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Was ich fühle sprich für mich, kleine Tulpe

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Was ich fühle sprich für mich, kleine Tulpe

In der Soul Society passierten viele merkwürdige Dinge. Dinge, die jeder normale Mensch als Unsinn oder Wahnvorstellung abstempeln würde. So war es auch nicht verwunderlich als sich in der Nähe der 6. Division, eine alte japanische Tür, wie aus dem Nichts formte und in der Luft ohne jeglichen Halt stehen blieb. Ebenso normal erschien es, als sich die Türhälften voneinander schoben und eine junge Frau mit lilafarbenen Haaren und goldleuchtenden Augen aus ihr heraustrat. In der Hand hielt sie einen länglichen Behälter umklammert. Sie presste den Gegenstand sanft gegen ihre Lippen, schloss kurz die Augen, um sie gleich darauf wieder zu öffnen und war plötzlich verschwunden, ebenso die Tür, die aus dem Nichts erschienen war.

In einem Zimmer der 6. Division atmete ein dunkelhaariger Mann hörbar erleichtert auf und wischte sich mit der Rückseite seiner Hand, die in einem weißen Handschuh steckte, den kurz zuvor ausgebrochenen Schweiß von der Stirn. Immer darauf bedacht die Röhrchen in seinem Haar nicht zu verrücken.
 

Soi Fon war auf dem Weg in ihr Arbeitszimmer. Von der letzten Woche war noch Papierkram übrig geblieben. Jene Arbeit, die ihr nichtsnutziger Vize-Captain eigentlich hätte erledigen sollen. Die Befehlshaberin der Onmitsukidou war in schlechter Stimmung. Nicht bloß weil ihr Vize immer wieder die Grenzen ihrer Geduld abschätzen zu versuchte, auch der Tag allgemein hinterließ einen schlechten Beigeschmack. Heute war der 11. Februar, Soi Fons Geburtstag und sie konnte diesen Tag einfach nicht leiden. Als sie klein gewesen war, hatte sich kaum jemand darum gekümmert, ob sie ein Jahr älter geworden war. Wichtig war nur gewesen, ob sie stärker wurde. Außerdem konnte die Schwarzhaarige den Wirbel um dieses Ereignis überhaupt nicht nachvollziehen. Es passierte jedes Jahr und jedes Jahr aufs Neue musste etwas Besonderes passieren. Wenn die Menschen diesen Tag feiern wollten, gut. Ihre Lebenszeit war vergleichsweise bemitleidenswert und ihr Dasein allgemein erbärmlich, aber warum sollte man hier jedes Jahr feiern? Die meisten Bewohner der Soul Society wurden mehrere hundert Jahre alt. Reichte es da nicht alle fünfzig Jahre einmal zu feiern? Und ihre nächsten fünfzig Jahre ließen noch eine Weile auf sich warten. Gerade als sie sich darüber Gedanken machte wie sie Yamamoto-soutaichou ihre Idee näher bringen konnte, wurde sie von einer furchtbar disharmonischen Stimme aus ihren Überlegungen gerissen: „Taichou!“ Soi spürte einen leichten Druck gegen ihre Schläfe pressen. Ein Wort ihres untalentierten Vizen löste mittlerweile bereits Kopfschmerzen aus. Langsam drehte sie sich um und blickte in das fette Gesicht Omaedas. An den Mundwinkeln befanden sich noch Fleischreste und seine Lippen und Finger waren förmlich in Fett getaucht worden. Angewidert schaute sie ihm wieder in die Augen: „Was möchtest du, Omaeda?“ „Nun ja… Taichou… es ist so… ich meine heute… einmal im Jahr… habt Ihr… ach Ihr wisst schon, Taichou.“ Der Captain fühlte wie sich die Wut an ihrer Magenwand empor schlängelte. Geradewegs in Richtung Zentrales Nervensystem und ihr war bewusst, sollte dieses Gefühl dort ankommen würde das extra Arbeit für sie bedeuten, da ihr Vize die nächsten Wochen nicht in der Lage wäre zu arbeiten. Eigentlich war es sogar unfassbar, dass Omaeda überhaupt von ihrem Geburtstag anfing. Vor ein paar Jahren, ca. vierzig oder fünfundvierzig, hatte er einmal den Versuch gestartet ihr etwas zu schenken. Daraufhin hatte er mehrere gebrochene Rippen, einen unbrauchbaren Unterkiefer und unzählige Blutergüsse davongetragen. Die Lektion schien damals angekommen zu sein, denn darauf folgte kein Geschenkversuch seinerseits. Ihrerseits interessierte sie sich nicht einmal dafür wann Omaeda überhaupt Geburtstag hatte. Doch anscheinend hatte die Pampe im Innern seines Kopfes, was er als Gehirn zu bezeichnen versuchte, diesen Vorfall bereits wieder vergessen. „Omaeda. Ich versuche wirklich deine Inkompetenz und Dummheit zu ignorieren, doch deine maßlose Penetranz macht es mir wirklich schwer. Da ich keinerlei Interesse daran habe deinen fettigen, schmutzigen und stinkenden Körper zu berühren, sei es um das Vergnügen deine Knochen brechen zu lassen, gebe ich dir eine einzige Gelegenheit dich augenblicklich zu entfernen. Ich würde es bevorzugen dich für den restlichen Tag zu jeder Zeit auf dem Trainingsgelände vorzufinden.“ Schweißgebadet und mit verschollenem Lächeln drehte sich Omaeda um und rannte, sofern es seine Fettleibigkeit zuließ, Richtung Trainingsfeld. Seufzend machte sich Soi wieder auf den Weg. Womit hatte sie einen Vize-Captain wie Omaeda nur verdient? Natürlich war seine Familie wohlhabend und man konnte ihm auch nicht absprechen, dass er immer loyal gewesen war und natürlich musste der Captain der 2. Division auch zugeben, dass der dicke Fleischklops immer noch besser war als andere Vizen, wie zum Beispiel der blonde Versager aus der 3ten, aber das änderte nichts daran, dass Omaeda dumm, faul und vor allem übel riechend war. Die 2. Division war stolz, stark und majestätisch. Ihr Vize war so filigran wie ein Stück Hundekot und er roch gleichermaßen. Nicht wie eine andere Person. Eine Person, die die Bedeutung und Schönheit ihrer Division tief in ihr Herz gebrannt hatte. Mit einem Kopfschütteln verjagte Soi die Gedanken wieder und widmete sich erneut der Problematik, wer für ihren 2. Sitz geeignet sein könnte. Vielleicht sollte sie Ukitake-taichou einmal fragen ob er Kuchiki Rukia in ihre Division wechseln lassen würde. Die Kuchikis waren ebenfalls wohlhabend und in ganz Seireitei anerkannt. Außerdem hatte sie Rukias Reiatsu bereits zu spüren bekommen. Sie benötigte zwar noch viel Training, allerdings war sie deutlich stärker als Omaeda. Dass Ukitake sie jedoch freiwillig gehen lassen würde bezweifelte Soi bereits. Der Captain hatte schon vor vielen Jahren eine besondere emotionale Bindung zu Kuchiki Rukia aufgebaut und tief im Innern wehrte sich etwas in ihr dagegen diese Bindung auseinanderreißen zu wollen. Ihre Konzentration für die bevorstehende Arbeit sammelnd, öffnete Soi die Schiebetür und hielt verwundert inne. Auf ihrem Schreibtisch aus dunkelbraunem Eichenholz stand eine Vase mit Blumen. Am Ende der langen Stiele formte sich die bekannte Blütenform der Tulpe. Sie zählte insgesamt fünf Stück. Jede einzelne Blume leuchtete in einer satten rot-gelb Kombination und wies keine bräunlichen Verfärbungen oder Druckstellen auf. Die Tulpen waren makellos. Nur die Blütenränder unterschieden sich ein wenig von der Norm. Diese hier waren nicht glatt, sondern leicht ausgefranst, aber eindeutig auf natürliche Weise so geformt. Kopfschüttelnd ging die zierliche Person auf die Vase zu. Omaeda hatte sich also doch gewagt ihr ein Geschenk zu machen. Als Soi näher an den perfekten Blütenzauber trat um sie aus dem Glas zu nehmen hielt sie sich plötzlich zurück. Omaeda würde ihr nie Blumen schenken. Für etwas so zartes hatte er überhaupt kein Auge und sie bezweifelte auch ernsthaft, dass er wusste, dass die Tulpe das Symbol der 2. Division war. Yoruichi hatte es ihr einst erklärt. Wieder schüttelte sie ihren Kopf wobei die dunklen Zöpfe hin und her schwangen. Sie musste diesen Namen verdrängen. Die Blumen in der Vase stehen lassend begab sich Soi Fon an ihre Arbeit.
 

Ein Lächeln breitete sich auf dem karamellbraunen Gesicht aus. Die schlanke Frau hatte durch ein Fenster Captain Soi Fons Reaktion auf das unerwartete Geschenk beobachtet. Ihre geschmeidigen Finger spielten zärtlich mit einer tiefroten Tulpe.
 

Die Bewältigung des Papierberges hatte deutlich mehr Zeit in Anspruch genommen als Soi gehofft hatte. Der Morgen war verflogen und der Nachmittag bereits hereingebrochen. Die Shinigami lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und dehnte ihre versteiften Muskeln. Sie konnte sich nicht wirklich für die schriftliche Arbeit begeistern, doch es gehörte nun mal genauso zu ihrer Position wie die langatmigen Versammlungen und das harte Training. Das Training, welches sie den ganzen Tag zurückstellen musste. Sie trainierte jeden Tag mehrere Stunden, um besser zu werden, um ein guter Captain zu sein, um Sie irgendwann übertreffen zu können. Sois Herzschlag beschleunigte sich und sie stieß fast genervt die Luft aus. Es war ihr einfach nicht möglich ihre Gedanken von der Prinzessin zu lösen und so langsam wurde es lächerlich. Mit knackenden Gelenken erhob sie sich vom Stuhl und griff nach ihrem Haori. Diesen würde sie tragen, bis sie das Trainingsgelände erreichte. Eine weitere nervige Pflicht als Captain.

Das Klima war angenehm warm und die Wolken verdeckten die Sonne gut genug, dass die Schwarzhaarige nicht geblendet wurde. Genüsslich sog sie die Luft ein. Es roch nach frischem Gras, Blumen und dem unbeschreiblichen Duft, den die Strahlen der Sonne hinterlassen konnten. Obwohl erst Februar war, hatte der Frühling bereits begonnen. Aber wer sollte sich in der Soul Society schon über solch eine Belanglosigkeit wundern. Sie betrat das Trainingsgelände, welches sich nur ein paar Meter hinter ihrem Büro befand. Suchend schaute sie sich nach Omaeda um. Der fette Idiot würde nun dafür büßen, dass er ihr mit sinnlosen Aktenstapeln und Formularen einen halben Tag geraubt hatte. Es war seit gut sechs Stunden der einzige Gedanke der Soi Fon motiviert hatte ihre Wut nicht an ihrem Arbeitsplatz auszulassen. Ihre Augen fingen einen äußerst rundlichen Punkt am anderen Ende des Geländes ein. Ein Punkt, der es anscheinend nötig hatte mit einer Packung Süßigkeiten auf der Wiese zu sitzen und zu essen. Soi brauchte weniger als einen Wimpernschlag um hinter Omaeda aufzutauchen. Die lauten Schmatzgeräusche seinerseits lösten einen Brechreiz in ihr aus. Obwohl es nach außen hin nicht den Anschein hatte, begann das Blut des Captains zu kochen, ihr Reiatsu bebte und presste den Fleischberg und ein paar arme unschuldige Shinigamis die sich in unmittelbarer Nähe befanden zu Boden. „Was genau tust du hier?“, in ihrer Stimme schwang ein gefährlich gereizter Unterton mit. „Taichou!?“ Wie bereits am Morgen breitete sich der Schweiß in Sekundenschnelle über den Körper des Vizen aus und schon bald vermischte sich ein süßlicher Duft der Angst mit dem des Essen und legte sich auf Soi Fons Zunge, auf der dieser voraussichtlich für die nächsten Stunden haften bleiben würde. „Er stinkt wirklich wie Hundekot.“, dachte sie mit der unbewiesenen Gewissheit, dass sich der Schließmuskel ihres 2. Sitzes selbstständig gemacht hatte. „Ich habe den ganzen Morgen trainiert. Ehrlich Taichou! Ich wollte nur eine kleine Pause zur Stärkung machen. Danach hätte ich sofort weiter trainiert.“, das Gewinsel presste sich in Form eines heftigen Stechens gegen ihre Stirn. Als sich der edle gold-schwarze Stachel über Sois rechten Mittelfinger legte weiteten sich Omaedas Augen in panischer Angst.

Eine gute halbe Stunde später lag der Vize-Captain schwer atmend und geschmückt wie ein Tannenbaum auf dem Vorhof der 2. Division. Bevor sich Soi Fon auf den Weg zurück zum Übungsplatz machte, betrachtete sie ihr Werk genauer. Die Schmetterlingsformen machten sich wirklich gut auf seiner Haut. Sie verdeckten nicht nur seine allgemein hässliche Visage, sondern auch die schleimigen Schweißspuren auf seinem Körper. Vielleicht sollte sie ihn öfters so gestalten. Lächelnd trat sie auf die abgetretene Wiese hinaus und hob den linken Arm. Kurz darauf war der Grund leer. Zumindest der Rest ihrer Division hörte ohne Einschränkungen auf die Befehle, die sie erteilte. Ein blauer Schimmer im Augenwinkel zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. Zwei blaue Tulpen, parallel zueinander gelegen und angeordnet wie die Zahl auf der Rückseite ihres Haoris lagen einige Schritte von ihr entfernt. An einen Zufall konnte der Captain nicht mehr glauben. Irgendjemand verteilte Blumen in ihrer Nähe und auf eine für die Shinigami nicht ganz erklärbare Art und Weise gefiel ihr dieser Umstand.
 

Ein Luftzug glitt über die Wiese, als sich die geheimnisvolle Schenkende zu ihrem nächsten Ziel bewegte.
 

Sie beendete ihr Training, als die Strahlen der Sonne die Bäume in ein goldenes Licht tauchten. Es war ein herrlicher Anblick, den der Captain immer wieder atemberaubend fand, ganz egal wie oft sie es schon gesehen hatte. Soi spazierte über die Wiese, um das Spiel in ihren Sinnen noch eine Weile zu genießen. Sie schritt tiefer in den Wald, der an das Trainingsgelände der 2. Division angrenzte, hinein, immer weiter der untergehenden Sonne entgegen. An einer Lichtung hielt sie inne. Kirschblüten tanzten mit dem Wind, in tiefes Gold getaucht und von sanften Schatten umspielt. Der Wind tastete liebevoll nach Sois Gesicht und legte sich schützend um ihren Körper. Sie setzte sich auf einen umgestürzten Baumstumpf und beobachtete die Darbietung der Natur, die es eigentlich gar nicht geben durfte zu dieser Jahreszeit. Vor vielen Jahren war sie auf dieser Lichtung gewesen und hatte trainiert. Die Sonne war bereits untergegangen und die Blüten der Kirschbäume hatten in voller Pracht an den stolzen Ästen gehangen. Soi Fon hatte damals kein Auge dafür gehabt. Die Schönheit um sie herum war im Vergleich mit der Aufgabe die Prinzessin der Shihouinfamilie zu beschützen, mehr als unbedeutend für sie gewesen. Yoruichi hatte sie im Training unterbrochen und ihr gezeigt, wofür sie zu blind gewesen war. Die prachtvollen Kirschblüten, die im saftigen grün schimmernden Baumkronen und die Unendlichkeit und Weite der Welt widerspiegelnden Sterne, die so hoch am Himmel leuchteten und so nah wirkten in jener Nacht. Yoruichi hatte ihre heranwachsende Beschützerin zum ersten Mal zum Träumen gebracht und auch heute noch verleitete der wundervolle Anblick mancher Naturwunder Soi dazu in fremde Welten zu tauchen. Wärme durchströmte ihren Körper, ausgelöst durch die Gedanken an diese Nacht, doch vor allem durch die Erinnerung an den Anblick des gebräunten Körpers im Sternenlicht. Sie spürte, wie die Wärme auch in ihren Wangen heizte und blickte peinlich berührt zu Boden. Sie konnte sich von dem Gedanken an sie einfach nicht lösen. Zu lange versuchte sie schon Yoruichi zu vergessen. Ihre Augen, ihre Stimme, die Art wie sie ging, wie sie lachte und die verzaubernde Weise, auf die sie lächelte. Als sie sie verlassen hatte, hatte Soi kaum zu atmen gewagt. Ihre Kehle hatte sich zugeschnürt und mit jedem Jahr, in dem die Prinzessin nicht zu ihr zurückgekehrt war, um ihr zu sagen, dass alles nur ein böser Traum war, schnürte sich ihr Herz ebenfalls zu. Solange bis es schließlich eingefroren zu sein schien. Doch als ihre Göttin vor weniger Zeit wieder aufgetaucht war und sie sich im Kampf gegen sie gestellt hatte, da hatte etwas in ihr bereits gewusst, dass das Eis um ihr Herz bereits geschmolzen war, als sie dieses Lächeln wieder gesehen hatte und dass ihr eingeredeter Hass sich niemals hätte behaupten können. Nach ihrem Kampf und der Niederlage waren ihre Gefühle aus ihr herausgebrochen. All die Angst und Einsamkeit, das Gefühl verlassen worden zu sein hatten sich wie eine Welle gelöst und waren in Strömen über ihr Gesicht gebrochen. Yoruichi hatte sie angesehen, voller Mitleid und Schuld. Doch nachdem Aizen alle verraten hatte, war auch die Prinzessin wieder verschwunden. Wenn sie sich auch hin und wieder blicken ließ, Soi blieb mit sich allein.

Der Captain schloss die Augen und legte den Kopf in den Nacken. Um die Gefühle, die in ihr aufbrausten zu besänftigen. Ein duftendes Etwas fiel auf ihr Gesicht. Erschrocken öffnete sie die Augen und sah einen gelben Klumpen. Vorsichtig griff sie danach und richtete sich auf. Der Kopf einer gelben Tulpe lag in ihrer Hand. Verwirrt schaute die Shinigami sich um. Tulpen wuchsen nicht auf Bäumen und taten sie es möglicherweise doch, dann hätte die Blüte trotz allem nicht von einem Baum fallen können. Der Captain hatte nicht in unmittelbarer Nähe eines Baumes gesessen. In dieser Welt passierten auf mehr oder minder natürlicher Weise ein Haufen seltsamer Dinge, dies jedoch ging weit über jene Grenzen hinaus. Jemand ließ ihr diese Tulpen zukommen. Aber aus welchem Grund? Soi konnte sich niemanden vorstellen. Jeder der dumm genug war ihr überhaupt etwas zu schenken hätte niemals genug Feingefühl für eine Blume gehabt und jeder der es hatte fürchtete sich zu sehr vor ihr oder beließ es bei einem „Herzlichen Glückwunsch“, wie Ukitake-taichou oder bei einem höflichen Kopfnicken oder freundlichem Lächeln. Mit dem Versuch einen Shinigami auszumachen, der ihr solche Geschenke machen würde, machte sie sich auf den Weg in ihr Apartment.
 

Die goldenen Augen fixierten zärtlich das rabenschwarze Haar der Jüngeren. Ihr Herzschlag hatte sich um ein gutes Tempo vervielfacht, als sich die Wangen der Anderen verfärbt hatten. Ihre Hoffnungen waren nicht enttäuscht worden und langsam näherte sie sich dem letzten Schritt für den heutigen Tag.
 

„Kyoraku – zu betrunken; Unohana – weiß, dass ich keine Geschenke will; Kuchiki – ist es egal; Hitsugaya – interessiert sich nicht für so etwas; Komamura – haben Fuchsgestalten überhaupt Geburtstag? Ach natürlich, auch er hatte Eltern… glaub ich; Ukitake – hat mir bereits heute Morgen gratuliert; Kenpachi – fehlt der nötige Intellekt um den Sinn des Schenkens überhaupt zu verstehen. Es passt einfach zu niemandem. Weder Captain noch Vize-Captain.“ Soi grübelte seit sie die Lichtung verlassen hatte darüber nach, wer ihr wohl die Blumen, auf solch wundersame Weise, zukommen ließ. Dabei bemerkte sie in voller Konzentration nicht einmal Omaeda, der sich angsterfüllt an ihr vorbeischlich und von infantilem Übermut gepackt wurde, weil er das Gelingen auf seine fantastischen Fertigkeiten schob. Von ihren zukünftigen Problemen mit einem sich noch deutlich grauenhafter selbstüberschätzenden Vizen nichts ahnend und weiterhin heftig grübelnd schloss sie die Tür zu ihrer sparsam eingerichteten Behausung auf. Sie legte den Haori ab und zog sich die Schuhe aus, bevor sie ins Innere der Wohnung trat. Am Ende des Flurs blieb sie stehen, ein wenig unentschlossen, was sie als Nächstes tun sollte. Letztendlich entschied sie sich für ihr Arbeitszimmer zu Hause, in dem sie die Trainingspläne für die kommende Woche vorbereiten würde. Mit einem Unterbewusstsein, welches sich immer noch mit der Frage beschäftigte wer ihr die Tulpen geschickt haben könnte, ließ sie sich auf ihren Stuhl fallen und blickte auf ein gebundenes Buch, das ihr nicht gehörte. „Ein weiteres Geschenk?“ Fragend hob sie das Buch auf Augenhöhe und las den Titel: Die Sprache der Blumen. Zumindest machte sich jemand die Mühe ihr die Handlungen des Tages erklären zu wollen. Sie suchte im Inhalt nach dem, was sie nachlesen wollte und blätterte auf jene Seite um: Die Tulpe. Die Tulpe steht allgemein für Vergänglichkeit. Soi grinste abwertend. Ein lausiges Buch brauchte ihr die Bedeutung des Symbols ihrer Division nicht erläutern. Wofür es stand war ihr seit Jahrzehnten bewusst. Sie hatte es sogar schmerzhaft am eigenen Leib zu spüren bekommen. Ein Hauch von Verbitterung biss sich in ihrer Brust fest, doch die Shinigami wollte nicht über die Vergänglichkeit in ihrem Leben philosophieren. Vielmehr hatte sie ein Bedürfnis nach Antworten, also las sie weiter.

Die Tulpe ist eine der widersprüchlichsten Blumen in der Welt der Flora. Zum einen bedeutet eine geschenkte Tulpe „Du bist zu keiner echten Empfindung fähig“ und wird damit negativ assoziiert. Ein weiterer Stich in der Brust plagte den Captain. Ihre Augen wurden schmal und der falsche Stolz, den sie vor Jahren zu ihrem eigenen Schutz aufgebaut hatte, kochte in ihr auf.

Andererseits kann eine Tulpe auch eine positive Bedeutung haben. Dann spricht sie: „In meiner Liebe zu dir fühle ich mich wie im siebten Himmel.“ Meist machen sich Menschen die eine positive Assoziation erreichen wollen die Mühe nach Farbtönen zu entscheiden, welche Tulpe am besten geeignet ist. Je dunkler die Farbe dabei ist, desto leidenschaftlicher ist die Botschaft zu verstehen.

Blaue Tulpe: Unsere Treue gehört zu unserem Leben

Gelbe Tulpe: Im Märchenreich des Glücks sind wir in unserer Liebe oder Dein Lächeln ist wie der Sonnenschein

Weiße Tulpe: Unsere immerwährende eigenste Welt ist unsere Liebe

Schwarze Tulpe: Mit dir in tiefster Leidenschaft vereint

Papageientulpe: Ganz in ausgelassener Freude mit jemand sein

Rote Tulpe: In unserer Liebe ist unser Zuhause oder Du bist unwiderstehlich

Soi ließ den Tag in Gedanken Revue passieren. Die ersten Tulpen waren wohl Papageientulpen, also wollte jemand sagen, dass er sich mit ihr freute. Das konnte schon Sinn machen, jedenfalls, wenn sie sich über ihren Geburtstag freuen würde. Aber vielleicht zählte auch nur der Gedanke. Als Nächstes blau, damit wurde Treue angesprochen und passte zu der Soi Fon wie die schlechte Stimmung zu Hitsugaya-taichou und der Sake zu Kyoraku-taichou. Sie nickte zufrieden. Mit diesem Geschenk war sie doch aufrichtig einverstanden. Danach hatte sie eine gelbe Tulpe erhalten. Verwirrt las sie die Zeile im Buch noch einmal nach. Märchenreich – Glück – Liebe… Unsinn. Entweder war das ein sehr schlechter Scherz oder einfach die falsche Bedeutung. „Dein Lächeln ist wie der Sonnenschein.“, las die Schwarzhaarige leise vor. Hatte sie gelächelt? Hatte sie jemals gelächelt? Früher vermutlich, als ihre Welt noch jung und naiv geschmückt war, ohne von dem Verlust des Vertrauens gekostet zu haben. Verärgert knallte sie das Buch auf den Tisch. Sie sollte nicht in Dinge hinein interpretieren, die gar nicht vorhanden waren und vor allem sollte sie aufhören in Erinnerungen zu versinken. Das machte sie nur gefühlsduselig und schwach. Soi entschied sich die Arbeit fürs Erste liegen zu lassen und an ihrer Stelle ein entspanntes Bad zu nehmen. Möglicherweise kam sie so auf andere Gedanken.
 

Das Bad hatte tatsächlich gut getan. Ihre verspannte Muskulatur hatte sich gelockert und ihr Geist konnte für einige Zeit abschalten. Das warme Wasser lag noch leicht wie ein Tuch auf ihrer Haut und schimmerte in dem gedimmten Licht des Flurs. Ihre Haare hingen nass und offen an ihrem Rücken herab und schmiegten sich eng an die Stellen nackter Haut, die das Handtuch nicht bedeckte. Mit einem wohltuenden Geruch nach Rose in der Nase steuerte Soi ihre Schlafzimmertür an. Nach diesem wunderbaren Bad würde sie direkt schlafen gehen, um ihrer Entspannung den perfekten Abschluss zu geben. Im Halbbewusstsein schmunzelnd öffnete sie die Tür und ging zum Kleiderschrank. Dort fischte sie einen frischen Pyjama heraus, ließ das Handtuch achtlos zu Boden gleiten und zog sich an. Als sie sich zum Bett drehte, fing ihr Blick die nächste Überraschung auf. In einer durchsichtigen Vase mit goldverziertem Rand blickten ihr eine weiße und eine schwarze Tulpe entgegen. Verwirrt betrachtete Soi die Pflanzen. Sie hatte die Bedeutung gelesen, erinnerte sich genau an die Worte, doch sie verstand sie nicht. Diese Blumen bedeuteten, dass sie geliebt wurde. Ihr Atem beschleunigte sich. Jemand liebte sie? Das konnte nicht sein, unmöglich. Sie hatte all die Jahre über ihr Herz verschlossen gehalten. Jeden der ihr zu nah kommen wollte von sich gestoßen und war vor Emotionen und Zuneigung davon gelaufen. Nur ein einziges Mal hatte sie geliebt und daraufhin war ihr Herz in tausend kleine Teile zerschlagen worden. Ein kaum wahrnehmbares Geräusch am Fenster verlangte nach Beachtung. Sois Blick verlor sich irgendwo tief in der Truhe, die sie in ihrem Herzen verschlossen hielt und nun heftig zu pochen begann. Auf dem Fensterbrett lag eine tiefrote Tulpe, makellos und anziehend. Vorsichtig, als könnte sie diese zerbrechliche Pflanze mit einer hektischen Bewegung zerstören, bewegte sie sich zum Fenster und nahm die Tulpe in die Hände. Doch sie schaute weder auf die unberührte Schönheit der Blüte, noch nahm sie die dunkle faszinierende Ausstrahlung der Farbe wahr. Alles in ihr wurde von den dünnen, schwarzen Katzenhaaren auf den Blättern angezogen. Das Schloss der Truhe knackte und löste sich in millionen kleine Schmetterlinge auf, bevor es den Grund ihres Herzens erreichen konnte.
 

Das Fell der Katze schimmerte im Mondlicht. Samtig, wie ein weiches Meer, lag es auf dem zerbrechlich wirkenden Körper des Tieres. Die goldenen Augen ließen den Blick nicht von dem Captain der 2. Division ab und ein leises, zufriedenes Schnurren legte sich in den Wind als sie sah wie Soi Fon eine kleine, rote Tulpe sanft an sich drückte. Yoruichi hatte die Antwort, nach der sich ihre Seele so lange sehnte, endlich bekommen und sie war mehr als nur überglücklich mit dieser Erwiderung ihrer stummen Frage. Außerdem hatte sich ihr ein wertvoller Blick eröffnet, der ihre Freude nicht im Geringsten minderte. Sie spürte, wie sich das Tor in eine andere Welt zu öffnen begann. Ihr bester Freund wartete bereits mit reger Neugierde auf eine Geschichte und bis auf einen kleinen Teil würde sie ihm jene auch nicht verwehren. Fürs Erste hatte Yoruichi genug Zeilen im Buch ihres Lebens gelesen, doch schon sehr bald würde sie die Jüngere erneut aufsuchen, um ein neues Kapitel aufzuschlagen, in dem sie begierig lesen, jedes Wort in vollen Atemzügen genießen und kosten würde. Mit einem letzten Blick fing sie die Person ihrer tiefsten Sehnsüchte ein: „Happy Birthday, Soi.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Sashura
2012-04-10T19:58:56+00:00 10.04.2012 21:58
huhuuuu^^
endlich hab ich es auch geschaft zumindest mal das erste kapitel zu lesen =)

also, auf jedenfall sehr sher schön geschrieben! ich konnte mir alles ganz genau vorstellen und du hast vorallem sois charakter sehr gut getroffen, finde ich!

echt richtig schön!

weiter so!
Von:  rikku1987
2012-02-17T15:43:21+00:00 17.02.2012 16:43
kaaawaaaiiiii, ich weis, das ich das als mann nicht so sagen sollte, aber das war genial.
Von: abgemeldet
2012-02-16T20:23:46+00:00 16.02.2012 21:23
Waaaaaaah! Wunderschön! ^^
So romantisch! Die Idee mit den Tulpen ist einfach nur super. Du hast die süße Soi richtig gut rübergebracht, jetzt mag ich sie noch mehr ;-)
Von:  Skara
2012-02-13T10:16:09+00:00 13.02.2012 11:16
hach~ ich liebe deine Art zu schreiben *~*
ich hab zwar überhaupt keine Ahnung von Bleach... abba deine Story ist richtig klasse.
die Idee mit den Tulpen... einfach super.

ich bin dafür, dass Yuroichi bald das nächste Kapitel öffnet *-*
mach bitte weiter *mit Hundeaugen und wedelnem Schwanz anbettel*
Von: abgemeldet
2012-02-12T12:54:12+00:00 12.02.2012 13:54
Hey Fukutaichou^^
Schön, dass du auch eine FF hier online stellst =D Ich hab's dir zwar schon gesagt, aber ich lasse es mir mal nicht nehmen den ersten Kommentar hier zu hinterlassen!
Auch wenn ich nicht unbedingt ein großer Fan von dem Pairing selber bin find ich die Story einfach nur super schön und gut geschrieben! Und das ist ja wohl eine große Leistung!! ^.^ -> Der arme Omaeda xD
Vielleicht folgen da ja noch weitere FFs von dir? =D
lieben Gruß
Taichou


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