengasse. Wenn Sam sie sehen würde, wäre das eine Katastrophe. Sie drückte sich gegen die Hauswand, als würde das sie unsichtbar machen, und wartete darauf, dass Sam fortging.

Als es allmählich ruhiger wurde und sie nichts mehr hörte, wagte sie einen Blick auf die Hauptstraße. Sie konnte den Kopf nicht schnell genug zurückziehen, als sie feststellte, dass er sich nur etwas notiert hatte und ihr winkte. Er kam auf sie zu.

„Hallo, Aiko!“, sagte er und stellte sich für ihren Geschmack viel zu nah vor sie. „Warum hast du dich nicht mehr gemeldet?“, fragte er etwas beleidigt. Am liebsten hätte sie ihm ins Gesicht gesagt, dass sie ihn einfach nur eklig fand und er sich von ihr fernzuhalten hatte. Aber selbst der impulsiven Rothaarigen war bewusst, dass ein solches Handeln ein Fehler wäre.

Vermeintlich schüchtern spielte sie mit ihren Haaren und zog mit der anderen Hand in einer geschmeidigen Bewegung die Kapuze vom Kopf.

„Ich hatte die letzten paar Wochen so furchtbar viel zu tun. Die Lehrer wissen echt, wie sie alle Prüfungen in einen bestimmten Zeitraum legen, und dann hat man als Schüler immer so viel zu tun. Und außerdem...“ Sie brach ab. Damit weckte sie sein Interesse.

„Was ist denn außerdem? Ich hatte schon Angst, du fändest mich zu aufdringlich...“, murmelte er anscheinend beruhigt.

JA, du widerlicher dummer Holzkopf! Du bist so aufdringlich, dass ich dich drei Kilometer gegen den Wind riechen kann und dann am liebsten Reißaus nehmen würde, aber dummerweise bist du Polizist und hast Informationen, an die ich rankommen muss. Wenn das nicht so wäre, würde ich einen Schleimbeutel wie dich nicht einmal mit dem Arsch angucken du Vollpfosten!, dachte sie etwas verärgert. Dann kühlte sie sich sofort wieder runter. Denk an deine Ziele. Sei freundlich, stets freundlich. Er sieht dich, und er will, dass du glücklich aussiehst. Lach gefälligst mehr. Freu dich, dass sich so jemand für dich interessiert. Ist doch nett.

Es war ihre Art sich selbst zu belügen, um nach außen hin so auszusehen, wie sie es wollte. Sie zwang sich zu einem Lächeln.

„Nun ja...“, druckte sie herum, „Vielleicht bist du doch eine Nummer zu groß für mich...“ Sie betete innerlich, dass er diese unabsichtliche Vorlage nicht für einen flachen Witz über sein bestes Stück nutzte. Zu ihrer Beruhigung fühlte er sich allerdings viel zu geschmeichelt, um jetzt einen Witz zu reißen.

„Zu groß für dich? Ach komm, wieso denn? Du bist total süß, und ich mag dich. Offensichtlich hast du ja auch was für mich übrig. Also, wo liegt das Problem? Ist doch alles bestens! Wenn du willst, können wir's auch langsam angehen. Ich habe Zeit“, erklärte er. Sie nickte. Er lächelte und umarmte sie und obwohl sie sich stark zurückhalten musst, stieß sie ihn nicht von sich. Offenbar sah er das als Erlaubnis, etwas weiterzugehen, und drückte seine Lippen auf ihre.

Mit zusammengekniffenen Augen ertrug sie die Nötigung, konnte sich jedoch nicht dazu überwinden, den Kuss zu erwidern.

Halte dich unter Kontrolle, verdammt!, ermahnte sie sich. Aber er kann dich sehen! Er will das nicht! Und du weißt das! Du wolltest niemals wieder jemanden anderen küssen, hast du das schon wieder vergessen? Wie kannst du nur! Wie kannst du ihm das antun! Du weißt doch, dass er es nicht will! Er sieht dich! Er sieht dich!

Der einseitige Kuss endete in einem stummen Schrei. Sie wandte sich etwas ab, aus Angst, er könnte ihr ihre Missgunst von ihren Augen ablesen. Doch sie hatte vergessen, dass er nicht gerade der Hellste war, was zwischenmenschliche Gefühle anging.

Grinsend fuhr er sich über die Lippen und stützte sich ein Stück über sie.

„Komm morgen zur Dienststelle. Dann führe ich dich ein bisschen rum, wenn du dich für meinen Beruf interessierst. Bis dann!“, bot er ihr an und ging.

Zumindest hatte es sich etwas gelohnt, diese Tortur über sich ergehen zu lassen. Mit der Hand wischte sie sich seinen Speichel von den Lippen.

Dann machte sie sich auf die Suche nach den anderen. An einem kleinen Innenhof fand sie die Truppe dann versammelt. „Danke, dass ihr mich so selbstlos im Stich gelassen habt!“, sagte sie vorwurfsvoll und ironisch. Ihr angewiderter Gesichtsausdruck sprach Bände.

„Wie läuft's denn so zwischen Sammy und dir?“, erkundigte sich Sorrow hämisch.

„Hör auf ihn so zu nennen. Der Typ ist einfach nur... brrr.“ Aiko schüttelte sich. „Aber wenigstens zeigt er mir morgen die Polizeistelle. Ich werde gucken, ob ich da irgendwas über die Drogenermittlungen aufschnappen kann.“

Ihr Boss nickte zufrieden.

„Gut“, befand er. „Dann scheint unser Plan ja aufzugehen.“ Sie kratzte sich am Arm und sagte: „Allerdings eine Sache will ich noch geklärt haben. Wenn er irgendetwas von mir erwartet, bin ich raus. Ich werde nichts mit ihm anfangen.“

Luxury umarmte sie von hinten und säuselte ihr mit seiner Karamell-Stimme zu: „So etwas Zuckersüßes wie dich hat er auch gar nicht verdient.“ Während er seine Hand auf ihren Bauch gelegt hatte, fand seine Zunge den Weg in ihr Ohr. Sie schrie vor Schreck auf.

„Sag mal, geht’s noch?!“, brüllte sie ihn an. Es war unglaublich, wie ignorant ein Mensch sein konnte. T-Pain zeigte sich etwas genervt von Luxurys Verhalten und schob ihn etwas zur Seite. „Ich dachte, wir hätten das geklärt“, sagte er schroff zu ihm.

Aiko war etwas überrascht, denn sie wusste nicht genau, was T mit „geklärt“ genau meinte. Hatte er etwa mit Luxury über sie gesprochen?

„Also, ist das Gangbanging hiermit abgeblasen?“, fragte Sorrow ein wenig enttäuscht.

„Sieht wohl so aus.“

T-Pain löste die Versammlung auf. Als Aiko gehen wollte, hielt er sie zurück.

„Du bleibst hier.“

Verwirrt blieb sie stehen. Nachdem die anderen in verschiedene Richtungen weggegangen waren, sah sie ihn fragend an.

„Big Key hat dich mal ein wenig unter die Lupe genommen. Das Auto, das vor deinem Haus steht...Wem gehört das?“, fragte er forsch.

„Meinem Freund.“

„Heißt dein Freund etwa Frida Kohlbrenner?“

Sie war sich nicht sicher, ob er eine Antwort erwartete.

„Nein. Natürlich nicht.“

„Auf die ist das Auto aber zugelassen. Es ist also nicht das Auto deines Freundes. Es ist mir egal, wie du es machst, aber werde das Ding los. Ich habe keinen Bock darauf, dass du irgendwie ins Kittchen kommst und das Licht auf uns fällt. Das Teil ist geklaut. Wir haben zwar alle schon mal was mitgehen lassen, aber ein Auto fällt auf.“

„Aber...“

„Mach es einfach.“

Sie nickte. Vielleicht war es etwas dumm gewesen, das Auto zu stehlen. Sie wusste selbst nicht mehr, weshalb sie es getan hatte. Irgendeine spontane Eingebung hatte sie dazu veranlasst.

„T?“ Er hatte sich bereits umgedreht und wollte eigentlich gehen, blieb dann aber stehen.

„Hm?“, brummte er.

„Du hast dich nicht geprügelt. Es ist was anderes, nicht wahr?“

T-Pain sah weg.

„Ich habe dir doch gesagt, das geht dich einen Dreck an. Selbst wenn es etwas anderes wäre, na und? Wen fickt das, huh?“

„Vielleicht möchtest du drüber reden? Manchmal hilft das.“

Sie merkte, wie er wütend wurde.

„Weißt du was?“, knurrte er und riss ihren Ärmel hoch. Die Narben, die sich über ihren ganzen Unterarm zogen, leuchteten rot. „Wir haben alle unsere Probleme, aber es interessiert keinen! Jeder kann sehen, dass du dich ritzt, aber keiner fragt dich! Und weißt du auch warum? Weil es dein Ding ist! Weil keiner darüber reden will! Ich frage dich nicht nach deinen Problemen, und du fragst nicht nach meinen, kapiert?! So hat es zu laufen und nicht anders!“ Mit seiner lauten wütenden Stimme hatte er sie eingeschüchtert. Mit gesenktem Kopf zog sie ihren Ärmel wieder runter.

„Das hilft aber niemandem weiter“,sagte sie leise. Ohne ein weiteres Wort gingen sie die Straße herunter, aus der Stadt heraus und setzten sich dann auf eine Wiese. Keiner von ihnen wusste genau, warum sie nicht einfach nach Hause gingen, aber sie taten es einfach nicht.

Er hatte sich etwas beruhigt. Sie schwiegen eine Weile, bis er dann sagte: „Du tust so, als wäre an den blauen Flecken irgendetwas Besonderes. Aber es ist einfach nur... ich habe mich mit meinem Alten gestritten. Das ist aber nichts Neues. Ich bin sowieso ausgezogen. Da kann es mir jetzt egal sein. Ich brauche ihn nicht.“

„Ich hatte nie richtige Eltern. Sie starben als ich klein war“, gestand Aiko. „Manchmal frage ich mich, was sie wohl sagen würden, wenn sie mich sehen könnten. Ich glaube, sie wären nicht gerade stolz.“ Sie legte sich rückwärts in das Gras.

„Jeder baut mal Scheiße“, meinte er. Die Atmosphäre war irgendwie komisch. Sie wussten auf eine Art beide, was zu sagen war, und dennoch schwiegen sie die meiste Zeit.

„Das mit deinem Vater ist aber nicht das, was dich so sehr bedrückt, oder?“, fragte sie vorsichtig. Ihr Gegenüber machte ein Gesicht, dass sie nicht deuten konnte.

„Nein“, erwiderte er. „Und bei dir?“

Sie sah in den Himmel. „Es ist meine Schuld, dass es so ist. Und ich werde diese Schuld niemals abwälzen können, selbst wenn ich es jemandem erzähle.“ Ihr Ton war melancholisch.

„Weiß dein Freund davon?“

„Ja. Aber wir versuchen, nicht mehr darüber zu sprechen.“ Sie wusste nicht genau, wie es passierte. Seine Hand fuhr über ihre, er zog sie zu sich und ehe sie sich versehen hatte, lag sie in seinen Armen. Obwohl es sie selbst überraschte, legte sie ihren Kopf auf seine Brust und schloss die Augen. Und erst jetzt, wo sie die Wärme auf ihrer Haut spüren konnte; erst jetzt, wo sie sich zum ersten Mal seit langem wieder geborgen fühlte; erst jetzt fiel ihr auf, wie sehr sie es eigentlich vermisst hatte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  fahnm
2011-04-19T23:30:25+00:00 20.04.2011 01:30
Super Kapi^^
Von:  XxYuliveexX
2011-04-19T21:13:09+00:00 19.04.2011 23:13
Du hast grade meinen Abend gerettet ^-^
Go for it, Pain! xD
.....Frida xDD
wiedermal super geschrieben~
*kann sorrow nicht ab, dafür pain und luxury um so mehr* xD
und wo ist sasori überhaupt? o.O Endlich weg? :3

Uhjeh, ich müsste mich seeeeeeehr beherrschen um diesem sam nich eine zu knallen xD


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