Prolog
„Mama, wenn ich groß bin heirate ich Katja.“, sprach ein kleines Mädchen fest entschlossen, die Wange an die Brust ihrer Mutter geschmiegt. Beide lagen auf dem dunkelblauen Sofa, eine Stehlampe mit weißem Hut erhellte den Raum so dass es zum Lesen reichte und malte lustige Schatten an die hellblauen Wände. Hin und wieder hörte man wie die Mutter eine Seite ihres Romans umschlug. Dem kleinen Mädchen ging das nie schnell genug, denn sie liebte das Rascheln von Bücherpapier über alles, auch wenn sie selbst noch nicht lesen konnte.
„Aber meine Kleine“, sagte die Mutter darauf, „Ihr seid doch beides Mädchen.“ Sie wusste ja das man bei Kindern nicht unbedingt alles Ernst nehmen sollte. Sophie war schließlich erst sechs Jahre alt, in dieser Zeit war Liebe nicht wirklich das was es später werden sollte und ein leichtfertiges „Ich heirate diese oder jene Person.“ war schnell über die Lippen gebracht. Eben weil man ja nicht wusste was heiraten bedeutete, außer einer Torte, einem herrlichen Kleid und einer schönen Zeremonie. Mit Ehe brachte man so etwas als Kind nicht in Verbindung, auch nicht mit wirklicher Liebe.
Sophie jedenfalls setzte sich auf und schüttelte ihren blonden Lockenkopf energisch, als wäre das Gesagte eine Ungerechtigkeit ohnegleichen. „Ja und? Das macht doch nichts, wir können ja beide ein Kleid tragen.“ In ihrer kindlichen Welt war das sicherlich kein Hindernis.
Sophies Mutter legte das Buch beiseite, auf den hölzernen Abstelltisch neben dem Sofa und fuhr ihrer Tochter sanft durch das Haar. „Ach Sophiechen. Wieso denn gerade Katja?“ Nicht das sie es nicht wüsste. Natürlich hatte sie bemerkt wie die beste Freundin ihrer großen Schwester sie von Anfang an fasziniert hatte. Weil sie älter war, weil sie sich anders anzog und eben weil sie nicht ihre Schwester war. Weil sie andere Musik hörte, weil sie auf jede Frage eine Antwort zu wissen schien und weil sie niemals aufhörte zu Lächeln.
Auf diese Frage musste die Kleine nicht lange überlegen. „Katja ist wie Vanilleeis mit heißen Himbeeren.“
Die Antwort, die nur aus dem Mund eines Kindes kommen konnte das sich noch nicht mit der Realität auseinander setzen musste, brachte die Mutter zum Lächeln. Kaltes Vanilleeis, heiße Himbeeren, Sophie hätte das jeden Tag essen können wenn man sie denn lassen würde. Und genauso hätte sie Katja am liebsten jeden Tag gesehen, auch wenn diese ja eigentlich nur wegen ihrer älteren Schwester zu ihnen kam. So oder so, für sie war dieses ältere Mädchen ein Idol. Sie blickte zu ihr auf, versuchte so zu sein wie sie. Das man aus solchen Gründen nicht unbedingt heiraten musste, besonders wenn die andere Seite von dieser Verehrung nichts ahnte, blendete sie gekonnt aus. Sie war eben nur ein Kind, das etwas gesucht hatte das es bewundern konnte, das es zum Mittelpunkt seiner kleinen Welt machen konnte.
