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Stacheldraht

von

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Kapitel IV


 

IV
 

Rachel wurde geweckt, als jemand an ihre Zimmertür klopfte. Sie schreckte hoch und wusste sofort, was los war, auch wenn sie noch immer müde war.

Samuel.

In Sekundenschnelle war sie aus dem Bett gesprungen und zum Spiegel gelaufen, während sie mit der Hand die gröbsten Falten auf ihrem T-Shirt glättete. Sie ordnete hastig ihre Haare, zwinkerte ihrem Spiegelbild mit einem Lächeln zu, das sie sich selbst nicht zugetraut hätte und rief dann „Herein!“

Die Tür öffnete sich und Sam betrat zum ersten Mal ihr Zimmer. Er sah sich um, betrachtete die Landschaftsbilder an den Wänden, die ihr Vater für sie gemalt hatte. Dann warf er ihr ein unsicheres Lächeln zu. Sie lächelte zurück.

„Hi“, sagte er.

„Hi.“

Es war ein merkwürdiger Augenblick, wie sie beide dort in ihrem Zimmer standen, sich ansahen und nichts zu sagen wussten. Um das Unbehagen zu überdecken, zeigte Rachel auf ihr Sofa. „Setzen wir uns doch.“

Er nickte und tat, wie ihm geheißen. Dann sah er sie erwartungsvoll an. „Und?“, fragte er.

„Was, und?“, fragte sie zurück und sah ihn überrascht an.

„Wer ist es? Oder werden wir abgehört? Die Polizisten unten haben mich ganz schön böse angeschaut...“

„Ähm... wer ist was?“

„Na, der Mörder!“

Verblüfft sah sie ihn an und auch er schien verwirrt zu sein. „Hast du nicht vorhin gesagt, du wüsstest, wer es ist?“

„Hab ich das?“ Rachel wühlte in ihren Erinnerungen, was ihr schwer fiel, da sie sich immer noch müde fühlte, so als hätte sie keine Minute geschlafen.

„Ja, du hast mich doch extra noch mal angerufen, um es mir zu sagen.“

Rachel schüttelte den Kopf. „Ich habe dich nicht noch mal angerufen. Ich habe doch gesagt, dass ich schlafen gehe, und das habe ich auch gemacht.“

Sam war anzusehen, dass er das Gefühl hatte, auf den Arm genommen zu werden. „Aber das warst du doch am Telefon! Es war deine Nummer und deine Stimme klang ganz genauso wie beim ersten Mal! Nur dein Tonfall war etwas anders... Und du hast klar und deutlich gesagt, du wüsstest, wer der Mörder ist und würdest es mir jetzt sagen.“

Sprachlos, fast schon verzweifelt sah Rachel ihn an. „Ich habe dich nicht angerufen, wirklich nicht!“

„Kannst du nicht auf deinem Handy nachsehen?“

Mit einem unwohlen Gefühl im Bauch rief Rachel die Anrufliste auf. Tatsächlich: Auf den Anruf von kurz nach acht folgte ein zweiter, den sie angeblich um halb fünf am Nachmittag, also vor etwa einer Stunde, getätigt hatte.

„Was zur -?“

Überfordert sah sie den älteren Jungen an, der das gleiche gelesen hatte wie sie. „Hier ist doch irgendwas faul“, murmelte er und sie konnte seinem finsteren Blick entnehmen, dass er sich seine Meinung darüber, was hier faul war, schon gebildet hatte.

„Ich weiß wirklich nicht, was es damit auf sich hat!“, betonte Rachel noch einmal. Sie spürte, dass sie den Tränen nahe war.

„Hat jemand anders Zugriff auf dein Handy?“

Sie schüttelte den Kopf. „Nein, eigentlich nicht. Also, mein Vater hätte drankommen können, aber seine Stimme hättest du ja wohl von meiner unterscheiden können.“

„Das will ich wohl meinen“, knurrte Sam.

Es fiel ihr schwer, seinem Blick standzuhalten, deshalb sah sie zu Boden. Hatte sich denn nun die ganze Welt gegen sie verschworen?

„Und wenn es die Mörderin war?“, schlug Rachel vor. Es war der einzige Gedanke, der ihrem müden Gehirn noch einfiel. „Sie hat sich in mein Zimmer geschlichen und dich angerufen. Wahrscheinlich hat sie auch unser erstes Telefonat belauscht. Und wenn sie gesagt hat, dass sie dir sagen will, wer der Mörder ist... Glaubst du, sie taucht hier auf?“

Sie wagte es, kurz aufzublicken, und sah, wie Sams Gesicht an Farbe verlor. „Meinst du, sie will uns auch noch umbringen? Wie unsere Brüder?“

„Mich nicht...“, sagte Rachel leise. Erst nach einem langen Gähnen konnte sie Sam, der sie fragend ansah, erklären: „Mir hat sie doch gesagt, dass alles gut wird...“



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