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Between Potions and Quidditch

Draco x Ginny
von

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Schlagzeilen

Der Morgen hämmerte wie ein Klatscher schmerzvoll auf sie ein. Ginny erwachte mit dröhnenden Kopfschmerzen. Ihr Mund war trocken und pappig, der rauchige Geschmack des Feuerwhiskys lag noch unangenehm auf ihrer Zunge. Ihr Bett schien sich langsam im Kreis zu drehen, was in ihr Übelkeit hervorrief.

 

Sie drehte sich langsam auf den Rücken, sachte, denn jede Bewegung verstärkte ihre Schmerzen nur noch mehr. Als sie vorsichtig die Augen öffnete, kniff sie sie kurz darauf schnell wieder zusammen. Ein Stöhnen entfloh ihren Lippen und sie legte eine Hand schützend auf die empfindlichen Augen, um sie vor den grellen Sonnenstrahlen zu schützen, die sie von dem Fenster aus blendeten. Sie könnte sich dafür ohrfeigen, dass sie vergessen hatte die Vorhänge zuzuziehen.

 

Der Tag war bereits weit fortgeschritten und auch wenn Ginny viele Stunden geschlafen hatte, steckte der Kater noch fest in ihren Gliedern. In solchen Angelegenheiten war sie eindeutig nicht geübt. Nach einem siegreichen Quidditchspiel gönnte sie sich ab und zu mal ein Gläschen, aber sie trank nie mehr als sie sich zutraute. Wie spät war es überhaupt? Ginny hob ihren rechten Arm träge vor ihr Gesicht und starrte mit zusammengekniffenen Augen und hochgezogenen Augenbrauen auf die Armbanduhr, die sie am Abend zuvor vergessen hatte abzunehmen. Die leicht verschwommene Sicht nahm nach und nach Gestalt an, die Konturen wurden klarer. Wie gut, dass es Sonntag war, denn das Frühstück war schon lange vorbei und die Schüler genossen ihren freien Tag, statt im Unterricht zu sitzen. Demnächst würde sogar schon das Mittagessen serviert werden.

 

Übelkeit stieg bei diesem Gedanken ihren Rachen hinauf. In ihrem Zustand würde sie keinen Bissen herunterkriegen. Ginny setzte sich mit brummendem Schädel auf und rieb sich über die verquollenen Augen. Ihr Haar war vollkommen zerzaust. Das rote Kleid, welches sie am Vortag getragen hatte, lag ordentlich zusammengefaltet auf einem Stuhl neben ihrem Doppelbett. Ginny erinnerte sich wage daran, wie sie gestern Nacht ins Bett gekommen war, aber sie war sich sicher, dass sie ihr Kleid achtlos auf den Boden geworfen hatte. Ein Hauself musste es aufgesammelt und ordentlich zusammengelegt haben.

 

Ginny starrte auf das Kleid, als könnte es ihr die Antwort auf ihre Frage geben, von der sie nicht einmal wusste, wie sie genau lautete. Erst einmal musste sie richtig wach werden. Sie versuchte sich zu erinnern, was am Tag zuvor geschehen war. Langsam, wie Bubotubler-Eiter, sickerte die Erinnerung zurück in ihr Gedächtnis. Sie war in Hogsmeade gewesen. Ja, genau. Auf diesen Ausflug hatte sie sich schon so lange gefreut gehabt und nun war er vorbei und hinterließ einen bittereren Nachgeschmack, als der Feuerwhisky. Feuerwhisky. Richtig, sie hatte im Drei Besen etwas getrunken. Zu viel, anscheinend.

 

Aber sie war dort nicht allein gewesen. Sie hatte den gestrigen Tag mit jemandem verbracht. Und dann erinnerte sie sich auch daran, mit wem.

 

Entsetzt riss sie die Augen auf. Ein qualvolles Stöhnen entfuhr ihr, als das Gedächtnis wieder zu arbeiten begann und ihr die Szenen des gestrigen Abends vorspielte. Sie hatte Draco geküsst! Wie viel bei Merlins Bart hatten sie denn bitte getrunken?

 

Vielleicht war es auch nur ein Traum gewesen? Diese Szene schien so verschwommen, so unglaubwürdig und verrückt, dass es ihrer Fantasie entsprungen sein könnte. Aber was hatte Draco Malfoy in ihrer Fantasie zu suchen?

 

Ginny war verwirrt. Dieser Kuss konnte nicht wirklich geschehen sein. Oder doch? Nein, das war unmöglich.

 

Langsam wanderten die Finger ihrer rechten Hand zu ihren Lippen.

 

Nein, es war kein Traum gewesen. Ginny wusste nicht mehr, wie es dazu gekommen war, aber sie wusste sehr wohl noch, was sie dabei gefühlt hatte. Es musste wirklich an dem Alkohol gelegen haben, denn vorher hatte sie noch nie darüber nachgedacht ausgerechnet Draco Malfoy küssen zu wollen. Ein Verlangen hatte sich in ihrem Körper ausgebreitet, das gestillt werden wollte und die Schwerkraft hatte sich verdoppelt, nur dass sie nicht mehr vom Boden unter ihren Füßen ausgegangen war, sondern von ihm.

 

Es war unmöglich gewesen ihm zu widerstehen. Ginny hatte sich so einsam gefühlt, dass sie Trost und Nähe gesucht hatte. Sie hatte jemanden haben wollen, der sie in den Arm nahm, der sie berührte, der in ihr etwas auslöste, positive Gefühle, die die Sehnsucht in ihr vertrieben, die sie kaum ertragen konnte.

 

Und Draco hatte es geschafft ihre Sehnsucht zu stillen; mit seinen Händen, die ihre Hüften, ihren Hals und ihr Gesicht berührt hatten, wobei sie ein Prickeln und eine Gänsehaut hinterlassen hatten, mit seinem Körper, der ihr gegen ihren eigenen gedrängt den Halt gegeben hatte, nachdem sie sich gesehnt hatte und mit seinen Lippen, die, gegen die ihren gepresst, in ihr ein Feuer entzündet hatten, das die Kälte in ihrem Inneren vertrieben und eine wohlige Wärme hinterlassen hatte.

 

Draco …

 

Und dann dachte sie an ihn.

 

Harry.

 

Plötzlich erfüllte er ihre Gedanken. Ginny war erstarrt und vergaß plötzlich, wie man atmete. Jetzt setzte sich das Puzzle allmählich zusammen. Der Grund, weshalb sie den Feuerwhisky in sich hineingeschüttet hatte, damit das Brennen des Alkohols den Schmerz in ihrer Brust übertönte, der Grund, weswegen sie geweint hatte und weswegen Draco sie getröstet hatte, was letztendlich zu dem Kuss geführt hatte. Aber all das war nicht mehr wichtig, war vergessen. Dieser Name verdrängte alles andere. Der Artikel aus dem Tagespropheten manifestierte sich vor ihr in der Luft und das Bild nahm ihre gesamte Sicht ein, so groß und so schrecklich, dass es nicht möglich war wegzusehen.

 

Nur noch ein Gefühl breitete sich in ihrem Körper aus: die stechende Qual des Verlustes.

 

Nur noch ein Gedanke dröhnte in ihrem Kopf: Er hatte eine Andere.

 

Er hatte eine Andere. Eine Andere. Eine Andere

 

Letztendlich siegte die Übelkeit und ließ sich nicht mehr aufhalten. Ginny sprang auf und rannte stolpernd, trotz dröhnendem Schädel und Schwindelgefühl, in ihr Badezimmer, um sich zu übergeben und um alle schlechten Gedanken und Gefühle aus sich herauszuwürgen, auf dass sie endlich verschwinden und sie in Ruhe lassen mochten.

 
 

* * *
 

 
 

Das Mittagessen schmeckte an diesem Tag miserabel, weshalb Draco sich auch nur halbherzig seiner Mahlzeit widmete. Mit der Gabel stocherte er in seinem Kartoffelbrei herum, während sein Bauch rumorte. Er hatte zwar Hunger, aber keinen Appetit; dieser war ihm nämlich seitdem die Post gekommen war vergangen.

 

Das Bild aus dem Tagespropheten hatte er immer noch vor Augen.

 

Ihm wären beinahe die fünf Knut für die Eule aus der Hand gefallen, als er die bewegte Fotografie gesehen hatte. Es war unmöglich gewesen sie zu übersehen, denn sie hatte sich direkt auf der Titelseite befunden. Zwar handelte es sich dabei nicht um den Hauptbericht – Celestina Warbecks Biografie wird zum Verkaufsschlager –, sondern um einen kurzen Artikel, der aus einem einspaltigen Text bestand und sich rechts unten auf der Seite befand, und doch hatte das Bild sofort seine Aufmerksamkeit erregt. Seine Augen waren daran haften geblieben, wie Finger, die an einem Portschlüssel klebten.

 

Der Tagesprophet hatte einen netten Schnappschuss von ihm und Ginny eingefangen. Das Foto zeigte sie beide vor dem Honigtopf, wie sie herzhaft lachten. Draco vermutete, dass das Bild geschossen wurde, nachdem sie die Bohnen in sämtlichen Geschmacksrichtungen gegessen hatten. Er hatte nicht bemerkt, dass jemand sie fotografiert hatte, dabei hatte er doch die Augen nach Journalisten offen gehalten. Draco war stets ein sehr aufmerksamer Mensch.

 

Nachdem in der magischen Welt nun Frieden herrschte und es keine spannenden oder gar dramatischen Themen mehr gab, die man dem Volk berichten konnte, wurde eben Klatsch und Tratsch auf der Titelseite gedruckt. Genauso wie der Artikel über Potter am Vortag. Wen interessierte so etwas überhaupt? Las er hier den Tagespropheten oder etwa die Hexenwoche? Vom Inhalt her schienen sich diese beiden Zeitungen leider kaum noch zu unterscheiden.

 

Draco musterte das Bild, auf dem er und Ginny sich gerade anlächelten und es schockierte ihn ein wenig, wie er sie ansah. In seinen Augen konnte er eindeutig die Sympathie erkennen. Er sah seiner Meinung nach abscheulich aus, aber ‚verknallt‘, wie Rita Kimmkorn es benannte, war mit Sicherheit das falsche Wort. Diesen Blick wollte er nie wieder in seinem eigenen Gesicht sehen.

 

Und um dem Ganzen die Krone aufzusetzen stand über dem Schnappschuss die Schlagzeile: Erfolg im Sport, Erfolg in der Liebe?

 

Oh Mann.

 

Zu allem Übel hatten die Eulen Longbottom, der zwei Plätze weiter saß, ebenfalls einen Tagespropheten gebracht. Draco hatte seinen Blick sehr wohl bemerkt – überrascht, neugierig und erfreut zugleich – doch als sich Nevilles Lippen voneinander trennten, um irgendeinen blöden Kommentar oder eine dämliche Frage zu formulieren, hatte Draco ihn allein mit einem Blick zum Schweigen gebracht, noch bevor auch nur eine Silbe seinen Mund verlassen konnte.

 

Draco kniff die Augen zusammen und rieb sich die Nasenwurzel. Hoffentlich hatten seine Eltern den Tagespropheten abbestellt.

 

Ganz sicher würden sie seine Beweggründe verstehen. Oder? Immerhin war es ihm nur darum gegangen seinen Ruf ein wenig aufzupeppen, in dem er sich in guter Gesellschaft blicken ließ. Beziehungen, Beziehungen, das hatte ihm sein Vater schon vom Kindesalter an eingetrichtert.

 

Schön und gut. Aber das erklärte nicht, was sich gestern Abend vor ihrem Zimmer abgespielt hatte.

 

Draco hatte bisher auch noch nicht herausgefunden, wieso bei Salazar er das überhaupt zugelassen hatte. Er hätte sie von sich stoßen, seinen Zauberstab ziehen und sie in eine Kröte verwandeln sollen, die er dann seiner Klasse zum Zaubertränkebrauen vorsetzen konnte. Stattdessen hatte er es nicht nur zugelassen … sondern auch noch gemacht. Aber wieso?

 

Du bist ein Mann, sagte eine leise Stimme in seinem Kopf. Kein Mann würde in dieser Situation Nein sagen. Vor allem nicht, wenn man ein Slytherin ist.

 

Ja, das klang plausibel, fand Draco. Warum Nein sagen, wenn man ein bisschen Spaß haben konnte?

 

Und Spaß hatte es definitiv gemacht.

 

Er blickte gerade noch rechtzeitig auf, um Ginny durch die Große Halle schreiten zu sehen. Seine Finger griffen nach dem Tagespropheten und versteckten ihn in den weiten Innentaschen seines Umhangs.

 

Egal wie kurz der Gedanke gewesen war, das gestrige Ereignis eventuell zu wiederholen, genauso schnell verflog er wieder. Sie sah einfach furchtbar aus. Eindeutig schien Weasley Alkohol nicht im Geringsten zu vertragen. Den Kater konnte man ihr schon ansehen, als sie die Halle betreten hatte – kleine, blutunterlaufene Augen, hängende Schultern, das Gesicht blass, das Haar glanzlos und stumpf sowie ein äußerst mürrischer Ausdruck.

 

Damit würde Draco sich sicher nicht abgeben.

 

Als sie ihren Platz am Lehrertisch erreichte, brummte sie irgendetwas zur Begrüßung und setzte sich zwischen Draco und Neville, ohne einen von beiden anzusehen. Ihren Blick ließ sie langsam über den Tisch wandern und rümpfte währenddessen leicht die Nase.

 

„Morgen, Ginny“, grüßte Neville, im Gegensatz zu ihr in bester Laune. „Wieso warst du nicht beim Frühstück?

 

„Verschlafen“, antwortete sie. Sie griff nach der Kanne Kaffee, die vor ihr stand, und schenkte sich etwas davon ein. Draco widmete sich wieder seinem Kartoffelbrei.

 

Er wusste nicht, was er erwartet hatte, aber Weasley tat auf jeden Fall das Gegenteil davon. Sie war so anders, als die Mädchen, die er sonst kannte. Während seiner Schulzeit hatte er sich vor Verehrerinnen kaum retten können. Aber nach dem Vorfall von letzter Nacht kicherte Ginny nicht verlegen, sie warf auch keine scheuen Blicke zu ihm oder schmiss sich ihm an den Hals. Nichts. Und er konnte noch nicht einmal behaupten, dass sie ihn ignorierte. Anscheinend war sie gefangen, in ihrer kleinen Welt voller Selbstmitleid, in die sie Potter gestürzt hatte und in der kein Platz für irgendetwas oder irgendwen anderes war.

 

Oder sie war so betrunken gewesen, dass sie es schon längst vergessen hatte.

 

„Und? Wie war es gestern?“, fragte Neville gespannt. Er beugte sich vornüber, sodass er nun auch zu Draco schauen konnte. Sein neugieriger Blick war entwaffnend.

 

„Toll“, sagte Ginny lahm. Sie brachte den Becher an ihre Lippen und trank, sodass sie keine weitere Antwort geben musste.

 

Neville sah nun Draco mit gehobenen Augenbrauen fragend an, als ob er ihm eine bessere Antwort geben könnte.

 

Draco zuckte genervt mit den Schultern. Er hatte nicht vor Longbottom irgendetwas zu erzählen. Aber auch das schien den Gryffindor nicht abzuwimmeln. Ein breites Grinsen breitete sich auf seinem runden Gesicht aus.

 

„Ich hab das Foto von euch im Tagespropheten gesehen“, sagte Neville nun an Ginny gewandt, der versuchte das Gespräch am Laufen zu halten. Draco zuckte kaum merklich zusammen. Ginny erbleichte.

 

Ein wenig zu heftig stellte sie ihren Kaffeebecher auf den Tisch. Der schwarze Inhalt schwappte über den Rand.

 

„Das war ich nicht!“, presste sie atemlos zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Ihre Augen huschten panisch umher, als würden sie einen Ausweg suchen, der sie aus dieser unangenehmen Lage befreien konnte. Draco konnte ihre Gedanken geradezu hören. Longbottom war zwar ein Tollpatsch, aber er glaubte nicht, dass er imstande wäre seine Freundin so taktlos auf Potter und seine Neue anzusprechen. Ein wenig amüsierte ihn diese Situation ja. Ginnys Blick war ablehnend, gar verächtlich. Draco hatte sie während der Schulzeit einige Male mit diesem Blick gesehen, die meisten davon hatten schließlich ihm selbst gegolten, doch nie hatte er gesehen, wie sie einen ihrer Freunde so ansah.

 

Ihre Hände ballten sich zu Fäusten. „Wie kannst du–“

 

Draco zog seinen Tagespropheten aus seinem Umhang und warf ihn ihr vor der Nase auf den Tisch. Das lenkte sie immerhin so sehr ab, dass sie diesen Satz nicht zu Ende sprach. Longbottom sah sie vollkommen erschrocken an und drängte sich in seinen Lehnstuhl zurück, soweit wie es ihm möglich war.

 

„Reg dich ab“, meinte Draco ausdruckslos. „Er meint dieses Foto.“

 

Verwirrt blickte Ginny auf den Tagespropheten und sah sich selbst, lachend und gut gelaunt, ganz anders als ihr jetziges Ich. Ihre Augen wanderten auf den Platz zu ihrer Rechten, doch Draco war längst aufgestanden und sie erhaschte nur noch einen Blick auf den Saum seines wehenden Umhangs.

 
 

* * *
 

 

Nachdem sie in der vorherigen Stunde das Schlafelixier gebraut hatten, stand nun an diesem Montagmorgen der Trank des Erwachens auf dem Lehrplan der Viertklässler. Die Tränke, die die Schüler in der letzten Stunde abgegeben hatten, waren durchschnittlich passabel gewesen und Draco hoffte, dass die Schüler den heutigen Zaubertrank mindestens genauso gut brauen würden, da der Trank des Erwachens gerne bei den ZAGs abgefragt wurde. Und außerdem war es durchaus nützlich, wenn man diesen Trank brauen konnte, da dieser im Gegensatz zum Plappertrank oder dem Schrumpftrank recht nützlich war. Zumindest solange man ihn richtig braute …

 

Draco hatte schon einmal in einem Bericht gelesen, dass jemand beim Brauen ein Fehler unterlaufen war und derjenige, der den Trank eingenommen hatte, nicht mehr einschlafen konnte. Seitdem lebte er nun unter Vampiren, die ebenfalls keinen Schlaf benötigen.

 

„Professor!“

 

In der dritten Reihe, in der die Gryffindors saßen, flog eine Hand in die Luft. Sie gehörte einem großen, blonden Jungen, mit eisblauen Augen und einem markanten Kinn. Als Draco sich ihm näherte, deutete sein Schüler auf seinen Kessel.

 

„Was sagen Sie zu meinem Trank, Sir? Meinen Sie, er ist gelungen?“, fragte er, obwohl er genau wusste, dass sein Trank einwandfrei und vermutlich mehr als nur ‚gelungen‘ war. Eustace Byrne machte selten Fehler beim Zaubertrankbrauen.

 

Draco warf dennoch einen prüfenden Blick in den dampfenden Kessel und stellte fest, dass Konsistenz sowie Farbe genauso aussahen, wie es in den Lehrbüchern stand. Allerdings war dieser exzellente Zustand sehr schnell erreicht worden, schneller, als eigentlich vorgesehen war.

 

Bevor Draco die Frage beantworten konnte erklärte Byrne stolz: „Ich habe die Billywig-Stacheln zerkleinert, bevor ich sie in den Kessel gegeben habe, Sir, damit sie sich schneller auflösen. Dies beschleunigt den Vorgang ungemein.“

 

Draco nickte anerkennend. Die beiden Schüler, die in der Reihe vor Byrne saßen, drehten sich zu ihm um und warfen einen neidischen Blick auf seinen Trank. Ihre Tränke waren noch lange nicht so weit. Schließlich hatten sie sich ‚nur‘ an die Anleitung im Lehrbuch gehalten.

 

Ausgerechnet ein Gryffindor war Dracos bester Schüler. Wenn Severus das noch erleben würde. Byrne wollte Heiler werden und beabsichtigte in Zaubertränke ein ZAG- sowie einen UTZ-Abschluss zu erreichen, was er benötigte, um die Ausbildung zum Heiler antreten zu können. Draco glaubte, dass er dazu durchaus imstande war.

 

Seinem Schlafelixier hatte Byrne eine zusätzliche Zutat beigemischt, wodurch man denjenigen, der den Trank einnahm, nicht nur zum Einschlafen brachte, sondern auch noch Einfluss darauf hatte, was dieser träumte. Die hinzugefügten Aschwinderin-Eier sorgten dafür, dass der Traum davon handelte, dass sich jemand am Strand in der Karibik befand und dass er einen traumhaften Urlaub erlebte. Draco hatte nur kurz gezögert und das Etikett dann mit einem großen, roten ‚O‘ beschriftet.

 

„Sie kennen sich wohl sehr gut mit Billywig-Stacheln aus“, sagte Draco. Er beugte sich zu ihm hinab und fügte mit gedämpfter Stimme hinzu: „Sie sollten sich aber nicht zu sehr mit ihnen beschäftigen. Denken Sie dran, man sollte ihnen nicht zu nahe kommen, denn der Stich eines Billywig löst bei Menschen vorübergehende berauschende Schwebezustände aus.“

 

Byrne grinste verschmitzt. „Ich weiß, Sir.“

 

Draco ließ sich zu einem leichten, kaum erkenntlichen Lächeln herab. So wie sein Schüler grinste, musste er schon mehr als einmal in den Genuss solch eines Rauschzustands gekommen sein. Draco schüttelte leicht amüsiert den Kopf. Er wusste, wie sich solch ein Rauschzustand anfühlte, denn er war selbst schon einmal gestochen worden. Ganz aus Versehen, natürlich.

 

„Übertreiben Sie es nicht“, gab Draco einen gutgemeinten Ratschlag von Zaubertrankliebhaber zu Zaubertrankliebhaber, bevor er weiterging, um sich die Tränke der anderen Schüler anzusehen.

 

„Sie haben noch zehn Minuten“, verkündete Draco kurz vor dem Ende der Stunde. Er stand vor dem Lehrerpult und deutete mit seinem Zauberstab kurz auf das Stück Kreide, das, von einem ungesagten Zauber angetrieben, und wie von unsichtbarer Hand geführt, die Hausaufgabe an die Tafel schrieb. Hinter sich konnte Draco einige Schüler genervt stöhnen hören. Es war erst Montag und schon bekamen sie ihre erste Hausarbeit auf. Ausnahmsweise verlangte Draco statt der üblichen zwanzig Zoll Pergament dieses Mal nur zehn Zoll. Umso weniger er lesen musste, desto mehr Zeit hätte er für sich übrig. Schließlich musste er die Slytherins auf ihr Spiel gegen Gryffindor vorbereiten.

 

Dracos Aufmerksamkeit wurde auf sich gezogen, als in der ersten Reihe ein vertrauter Name fiel.

 

„Ich bin ja so neidisch auf die Erstklässler“, flüsterte Dorea Comery, eine Ravenclaw-Schülerin, während sie in ihrem Kessel rührte. „Wenn ich doch nur auch Flugstunden bei ihr haben könnte.“

 

Ihre Sitznachbarin, Lynn Golding, aus dem Haus Hufflepuff, nickte und gestikulierte mit ihrer Hand. „Das wäre traumhaft. Weißt du noch wie streng Madam Hooch war?“ Sie stieß einen langen Seufzer aus. „Mit Madam Weasley wäre es sicher viel besser gewesen.“

 

„Vielleicht gibt sie mir ja Einzelstunden. Ich würde auch gerne so gut sein, dass ich eines Tages bei den Holyhead Harpies spielen kann“, gestand Comery.

 

„Aber nur die Erstklässler kriegen Besenflugstunden. Du kannst doch schon mit einem Besen fliegen … Kannst du doch, oder?“

 

„Ja, aber ich–“

 

Dracos lautes Räuspern brachte sie dazu zu verstummen. Die beiden Mädchen sahen sich an und sahen dann wieder zu ihm.

 

„Professor, wenn ich mir die Frage erlauben dürfte …“, begann Comery vorsichtig. Dracos Blick besagte eindeutig, dass sie sich ihre Frage sonst wohin stecken konnte, doch sie fuhr unbeirrt fort. „Sie kennen doch Ginevra Weasley. Ist sie wirklich so umwerfend, wie die Leute behaupten?“

 

„Die Erstklässler schwärmen in den höchsten Tönen von ihr!“, ergänzte Golding.

 

Abwartend und gespannt sah ihn nun die komplette erste Reihe an.

 

Nun, ‚umwerfend‘ war nicht das Wort, mit dem Draco sie beschreiben würde. Die Unverfrorenheit seiner Schüler missfiel ihm. „Ich kenne sie nicht wirklich“, war alles, was er darauf antwortete.

 

Die Schüler kauften ihm das allerdings nicht ab. Immerhin waren sie Lehrerkollegen. Da konnte man nicht behaupten sich nicht zu kennen.

 

„Aber sie waren doch gemeinsam in Hogsmeade.“

 

„Ja, ich habe sie zusammen gesehen“, warf Mary Baker ein. Für sie hatte Draco einen besonders finsteren Blick übrig.

 

„Professor, man munkelt über Sie und Madam Weasley“, sagte nun Comery leicht kichernd. Die Kreide an der Tafel hörte auf zu schreiben.

 

Draco konnte seine Irritation nicht verbergen. Nun hatte er nicht nur die Aufmerksamkeit der ersten Reihe, sondern die all seiner Schüler. „Wie bitte?“

 

„Oh, man munkelt so einiges!“, kam es aus einer der hinteren Reihen.

 

„Oh ja!“

 

Draco hatte nicht den blassesten Schimmer, was hier vor sich ging. Er nickte in Richtung Uhr, die über der Tafel hing. „Sie haben noch fünf Minuten. Jeder, der bis dahin seinen Trank nicht fertig hat, bekommt ein ‚T‘ und eine Woche nachsitzen.“

 

Sofort verstummten die Schüler und stürzten sich wieder in ihre Arbeit.

 

Dracos Finger krallten sich um seinen Zauberstab. Er hatte es doch gewusst. Er hatte gewusst, dass er das noch bereuen würde. Die Zeitungen berichteten darüber, die Schüler tratschten über sie und aus Weasleys Verhalten wurde er auch nicht schlau.

 

Hätte er diesem Treffen bloß nie zugestimmt.

 

Er würde ihnen anderen Gesprächsstoff geben, wenn Slytherin Gryffindor erst einmal im kommenden Quidditchspiel zerschmetterte. 



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  YuMorino
2012-10-29T20:51:38+00:00 29.10.2012 21:51
Hallo,
das Kapi ist mal wieder total Hammer gut :)
Ich liebe sie und die Erinnerung von dem abend danach einfach nur genial und die Schüler
Ich bin schon soooo gespannt wie es weiter geht

Liebe Grüße
YuMorino
Von:  aku-chi
2012-10-13T20:06:49+00:00 13.10.2012 22:06
Die Story hat ziemlich viel Potential. Ich bin echt gebannt wie es weitergeht denke, diese Story kann sich zu einem meiner Favoriten mausern.

Die Gedanken der beiden hauptcharaktere bringt du gut zur Geltung und auch die Informationen und die Geschichten aus den Büchern baust du wunderbar mit ein.

Ich freue mich wirklich auf den weiteren Verlauf.
Von:  _Natsumi_Ann_
2012-10-13T12:06:50+00:00 13.10.2012 14:06
ich liebe es wie draco die zeitung auf den tisch knallt^^
arme ginny... ist auch hart, wenn man noch am ex hängt und der ne neue hat ~~ ich hoffe sie kann ihn bald durch draco vergessen ...verdient hätte sie es. wäre mal gespannt wer harrys neue ist ^^

also wie immer tolles cap auch wenns lange dauert, kenne den stress selber ^^

lieben gruß
mach weiter so,
natsumi


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