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Requiem for a dream

Dean's promise
von

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One-Shot

Das orange-rote Licht, dass von den Häuserwänden strahlte, war wie Gift für die Augen des jungen Mannes, der durcheinander die Straße entlang rannte.

Er hielt sich einen Arm vor sein Gesicht, doch die Neonlichter wurden von seiner Jacke nicht abgehalten, sondern aufgesaugt.

Sein rechter Unterarm leuchtete nun in einem ätzenden Violett und blendete ihn zunehmend, er schloss keuchend die Augen und presste sich an die nächste Wand, welche, wie er nun erfühlen konnte, aus Bambus bestand.
 

Es war kalt und nass, grünes Wasser rann hinab in ungleichmäßigen Bächen, und als Dean wieder nach vorne blickte, bemerkte er, dass er sich in einem Badehaus befand.

Nackt stand er in dem von runden Steinen umrandeten Pool, das Wasser war nun heiß, dampfte, die grünliche Färbung war den Duftkräutern zuzuschreiben.

Er tastete den glatten Boden ab, hatte das Gefühl, dass er etwas suchte. Irgendetwas hatte er verloren. Doch ein Blick auf das klare Wasser genügte, nun sah er, dass dort nichts war, nur Steine.

Graue, abgeschliffene Steine, die alle dieselbe Form und Größe hatten und aneinandergereiht waren wie kleine Soldaten.

Aus einem unerfindlichen Grund begann Dean zu grinsen, er fand diese Vorstellung fürchterlich witzig, sodass er schließlich in lautes Gelächter ausbrach.

Sein Lachen bedeckte den ganzen, mit Wasserdampf gefüllten und dennoch leeren Raum, schmiegte sich an die Wände und rann daran hinab, so sehr, dass der Pool in der Mitte zu überschwemmen begann.

Das Badehaus füllte sich bis zum Rand mit Deans Lachen und auch obwohl er aufhören wollte, gelang es ihm nicht. Er schlug, schwimmend in seinem Lachen, mit den Armen um sich und sog mit jedem hysterischen Atemzug mehr Wasser in sich.

Es schmeckte wie Schweinebrühe und Tee und schmerzte in seinen Lungen, das Wasser brannte in ihm.
 

Gerade, als er sich der dunklen Wärme um sich herum hingeben wollte, ergriff ihn eine Hand und zog ihn an die Oberfläche.

Er stieß durch feuchtes Laub und erkannte das faulige Motel, welches inmitten dieses Waldes stand.

Dean hatte sich schon immer gefragt, wie es sich halten konnte. Außer seinem Vater, seinem Bruder und ihm würde kaum jemand auch nur in die Nähe eines solch bedrohlichen Waldes wollen. Schnell wendete er seinen Blick von dem flachen Gebäude ab und schaute einem Jungen in die tiefbraunen Augen.
 

„Sammy“, entkam es Deans Lippen und er wollte nach ihm greifen, doch der Kleine drehte sich um und rannte lachend durch die Bäume.

„Warte, Sammy!“
 

Seine Beine bewegten sich nicht, obwohl er ihnen eindeutig den Befehl erteilt hatte, vorwärts zu gehen. Es war, als würde das Laub am Boden tonnenschwer an ihm ziehen.

In der Ferne war Sams Stimme durch das Geäst zu vernehmen, ein unklares Echo, aus keiner bestimmten Richtung.
 

Dean! Du hast es verloren. Hey, ich weiß, wo es ist, Dean. Komm schon.
 

Ein Kichern erfüllte den Wald, stummes Kinderlachen, nicht Sammys Lachen.

Schlussendlich gelang es Dean, sich zu bewegen. Vorsichtig stolperte er nach vorne, folgte dem Pfad, auf dem er seinen kleinen Bruder zum letzten Mal sah.

Das Rascheln der Bäume war bedrohlich und obwohl er durch einen einzigen Griff bemerkte, dass er wieder voll bekleidet und bewaffnet war, fühlte er sich unsicher.
 

Sammy war in diesem Wald. Er war doch nur ein Kind. Was, wenn ihm etwas geschehen würde? Dean war verantwortlich für sein Wohl. Er musste ihn finden und beschützen.

Dieser Drang in ihm war stärker, als alles Andere, als jede Furcht, die er je verspürte, größer und stärker, als jede Kreatur, die in den dreckigen Innereien dieser Welt lauern könnte.

Es war sein Antrieb, seine Bestimmung, und das wusste er auch jetzt.
 

Immer schneller bewegten sich seine Beine durch Gestrüpp und laubigen Boden, geführt von dem Gefühl, welches Sam in ihm hinterließ.
 

Kalte Finger packten ihn am Handgelenk und er wirbelte aufgebracht herum.

Es war Sam. Er biss sich unsicher auf die Unterlippe und lächelte dann. Sorglos.
 

„Dean“, seine Stimme war vertraut, aber anders, gefiltert durch die Blätter, die von den Bäumen fielen, und so kalt wie seine Haut, „Dad hat gesagt, dass du mich vielleicht eines Tages töten musst.“
 

„Was?“, die Worte kamen ihm seltsam bekannt vor, doch er wusste nicht, woher, „Nein, warum sollte ich? So etwas hat Dad bestimmt niemals gesagt. Er hat vielleicht nur einen Scherz gemacht, weil du wieder nicht auf ihn hören wolltest.“
 

Sams Griff um Deans Handgelenk wurde fester und verhärtete sich. Sein Lächeln blieb unverändert.
 

„Ich bin schon tot, Dean. Und du bist der Einzige, der das nicht einsieht. Jetzt machst du dir Vorwürfe und du suchst und suchst und all die kleinen Dinge, über die wir in der Vergangenheit gestritten haben, scheinen lächerlich zu sein.“
 

Dean wollte widersprechen, er wollte ihm sagen, dass er aufhören sollte, einen solchen Unsinn zu erzählen, doch seinem Hals entkam kein Ton.
 

„Wenn du nicht ehrlich zu dir selbst bist, wirst du es vielleicht niemals finden. Du kannst nicht versuchen, mein Zeitrad weiter anzutreiben. Es steht still und mit jedem Atemzug entfernen wir uns. Du hast mir versprochen, mir nicht zu folgen und mich nicht zu suchen. Es ist jetzt Abend. Lass mich schlafen gehen.“
 

Ohne auch nur ein einziges Widerwort geben zu können, eine einzige Antwort, verwandelte sich Sams Körper in fahles, graues Laub.

Ungläubig blickte Dean umher, schaute in jede Richtung des Waldes, doch es sah alles gleich aus. Sein Herz raste und er atmete schwer.

Er war nicht imstande, zu verstehen, was sein Bruder ihm sagen wollte.
 

„Sammy?“, rau kehrte seine Stimme zurück.
 

Das Kinderlachen ertönte erneut und er konnte in der Ferne ein Feuer sehen, Menschen tanzten belustigt um die Stelle herum, fassten sich an den Händen und sangen heitere Lieder.

Dean eilte zu dem Platz, um Antworten zu erhalten, doch die Leute beachteten ihn nicht. Sie trugen weiße Masken, ohne jegliche Bemalung, und ihre frohen Rufe kamen nicht von ihren versteckten Gesichtern, sondern von weit weg.

Dennoch versuchte er verzweifelt, ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, fragte nach seinem Bruder. Keiner wandte sich ihm zu, sie tanzten weiter mit immer den gleichen Regungen.
 

Plötzlich schlug das Feuer aus und erfasste einige maskierte Kinder, die zu nah spielten, verbrannte sie grausam.

Es roch nach Fleisch und verkohlten Haaren und die Erwachsenen sangen weiter, so lange, bis das Feuer immer größere Kreise zog und ihre Masken schmolz, nur um einen Kopf ohne Gesicht hervorzubringen.

Dean betrachtete schockiert das Spektakel, sah die Menschen verbrennen und erstickte fast an dem dunklen Rauch, den die aufblähenden Körper ausstießen.

Fassungslos übergab er sich auf den Waldboden.
 

Als er wieder hinauf blickte, fand er sich in einem dunklen Motelzimmer wieder.

Eine kleine Tischlampe brannte zwischen zwei Betten, auf denen Chipstüten und Bücher lagen.

„Dean.“
 

Schnell drehte er sich nach der Stimme um, doch es war niemand zu sehen.
 

„Dean.“
 

Von draußen war ein Windspiel zu hören. Das Klirren war subtil und doch deutlich, gleichmäßig. Als Dean aus dem Fenster schaute, sah er, dass die Welt dort völlig unbewegt war. Nicht eine Brise zog über die dunkelgraue Einöde.
 

„Dean!“
 

Der Mann presste sich erschrocken mit dem Rücken an das kalte Fenster, ließ seine Augen durch den Raum wandern. Das Windspiel klirrte unbeirrt.
 

„Wer ist da?“, stieß er schließlich hervor. Er hatte Angst, zu atmen, und wusste nicht, warum. Nichts machte ihm Angst. Nichts…
 

Ein dumpfes Geräusch erklang im hölzernen Schrank, der gegenüber den Betten stand. Dean bewegte sich erst nicht, schüttelte dann jedoch den Kopf über sich selbst, über seine lächerlichen Angstgefühle.

Vorsichtig trat er auf den Schrank zu und öffnete mit einem Ruck die Tür.
 

Eine Puppe lag dort, nackt, ihre Porzellanhaut war an einigen Stellen bereits abgesplittert, ein Auge war halb geschlossen, das Andere weit aufgerissen. Die Pupillen waren farblos. Schwarzes, lockiges Haar ging ihr bis zu den kleinen Schultern.

Sonst war der Schrank leer.

Das Windspiel hatte aufgehört, zu musizieren.
 

„Sam?“
 

Erneut ergriff eine irrationale Angst Deans Herz, ein machtloses Gefühl, eine Vorahnung. Er fuhr geistesabwesend durch das Haar der Puppe und ihn packte eine alte Erinnerung, die in seinem Kopf aussah wie eine vergilbte Fotografie.
 

Sein kleiner Bruder, nicht älter als vier, starrte mit traurigem Blick aus dem Motelzimmer, beobachtete das Gewitter, das sich draußen anbahnte.
 

„Dean“, sagte er ruhig, ohne seinen Blick abzuwenden, „Dean, manchmal wache ich nachts auf und der Teufel steht neben meinem Bett.“
 

Der Achtjährige zuckte und stand aus dem Fernsehsessel auf.
 

„Nein, Sammy, dann träumst du nur, dass du aufwachst und er würde neben dir stehen. Es gibt doch gar keinen Teufel“, liebevoll umarmte er den Kleinen und sah gemeinsam mit ihm nach draußen, bewunderte den ersten Blitz und das harte Donnergrollen nach ihm.
 

„Er steht einfach nur da und schaut auf mich herab. Als würde er auf etwas warten. Dann habe ich solche Angst, dass ich mich nicht mehr bewegen kann. Alles ist dann hart und mein Hals ist zu.“
 

„Ja, Albträume können ganz schlimm sein. Hab‘ keine Angst, Sammy. Selbst wenn der Teufel neben deinem Bett stehen würde, er würde dir niemals etwas antun können. Er würde dich niemals bekommen, denn du hast ja mich und ich beschütze dich. Das verspreche ich dir.“
 

„Danke, Dean“, Sams Stimme wurde weicher und er kuschelte sich in den warmen Pullover seines großen Bruders, „Dann habe ich keine Angst mehr.“
 

Dean starrte auf die leblose Puppe, erkannte Sams Blick in den grauen Augen. Er wollte sie aufnehmen, umarmen, und als er sie anhob, sah er ein Amulett unter ihr liegen.

Seine Augen weiteten sich und er griff panisch danach, wog den goldgelben Anhänger in seiner Handfläche.
 

Das Lachen aus der Ferne kehrte zurück und mit ihm das Klirren des Windspiels. Sams kindliche Stimme war zu vernehmen, von weit her.
 

Du hast es gefunden. Ich bin so glücklich. Du hast es endlich gefunden.
 

Deans Hand verkrampfte sich um das Amulett, er presste es fest an seine Brust und schloss die Augen. Heiße Tränen liefen seine Wangen hinab, fielen auf seine Faust und flossen durch seine Finger.

Er weinte, bis das Windspiel für immer verstummte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Meggal
2010-11-04T19:09:18+00:00 04.11.2010 20:09
uh, wow. ich hab mir das lied angehört, während ich die geschichte gelesen hab und muss sagen, beides passt perfekt zusammen. ich hab das lied erst ohne geschichte gehört und fands garnicht so gruslig, eher nervig, aber mit der geschichte ... o_O.

die stimmung ist sehr gut rübergebracht, ich hab mich grad an sämtliche alpträume erinnert, die ich je hatte und diese mischung aus unwirklichkeit und scheinbar völliger logik, die dann manchmal herrscht (zumindest bei mir) ist voll rübergekommen. respekt.

allerdings erschließt sich mir (noch) nicht, was es mit dem haus, den leuten am feuer, der puppe und dem medaillon auf sich hat, kommen die "sachen" später in der fünften staffel vor? hab erst bis folge 9 geschaut.

würde gern noch mehr solche sachen von dir lesen. wenn möglich ohne slash^^'.

schönen gruß meg


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